Читать книгу Mein Darm ist kein Arsch - Philipp Stehler - Страница 8
IMMER WEITER
ОглавлениеBewegung war mir schon immer wichtig. Schon als kleiner Junge war ich komplett sportverrückt. Und ich wollte immer der Beste sein. Bis heute steht auf der Rekordwand meiner alten Grundschule in vereinzelten Disziplinen mein Name. Besonders gut war ich im Turnen. Meine damalige Sportlehrerin empfahl meinen Eltern deswegen, mich nach der Grundschule an einer Sportschule anzumelden. Ich war natürlich Feuer und Flamme und vor allem superstolz. Bis ich mitbekam, dass diese Schule gar nicht in Bad Freienwalde war, sondern in Frankfurt an der Oder. Das war eigentlich nicht so weit entfernt. Aber von zu Hause ausziehen? Das kam für mich überhaupt nicht in Frage. No way! Ich wollte unbedingt bei meinen Eltern und meinen Geschwistern bleiben. Also trat ich den Plan in die Tonne und besuchte statt der »Kaderschmiede« das Bertold-Brecht-Gymnasium in Bad Freienwalde. Aber immerhin hatte ich im Abitur Schwerpunkt Sport und in meiner Handball-Abi-Prüfung eine Eins.
Ich glaube, ich habe während meiner Schulzeit so ziemlich jeden Sport ausprobiert. Ich sag immer: Ich kann alles, aber nichts richtig. Am längsten bin ich beim Fußball »hängengeblieben«. Über sechs Jahre. Doch während mich das Spiel an sich sportlich eher unterfordert hat, war ich technisch leider einfach nicht gut genug, um wirklich was zu reißen. Dazu kam, dass ich in der Mittelstufe in der Schule mal einen ganz schönen Durchhänger hatte und beinahe sitzengeblieben wäre. Ich habe echt super viel gebüffelt, um das Jahr noch zu schaffen. Um auch noch ständig zum Fußballplatz zu radeln, der noch dazu fünf oder sechs Kilometer entfernt war, fehlte mir einfach die Zeit. Also habe ich irgendwann aufgehört zu kicken.
Ich blieb natürlich nicht lange untätig. Inspiriert durch einen Freund meines großen Bruders fing ich mit Kraftsport an – erst zu Hause und dann im Fitnessstudio. Und ich merkte schnell: Das ist mein Ding! Warum nicht an mir selbst »bauen«, statt in der Mannschaft »unterzugehen«. Sicher hatte es auch was mit meiner Größe zu tun. Ich war ja immer eher einer der Kleinsten. Das kannst du natürlich durch Kraftsport gut kompensieren.
Das Studio lag gleich bei uns ums Eck über einer Bowlingbahn und war so eine richtige »Muckibude«, in der nur Männer trainiert haben und wo mehr oder weniger stumpf gepumpt wurde. Trotzdem war es verhältnismäßig leer, ich glaube ich musste 50 Euro im Monat dafür hinblättern. Viel Geld war bei uns eigentlich nie da. Aber weil mein Vater es total wichtig fand, dass ich Sport trieb, schoss er mir etwas zu. Und ich selbst habe neben der Schule als Zeitungsausträger oder in Autowerkstätten gejobbt, eine lange Zeit auch im Supermarkt. Ich war nie der, der alles, wie sagt man so schön, in den Arsch geschoben bekam. Aber das hat mich nicht sonderlich gestört, im Gegenteil. Das hat mich fürs Leben geschult und ich habe dadurch schon recht früh gelernt, dass ich für mein Geld und meine Ziele hart arbeiten muss.
Vielleicht hatte die Arbeit am Körper auch ein bisschen mit meinem inneren Drang zu tun, gesehen zu werden. Nicht, dass ich damit angeben wollte. Wenn jemand gesagt hat, ich solle mal meinen Oberkörper frei machen, war mir das lange sogar eher unangenehm. Vom Training abgehalten hat mich das aber nicht. Ich war jetzt beinahe täglich an den Gewichten und mit Sicherheit der Jüngste unter all den »Muskelprotzen«. Zum Glück gab es einen Trainer, der immer zwischen uns hin und her gelaufen ist und darauf geachtet hat, dass wir alles richtig machten. Denn eigentlich soll man in diesem Alter ja noch gar nicht an Geräten trainieren, sondern lieber nur mit Körperkraft – oder sich zumindest genau zeigen lassen, wie man üben muss, um den Körper zu stärken und nicht zu überlasten. Ich muss zugeben, dass mir das früher ziemlich egal war und ich es deshalb maßlos übertrieben habe. Immer noch mehr Trainingseinheiten, immer mehr Gewicht … Heute bin ich mir sicher, dass der Bandscheibenvorfall, denn ich mit Anfang 20 hatte, auch meiner Sportvergangenheit geschuldet war.
Damals hieß es ja noch, man solle sich bei solchen Sachen schonen. Aber das konnte ich natürlich nicht. Stattdessen habe ich weitergemacht und nur einen Gang runtergeschaltet. Tatsächlich hat das geholfen. Noch heute spüre ich es recht schnell im Rücken, wenn ich länger keinen Sport mache. Aber ich habe gelernt, in Maßen zu trainieren und dabei an alle Körperpartien zu denken. Wenn man mit dem Krafttraining anfängt, sieht man dadurch zwar vielleicht nicht so schnell etwas, aber dafür sind die Proportionen viel besser und vor allem belastet man den Rücken sehr viel weniger.