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c) Oktoberreform 1918

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Kurz vor dem Ende des Kaiserreichs wurde das parlamentarische Regierungssystem eingeführt. Die führenden Parteien des Reichstages hatten das schon länger verlangt. Doch erst auf Initiative der 3. Obersten Heeresleitung unter Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff kam es zu der Reform. Die Generäle hofften, die Parlamentarisierung würde günstigere Friedensbedingungen ermöglichen. Zugleich sollte die politische Verantwortung für die nun sichere Kriegsniederlage auf die Parteien und den Reichstag abgewälzt werden. Zwei Reichsgesetze vom 28. Oktober 1918 änderten die Reichsverfassung.

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Das erste Gesetz[38] modifizierte unter anderem die Stellung und die politische Abhängigkeit des Reichskanzlers. Der Reichskanzler war nun vom Vertrauen des Reichstages abhängig (Art. 15 Abs. 3 RV). Der Kaiser war verpflichtet, den Reichskanzler zu entlassen, wenn der Reichstag dem Kanzler das Misstrauen ausgesprochen hatte. Somit wurde das Ernennungsrecht des Kaisers faktisch beschränkt, denn der Monarch hätte nur noch mit dem Vertrauen der Reichstagsmehrheit versehene Kanzler ernennen können. Andernfalls hätte er riskiert, dass er den Kanzler wegen eines Misstrauensvotums gleich wieder hätte entlassen müssen. Der Schwerpunkt der Regierungskontrolle wurde somit vom Kaiser auf den Reichstag verlagert.[39] Die Gegenzeichnung durch den Kanzler erstreckte sich nunmehr auf „alle Handlungen von politischer Bedeutung“ (Art. 15 Abs. 4 RV) – und damit auch auf die bisher vom Kaiser allein verantworteten Akte der militärischen Kommandogewalt[40] – sowie durch Änderung der Art. 53 Abs. 1, 64 Abs. 2 und 66 RV auch auf alle Ernennungen durch den Kaiser. Damit war das gesamte Kriegswesen der Verantwortung des Reichskanzlers und somit dem Einfluss des Reichstages unterstellt.[41] Für eine Kriegserklärung sowie die Zustimmung zu einem Friedensvertrag war nach einer Änderung des Art. 11 Abs. 2, 3 RV auch der Reichstag zuständig. Der Reichstag verdrängte, da er den Kanzlerrücktritt erzwingen konnte, nun auch formell den Bundesrat vom ersten Platz in der Hierarchie der Reichsorgane.[42]

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Das zweite verfassungsändernde Gesetz vom gleichen Tag[43] hob die Unvereinbarkeit zwischen Abgeordnetenmandat und Staatsamt (Art. 21 Abs. 2 RV) auf. Abgeordnete konnten somit als Staatssekretär in die Reichsleitung eintreten, ohne ihr Mandat zu verlieren. Zugleich wurde einfachgesetzlich geregelt, dass auch die Stellvertreter des Reichskanzlers im Reichstag jederzeit zu hören seien. Sie mussten also nicht mehr Mitglieder des Bundesrates sein, um das Rederecht des Art. 9 RV in Anspruch nehmen zu können.

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Die Oktoberreform wirkte sich politisch nicht mehr aus: Sie vermochte die Monarchie in Deutschland nicht zu retten. Auch trug sie nicht dazu bei, die harten Bedingungen zu mildern, unter denen der Waffenstillstand und der Friedensvertrag von Versailles geschlossen wurden.

§ 2 Geschichte der Parlamente und des Parlamentsrechts › III. Parlamentarische Demokratie

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