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Zwischen Schulverwaltung und Wissenschaft: Weshalb gehört das Lehramtsstudium an die Universität?

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Aber geht die Lehramtsausbildung nicht auch eine Nummer kleiner? Sollte die Ausbildung von Lehrpersonen nicht einfach an einem Lehrer:innenseminar erfolgen? Die Kluft zwischen dem, was Sie im Studium lernen und wie Sie an der Hochschule wissenschaftlich arbeiten einerseits und andererseits dem Schulstoff und seiner konkreten Vermittlung, ist sehr groß. Viele Lehramtsstudierende fragen sich, weshalb sie so viel und so grundsätzlich studieren müssen, ob in der Fachwissenschaft, ob in der Bildungsphilosophie.

Die unbedingte Universität. Der französische Philosoph Jacques Derrida (1930–2004) formuliert in seiner Schrift Die unbedingte Universität: Nur die möglichst ganz frei gelassene Universität kann der Gesellschaft ein Geschenk machen, nämlich das Geschenk, auf dem Weg zu Wahrheit und Wahrhaftigkeit voranzuschreiten, indem neue Lösungen zu neuen Problemen frei debattiert und immer wieder neu gefunden werden.

Hintergrund: Wahrheit heißt hier, keinem anderen Ziel oder Interesse verpflichtet zu sein, als die ursprünglichen Zusammenhänge der Dinge herauszubekommen. Wahrhaftigkeit bedeutet, das Leben der Wahrheit zu widmen und zu leben und zu handeln, wie es der Wahrheit oder der eigenen Überzeugung entspricht.

Es geht um einen Forschritt nicht nur an instrumentellem und pragmatischem Wissen. Sondern es geht um Orientierung im Bereich der ganz grundsätzlichen Fragen der Kultur. Derrida fordert,

[…] daß die moderne Universität eine unbedingte, daß sie bedingungslos, von jeder einschränkenden Bedingung frei sein sollte. […] Was diese Universität beansprucht, ja erfordert und prinzipiell genießen sollte, ist über die sogenannte akademische Freiheit hinaus eine unbedingte Freiheit der Frage und Äußerung, mehr noch: das Recht, öffentlich auszusprechen, was immer es im Interesse eines auf Wahrheit gerichteten Forschens, Wissens und Fragens zu sagen gilt. […] Die Universität macht die Wahrheit zum Beruf – und sie bekennt sich zur Wahrheit, sie legt ein Wahrheitsgelübde ab. Sie erklärt und gelobt öffentlich, ihrer uneingeschränkten Verpflichtung gegenüber der Wahrheit nachzukommen. (Derrida 2016, 9f., Hervorhebung i. O.)

Die Freiheit und das Neue. Es gibt einen guten Grund, weshalb das Lehramtsstudium an Universitäten und Hochschulen stattfindet. Die Gesellschaft stattet die Universitäten und Hochschulen mit einer besonderen Freiheit aus. Der Fachbegriff lautet Freiheit von Forschung und Lehre.

Hintergrund: Im deutschen Grundgesetz, Art. 5 (3), heißt es: Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Diese wird im Grundgesetz garantiert. Auf die universitäre Forschung und Lehre soll kein äußerer, etwa ideologischer Zwang wirken. Damit verbindet sich auch eine Hoffnung, nämlich dass die Universität in dieser Freiheit immer wieder neue Ideen hervorbringt. Die Freiheit ist Voraussetzung für das wirklich Neue. Die Lehrer:innenbildung soll auch deshalb an Universitäten und Hochschulen stattfinden, damit neue Impulse aus den Fachwissenschaften, aus der Fachdidaktik, aus den Bildungswissenschaften, der Psychologie und aus der Bildungsphilosophie in die schulische Bildung gelangen.

Wahrheit. Derrida sagt, die Universität sei der Wahrheit verpflichtet. Das ist ein großes Wort. Sie als Lehrpersonen arbeiten an den fachlichen und sozialen Kompetenzen der Jugendlichen, welche diesen ein gutes berufliches und privates Leben ermöglichen soll. Zugleich sollen Sie auch in der Lage sein, allgemeine Werte und Ziele zu vermitteln. Und das bedeutet, diese ins Bewusstsein zu heben, sie immer wieder neu zu diskutieren, zu kritisieren und zu verlebendigen – und dabei vielleicht auch neu zu denken. Was soll gelten? Was ist das Gute? In welche Richtung soll es weitergehen? Diese Fragen sind der Wahrheit verpflichtet. In Ihrem Beruf geht es nicht nur um Methodik, nicht nur um Praxis. Sie fragen nicht nur: Wie bringe ich meine Schüler:innen am besten von A nach B, von der noch nicht vorhandenen Kompetenz zur vorhandenen Kompetenz? Sondern Sie fragen auch: Weshalb überhaupt diese oder jene Kompetenz, weshalb ist sie das richtige Ziel, weshalb soll es gelten, weshalb erscheint es uns als wahr? Deshalb studieren Sie an Universitäten und Hochschulen.

Dieses Buch vermittelt Ihnen die Kompetenz, auf große Fragen Ihrer Schüler:innen reflektiert zu antworten. Als Lehrperson haben Sie neben Ihrem Fachunterricht auch die Aufgabe, kritisch in die Kultur als Ganzes einzuführen: in ihre Werte und großen Themen. Sie studieren an Universitäten und Hochschulen, deren Forschung und Lehre frei ist – im Dienste der Wahrheit.

Weshalb Bildungsphilosophie?

Warum muss ich das alles wissen? Ich will doch nur Lehrer:in werden!

 Bildungsphilosophie gehört zu Ihrer Professionalität als Lehrer:innen. Sie hilft Ihnen in konkreten Unterrichtssituationen: Wenn Ihre Schüler:innen kritisch nachfragen, etwa nach bestimmten Werten unserer Kultur, dann können Sie Orientierung geben und den Jugendlichen neue Türen öffnen.

 Als Expert:innen für Bildung müssen Sie auch auf diesem Gebiet kompetent sein – durch ein spezielles und vertieftes Wissen vom Allgemeinen.

Bildungsphilosophie für den Unterricht

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