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Kapitel 21

In der Kleingartenanlage Abendfriede parkt Sarah Molony ihren Kombi vor ihrer Parzelle, lädt einen großen unhandlichen Pappkarton aus und schleppt ihn vorsichtig in die Hütte. In dem spärlich beleuchteten Häuschen sind die Fenster gegen die Neugier möglicher Passanten blickdicht verhängt. Sie räumt Gläser und Flaschen aus dem Karton in das Regal. Aus einer Ecke holt sie einen Bottich mit Maische hervor und wendet sich ihrem neuen Destilliergerät zu. Sarah befüllt die Brennblase langsam und sorgfältig mit dem vergorenen Getreidebrei, verschließt die Apparatur und zündet den wuchtigen Gasbrenner an. Die entfesselte Energie des Feuers lässt erahnen, welche Urkräfte in dem Kessel wirken. Die lodernde bläuliche Flamme illuminiert den Raum, das Spiel aus Licht und Schatten auf den groben Steinwänden wirkt mystisch. Aus der fermentierten Maische trennt sich der Alkohol heraus, der erkaltete Dampf rinnt als klare Flüssigkeit aus dem Kondensator.

Flink und geschickt entnehmen Sarahs feingliedrige Hände Proben des Brandes. Sorgfältig prüft sie den Alkoholgehalt. Den stechend riechenden Vorlauf zieht sie ab, bis das Herzstück, der edle Brand, herausrinnt. Gewissenhaft passt sie den Übergang zum Nachlauf mit den Fuselölen ab. Das Glasgefäß voll klarer Flüssigkeit spiegelt ihre grünen Augen. Nach wiederholtem Brennen des Hauptlaufs hält sie das Endergebnis in den Händen, klar und rein.

»Perfekt! Uisce beatha«, ruft sie aus. »Wasser des Lebens.« Sie füllt das Destillat in ihr neu erstandenes Bourbonfass und verschließt es sorgfältig. Aus dem Kühlschrank holt sie sich eine Flasche Kilkenny-Bier und eine Packung Landjägerwürste. Mit der Fernbedienung schaltet Sarah die Stereoanlage an und dreht sie auf, bis irische Folkmusik den Raum erfüllt. Stumm trinkt sie ihr Bier und verschlingt die Würste hintereinander weg. Bei dem Lied »Galway Bay« schaut sie gefühlsduselig auf die Poster mit den irischen Landschaften an der Wand. Nach einem kräftigen Schluck aus der Flasche singt sie schließlich lauthals mit:

»In my dear land across the Irish sea. Ooh. In my dear land across the irish sea.«

Sie kramt in ihrem Vorratsschrank und entdeckt neben den leeren Whiskeyflaschen eine einzige Flasche Poitín. Sarah füllt ein Wasserglas mit der Spirituose und trinkt den Gerstenschnaps in kräftigen Zügen aus. Leicht taumelnd strebt sie ihrem Bourbonfass entgegen. Sie setzt sich daneben auf den Boden, streichelt das Fass zärtlich und flüstert heiser:

»Ich passe gut auf dich auf, mein Schatz, und du veredelst meinen Brand. Versprochen? Ein paar Jahre Geduld. Zeit, viel Zeit, das ist der Preis, den ich zahlen muss.«

Als die Flasche geleert ist, wirft Sarah sich auf die Campingliege und dämmert weg in einen unruhigen Schlaf.

Whiskey-Ballett

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