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1. Reichstag unter nationalsozialistischer Herrschaft[89]

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Am 17. Mai 1933 tagte der Reichstag zum letzten Mal als Mehrparteienparlament.

Während der Regierungszeit Hitlers tagte der Reichstag übrigens nie im Reichstagsgebäude. Stattdessen trat er überwiegend und passenderweise in der „Kroll-Oper“, einem Veranstaltungskomplex gegenüber vom Reichstagsgebäude, zusammen. Hitler sprach auch nie im Reichstagsgebäude.

Zum letzten Mal waren auch weibliche und jüdische Abgeordnete anwesend. Parteien, die sich nicht freiwillig auflösten, wurden durch das „Gesetz gegen die Neubildung von Parteien“ vom 14. Juli 1933[90] verboten. Die NSDAP wurde zur Staatspartei. Der Reichstag war ein Scheinparlament, da er nicht demokratisch gewählt wurde und die Aufgaben eines Parlaments nicht mehr wahrnahm. Er tagte selten (vom Mai 1933 bis zum Mai 1945 nur noch neunzehnmal), kontrollierte die Regierung nicht (auch weil es keine anderen Parteien als die NSDAP mehr gab) und erließ gerade einmal sieben Gesetze ohne jede Plenar- oder Ausschussberatung. Die Ausschüsse tagten nicht und wurden ab 1936 auch gar nicht mehr eingesetzt. Der Reichstag verkam zum reinen „Akklamationsorgan“[91], zum „teuersten Gesangsverein Deutschlands“ oder „bestbezahlten Männerchor der Welt“[92] – eine Anspielung auf den Umstand, dass die Abgeordneten monatliche Diäten erhielten, dafür aber kaum tagten und sich auf das Bejubeln der Reden Hitlers (etwa zum „Anschluss“ Österreichs und zum Beginn des Zweiten Weltkriegs[93]) und das Singen der Hymne beschränkten. Die Bedeutungslosigkeit des Reichstages zeigte sich auch daran, dass die Abgeordneten zu den Reichstagssitzungen im Zweiten Weltkrieg erst kurz vor der jeweiligen Tagung eingeladen wurden. Trotz der Bedeutungslosigkeit des „Parlaments“, blieb die Reichstagsverwaltung unter Reichstagspräsident Göring bis Kriegsende bestehen. Der Reichstag setzte sich fast ausnahmslos aus der „Ober- und Mittelschicht der nationalsozialistischen Parteiführerschaft“ zusammen.[94] Nur wenige Abgeordnete gehörten nicht der NSDAP an. Doch auch sie kandidierten auf der allein zur Wahl stehenden Einheitsliste der NSDAP und waren als „Gäste“ der NSDAP-Fraktion in den NS-Staat fest eingebunden. Die „Reichstagswahlen“ der Jahre 1933, 1936 und 1938 waren eine bloße Farce. Zum letzten Mal trat der Reichstag am 26. April 1942 zusammen, danach bis zum Zusammenbruch des Dritten Reiches nicht mehr. Die kriegsbedingte Verlängerung der laufenden „Wahlperiode“ des Reichstages durch Gesetze bis zum 30. Januar 1943 und dann bis zum 30. Januar 1947 hatte keine Bedeutung mehr.

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Die Landesparlamente wurden gleich zu Beginn des NS-Regimes durch das „Vorläufige Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich“ vom 31. März 1933[95] und das „Zweite Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich“ vom 7. April 1933[96] politisch ausgeschaltet. Durch das „Gesetz über den Neuaufbau des Reichs“ vom 30. Januar 1934[97] wurde die Eigenstaatlichkeit der Länder mitsamt den Landesparlamenten abgeschafft. Der Reichsrat als Vertretung der Länder wurde durch Gesetz vom 14. Februar 1934[98] aufgelöst.

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