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Kriegsgebräuche
ОглавлениеDer Lange Türkenkrieg brachte nicht nur die größte Truppenmobilisierung, die das Heilige Römische Reich oder die Länder der Habsburger seit 1568 gesehen hatten, sondern für viele spätere Söldner des Dreißigjährigen Krieges auch die erste Kampferfahrung in groß angelegten Kampagnen. Die Liste der Offiziere im Heer Rudolfs II. liest sich, als wären die führenden Generäle aus den ersten Jahren nach 1618 zum Appell angetreten. Wallenstein zum Beispiel begann seine Karriere 1604 als Fähnrich in einem Regiment der böhmischen Infanterie und wurde gegen Ende des Türkenkrieges an der linken Hand verwundet. Sowohl Heinrich von Schlick als auch Rudolf von Tiefenbach machten sich im Kampf gegen die Türken früh einen Namen, während Maximilian von Trauttmansdorff, später der bedeutendste Diplomat in habsburgischen Diensten, in diesem Krieg seinen einzigen Kampfeinsatz überhaupt erlebte. Karl (Carlo) Gonzaga, der Herzog von Nevers und spätere Protagonist des Mantuanischen Erbfolgekrieges der Jahre 1628–31, rettete Wallenstein angeblich bei der Belagerung von Kaschau (Košice) das Leben, wo er selbst als einer von zahlreichen katholischen Freiwilligen aus Frankreich Dienst tat.
Eine beträchtliche Anzahl jener Italiener, die noch zu allgemeiner Bekanntheit gelangen sollten, war ebenfalls schon im Türkenkrieg mit von der Partie, darunter Graf Collalto, der spätere Präsident des Hofkriegsrates, Rudolf von Colloredo, der zum Feldmarschall aufstieg, sowie Graf Ernesto Montecuccoli, später kaiserlicher Heerführer im Elsass. Manche Italiener traten in österreichische Dienste, weil dies unter den (Ober-)Italienern einer bestimmten Schicht eben Tradition war: Man diente dem Kaiser. Andere trafen mit den Truppen ein, die der Papst und die Spanier zur Unterstützung der kaiserlichen Seite entsandt hatten, darunter Balthasar de Marradas und Henri Duval, Graf von Dampierre, sowie aus den spanischen Niederlanden der Graf Johann t’Serclaes von Tilly.
Auch Franz von Mercy, in den letzten Jahren des Dreißigjährigen Krieges Oberbefehlshaber der kaiserlich-bayerischen Armee, begann seine Militärkarriere im Krieg gegen das Osmanische Reich. Dasselbe gilt übrigens für viele derer, die sich später gegen den Kaiser auflehnen sollten, darunter die drei maßgeblichen Anführer des Böhmischen Aufstands: die Grafen Thurn, Hohenlohe und Mansfeld.61
Die große Bedeutung dieser Veteranen des Langen Türkenkrieges ist in der Militärgeschichtsschreibung oft übersehen worden. Man konzentrierte sich lieber auf den Krieg in Westeuropa und unterschätzte deshalb, welch starken Einfluss die Türkenfeldzüge der Jahre vor 1618 auf die weitere Entwicklung hatten. Dieser Fokus auf den Westen hängt eng mit der Vorstellung einer „militärischen Revolution“ zusammen, die mittlerweile zu einer ganz bestimmten, vorherrschenden Sichtweise auf das Kriegswesen der Frühen Neuzeit geführt hat.62 Die Anhänger dieser Idee behaupten, es hätten wahlweise Spanien, die Niederlande oder Schweden eine Vorreiterrolle bei der Herausbildung neuer Kampfweisen im 16. Jahrhundert gespielt – Kampfweisen, die sich erstmals auf Pulverwaffen verließen und von großen, disziplinierten Truppenverbänden umgesetzt wurden. Auch hätten Innovationen im taktischen und strategischen Bereich die Kriegführung (angeblich) entscheidungsorientierter werden lassen; größer und von stärkerer Wirkung auf Staat und Gesellschaft seien die Feldzüge nun allemal gewesen. Wer so denkt, der ordnet die Geschehnisse vielleicht auch hübsch eines nach dem anderen, sodass im ständigen Wettstreit um die effizienteste Kriegführung stets eine Großmacht die andere ablöst. Die anfängliche spanische Überlegenheit, heißt es dann etwa, sei durch die Niederländer gehörig erschüttert worden, und zwar dank eines flexibleren Militärwesens, das zuerst die Schweden verbessert und die Franzosen schließlich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts perfektioniert hätten. Weniger Aufmerksamkeit hat man dagegen dem kaiserlichen Heer im Dreißigjährigen Krieg geschenkt, gilt dieses doch weithin als Relikt eines immer deutlicher veralteten spanischen Systems, das mit dem kleinlich-pedantischen Stellungskrieg im Niederländischen Aufstand in Verbindung gebracht wird. Tatsächlich ist es jedoch so, dass das Vorgehen der Spanier auf dem Schlachtfeld erstens oft erfolgreich war und zweitens ständigen Anpassungen und Verbesserungen unterworfen. Methoden, die ab den 1570er-Jahren zum Kampf gegen die aufständischen Niederländer entwickelt worden waren, erwiesen sich im Kampf gegen die Türken durchaus als wirksam, denn diese wie jene vermieden oftmals die direkte Konfrontation und zogen sich stattdessen hinter ihre Befestigungen zurück. Freilich brachte der ungarische Kriegsschauplatz auch seine eigenen Taktiken hervor, die später das Vorgehen der Söldnerheere in Deutschland ebenfalls beeinflussen sollten. Es wäre also insgesamt zutreffender, die kaiserliche Kriegführung als eine Art Amalgam der unterschiedlichsten Erfahrungen und Ideen zu betrachten.
Militär und Kriegstechnik Das spanische System entwickelte sich im Gefolge einer wirklichen militärischen Revolution im Sinne jenes größtenteils durch technologische Innovationen vorangetriebenen Wandels in der Kriegführung, der zwischen 1470 und 1520 erfolgte und durch die flächendeckende Einführung von Handfeuerwaffen bei Fußtruppen wie Reiterei gekennzeichnet war. Dazu kamen verschiedene Spielarten einer neuen, ganz auf die psychische Überwältigung des Gegners ausgerichteten Schocktaktik, die von großen, diszipliniert agierenden Truppenkörpern ausgeführt wurde.63 Diese Entwicklungen gingen ihrerseits auf Fortschritte in der Metallverarbeitung und Schießpulverproduktion zurück, die zum ersten Mal in der europäischen Geschichte zuverlässige und effektive Feuerwaffen hervorgebracht hatten. In relativ schneller Folge kam es sowohl bei den Handfeuerwaffen als auch bei den Artilleriegeschützen zu technischen Neuerungen, was die Heerführer dazu zwang, sich über den Einsatz jener Waffen im Feld einige neue Gedanken zu machen. Beide Arten von Feuerwaffen wurden nun in wesentlich größerem Umfang eingesetzt, als dies zuvor der Fall gewesen war, nicht selten in Kombination mit etablierten Waffentypen und sowohl in offensiver wie auch in defensiver taktischer Absicht. Von der Mitte des 16. Jahrhunderts an nahm das Tempo des technologischen Wandels merklich ab: Alle grundlegend neuen Typen von Waffen waren bis dahin entwickelt worden, aber die Weiterentwicklung des Erreichten wurde durch Herstellungsprobleme behindert. So hinkte beispielsweise die Geschützproduktion der theoretischen Ballistik weit hinterher, weil es den Stückgießern in ihren Gießereien schlicht nicht gelingen wollte, Kanonen herzustellen, die dem vollen Potenzial dieser Waffen, wie es die Mathematiker kalkuliert hatten, auch nur annähernd nahekamen. Vor der Mitte des 17. Jahrhunderts war es kaum möglich, in ein massiv gegossenes Rohr einen geraden Lauf hineinzubohren (und wirklich brauchbar wurde dieses Verfahren sogar erst Anfang des 18. Jahrhunderts). Stattdessen goss man die Kanonen um einen in Lehm, Rosshaar und Dung eingepackten Eisenstab, den sogenannten Kern, herum, der nach dem Abkühlen entfernt wurde und damit die „Seele“ hinterließ: den langgezogenen Hohlraum im Inneren des Geschützrohres, durch den die Kugel abgeschossen werden sollte. Der Guss erfolgte in einer festen Form, die der späteren Kanone ihre Gestalt gab; als Gussmaterial kam eine Schmelze aus Kupfer, Zinn, Blei und Messing zum Einsatz – eine sogenannte Kanonenbronze, die auch als Rotguss bezeichnet wird. Nachdem der Kern entfernt worden war, setzte man ein Bohrgerät ein, um die noch recht grobe, unebene Seele auf das gewünschte Kaliber aufzubohren und zu glätten. Vor allem dieser letzte Arbeitsschritt war zeitaufwendig, führte aber beileibe nicht immer zum gewünschten Erfolg.
Die geradezu schwindelerregende Vielfalt unterschiedlicher Kanonentypen lässt sich ganz grundsätzlich in zwei große Gruppen unterteilen. Auf der einen Seite standen die Kanonen im eigentlichen Sinn, zeitgenössisch „Kartaunen“ genannt. Sie hatten einen kurzen Lauf mit geringer Wandstärke und verschossen massive Rundkugeln mit einem Gewicht von 24 bis 75 Pfund (also etwa 13,5 bis 42 Kilogramm). Sie waren Belagerungsgeschütze, die hauptsächlich zum Bombardement von Befestigungsanlagen eingesetzt wurden, und sehr schwer: Man brauchte zehn oder mehr Pferde, um eine Kartaune zu bewegen. Bei den „Feldschlangen“ handelte es sich dagegen um Geschütze mit längeren, dickwandigeren Rohren, die sicherer im Gebrauch waren als die Kartaunen – bei zugleich höherer Reichweite und Treffsicherheit. Jedoch bedeuteten ihre dickeren Rohre natürlich entsprechend mehr Metall, weshalb sie in der Regel doppelt so schwer waren wie Kartaunen von vergleichbarem Kaliber. In der Regel verschossen sie Kugeln von 6 oder 12 Pfund Gewicht (das entspricht 3,5 oder 7 Kilogramm). Es gab aber auch Zwei- und Vierpfünderversionen, die sogenannten Falkonetts, die im Feld von zwei bis acht Pferden gezogen werden konnten. Bei einer Belagerung kamen außerdem Mörser zum Einsatz, kurze, gedrungene Geschütze, die Rundkugeln oder primitive Granaten im hohen Bogen über Mauern und andere Hindernisse schossen. Bis zu den 1590er-Jahren war die ganze Bandbreite an Geschützen und Geschossen im Wesentlichen entfaltet, einschließlich Giftgasgranaten, die in den Niederlanden zum Einsatz kamen und diverse schädliche Substanzen enthielten, die ihre Opfer ersticken oder erblinden lassen sollten. Auch Brandbomben in Form von bis zum Glühen erhitzter Rundkugeln waren bekannt. Mit ihnen konnte man ganze Städte in ein flammendes Inferno verwandeln, indem man die dicht an dicht stehenden, hochentzündlichen Fachwerkbauten in Brand schoss. Es gab als „Bomben“ bezeichnete Sprenggranaten mit Zündern aus Stahl und Feuerstein, aber auch solche, die mit einer Zündschnur versehen waren, welche beim Abschuss von der explodierenden Treibladung gezündet wurde. Anstürmendes Fußvolk konnte mit Kartätschen und anderer Anti-Personen-Munition niedergemäht werden; wo loser Hagel aus einzelnen Stein- oder Metallkugeln zum Einsatz kam, wurden die Artilleriegeschütze gewissermaßen zu riesigen Schrotflinten. Schon im späten 16. Jahrhundert gab es also auf dem Gebiet der Artillerie, lapidar gesagt, wenig, was es (noch) nicht gab. Bei späteren Erfindungen handelte es sich meist um Weiterentwicklungen des bereits Bestehenden. So wurde etwa die Herstellung der Geschütze verbessert, um sie zuverlässiger und in der Handhabung sicherer zu machen.
Ein ähnlicher Standardisierungsprozess lässt sich mit Blick auf die Handfeuerwaffen beobachten. Auch sie gab es in großer Vielfalt, doch bürgerten sich allmählich die Bezeichnungen „Muskete“ (für Fußsoldaten) und „Pistole“ (für die Reiterei) ein. Erstere waren zwischen 125 und 144 Zentimeter lang, wogen vier bis zehn Kilogramm und schossen eine Bleikugel von 40 Gramm Gewicht über eine Distanz von 300 Metern – gerade noch effektiv zielen ließ sich jedoch eher auf die Hälfte dieser Entfernung. Die schwereren Ausführungen mussten zum Abschießen in eine Stütze eingelegt werden, um den Lauf ruhig zu halten (Gabelmuskete). Bei leichteren Varianten sprach man weiterhin von „Arkebusen“ oder „Hakenbüchsen“; diese waren hauptsächlich bei Infanterie in Gebrauch, die in freier Formation kämpfte, oder bei Kavallerieeinheiten, denen Feuerkraft solider schien als blanker Stahl. Verbesserte Produktionsmethoden ermöglichten es bald, auch aus leichteren Musketen eine größere Ladung abzufeuern, und von etwa 1630 an verschwanden sowohl die Hakenbüchse als auch die Gabelmuskete von den Schlachtfeldern Europas. Die meisten Kavalleristen (auch solche, die für den Kampf mit Lanze und Schwert ausgebildet und gerüstet waren), führten ein Paar langläufige Pistolen mit sich, die in Holstern an den Seiten ihrer Sättel steckten. Als Schusswaffen waren Pistolen zumeist nur auf Entfernungen bis etwa 25 Meter wirklich effektiv, aber im Nahkampf gaben ihre langen, mit Metall beschlagenen und im Inneren beschwerten Kolben hervorragende Schlagwaffen ab. Viele technische Neuerungen im Schusswaffenbereich, die man gemeinhin erst mit späteren Jahrhunderten in Verbindung bringt, gab es tatsächlich schon früher: so etwa den gezogenen Lauf, Hinterladergewehre und diverse Methoden, die Treibladung des Projektils zu zünden. Auch die Radschlossmechanik für Pistolen sowie die Schnappschloss- oder Steinschlossmechanik für Musketen waren schon bekannt; bei Letzterer diente ein Stück Flint (Feuerstein) dazu, die Treibladung des Geschosses zu zünden. Steinschlossgewehre und schließlich auch -pistolen wurden zwischen 1680 und 1840 zu den Hauptwaffen der Infanterie, denn sie waren bei feuchter Witterung zuverlässiger als Waffen mit Rad- oder gar Luntenschlössern und gingen auch nicht so leicht aus Versehen los wie diese. Beim Luntenschloss hatte man einen Hebel betätigen müssen, um einen metallenen Bügel, in dem die langsam glimmende Lunte eingeklemmt war, nach unten auf das lose in die Zündpfanne geschüttete Schießpulver zu drücken. Durch das Zündloch schlug die entstehende Flamme ins Innere des Laufs und löste dort die Hauptladung aus. Bei etwa einem von fünf Schussversuchen geschah es, dass die Flamme nicht durch das Zündloch sprang und es beim bloßen „Pfannenblitz“ blieb – daher noch heute die englische Wendung a flash in the pan für ein sprichwörtliches „Strohfeuer“. Im deutschen Sprachraum bezeichnete man ein solches Missgeschick auch als „Abblitzen“ – daher die Wendung „jemanden abblitzen lassen“, zu der noch das Wörterbuch der Brüder Grimm den Beispielsatz „Das Gewehr blitzte ab“ verzeichnet. Bei einer Steinschlosswaffe war das Risiko der Fehlzündung zwar nur noch halb so hoch, aber ebenso wie bei den Waffen mit Radschlossmechanik handelte es sich um teure, empfindliche Instrumente, die oft ausfielen. Auch wegen ihrer schwierigen und deshalb teuren Herstellung dienten die ersten Steinschlossmusketen vorwiegend als Jagdwaffen, während Musketen mit Luntenschloss wohlfeil, schlicht und unverwüstlich blieben.
Die Infanterie Aus zeitgenössischen Exerzierbüchern gewinnt man leicht den (falschen) Eindruck, dass zum Laden und Abfeuern frühneuzeitlicher Schusswaffen ein kompliziertes Ballett verschiedener Handgriffe, Armbewegungen und Körperhaltungen ausgeführt werden musste. In Wahrheit spiegelt die penible Auflistung von motorischen Elementen wohl eher das Interesse der damaligen Wissenschaft am genauen Erfassen und Verstehen menschlicher Bewegungsabläufe wider als praktische Notwendigkeiten. Das komplizierteste Manöver war der sogenannte Contremarsch, der ein ununterbrochenes Feuer auch im Vorrücken oder auf dem Rückzug gewährleisten sollte. Dabei schossen jeweils die Soldaten im ersten Glied; dann blieben die, die ihre Waffen gerade abgefeuert hatten, stehen und luden nach, während das nächste, schon bereite Glied zwischen den Nachladenden hindurch nach vorn trat und, nun seinerseits „in erster Linie“ stehend, feuerte. Bis auch das letzte Glied geschossen hatte, waren die Ersten wieder feuerbereit und marschierten nach vorn durch – und so weiter. Um 1595 modifizierte man diese Taktik dahingehend, dass die Soldaten nun in Gruppen von je fünf Mann zusammenstanden und nach ihrem Schuss gemeinsam nach rechts oder links ausscherten, um nachzuladen; auf diese Weise reduzierte man die Anzahl der Lücken, die in der Reihe gelassen werden mussten. Zudem dauerte das Nachladen etwa der Arkebusen und leichten Musketen nur rund eine Minute, gegenüber etwa drei Minuten bei den unhandlicheren Modellen, wodurch man auch mit weniger Reihen von Männern ein Dauerfeuer unterhalten konnte. Die Niederländer praktizierten den Contremarsch auch auf dem Rückzug; so konnten sie das Feuer erwidern, ohne den direkten Kontakt mit dem heranrückenden Feind zu riskieren. Gut ausgebildete, motivierte Truppen konnten mit dieser Taktik bis zu 40 Meter in der Minute vorrücken, ohne ihr Feuer zu unterbrechen (beim Rückzug verlangsamte sich das Tempo etwa auf die Hälfte). Dasselbe System konnte auch auf der Stelle stehend zur Anwendung kommen; dann traten die Soldaten, nachdem sie gefeuert hatten, ins letzte Glied, und die jeweils nächsten rückten nach, ohne dass sich die Formation als ganze nach vorn bewegt hätte. Die Niederländer operierten gewöhnlich mit nur zehn Reihen und nahmen dafür die Beschränkung auf leichtere Schusswaffen in Kauf; entsprechend einfach waren ihre Bewegungsabläufe in der Formation. Die Spanier hingegen bevorzugten tiefer gestaffelte Verbände von 15 bis 25 Reihen; es scheint zudem, dass sie nicht alle gemeinsam feuern ließen, sondern die Soldaten im ersten Glied einfach dann schossen, wenn sie so weit waren. Man stellte lediglich die Männer mit den leichteren, schneller nachzuladenden Musketen zusammen weiter vorn auf.
Zu ihrer Verteidigung im Nahkampf trugen die Musketiere auch eine Griffwaffe zum Hauen oder Stechen, etwa ein kurzes Schwert oder einen etwas schwereren Säbel. Diese Blankwaffen waren jedoch meist von so minderwertiger Qualität, dass sie sich schnell verbogen oder stumpf wurden. Im Handgemenge griff man deshalb eher doch zur Muskete, die man ganz einfach umdrehte, um den schweren, abgewinkelten Kolben als Knüppel einzusetzen. Gegen feindliche Kavallerie, die rasch heransprengen konnte, bevor die Musketiere Zeit hatten, nachzuladen, vermochten diese Waffen jedoch nur wenig auszurichten.
Schon im späten 15. Jahrhundert war es üblich geworden, Schützen und Pikeniere in gemischter Formation aufzustellen. Die Pikeniere waren mit einem Spieß bewaffnet, einer etwa fünf Meter langen Stange, deren eines Ende mit einer stählernen Spitze versehen war. Im offensiven Gebrauch konnten die dicht gedrängten Pikeniere mit waagrecht vorgestreckten Spießen vorrücken wie eine Phalanx im antiken Griechenland. Wenn sie sich in der Defensive sahen, stemmten die Männer im ersten Glied das rechte Bein nach hinten, um festen Halt zu gewinnen, stellten das stumpfe Ende ihres Spießes gegen diesen Fuß und beugten das linke Bein dann vorwärts, um den Spieß im flachen Winkel nach vorn zu richten. Die Männer in den nächsten paar Gliedern hinter ihnen hielten ihre Waffen auf Schulterhöhe, sodass dem Feind ein wahrer Wald von Spießen entgegenstarrte.
Aufgrund ihrer eher defensiven Rolle trugen die Pikeniere anfangs zumindest einen nach vorn offenen, stählernen Helm, die „Sturmhaube“, deren Form ein wenig an die Helme heutiger Feuerwehrleute erinnert, sowie einen Brustpanzer. Manche trugen auch einen vollen Körperpanzer, zu dem dann noch ein Rückenschutz und Beinschienen gehörten. Derartige Rüstungen blieben in Gebrauch, weil die Entwicklung hin zu leichteren, besser handhabbaren Musketen zugleich eine Reduzierung von deren Durchschlagskraft bedeutete. Gegen Musketenkugeln bot ein solcher Harnisch also noch immer einen adäquaten Schutz. Dicker, als sie waren, hätte man die Rüstungen auch schwerlich machen können, denn ein Fußknecht konnte insgesamt nicht mehr als 18 Kilogramm an Ausrüstung mit sich herumtragen, sollte er noch einigermaßen leistungsfähig bleiben. Aus diesem Grund wie auch aus Kostengründen trug um 1600 höchstens die Hälfte der Pikeniere einen vollständigen Harnisch mit Rückenplatte und Beinzeug; die Mehrzahl beließ es bei einem ledernen Koller, und immer mehr Fußsoldaten trugen noch nicht einmal einen Helm. Musketiere trugen höchstens einen Helm und ansonsten keinerlei Rüstung, weil sie, um ihre Waffen zu gebrauchen und um in freierer Formation vorzugehen, auf eine größere Bewegungsfreiheit angewiesen waren als die Pikeniere. Sie trugen oft einen Umhang, unter dem sie ihr Pulverhorn trocken halten konnten. Tatsächlich brauchten sie zwei Pulverhörner: eines für das gröbere Laufpulver der Hauptladung, eines für das feinere Zündpulver, das in die Zündpfanne gegeben wurde. Beide hingen an Schnüren, die über die rechte Schulter geworfen wurden, und wurden an der linken Hüfte des Schützen mit Eisenhaken am Gürtel befestigt, damit sie nicht umherschlenkerten. In meist zwölf kleinen Holzbüchsen (wegen der Anzahl „Apostel“ genannt) trugen die Musketiere bereits abgemessene Pulverladungen für jeweils einen Schuss mit sich; diese waren an einem ledernen Gurt, dem Bandelier, befestigt, der meist nach Art einer Schärpe schräg um den Oberkörper geschlungen wurde. Wo dieser Gurt auf ihrer Hüfte auflag, trugen sie auch einen Lederbeutel mit Kugeln sowie weiteres Zubehör für die Pflege, Verwendung und Reparatur ihrer Muskete. Die „zwölf Apostel“ wurden um 1630 von vorgefertigten Papierpatronen abgelöst, die Kugel und Pulver jeweils schon enthielten und in einer eigenen Gürteltasche, der Kartusche, aufbewahrt wurden. Schließlich musste jeder Musketier noch einen Vorrat von vier bis sechs Metern Luntenstrick mit sich herumtragen, der entweder in großen Schlingen um Schultern und Nacken gelegt oder – auf dem Marsch – am Bandelier festgemacht wurde. Da die Lunte relativ schnell abbrannte (mit etwa 10 bis 15 Zentimetern pro Stunde), ließ unterwegs nur einer von zehn Soldaten seine Lunte weiterschwelen; kündigte sich ein Gefecht an, gab er auch den nächsten Kameraden Feuer. Als Musketier lebte es sich gefährlich, denn die glimmende Lunte konnte, passte man nicht auf, die Apostel zur Explosion bringen oder verschüttetes Schießpulver in Brand setzen, das sich in den Kleidern verfangen hatte. Auch aus diesem Grund marschierten Musketiere stets mit zwei bis vier großen Schritten Abstand zueinander auf; erst unmittelbar vor dem Kampf schlossen sie die Reihen.
Für die ersten Uniformen haben sich die Militärhistoriker schon lange interessiert. Oft heißt es, die Schweden hätten sie zuerst eingeführt, aber es steht außer Frage, dass bereits vor 1618 viele deutsche Militäreinheiten farblich einheitlich gehaltene Waffenröcke trugen: Wurden Heere innerhalb einzelner Territorien ausgehoben, war es für den jeweiligen Landesherren oft ratsam, die Bekleidung seiner Mannschaften en gros anfertigen und ausgeben zu lassen. Rot und Blau scheinen hierbei die eigentlich bevorzugten Tuchfarben gewesen zu sein, erforderten zu ihrer Herstellung aber teure Färbemittel, weshalb weiße (beziehungsweise ungefärbte) Stoffe in der Praxis häufiger vorkamen. Leibwachen trugen oft aufwendiger gearbeitete Kleidung, manchmal auch fein geschmückte Zierpanzer. Auch die unter Bauern und Handwerkern ohnehin weite Verbreitung lederner Kniebundhosen dürfte ihren Teil zur Uniformisierung der Militärkleidung beigetragen haben. Das Ausmaß und die Dauer des Krieges nach 1618 sowie die damit verbundene Kostenexplosion unterbrachen diese frühen Tendenzen in Richtung „echter“ und zweckmäßiger Uniformen und führten stattdessen zu einem improvisierteren (bisweilen auch zerlumpteren), jedenfalls aber tristeren Erscheinungsbild der Kombattanten: Grau- und Brauntöne mischten sich auf allen Seiten mit dunklem Grün und anderen eher düsteren Farben. Allerdings sorgte die verbreitete Praxis, die Truppen zumindest teilweise in Tuch zu entlohnen, noch immer für ein gewisses Maß an Einheitlichkeit, zumindest im kaiserlichen Heer, dessen Fußvolk ab den 1640er-Jahren überwiegend in perlgraue Röcke gekleidet war.
Die optimale Kombination von Pikenieren und Musketieren blieb in den militärtheoretischen Abhandlungen der Zeit Gegenstand heftiger Debatten – sowohl, was das „Mischungsverhältnis“ der beiden Waffengattungen, als auch, was deren Aufstellung im Feld betraf. Wenn man die zahlreichen rein theoretischen Modelle einmal außer Acht lässt, gab es eigentlich nur zwei Formationen, die auch tatsächlich zur Anwendung kamen. Wer den Contremarsch nach niederländischem Vorbild praktizierte, brauchte nur dünne Linien, dafür aber mehr Musketiere als Pikeniere. Ab den 1590er-Jahren kamen zwei Musketiere auf einen Pikenier, insgesamt zehn Mann tief aufgestellt, wobei die Pikeniere im Zentrum platziert waren und links und rechts von Musketieren flankiert wurden. Die Spanier und die Kaiserlichen hingegen bevorzugten größere, tiefere Truppenformationen, wie sie in den früheren Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts die Norm gewesen waren. Ihre Pikeniere standen als ein massiver Block in der Mitte, der immer doppelt so tief wie breit war, weil jeder Kämpfer zum Gebrauch seiner Waffe doppelt so viel Platz nach hinten als zur Seite hin benötigte. Im Ergebnis bildete sich eine rechteckige Formation („Gevierthaufen“), der an den Seiten durch „Schützenflügel“ oder „Ärmel“ von Musketieren ergänzt wurde. Für gewöhnlich zog sich entlang der gesamten Vorderseite des Haufens – um die Feuerkraft der Gesamtformation zu maximieren – eine Reihe von Schützen mit leichteren Arkebusen. Wenn sie von einer Kavallerieattacke überrascht wurden, konnten die Schützen unter den weit vorgestreckten Spießen der hinter ihnen postierten Pikeniere Zuflucht suchen. Beim Angriff auf feindliches Fußvolk zogen sich die Arkebusenschützen, nachdem sie gefeuert hatten, um die Flanke des Haufens herum zurück, um den Pikenieren den Weg zum Angriff freizugeben. Die Kommandeure der spanischen und kaiserlichen Heere platzierten an den vier Ecken ihrer Haufen bisweilen noch zusätzliche Vierecksformationen von Musketieren, die auf zahlreichen Schlachten-Kupferstichen des frühen 17. Jahrhunderts zu sehen sind. Das war jedoch nur die Gefechtsordnung für Auf- und Vormarsch; im Kampf schwärmten die zusätzlichen Schützen in Richtung des Feindes aus und zogen sich an eine weniger exponierte Flanke des eigenen Haufens zurück, wenn die Situation für sie zu gefährlich wurde.
Die großen Gevierte aus Pikenieren und Musketieren, wie sie von den Spaniern bevorzugt wurden, sind unter der Bezeichnung „Terzio“ bekannt geworden (nach dem spanischen tercio für eine Infanterieeinheit von bis zu 3000 Mann). Die schmale, längliche Gefechtsordnung, bei der die Musketiere die Pikeniere flankierten, bezeichnete man als „niederländische Ordonnanz“. Es ist zu einem geschichtswissenschaftlichen Gemeinplatz geworden, dass die letztere der ersteren Taktik himmelhoch überlegen gewesen sei – wohl nicht zuletzt, weil nachfolgenden Generationen ihr Fokus auf Schusswaffen schon von vornherein „moderner“ erschien als die Verwendung von Spießen, wie sie im Grunde bereits die alten Griechen gekannt hatten. Diese Bewertung ist jedoch nicht nur ungenau, sie verfehlt auch die militärisch-taktische Vorstellungswelt des 16. Jahrhunderts, die zutiefst von antiken Vorbildern geprägt war. Die tiefer gestaffelten Gevierthaufen boten eine größere Schlagkraft nach allen Seiten als die dünnen „niederländischen“ Linien, bei denen man immer hoffen musste, dass die angrenzenden Truppenteile die Stellung hielten, weil bei einem feindlichen Durchbruch die eigene Flanke schutzlos daliegen würde. Obwohl nur die vordersten fünf Glieder eines Terzios zugleich feuern konnten, wirkte sich die Anwesenheit von zehn oder mehr weiteren Gliedern in ihrem Rücken positiv auf die Kampfmoral aus – oder erschwerte doch zumindest den vorn Stehenden die Flucht. Ein solcher Terzio wirkte auf dem Schlachtfeld auch ganz anders – nämlich wesentlich imposanter – als dünner gestaffelte Formationen; das konnte gleichfalls von großem Vorteil sein, wenn man auf einen bereits schwankenden Feind vorrückte.
Im Zeitalter der Musketen und Kartaunen füllte sich das Schlachtfeld zudem bald mit Pulverdampf, der es den Kommandeuren beinah unmöglich machte, die Situation zu überblicken. Eine lange, dünne Reihe aus zahlreichen kleinen Abteilungen geriet leichter aus dem Blick (und damit außer Kontrolle) als eine kleinere Anzahl mächtiger Terzios. Diese konnten außerdem gestaffelt in einer Art Schachbrettmuster aufgestellt werden (die „spanische Ordonnanz“ im eigentlichen Sinn), wobei die einzelnen Terzios etwa 200 Meter auseinanderstanden. Wenn einer von ihnen abgeschnitten wurde, war er immerhin groß genug, um allein weiterkämpfen zu können, bis Verstärkung eintraf.
Die Tendenz, das Verhältnis von Musketieren zu Pikenieren zugunsten der Ersteren zu verschieben und überdies lang gezogenen, dünneren Gefechtsordnungen den Vorzug zu geben, trat spätestens in den 1630er-Jahren deutlich hervor, wie wir später noch sehen werden. Diese Entwicklung hing zumindest teilweise mit kleinen technischen Verbesserungen zusammen, die leichtere Musketen hervorbrachten, und womöglich auch mit einem gewissen Druck vonseiten der Soldaten selbst: Neue Rekruten wollten in der Regel lieber Musketiere als Pikeniere werden, denn Letztere standen nicht selten im Kugelhagel, ohne sich selbst wehren zu können. Dabei hatten die Pikeniere ursprünglich einen höheren Sold erhalten und galten auch den Offizieren als „ehrbarer“ als die Musketiere. Wer eine ordentliche Militärkarriere machte, der tat dies „von der Pike auf“ – und nicht von der Muskete. Pikeniere kämpften und töteten mit dem blanken Stahl, ganz wie die Ritter früherer Zeiten, während die Musketiere vom Schießpulver abhängig waren, einer geradezu teuflischen Erfindung, die dichte Schwaden beißenden Pulverdampfs hervorrief. Sie blickten ihren Feinden noch nicht einmal in die Augen, sondern töteten von fern. Die Pikeniere warfen ihren leichter gerüsteten Kameraden außerdem vor, diese seien die ärgeren Plünderer – schließlich könnten sie selbst mit ihren langen Spießen nicht einfach in ein fremdes Haus hineinmarschieren. (Bei diesem letzten Punkt scheint eine gewisse Portion Neid im Spiel gewesen zu sein.) Ganz gewiss jedoch waren es die Pikeniere, die bei einem feindlichen Durchbruch ihre Spieße von sich warfen und davonrannten, sich also auf dem Rückzug noch nicht einmal verteidigen konnten, während die Musketiere stets in voller Bewaffnung flohen.
Die um 1590 einsetzende Tendenz zu einem immer höheren Anteil von Musketieren hing auch damit zusammen, dass man diese in kleineren, flexibleren Formationen einsetzen konnte, entweder als Manöver zur Eröffnung der Schlacht oder zur Verlangsamung des feindlichen Vormarsches, bis die eigenen Truppen ihre Positionen eingenommen hatten. Man platzierte noch vor der eigenen Hauptlinie Abteilungen aus 50 oder mehr Musketieren, die von kleineren Pikenierhaufen von je 250 Soldaten gedeckt wurden, bei denen die Schützen im Bedarfsfall auch Zuflucht suchen konnten. Solche Methoden scheinen ihrer Zeit 200 Jahre voraus, verschwanden aber im Allgemeinen um 1630 wieder, als zuerst die Niederländer eine neue, diszipliniertere Schusswaffentaktik entwickelten, deren massiertes Feuer dann von den Schweden nachgeahmt wurde. Angesichts der mangelnden Treffsicherzeit einzelner Schüsse setzten die Kommandeure auf eine Maximierung der Gesamtfeuerkraft (und später auch der Schussfrequenz), was um 1700 in der routinierten Abgabe von Salven durch ganze Schützenzüge gipfelte.
Die Kavallerie Die Kavallerie hatte sich um 1590 in fünf Typen aufgespalten, die bestimmte taktische Aufgaben zu erfüllen hatten wie Überraschungs- beziehungsweise Schockangriffe, zusätzliche Feuerkraft oder Erkundung. Die Schocktaktik der Reiterei setzte auf die physische und psychologische Schlagkraft, die von einem Ansturm schwer bewaffneter und gepanzerter Reiter, ja allein von deren Pferden ausging. Ein solches Schlachtross war gut zwei Meter groß, wog 500 Kilogramm und konnte im Galopp auf über 40 Kilometer pro Stunde beschleunigen (wenngleich das Gewicht des Reiters diesen Wert in der Praxis meist erheblich reduzierte). Die Pferde wurden auf Feldern voller lodernder Strohfeuer und Haufen von Tierkadavern ausgebildet, um sie an den Anblick und die Gerüche eines Schlachtfelds zu gewöhnen. Außerdem trainierte man ihnen an, nach dem Feind zu treten und sich – in verschiedenen Gangarten – in der Formation zu bewegen.
Zur Umsetzung solcher Taktiken bildeten sich mit der Zeit zwei Arten von schwerer Kavallerie heraus. Die eine, „Lanzierer“ oder „Gens d’armes“ genannt, wurde von Spaniern und Franzosen bevorzugt. Die Reiter trugen einen geschlossenen Helm mit Visier sowie einen vollständigen Reiterharnisch aus Metall an Oberkörper, -armen und -schenkeln. Die Füße und die Unterschenkel schützten hohe, feste Lederstiefel, während Hände und Unterarme von Leder- oder Stahlpanzerhandschuhen geschirmt waren. Als Waffe diente ihnen eine etwa drei Meter lange, mit einer Stahlspitze versehene Holzlanze, mit der sie selbst kauernde feindliche Fußsoldaten aufspießen oder gegnerische Reiter aus dem Sattel heben konnten. Die rasante Ausbreitung von Feuerwaffen führte dazu, dass der Anteil schwerer Lanzenreiter in den Heeren West- und Mitteleuropas bis 1610 stark zurückging, aber in Ungarn und Polen kämpften die Adligen als Husaren noch immer in vergleichbaren Ketten- oder Plattenpanzern. Diese Panzerreiter aus dem Osten befestigten bunte Fähnchen an ihren Lanzen und trugen oft „Flügel“ aus Vogelfedern, die auf einem hölzernen Rahmen an ihrem Rücken befestigt waren und bei ihrem Sturmritt ein brausendes Geräusch verursachten, das zu ihrem ohnehin Furcht einflößenden Erscheinungsbild noch einiges beitrug.64 Anderswo schlossen sich die vormaligen Lanzierer der zweiten Abteilung der schweren Reiterei an, den Kürassieren nämlich, die einen ähnlichen Harnisch trugen, aber mit langen, zum Zustechen gedachten Schwertern ausgerüstet waren. Ein Schwert ließ sich im Nahkampf wesentlich besser einsetzen als eine Lanze, die nutzlos wurde, sobald der erste Ansturm nicht „gesessen“ hatte.
Beide Arten von schwer Berittenen trugen außerdem ein Paar Pistolen bei sich, die sowohl zum Beschuss stehender Ziele als auch im Nahkampf eingesetzt wurden. Diese steckten in Holstern beiderseits des Sattels, und zwar so, dass der Abzug nach außen zeigte (das lag daran, dass sie wegen ihrer langen Läufe gleichsam aus der Rückhand gezogen werden mussten). Es konnte immer nur eine Pistole auf einmal abgefeuert werden, da der Reiter mit der anderen Hand die Zügel festhalten musste. Idealerweise schoss man, indem man sein Pferd „linksum“ kehren ließ und dann mit ausgestrecktem Arm im rechten Winkel zum Pferdekörper zielte. Auf diese Weise verhinderte man, dass das Tier scheute oder man ihm die Ohren verbrannte (was passieren konnte, wenn man eine Pistole direkt über seinem Kopf abfeuerte). Da die meisten Reiter Rechtshänder waren, mussten sie mit ihrer Linken die Zügel festhalten, um mit der rechten Hand ihre (linke) Pistole oder ihr Schwert zu ziehen. Letzteres war gar nicht so einfach, wenn man im Sattel saß, weil man ja keine Hand frei hatte, um die Scheide festzuhalten. Einen Karabiner – ein kurzes Reitergewehr – abzufeuern, war noch schwieriger, denn dazu brauchte man beide Hände. All diese Schwierigkeiten blieben bis zum Verschwinden der Kavallerie zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Grunde stets die gleichen, denn wenngleich Fortschritte in der Technik die Handhabung von Schusswaffen im Sattel erleichterten, trugen sie doch wenig dazu bei, grundsätzliche Probleme des Kampfes zu Pferde zu lösen.
Auf gut ausgebildete, disziplinierte Fußtruppen konnte die Schocktaktik der schweren Reiterei freilich nur wenig Eindruck machen. Erfahrene Kavallerieoffiziere erkannten schon an der Art, wie die feindlichen Pikeniere ihre Spieße hielten – schwankten sie? zitterten sie? –, ob diese vor dem Ansturm der Berittenen davonlaufen würden. Blieb das Fußvolk standhaft, dann konnte durchaus auch die Reiterattacke in sich zusammenbrechen, denn auf die Spieße stürzen mochten die Pferde sich nicht. Und wenn es einem Reiter doch gelang, die feindlichen Linien zu durchbrechen, dann ging sein Pferd nicht selten mit ihm durch und brach ohne Besinnung durch jede Lücke, die sich auftat, ohne anzuhalten und geradewegs durch die feindliche Schlachtordnung hindurch. Außerdem waren die Schwerter der Kavalleristen oft stumpf und vermochten nicht viel – nicht einmal gegen die wollenen Umhänge der Musketiere.
Die genannten Probleme trieben die Verbreitung von Feuerwaffen auch bei der Kavallerie voran. Dabei kam die Caracolla zum Einsatz, ein taktisches Manöver, das dem Contremarsch ähnelte und in den 1530er-Jahren von deutschen Pistolenreitern erfunden worden war. Die Reiterei trabte in mehreren Linien hintereinander bis in Schussweite, feuerte – nach der beschriebenen Halbdrehung des Pferdes – ihre Pistolen auf den Feind ab und zog sich dann zum Nachladen wieder zurück. Es wurde also die psychologische Wirkung der alten Schocktaktik dem kumulativen Effekt erhöhter Feuerkraft geopfert. Die Caracolla bedeutete weniger Stress für die Pferde als ein Sturmangrifff und erforderte auch weniger Mut seitens ihrer Reiter, denn diese mussten sich nicht mehr in den gefährlichen Nahkampf begeben. Selbst erfahrene Kavalleristen, die es gewohnt waren, mit gezogenem Schwert auf den Feind loszureiten, drehten nicht selten etwa zehn Meter vor dem Ziel ab und prallten gleichsam zurück auf ihre Startpositionen. Das erklärt auch, warum zeitgenössische Quellen von mehreren Angriffen ein und derselben Einheit während einer einzigen Schlacht berichten.
Der Wunsch, die Feuerkraft berittener Truppen weiter zu verbessern, führte zur Entwicklung einer dritten, „mittelschweren“ Reiterei, die „Arkebusiere“ oder „Karabiniere“ genannt wurde. Diese waren mit einer leichten Arkebuse oder einem Karabiner bewaffnet, die beide eine höhere Reichweite und Durchschlagskraft boten als die bei der Reiterei sonst übliche Pistole. Sie trugen in der Regel eine leichtere Rüstung als die schwere Kavallerie, meist nicht mehr als einen Helm, Brustpanzer, Lederkoller, Stiefel und Handschuhe. Das bedeutete, dass sie kleinere Pferde reiten konnten und insgesamt kostengünstiger auszuheben waren. Da sie zusätzlich auch noch zwei Pistolen und ein Schwert führten, konnten sie ebenso gut für die traditionelle Schocktaktik eingesetzt werden und verdrängten deshalb um 1630 herum die teureren Kürassiere und Lanzierer. Bis in die 1620er-Jahre hinein setzten sich viele Regimenter aus Kürassieren und Arkebusieren zusammen, wobei Erstere in der Schlachtformation vorn, Letztere hinten aufgestellt wurden.
Die vierte Art von Kavallerie, die Dragoner, waren eigentlich eine Art berittene Infanterie. Sie ritten Pferde von geringerem Stockmaß oder sogar Ponys und trugen in der Regel überhaupt keinen Harnisch – noch nicht einmal die schweren Reitstiefel, denn in diesen konnte man nicht gut laufen. Die Dragoner waren zum Teil als Pikeniere, zum Teil als Schützen bewaffnet und setzten ihre Reittiere ein, um schnell die Position wechseln oder Aufklärungstrupps verstärken zu können, um „Plänkler“ der Infanterie auf ihren vorgeschobenen Posten zu unterstützen oder dem Feind in die Flanke zu fallen. Zwar wurden für all diese Aufgaben grundsätzlich auch Arkebusiere oder Karabiniere eingesetzt; jedoch blieben diese beim Kampf im Sattel, während die Dragoner zu Fuß kämpften. Als leichte Kavallerie waren sie am zahlreichsten in den Heeren Ungarns, Polens und Siebenbürgens vertreten und wurden zu einem charakteristischen Bestandteil der Kriegführung „im Osten“, der in das kaiserliche Militär übernommen wurde.
Etwa ein Fünftel bis ein Viertel der kaiserlichen leichten Kavallerie war mit Lanzen bewaffnet und wurde „Kosaken“ oder „Polen“ genannt, ganz gleich, wo die Reiter eigentlich herkamen. Den großen Rest bildeten die Kroaten, unverkennbar in ihren roten Umhängen und Fellmützen, die jeweils mit einem Karabiner und einem Paar Pistolen bewaffnet waren. Sie alle waren in Regimenter von zumeist nicht mehr als 500 Mann eingeteilt und griffen in einem rasanten Zickzackritt an, bei dem sie erst ihre rechte, dann ihre linke Pistole abfeuerten, dann – wieder rechts – den Karabiner, bevor sie zum Nachladen davongaloppierten.
Die militärische Organisation Wichtigste Organisationseinheit der Infanterie wie der Kavallerie war das Regiment, das sich in Kompanien untergliederte, die im Heiligen Römischen Reich anfangs noch „Fähnlein“ genannt wurden. Diese Gliederung ging letztlich auf die Rekrutierungsmethoden der Zeit zurück. Ein Fürst beauftragte einen Obristen mit der Aushebung benötigter Truppen, dieser wiederum betraute eine Anzahl ihm untergebener Hauptleute mit der Rekrutierung einzelner Kompanien. Nach dem klassisch-antiken Vorbild der römischen Legion (die ja aus zehn Kohorten bestanden hatte) bemühten sich die meisten Obristen, Regimenter mit jeweils zehn Kompanien aufzustellen, doch konnte deren tatsächliche Anzahl stark variieren: Von vier oder fünf Fähnlein in schwächeren Regimentern bis hin zu 20 in manchen Großverbänden kam eigentlich alles vor. Hauptleute, die ihr Patent direkt von ihrem Kriegsherrn erhalten hatten, stellten von größeren Truppenverbänden unabhängige Freifähnlein auf. Solche Kontingente wurden etwa als Festungsgarnisonen eingesetzt oder entsprangen den ehrgeizigen Bemühungen von Männern, die sich als fähige „Rekrutenmacher“ einen Namen machen wollten, um so den Grundstein für eine große Militärkarriere zu legen.
Die noch im 21. Jahrhundert gebräuchliche, nach Rängen gestufte Militärhierarchie war in ihren wesentlichen Zügen schon um 1600 vorhanden.65 Einem kommandierenden Obristen stand ein Obristleutnant zur Seite, der in seiner Abwesenheit das Kommando übernahm. Ein Major überwachte Ausbildung und Verwaltung und kommandierte mitunter Teile des Regiments, wenn dieses aufgeteilt wurde. Zu diesen drei Stabsoffizieren kamen noch Schreiber, Feldgeistliche, Feldscher und Wundärzte sowie der „Profoss“ oder „Gewaltiger“ zur Vollstreckung von Disziplinarstrafen. Eine vergleichbare Struktur begegnet auf der Ebene der Kompanien: Jeder Hauptmann hatte ein oder zwei Leutnants an seiner Seite, dazu noch einen Fähnrich (bei der Kavallerie: Kornett), dem die Fahne der Kompanie anvertraut war. In der Regel gab es auch einen Kompanieschreiber, einen Feldscher sowie eine Reihe von Unteroffizieren. Zusammen bezeichnete man diese Führungsriege auch als die prima plana, das „erste Blatt“ der Kompanie, weil ihre Namen zuoberst, vor allen anderen, in der Musterungsrolle der Einheit aufgelistet waren. Im Verlauf des 16. Jahrhunderts fiel die durchschnittliche Größe einer Fußkompanie von zunächst 300 bis 400 Soldaten auf 200 bis 300 Soldaten; bei der Reiterei waren die Kompanien jeweils etwa halb so groß. Die Anzahl der Offiziere blieb jedoch gleich, was einerseits die wachsende Bedeutung hierarchischer Strukturen im Allgemeinen widerspiegelt, konkret und auf dem Schlachtfeld jedoch Voraussetzung für manch komplexeres Manöver war, das nur im Rahmen klarer Befehlsstrukturen ausgeführt werden konnte. Offiziere und Unteroffiziere trugen neben ihren Degen oder Schwertern auch noch eine Stangenwaffe, was zumindest eine mögliche Erklärung für den Begriff „Stabsoffizier“ darstellt. Bei den Offizieren war dies der Sponton, eine Halbpike, die einem Speer mit breiter Klinge ähnelte. Unteroffiziere trugen eine Hellebarde, die eine Speerspitze mit einem Axtkopf kombinierte. Beide Waffentypen waren ein Rang- und Statusabzeichen, hatten jedoch auch einen praktischen Nutzen im Sinne der Truppenführung: Wenn man den Stiel in beide Hände nahm, konnte man damit mehrere Soldaten auf einmal hin- und herschieben und sie so „in Reih und Glied“ bringen. Auch konnte man damit die Piken oder Musketen der eigenen Leute nach oben oder nach unten drücken – insbesondere, um allzu ungeduldige Musketiere vom verfrühten Feuern abzuhalten.
Nach 1590 blieb das Verhältnis von Offizieren zu Mannschaften relativ stabil; das lag an den technischen Beschränkungen der verfügbaren Waffen, die allesamt en masse eingesetzt werden mussten. Ein Offizier oder Unteroffizier mochte einen Trupp von etwa 15 Soldaten kommandieren, aber den Hauptleuten fiel es schwer, in Pulverdampf und Schlachtengetümmel mehr als 300 zu befehligen: Die eingeschränkte Sicht und der Lärm machten es so gut wie unmöglich, die Lage einzuschätzen oder gar spontan Befehle zu erteilen. Das war ein weiterer Grund dafür, die Infanterie in dicht gestellten Reihen aufmarschieren zu lassen: So konnte der kommandierende Obrist – vom Pferderücken aus – seine Leute im Blick behalten. Fahnen und Trommeln wurden in der Mitte der Formation platziert, von wo aus sie Signale an alle Teile der Einheit geben konnten. Die Tücken der Heerführung sorgten dafür, dass erfahrene Soldaten hoch im Kurs standen: Man kalkulierte, dass mindestens ein Drittel der eingesetzten Truppen routinierte Veteranen sein mussten, damit der nötige Zusammenhalt in der Schlacht gewährleistet war. Außerdem sollten die „alten Hasen“ den neuen Rekruten die Grundlagen des militärischen Drills vermitteln und ihnen beibringen, wie man den harten Alltag während der Kampagne überstand. Allerdings blieb die Rekrutierung Sache der einzelnen Regimenter, deren Obristen ihre erfahrenen Soldaten ungern ziehen ließen, damit sie beim Aufbau neuer Kontingente helfen konnten. Auch bestimmte die Größe eines Regiments das Prestige dessen, der es kommandierte: Die Befehlshaber großer Einheiten waren angesehener und in der Regel auch besser versorgt als die kleinerer Regimenter, die eher aufgelöst oder mit anderen verschmolzen wurden.
Die zuletzt genannten Faktoren brachten spanische und kaiserliche Obristen dazu, Infanterieregimenter von 2000 oder 3000 Mann aufzustellen und Kavallerieregimenter von bis zu 1000 Mann. Letztere untergliederten sich in zwei bis fünf Schwadronen zu jeweils zwei Kompanien. Die Kompanien waren die eigentlichen taktischen Einheiten der Reiterei; im Feld standen sie etwa sechs bis zehn Glieder tief. In der niederländischen Ordonnanz wurden die Reiterschwadronen zwischen den Bataillonen der Infanterie verteilt; bei den Terzios der spanischen Ordonnanz standen sie in dichter Formation an den Flanken der Gevierte. In den Feldheeren West- und Mitteleuropas machte die Kavallerie zwischen einem Fünftel und einem Drittel der Gesamtstreitmacht aus. Insgesamt war jedoch der Anteil der Infanterie weitaus höher, da zahlreiche Fußsoldaten zur Bemannung von Festungen gebraucht wurden. Große Infanterieregimenter konnten als eigener Terzio in den Kampf ziehen; kleinere mussten mit anderen zusammengefasst werden, um auf die nötige Stärke zu kommen. Die Bataillone der niederländischen Ordonnanz umfassten jeweils zwischen 200 und 700 Mann, sodass ein großes Regiment durchaus auch zwei von ihnen stellen konnte.
Bei der Artillerie waren solche formellen Strukturen unbekannt, denn die Kanoniere betrachteten sich noch immer als eine eigene Gilde, die unter dem Schutz der heiligen Barbara, der Patronin der Bergleute, stand. Die Bedienung der Kanonen galt als eine besondere Kunst, sie hatte ihre eigenen Traditionen und Rituale. Katholische Geschützmannschaften schlugen vor dem Schuss ein Kreuzzeichen, und Kanoniere aller Konfessionen gaben ihren Geschützen individuelle Namen. Deutsche Militärtheoretiker der Zeit rechneten mit zwei bis vier Stück Artillerie je 1000 Soldaten, doch in der Regel zogen nur die leichteren Feldschlangen und Falkonetts mit Infanterie und Kavallerie ins Feld. Die größeren Geschütze waren teuer in der Herstellung und schwer zu bewegen, was sie für die siegreiche Seite zur wertvollen (und oft eben doch „leichten“) Beute machte.
Die Gefechtstaktik In der Schlacht war man bemüht, Infanterie, Kavallerie und Artillerie optimal miteinander zu kombinieren. Der Kampf wurde in der Regel mit einer Kanonade eröffnet, sobald die verfeindeten Parteien sich auf unter 1000 Schritt angenähert hatten. Währenddessen rückten Plänkler vor, um die gegnerische Verteidigung zu sondieren und Aufklärung zu betreiben. Diese einleitenden Schritte verschafften dem Rest der Truppe die nötige Zeit, um sich auf seine Positionen zu begeben, konnten aber – ganz im Gegenteil – auch eingesetzt werden, um einen Feind so lange aufzuhalten, bis die eigene Seite den Rückzug angetreten hatte. Die zeitgenössische Vorliebe für große Infanterieformationen sorgte dafür, dass die Aufstellung zum Gefecht eine abwechslungsreiche Angelegenheit blieb – schließlich konnte man zwischen den großen Terzios etwa Artillerie und Kavallerie in den verschiedensten Mustern positionieren, je nach der Beschaffenheit des Geländes und den Absichten des kommandierenden Feldherrn. In dem Maß jedoch, in dem die niederländische Ordonnanz an Beliebtheit gewann, wurde die Infanterie auf eine oder mehr Linien im Zentrum zusammengezogen, wobei die einzelnen Bataillone nur schmale Lücken zwischen einander ließen, um der feindlichen Kavallerie nicht den Stoß in ihre ungeschützten Flanken zu ermöglichen. Die zweite und alle weiteren Linien lagen zwischen 100 und 300 Metern hinter der ersten. Wer dichter aufrückte, riskierte es, den eigenen Kameraden in den Rücken zu schießen; wer weiter weg blieb, konnte jenen im Notfall nicht beistehen. Die so entstehende „Lineartaktik“ ermunterte die Kommandeure, ihre Kavallerie zu beiden Seiten der Infanterielinien zu platzieren – eine Vorgehensweise, die im späteren 17. und im 18. Jahrhundert zur Norm werden sollte. Einer ausschließlichen Verwendung der Lineartaktik standen allerdings Zweifel entgegen, ob der damit einhergehende Verlust an Schockwirkung durch den Gewinn an Feuerkraft tatsächlich gerechtfertigt werde. Auch im Osten Europas, wo die Türken und andere Kriegsparteien flexiblere Eröffnungstaktiken und einen größeren Anteil leichter Truppen einsetzten, zögerte man, sich ganz auf die Lineartaktik zu verlassen. Die kaiserlichen Feldherren in Ungarn setzten zum Schutz ihrer Fußtruppen auch Erdwerke oder Planwagen und andere bewegliche Hindernisse ein.
Im Allgemeinen trat jede der drei Haupttruppengattungen gegen ihr feindliches Pendant an. Die Artillerie versuchte, die Geschütze des Gegners auszuschalten, bevor die eigenen Fuß- und Reitertruppen vorrückten und das Schussfeld versperrten. Die Reiterei wiederum stürzte sich auf die gegnerische Reiterei, um sie vom Feld zu drängen und so die Flanken der feindlichen Infanterie zu entblößen. Beide Seiten konnten nur hoffen, zur Entscheidung der Schlacht noch genügend Artillerie und Kavallerie übrigzuhaben, wenn die langsamere Infanterie endlich in Schussweite gekommen sein würde; schließlich war die Kombination verschiedener Waffengattungen für gewöhnlich besonders effektiv. So konnte die feindliche Infanterie durch eine scharfe Attacke der Kavallerie am Vorrücken gehindert und in die Defensive gedrängt werden, während Kavallerie und eigene Musketenschützen sie mit Feuer belegten. Die eigene Feuerkraft konnte auch eingesetzt werden, um gegnerische Formationen aufzubrechen und so aus dem Konzept zu bringen, dass sie vor der Zeit zum Angriff übergingen oder sich gar völlig auflösten und einem feindlichen Vorstoß schutzlos ausgeliefert waren. Alle Feldherrnkunst und taktische Innovation beruhte auf Variationen dieses Grundmusters, um früh in der Schlacht eine möglichst effektive Verbindung der drei Komponenten Infanterie, Kavallerie und Artillerie zu erzielen und damit einen leichteren und weniger verlustreichen Sieg zu erringen.