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Niro

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Daniel Niro hievte einen mit Schrauben gefüllten Karton in eines der unzähligen Hochregale.

„So eine Scheiße“, murmelte er, als er von der Leiter stieg und den nächsten Karton vom Boden hob.

„Was sagst du?“, fragte Joel, ein mit Steroiden aufgepumpter Arbeitskollege, von der anderen Seite des Regals aus.

„Ich habe nicht mit dir geredet“, antwortete Daniel.

„Was?“, schrie Joel, um den Lärm der herumfahrenden Gabelstapler zu übertönen.

Es war Daniel ein Rätsel, wie dieser Idiot beinahe alles vernahm, das man vor sich hinmurmelte und nichts verstand, was man in normalem Tonfall sagte.

„Ich habe nicht mit dir geredet“, wiederholte er genervt.

„Ah fick dich doch.“

„Fick dich selbst.“

Im Großen und Ganzen waren genau solche Konversationen der Alltag an Daniels Arbeitsplatz. Es war schwierig, dabei nicht selbst zu verblöden. Daniel schaute auf die große Uhr, die auf der anderen Seite des Lagers an der Wand hing und stellte fest, dass er Feierabend machen konnte. Er stellte die letzten Kartons ins Regal und ging Richtung Aufenthaltsraum, um noch einen Kaffee zu trinken, bevor er den Heimweg antrat. Wie immer war der Raum fast leer. Nur ein älterer Arbeiter saß in eine Autozeitschrift vertieft auf einem der Stühle und rauchte eine Zigarette. Als Daniel die heiße Brühe aus der Thermoskanne in einen Pappbecher schüttete, hörte er Schritte hinter sich.

„He Niro“, rief Joel.

„Was gibt's?“, antwortete Daniel, ohne sich umzudrehen.

„Hast du eben gesagt, ich soll mich ficken?“

Langsam drehte er sich um. Joel hatte sich vor ihm aufgebaut und spannte peinlicherweise seine Muskeln an, um noch breiter zu wirken.

„Das hast du richtig verstanden.“

„Sowas sagst du nie mehr zu mir“, Joels Augen funkelten vor Wut.

Der alte Mann sah von seiner Zeitschrift auf und beobachtete das Schauspiel aufmerksam.

Daniel spürte, wie sich Wut in ihm ansammelte. Er ballte die Fäuste.

Aber er brauchte den Job. Er musste so schnell wie möglich raus, sonst würde die Situation eskalieren.

„Ist gut“, sagte er, leerte seinen Kaffee mit einem großen Schluck, ging an Joel vorbei und verließ das Gebäude.

„So ein Feigling“, hörte er den alten Mann hinter sich sagen, „Sowas hätte es früher nicht gegeben.“

Etwas nagte immer noch an Daniels Stolz, als er fünfzehn Minuten später durch die Stadt schlurfte; aber er hatte kein Interesse daran, wegen diesem Idioten seine Arbeit zu verlieren. Seine Lebenssituation war beschissen, aber er war dafür selbst verantwortlich. Man erntet, was man säht.

Ein Stück die Straße herunter öffnete gerade ein Hüne die Fahrertür eines schwarzen Porsche Panamera.

„Hey Luca“, rief Daniel und der Hüne sah böse in seine Richtung. Erst als er erkannte, wer da gerufen hatte, lächelte er, machte die Tür wieder zu und wartete, bis Daniel ihn erreicht hatte. Sie gaben sich die Hände.

Luca trug glänzende Lederschuhe, eine dunkelblaue Anzughose und einen langen, teuer aussehenden Mantel über einem hellblauen Hemd mit schwarzer Krawatte. Daniel kam sich schäbig neben ihm vor.

„Kommst du von der Arbeit?“, fragte Luca.

„Ja, war ein beschissener Tag“, antwortete Daniel und fügte hinzu: „Und wo kommst du her?“

Luca zögerte, dann sagte er: „Ich hab schon was länger Feierabend. War nur kurz in der Bank. Hast du Lust auf ein Bier? Geht auf mich. Es gibt nichts, was nach 'nem beschissenen Tag besser ist.“

Daniel war müde und schlecht gelaunt. Andererseits konnte es nicht schaden, sich bei einem Bier etwas zu unterhalten und auf andere Gedanken zu kommen.

„Klar, wieso nicht“, antwortete er.

„Guter Mann“, sagte Luca, „Steig ein.“

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