Читать книгу Der Dreißigjährige Krieg - Peter H. Wilson - Страница 8
Vorwort
ОглавлениеZur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges gibt es viele Detailstudien, aber nur wenige umfassende Gesamtdarstellungen. Bei den meisten Büchern, die den ganzen Krieg zum Gegenstand haben, handelt es sich um knappe Einführungen für Schule und Studium. Das leuchtet ein: Um tatsächlich alle Aspekte des Dreißigjährigen Krieges angemessen behandeln zu können, müsste man mindestens 14 europäische Sprachen beherrschen – und bräuchte wohl ebenso viele Menschenleben und mehr, um die Masse des verfügbaren Archivmaterials zu bewältigen. Selbst die Literatur zum Thema umfasst Millionen von Seiten; es gibt allein 4000 Titel zum Westfälischen Frieden, der den Krieg beendete. Diese unglaubliche Materialfülle hat die bisherigen Darstellungen des Dreißigjährigen Krieges auf verschiedene Weise beeinflusst. Manche schlagen eine Schneise durch das Dickicht der Details und versuchen, den Krieg in eine umfassendere Erklärung des europäischen Modernisierungsprozesses einzubetten. Andere Darstellungen geben den handelnden Individuen und den Ereignissen größeren Raum, aber nicht selten bemerkt man eine gewisse Erschöpfung des Autors oder der Autorin, sobald die Geschehnisse sich der Mitte der 1630er-Jahre nähern. Bis zu jener Zeit waren nämlich die meisten der Helden und Schurken tot, die den ersten Kapiteln der Geschichte so viel Spannung und Leben eingehaucht hatten. Andere, deren Namen die Nachwelt längst vergessen hat, waren an ihre Stelle getreten. Aus diesem Umstand folgt nicht selten eine gewisse Beschleunigung, um nicht zu sagen Hastigkeit in der Darstellung, und die letzten 13 Jahre eines 30-jährigen Krieges werden in ein Viertel des Textes (oder noch weniger!) gepresst, wovon noch einmal ein Großteil auf die Erörterung des Friedensschlusses und der Kriegsfolgen entfällt.
Das vorliegende Buch möchte dieses Missverhältnis durch eine ausgewogenere Darstellung des gesamten Kriegsverlaufes beheben. Einige Besonderheiten dieses Ansatzes werden im Einführungskapitel erläutert. Entscheidend ist dabei, dass der Dreißigjährige Krieg als ein eigenständiger Konflikt betrachtet wird, der um die politische und religiöse Ordnung Mitteleuropas geführt wurde – und nicht als Teil eines großen europäischen „Gesamtkonflikts“ während der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Zwar bringt diese Betrachtungsweise des Krieges als Einzelkonflikt eine gewisse Vereinfachung mit sich; aber andererseits lenkt sie die Aufmerksamkeit auf seine Ursprünge in den komplexen Verhältnissen, die das Heilige Römische Reich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts prägten. Der erste Teil des Buches soll diese Hintergründe erklären und den Krieg gerade dadurch, auf eine andere Weise als die gerade beschriebene, in seinen europäischen Kontext einbetten. Der zweite Teil folgt dem Verlauf der Tragödie in annähernd chronologischer Ordnung. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der Frage, warum jegliche Friedensbemühungen vor Mitte der 1640er-Jahre scheiterten. Im dritten und letzten Teil geht es um die politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Folgen des Dreißigjährigen Krieges sowie um seine langfristige Bedeutung. In allen drei Teilen des Buches werden strukturale Erklärungsansätze mit der Betrachtung von Macht und Ohnmacht der handelnden Personen verknüpft. Neben den altbekannten „Hauptfiguren“ der Erzählung sollen dabei auch weithin unbekannte Zeitgenossen Beachtung finden – mehr Beachtung, als ihnen üblicherweise zuteilwird. Die Literaturangaben bieten eine Auswahl aus der bereits erwähnten Fülle an Material, wobei ein Schwerpunkt auf neueren Werken liegt: Sie sind für viele Leserinnen und Leser leichter zugänglich und enthalten noch dazu weitere Hinweise auf die aktuellste Fachliteratur.
Nur zu gern bedanke ich mich für die Unterstützung des Arts and Humanities Research Council, das mir durch ein Forschungsstipendium in den Jahren 2007 und 2008 die Fertigstellung dieses Buches ermöglicht hat. An der University of Sunderland hat ein hervorragendes Forschungsumfeld meine Arbeit um vieles leichter gemacht, und dasselbe gilt für den Fachbereich Geschichte an der University of Hull, wo ich so herzlich aufgenommen wurde und die letzten Kapitel des Buches entstanden sind. Leopold Auer und seine Mitarbeiter am Haus-, Hof- und Staatsarchiv des Österreichischen Staatsarchivs in Wien haben mir bei meinem allzu kurzen Aufenthalt 2006 wertvolle Unterstützung zukommen lassen. Ich danke Scott Dixon, Robert Evans, Ralph Morrison und Neil Rennoldson für ihre Hilfe bei der Beschaffung seltener oder unbekannter Literatur und vor allem Kacper Rękawek für seine Hilfestellung bei der Sichtung polnischer Quellen und Forschungsbeiträge. Clarissa Campbell Orr, Tryntje Helfferich, Michael Kaiser, Maureen Meikle, Géza Pálffy und Ciro Paoletti haben mir in einigen Detailfragen unendlich weitergeholfen. Zu besonderem Dank bin ich Trevor Johnson verpflichtet, der mir sein Manuskript über die Gegenreformation in der Oberpfalz schon vor Veröffentlichung des Buches zur Verfügung gestellt hat. Leider kann ich mich bei ihm, der 2007 viel zu früh verstorben ist, nicht mehr dafür revanchieren.
Mein Lektor Simon Winder hat mir immer wieder Mut zugesprochen und so meinen Glauben daran gestärkt, dass dieses Buch tatsächlich irgendwann fertig werden würde. Durch seinen guten Rat und seine umsichtigen Verbesserungsvorschläge hat das Manuskript beträchtlich an Klarheit gewonnen. Charlotte Ridings hat mit ihrer gründlichen Korrekturarbeit Unstimmigkeiten und Fehler beseitigt. Cecilia Mackay hat meinen Illustrations-Wunschzettel Wirklichkeit werden lassen.
Eliane, Alec, Tom und Nina haben es geduldig ertragen, dass ich immer wieder in die Vergangenheit „abgetaucht“ bin, und haben mir – wie schon so oft – die größte Hilfe und Inspiration zukommen lassen. Ihnen sei dieses Buch in Liebe gewidmet.
Peter H. Wilson