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ОглавлениеKapitel 22
Mit zerzauster roter Mähne und verknitterten Klamotten schleppt sich Sarah am nächsten Tag durch die offene Tür ins Büro.
»Guten Morgen, Frau Molony«, ruft ihr Schmitzlein-Ithana fröhlich zu.
»Moinsen, schon hier? Sie haben anscheinend kein Zuhause.« Sarah bleibt neben Schmitzlein-Ithanas Schreibtisch stehen.
»Ja, Frau Molony, immer frisch ans Werk! Sie schauen aber nicht sonderlich frisch aus.« Sie fixiert Sarah eindringlich.
»Ermittlungsarbeit der Kripo ist halt kein Zuckerschlecken, da schlägt man sich zuweilen die Nächte um die Ohren.«
»Der Zoll war ebenfalls nicht untätig, eine Durchsuchung haben wir hochprofessionell und wie erwartet erfolgreich abgewickelt. Und was macht Ihr Herr Brenner so?«
»Aus dem ist wenig herauszubekommen. Das passt einfach nicht, ein solcher Anschlag auf einen so kleinen Hühnerdieb. Verwechslung, Warnung oder Demonstration, wozu man fähig ist? Es gibt mehrere Möglichkeiten. Und sicherlich noch einige andere, die wir im Moment noch gar nicht auf dem Schirm haben. Da muss ich etwas fester auf den Busch klopfen, wenn der Arzt mich lässt.«
»Möchten Sie einen Tee, Frau Molony?«
»Och.« Sarah atmet tief durch. »Warum eigentlich nicht?« Schmitzlein-Ithana reicht ihr eine Tasse.
»Danke!«
»Bitte schön, wohl bekomm’s!« Schmitzlein-Ithana setzt sich wieder an ihren Schreibtisch. »Wenn ich die Unterlagen der Durchsuchung vorliegen habe, sollten wir alles gemeinsam durchsehen und prüfen, ob sich ein Zusammenhang mit dem Fall Brenner finden lässt.«
»Ja, schauen wir mal. Wer so etwas anstellt, setzt ein Zeichen. Brenner hätte man einfach und dezent beseitigen können, jedenfalls wenn es lediglich darum gegangen wäre, einen lästigen Mitbewerber zu entfernen. Aber das ist keine Aktion, die nur für einen Einzelnen gedacht ist. Sie zielt auf eine ganze Gruppe, vermutlich auf die gesamte ungeliebte Konkurrenz. Also auf viele, die irgendetwas wissen oder zumindest eine Ahnung haben, worum es geht. Einen Verräter, der singt, gibt es in jeder Organisation. Einen zu finden, ist zwar nicht leicht, besonders in diesem Metier, aber das ist jetzt unser Job.«
»Guten Morgen, die Damen.« Kriminaldirektor Seidel betritt mit schnellen Schritten den Raum.
»Moin, Chef«, grüßt Sarah zurück.
»Leider hatte ich die letzten Tage eine Menge Außentermine.« Seidel breitet die Arme zu einer entschuldigenden Geste aus. »Diese Zusammenarbeit ist zudem sehr kurzfristig und auf höherer Ebene beschlossen worden. Ich konnte mich noch nicht im Detail mit dem Fall beschäftigen. Aber nun bin ich ja bei dem neuen Dream-Team, das sich in unserem bescheidenen Hause zusammengefunden hat.« Er wendet sich Frau Schmitzlein-Ithana zu. »Sie sind dann gewiss die Rosi, von der alle sprechen?«
Schmitzlein-Ithana springt auf. »Das darf doch nicht wahr sein«, schreit sie wütend. »Das ist doch keine Behörde, das ist ein Irrenhaus hier. Krank, völlig krank. Alle hier. Von der Spitze bis nach unten, ganz weit nach unten, bis ins letzte Glied.«
Während Schmitzlein-Ithana gegen den verdutzt dreinschauenden Seidel wütet, versucht Sarah, sich unauffällig durch die offene Tür auf den Flur zu verdrücken.
»Molony!«
»Ja, Chef.«
»In mein Büro, sofort!«
»Jawohl, Chef.«
Sarah stellt die Tasse auf einem der Aktenböcke ab und trabt ab Richtung Seidels Büro.