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3.1 Das gute Leben und die Unterscheidung zwischen dem für uns Guten und dem an sich Guten
ОглавлениеGut leben – heißt das auch: moralisch gut? Offensichtlich gibt es das Gute als etwas, das in unserem eigenen Interesse liegt – und neben diesem Guten gibt es so etwas wie das Gute selbst, also das Gute unabhängig von unseren eigenen Interessen. Leicht lässt sich diese Unterscheidung am Begriff des guten Lebens erklären. Das gute Leben, das wir uns alle wünschen, ist ein Leben, in dem wir Glück, Zufriedenheit und Sinn erfahren. Meist geht es um das Gute für uns. Wie kann ich mein Leben für mich selbst günstig einrichten? Wo sollte ich auf meinen Vorteil achten, wo kann ich etwas für mich tun? Allzu restriktive moralische Vorschriften und allzu überzogene und anstrengende ethische Ideale könnten dem eigenen guten Leben durchaus abträglich sein.
Gut leben – ja, das heißt auch: moralisch gut! Andererseits ist uns auch klar, dass etwa sehr ungerechte Verhältnisse, in denen wir gesamtgesellschaftlich leben, unser gutes Leben verderben, selbst wenn wir selbst nicht darunter zu leiden haben. Offensichtlich wollen wir in unserem guten Leben auch in einer guten Welt leben, es geht uns nicht nur um unseren Vorteil. Hinzukommt, dass wir aus Erfahrung wissen, wie beglückend es sein kann, Gutes zu tun: Geben ist seliger als nehmen. Auch das gute Gewissen ist hier wichtig. Zwar wollen wir uns nicht durch allzu äußerliche oder altmodische moralische Ansprüche ein schlechtes Gewissen machen lassen. Doch wir spüren andererseits, dass wir ein schlechtes Gewissen haben, wenn andere unter uns leiden müssen, etwa wenn wir andere verletzt haben. Echte Schuldgefühle passen nicht zu unserem Wunsch nach einem guten Leben. Das Gute selbst gehört zu unserem guten Leben. Nicht nur unsere Freuden und unser Vorteil, für die wir clever sorgen.
Was genau bedeutet ‚gut‘? Die Frage Why be moral? ist eine klassische Frage der philosophischen Ethik (Bayertz 2014). Die Kapitel 3.2–3.4 stellen hierzu drei Antworten vor. Zunächst ist fraglich, ob die bisherigen Überlegungen wirklich schon echte Begründungen dafür sind, weshalb wir moralisch gut sein sollen? Geht es nicht immer noch allzu sehr um uns selbst, wenn wir zum Ergebnis kommen: Damit unser Leben gut ist, brauchen wir wirklich Gutes? Die Frage ist auch: Wenn es stimmt, dass Bildung mehr ist als Ausbildung, inwiefern ist das Gute ein notwendiger Teil der Bildung?
Wenn wir ein ‚gutes Leben‘ führen möchten, gehören dazu auch ein gutes Gewissen, gerechte Verhältnisse und das schöne Erlebnis, Gutes zu tun. So zu begründen, dass wir gut sein sollen, ist allerdings noch nicht genug.