Читать книгу Methodik der juristischen Fallbearbeitung - Peter Bringewat - Страница 8
Erster Teil:Allgemeines zur Anfertigung juristischer Hausarbeiten und Klausuren A.Juristische Hausarbeiten und Klausuren, Leistungskontrolle und Berufsvorbereitung
Оглавление1Wer nach langen Jahren schulischer und/oder (vor)beruflicher Ausbildung endlich die allgemeine oder fachbezogene Hochschulreife „in der Tasche“ hat und ein Universitäts- oder sonstiges Hochschulstudium aufnimmt, der hat verständlicherweise das dringende Bedürfnis, sich erst einmal von der Mühsal des „Büffelns auf Prüfungen“ und dem nicht selten auch leibhaftig erfahrenen Prüfungsstress zu erholen und tief durchzuatmen. Viel Zeit zum Verschnaufen bleibt freilich nicht; denn trotz aller Gestaltungsfreiheit und Angebotsvielfalt, die ein Hochschulstudium für Bildung und Ausbildung bereithält, sieht man sich – reguläres Studieren vorausgesetzt – manchmal schon im ersten, spätestens aber im zweiten Fachsemester mit der Notwendigkeit konfrontiert, eine Fülle verschiedenster Leistungskontrollen über sich ergehen zu lassen. Ganz gleich was man wo und wie studiert, immer sind es Prüfungsvorleistungen oder andere Studienleistungen als Zulassungsvoraussetzungen für Prüfungen oder auch „echte“ Prüfungsleistungen, die nach den Studien- oder Prüfungsordnungen der jeweiligen Studiengänge, und zwar ganz unabhängig davon, ob es sich dabei um herkömmliche Studiengänge oder um Bachelor- und/oder Master-Studiengänge handelt, so oder so zu erbringen sind. Sie sind das (vermeintliche) „Elixier“ aller Studiengänge an Universitäten und anderen Hochschulen. Und natürlich machen da die rechtswissenschaftlichen Studiengänge an Universitäten, die wirtschaftsrechtlichen Studiengänge an Fachhochschulen, die Studiengänge an den Fachhochschulen für Verwaltung, Rechtspflege und/oder Polizei und – last but not least – alle Studiengänge, die „Recht“ als „nebenfachliche“ Disziplin enthalten, wie beispielsweise ein Großteil der volks- und betriebswirtschaftlichen Studiengänge an Universitäten und Fachhochschulen sowie an unternehmenseigenen oder staatlichen Berufsakademien keine Ausnahme.
2Zu den nachgerade als „klassisch“ zu bezeichnenden Formen der Leistungskontrollen in diesen und noch zahlreichen weiteren mit dem Thema „Recht“ befassten Studiengängen gehören seit eh und je Hausarbeiten und Klausuren. Juristische Hausarbeiten und Klausuren sollten und dürfen indessen nicht ausschließlich als „bloße“ Leistungskontrollinstrumente (miss)verstanden werden. Ihre eigentliche, sehr viel größere Bedeutung liegt in der ihnen – wenn auch in nur begrenztem Maße – zukommenden berufsvorbereitenden Funktion. Aufgabenstellung und Prüfungsgegenstand juristischer Hausarbeiten und Klausuren (vgl. dazu sogleich unter B.) sollen den jeweiligen Bearbeiter im Sinne eines ersten Kennenlernens und einer dann zunehmend sichereren Einschätzung mit der Praxisrealität der späteren beruflichen Tätigkeit in juristischen Arbeitsfeldern vertraut machen.
3Das geschieht auf zweierlei Weise: Zum einen stellt der Prüfungsgegenstand seinem Inhalt nach eine Beschreibung von (kleinen) Ausschnitten aus dem Alltag der gesellschaftlichen Lebenswirklichkeit dar (zumindest sollte er so abgefasst sein). Zum anderen ist dieser Wirklichkeitsausschnitt – eben wie im täglichen Leben – mit sich vielfach überlagernden rechtlichen Gegebenheiten und Problemen durchwirkt, die es zu erkennen, in ihren Details sachgerecht zu erfassen und gedanklich zu durchdringen und schließlich unter Anwendung methodengeleiteter juristischer Arbeitstechniken zu lösen gilt.
4Noch gänzlich ohne Belang ist insoweit, wie der Prüfungsgegenstand inhaltlich beschaffen ist, ob er beispielsweise zivilrechtliche, strafrechtliche oder öffentlich-rechtliche Fragen und Fallkonstellationen thematisiert; denn die Aufgabenstellung einer juristischen Hausarbeit und Klausur zielt stets (ausnahmsweise nicht bei „Themenhausarbeiten“ oder „-klausuren“) darauf ab, eine tragfähige juristische Entscheidung zu erarbeiten, sie zu treffen und sie „überprüfungsfest“ zu begründen. Fragen etwa der zivilrechtlichen Vertragsgestaltung und -durchführung (Erfüllung oder Teil- bzw. Nichterfüllung von Verträgen), der Leistungsstörungen und des Schadensersatzes sind ebenso wie das Herausarbeiten und Feststellen tat-/täterbezogener Voraussetzungen strafbaren Verhaltens und die Beurteilung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit von öffentlich-rechtlichen Maßnahmen staatlicher Behörden etc. unter dem Aspekt der berufsvorbereitenden Funktion juristischer Hausarbeiten und Klausuren gleichermaßen geeignete Gegenstände zur Einübung in zukünftige berufspraktische Entscheidungstätigkeiten und -abläufe.
5Wer sich mit diesem „berufspraxisorientierten“ Verständnis den diversen Leistungskontrollen in Gestalt juristischer Hausarbeiten und Klausuren unterzieht, relativiert für sich deren prüfungsrechtlichen Kontrollcharakter und stellt die Sache, um die es geht, allem anderen voran. Er vermindert so den Leistungs- und Prüfungsdruck bei der Anfertigung juristischer Hausarbeiten und Klausuren. Und das kann am Ende auf die eine oder andere Weise nur hilfreich sein.