Читать книгу Mein Darm ist kein Arsch - Philipp Stehler - Страница 5
ОглавлениеEIN BÖSES ERWACHEN
Ich versuchte meine Augen zu öffnen. Überall nur Schläuche und blinkende Lämpchen. Dazu so ein ständiges Piepen. Ich fühlte mich wie unter Drogen, alles war verschwommen. Okay, was will man erwarten, wenn man nach einer mehrstündigen OP unter Vollnarkose auf der Intensivstation aufwacht? Plötzlich wusste ich wieder, was los war. »Du hast jetzt einen Beutel!«, dachte ich und meine Hand wanderte langsam unter die Decke. Ich schaute nicht hin, das konnte ich nicht. Aber ich spürte, dass mein Bauch sehr prall und dick war. Alles war von der Operation stark geschwollen.
Obwohl ich Angst hatte, tastete ich weiter. Irgendwo musste das Ding doch sein. Da spürte ich etwas: einen Beutel. Prall. Mit Luft gefüllt. Ich wusste nicht, ob ich weinen oder mich freuen sollte. Klar, dieses Ding hat mir wahrscheinlich das Leben gerettet. Aber, könnte ich jemals wieder Bodybuilding machen oder eine Fitnesskampagne? Ganz zu schweigen von Bildern mit freiem Oberkörper. Ich fiel in einen schwarzen Gedankenstrudel. Nur die Schmerzen waren schlimmer als das Kopfkino.
Eine Schwester kam herein und begrüßte mich freundlich. Sie erklärte mir, wo ich war, und fragte mich, wie es mir ginge. Sie zeigte mir auch einen Knopf, den ich drücken sollte, wenn ich Schmerzen hätte. Er gehörte zu einer Schmerzpumpe, die mir nach Bedarf Schmerzmittel injizierte. Die Schwester meinte, ich bräuchte damit nicht sparsam sein. Ich drückte sofort! Alles um mich herum verschwamm wieder. Keine Ahnung, ob das von den Medikamenten kam oder doch noch von der Narkose. Aber ich konnte meine Augen kaum noch offenhalten …
Als ich sie das nächste Mal aufschlug, stand meine Mutter vor mir. Sie sah mich an und ihre Blicke schenkten mir sofort Kraft. Trotzdem weinten wir beide. Sie muss während der ganzen Zeit durch die Hölle gegangen sein. Ihr Sohn hatte ein lebensbedrohliches Problem und nur eine Not-OP hatte ihn retten können. Kann es etwas Schlimmeres für eine Mutter geben? Sie wich nicht von meiner Seite, schlief sogar im Wohnwagen vor dem Krankenhaus. Unsere Bindung war aber auch schon immer besonders, zumindest, wenn ich Freunde und ihre Mütter betrachte. Ich hatte immer ein sehr enges Verhältnis zu meinen Eltern. Heute weiß ich, dass auch das essenziell für meine Genesung war …