Читать книгу IMMODESTIA - Philipp Spiering - Страница 16
Verzasca
ОглавлениеDer Privatjet flog scheinbar lautlos über das offene Meer. Antonio Fiore hatte sich, wie alle Männer in seiner Position, mit der Zeit genügend legale Einnahmequellen zugelegt, um einen solchen Luxus vor dem Finanzamt rechtfertigen zu können. Während der Don seinen Rausch von letzter Nacht ausschlief, schaute Paulo Verzasca über die dichte Wolkendecke, unter der sich der Ozean verbarg. Er war etwas wehmütig in Anbetracht der Tatsache, dass er in wenigen Stunden wieder im verschneiten Deutschland sein würde.
Aber es gab viel zu tun.
Ein Treffen mit Heinrich Kettler würde arrangiert werden und Paulo war genauso zuversichtlich wie sein Mentor, dass er an dem umsatzstarken Geschäft mit dem Kokain interessiert sein würde. Die einzige Frage, die er sich immer wieder stellte, war, wieso mächtige Männer nach immer mehr Macht strebten. Fiore beispielsweise hatte, unter der Bedingung, dass keiner seiner Nachfahren ein vollkommener Trottel war, für die nächsten Generationen ausgesorgt.
Und Paulo konnte mit Sicherheit sagen, dass Fiores Kinder alles andere als dumm waren.
Samuele, der älteste Sohn, würde in einigen Jahren das Geschäft übernehmen und war jetzt schon in vielen Angelegenheiten bevollmächtigt. Er hatte sich noch keinen Fehler erlaubt, was überaus selten der Fall war in einer Welt, in der es äußerst schwierig, aber unumgänglich war, persönliche Gefühle hinter geschäftliche Angelegenheiten zu stellen.
Tomasso, "der Sprössling", mit zweiunddreißig Jahren vier Jahre jünger als sein Bruder, war intelligent, aber zu bescheiden, um ein solches Imperium wie das seines Vaters jemals befehligen zu können. Er war zweifelsohne loyal, strebte jedoch nach einer eigenständigen Karriere in legalen Bereichen, auch wenn er den Luxus genoss, den sein Vater der Familie bot.
Die Jüngste in der Riege der Fiore-Nachkommen war Aurora. Paulo hatte die Fähigkeit, Menschen gut durchschauen zu können, aber Auroras Fassade war für ihn nicht zu durchdringen. Ihre Schönheit war bemerkenswert, beinahe unreal, doch hatte sie eine Ausstrahlung, die er als einschüchternd beschrieben hätte. Während Paulo zu den Söhnen, besonders zu Samuele, ein gutes Verhältnis pflegte, hatte er zu Aurora gar keines.
Paulo lehnte sich in seinem Sitz zurück. Er sollte versuchen, wenigstens ein paar Stunden zu schlafen.