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RAUS INS LEBEN

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Ich hatte echt eine coole Kindheit und Jugend – und ich glaube, das hat mich auch stark gemacht für das, was später kommen sollte ….

Ich wuchs im idyllischen Bad Freienwalde auf, das sich, obwohl ich nur ein Jahr vor der Wende am 6. Juni 1988 auf die Welt kam, noch viele Jahre den alten »DDR-Flair« bewahrt hat. Auch wenn mein Heimatörtchen gerade mal 60 Kilometer Luftlinie von Berlin entfernt war, lagen tatsächlich Welten zwischen der neuen Hauptstadt und meinem Zuhause. Heute würde man die Lage wohl als »am Arsch der Welt« bezeichnen, aber für mich war es damals das Paradies.

Das große alte Haus, in dem wir wohnten und in dem mein Vater bis heute lebt, stand draußen am Ortsrand. Vorne raus begann auf der gegenüberliegenden Straßenseite der Wald, hinten raus war nichts als Felder. Ich war also ein richtiges Dorfkind – auch wenn sich Bad Freienwalde aufgrund seiner Einwohnerzahl tatsächlich als Stadt bezeichnen darf.

Wenn ich nicht in den Kindergarten oder später in die Schule musste, war ich eigentlich immer draußen unterwegs. Hab mit den Nachbarskindern Verstecken gespielt, Klingelstreiche gemacht oder Baumhäuser gebaut. Computerspielen fand ich langweilig, viel lieber habe ich im Wald mit Pistolen aus Stöckchen rumgeballert. Wahnsinn, wenn ich denke, was wir Kinder früher für Freiheiten hatten. Man hat uns einfach machen lassen und solange wir pünktlich zum Essen wieder zu Hause waren, war alles in Ordnung.

Mein Vater Burkhardt arbeitete zu der Zeit als Installateur für Heizungs- und Sanitäranlagen, meine Mutter Bärbel als gelernte Krankenschwester im Pflegedienst. Beide waren also beruflich total eingespannt. Daher war meine Oma, die unten im Haus wohnte, eine ganz wichtige Bezugsperson für mich. Trotzdem waren meine Eltern immer für mich da. Ich habe mich immer geliebt und gut behütet gefühlt. Ich hatte wirklich eine super Kindheit.



Ich war der Jüngste von drei Geschwistern. Mein Bruder Robert und meine Schwester Michaela sind Zwillinge und sechs Jahre älter als ich. Beides war vermutlich der Grund dafür, dass wir in meinen ersten Lebensjahren erst mal eher wenig miteinander zu tun hatten – ist halt doch ein recht großer Abstand. Als ich noch kleiner war, hat mich meine Schwester zwar aus irgendeinem Grund oft mitgenommen, wenn sie mit Freunden unterwegs war. Und ich glaube ich war sogar bei ihrem allerersten Kuss dabei. Heute denke ich aber, dass meine Mutter sie vermutlich einfach dazu »verdonnert« hat, auf mich aufzupassen. Es war also wohl eher »Babysitting« als »Geschwisterliebe«.

Für meinen Bruder war ich lange Zeit ebenfalls das Baby, der uncoole »Ausbremser«, auf den man ständig Rücksicht nehmen musste, und der nichts anderes tat, als zu nerven. Unser Verhältnis änderte sich erst, als ich mit 14, 15 angefangen habe, wie er an Mopeds rumzuschrauben. Wir haben wie viele Teenager damals alte Simsons auffrisiert und sind damit über die Felder rund um Bad Freienwalde gebrettert. Und den alten Viehstall im Hof haben wir zum Partyraum umgebaut, indem wir mit unseren Freunden abgehangen haben. Es gab damals ja keine Cafés, Clubs oder Kneipen. Wie gesagt, wir wohnten am Ende der Welt.

Ich war in unserer Familie das Nesthäkchen und vielleicht kommt daher auch die enge Beziehung, die ich zu meinen Eltern habe, besonders zu meiner Mutter. Wir hatten einfach schon immer eine einzigartige Verbindung.

Andererseits muss ich schon sagen, dass ich auch wahnsinnig von Robert profitiert habe. Auch wenn er wegen seiner geringen Körpergröße schon immer überall nur »der Kurze« genannt wurde, hatte er eine unglaublich große Ausstrahlung. Jeder kannte ihn, jeder mochte ihn und heute würde man sagen, er war unglaublich gut vernetzt und super im Connecten. Das war für mich natürlich klasse. Wenn es irgendwo Probleme gab oder es mal nach Ärger roch, war immer jemand zur Stelle, der sagte: »Hey, das ist doch der kleine Bruder vom Kurzen.« Das hat auch mich selbstsicher gemacht. Außerdem fand ich es einfach cool mit den Älteren abzuhängen und mich im Glanz meines großen, kleinen Bruders zu sonnen. Seitdem haben wir ein wirklich gutes Verhältnis. Bis heute.

Mein Darm ist kein Arsch

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