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Verzasca
ОглавлениеPaulo Verzasca spürte die Sonne im Rücken, als er seine Bahnen durch den Pool der weißen Villa zog. Um ihn herum saßen ein paar Frauen, bekleidet mit Bikinis irgendwelcher Luxusmarken, auf Liegestühlen im Schatten der Palmen und schauten zu, wie sich seine Muskeln bei jeder Bewegung anspannten. Paulo wusste, dass niemand einfach so das Grundstück betreten durfte, sodass er zu dem Schluss kam, dass sein Boss die Mädchen für ihn organisiert hatte, um ihm eine Freude zu machen.
Dass er sich von dieser Art Frau nicht angezogen fühlte, würde er für sich behalten.
Sein Boss hatte geschäftlich hier auf Fuerteventura zu tun und ihn als Sicherheitsmaßnahme mitfliegen lassen. Paulo genoss den Luxus und vor allem wenn er daran dachte, dass es in Deutschland schneite, schaute er in den Himmel in die strahlende Sonne und musste lächeln. Es war damals die beste Entscheidung gewesen, sein altes Leben hinter sich zu lassen.
Als Paulo den Pool verließ und sich eine dunkelblonde Strähne aus dem Gesicht strich, reichte ihm eine der Frauen ein Handtuch, das er annahm, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Er trocknete sich auf dem Weg ins Innere des Gebäudes ab und blieb vor der gläsernen Eingangstür stehen, in der er sich spiegelte. Hinter sich sah er, wie die Mädchen tuschelten. Diese Art von Aufmerksamkeit hatte er nicht immer erhalten. Damals, als er ein Niemand gewesen war, als er am Boden gelegen hatte, war keine Frau für ihn da gewesen.
Als er dastand und sich selbst in die Augen schaute, musste Paulo an sie denken. Er musste immer noch viel zu oft an sie denken. Die einzige, von der er jemals behauptet hätte, etwas für sie empfunden zu haben.
Er betrat die Villa. Im Foyer wartete Don Antonio Fiore auf ihn, sein Boss und Mentor. Sofort waren Paulos negative Gedanken wie weggewischt und er blieb respektvoll stehen.
Fiore war hochgewachsen und wirkte für sein Alter von sechzig Jahren noch sehr jugendlich, was weniger an seinem Äußeren, als an seinem verschmitzten Blick lag. Er hatte schulterlanges, leicht ergrautes Haar und einen dichten Schnurrbart, trug ausschließlich weiße Hemden auf beige Hosen, kombiniert immer mit einem ausgefallenen Paar Schuhe, dieses Mal aus glänzendem Krokodilleder.
„Komm mit in die Lounge, ich muss mit dir reden“, sagte Fiore und Paulo folgte ihm in ein geräumiges, edel eingerichtetes Zimmer, in dem sie auf zwei Sesseln Platz nahmen, die sich gegenüberstanden. Fiore schüttete erst Paulo, dann sich selbst einen Whiskey aus einer Flasche ein, die ihren Preis erahnen ließ.
„Gefällt dir das Anwesen?“, fragte er.
„Es ist großartig“, antwortete Paulo.
„Das freut mich. Du weißt, dass ich sehr zufrieden mit dir bin. Deshalb bist du hier.“
„Vielen Dank.“
Fiore lächelte breit, wodurch die Falten in seinem Gesicht mehr zur Geltung kamen als sonst.
„Dieser Kommissar, Jenke, ist vor knapp einer Stunde in einem schäbigen Imbiss erschossen worden. Ich könnte wetten, Kettler hat seine Finger da im Spiel“, sagte er.
Paulo war von dem plötzlichen Themenwechsel nicht überrascht. Er wusste, dass sein Boss kein Freund von langem Smalltalk war.
„Ist doch gut, dann müssen wir uns nicht mehr darum kümmern. Der Mann war zu ehrgeizig, um in seiner Branche überleben zu können“, antwortete er.
„Ja, einen Job weniger, den du zu erledigen hast.“ Fiore lachte und nippte an seinem Drink.
Auch Paulo lachte. Es hätte ihm nichts ausgemacht, den Polizisten zu töten.
„Du bist noch sehr jung, Paulo, nicht einmal dreißig. Du hast noch viel Zeit, alles aus deinem Leben herauszuholen“, sagte Fiore, nachdem er einen weiteren Schluck Whiskey genommen hatte.
„Ich gebe mir Mühe.“
„Das weiß ich. Aber eine Sache steht dir im Weg.“
Die negativen Gedanken kehrten zurück.
„Du solltest das Mädchen vergessen“, fuhr der Don fort, „Du darfst niemals der Vergangenheit hinterhertrauern. Das hält dich auf.“
Paulo senkte den Blick und nickte. Er trank seinen Whiskey mit einem Schluck aus und spürte sofort, wie der Alkohol seinen Kopf mit Leichtigkeit füllte.
„Nur weil sie es manchmal zurück in meine Gedanken schafft, bedeutet das nicht, dass mich das in irgendeiner Weise beeinträchtigt“, antwortete er.
„Ich hoffe, was du sagst, meinst du auch so“, sagte Fiore, stand auf und ließ Paulo allein im Raum zurück.
„Wenn ich etwas sage, meine ich es immer so“, murmelte dieser, als der Don es schon nicht mehr hören konnte.