Читать книгу Obsession - Piedro Vargas Koana - Страница 11

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Wieder einige Tage später. Meine Taktik ist, dass ich sie neugierig mache und mehr und mehr in mein Leben hineinschauen lasse. Dieses Mal werde ich ihr Namen und Adresse mitteilen. Das gibt ihr die Möglichkeit zur Reaktion. Ich habe ein wenig Angst. Die Gefahr besteht, dass sie die Tür zumacht – für immer. Eine zweite Chance wird es dann nicht geben. Ist der Schritt zu früh? Soll ich zunächst noch weitere anonyme Briefe schreiben? Ich entscheide mich für die Öffnung: Ihr Blick war so klar und selbstbewusst. Die hellen, blau strahlenden Augen wirkten so durchdringend, als ob sie die Tiefe des Universums ausloten konnten. Zwar stand ich damals beim Konzert doch zwei, drei Meter von ihr entfernt, und der Raum war auch nicht taghell erleuchtet, doch war das Strahlen ihrer Augen nicht zu übersehen: leuchtende Fixsterne, vielleicht Supernovae, die sogar bei Tag zu sehen sind.

Liebe Anja,

wie du siehst, stelle ich mich diesmal einem möglichen Dialog. Ich weiß, dass dir mein Name nichts sagt. Fragst du dich jetzt, woher wir uns kennen und ob wir uns überhaupt kennen? Welche Gedanken, welche Theorien hast du entwickelt? Hast du möglicherweise Angst? Bist du misstrauisch?

Ich weiß selbst nicht so recht, warum ich mich auf dieses Spiel eingelassen habe und das Risiko eingegangen bin, mir einen Korb einzuhandeln. Aber es ist etwas in diesem Hauch deines Blickes gewesen, den ich nicht vergessen kann.

Vielleicht täusche ich mich auch vollständig in dir. Jetzt kommt wieder mein dialektisches Denken zu Vorschein: Dafür spricht, dass... - Dagegen spricht, dass...

Auf alle Fälle bin ich neugierig auf meine Menschenkenntnis. Habe ich in meinem bisherigen Leben soviel gelernt, dass ich aus wenigen Mosaiksteinen ein hinreichend zutreffendes Bild über einen Menschen ableiten kann? Ich meine es wirklich sehr selbstkritisch, es ist keinesfalls arrogant gemeint. Vielleicht geben dir meine Gedanken eine Idee über meine Tätigkeit/meinen Beruf?

Ich kann mir gut vorstellen, dass unser mögliches Treffen nach diesem Muster abläuft: Wir verabreden uns z.B. bei einem deiner Lieblings-Italiener in Wiesbaden. Ich reserviere einen Tisch für zwei Personen und bin eine viertel Stunde vor der Zeit da, weil ich sehen möchte, wie du in das Lokal kommst. Du wirst mich an meinem Lächeln erkennen, und ich werde aufstehen und dir entgegenkommen.

Noch viel lieber allerdings hätte ich es, wenn du aktiv in das Spiel eingreifst und selbst einige Regeln entwickelst. Auch hier habe ich das Vorurteil, dass du dies tun würdest (wenn du es überhaupt tust).

Jetzt ist es an mir, zu warten. Wirst du reagieren oder nicht? Bist du vielleicht für einige Zeit im Urlaub? Vielleicht habe ich auch falsch recherchiert und du bist gar nicht der Mensch, den ich meine?

Und damit habe ich einige weitere Puzzle-Steine aufgedeckt und zusammengefügt. Macht es dir Freude, das Bild weiter zu entwickeln?

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