Читать книгу Obsession - Piedro Vargas Koana - Страница 14

Оглавление

9

Wieder einige Tage später. Neue Zweifel melden sich bei mir. So weiterzumachen geht nicht. Was soll ich tun? Sie meldet sich nicht. Trotz meiner Verzweiflung spüre ich: Das ist gut.

Wer hat es gesagt? Frauen wollen umworben werden. Also muss ich etwas tun. Seit Stunden schaue ich das Telefon an. Aber ich wage es noch nicht. Meine deutsche Seele bremst mich. Ohne nachzudenken, aus einem Impuls heraus, ergreift der Brasilianer das Telefon.

Ich wähle ihre Nummer, die ich inzwischen auswendig kenne, obwohl ich sie noch nie verwendet habe. Alles von ihr ist in mir. Jede Information hat sich in jeder Körperzelle ausgebreitet. So dürfte vermutlich Homöopathie funktionieren. Winzige Mengen an Information, unterhalb der Ebene von Molekülen, bringen Schwingungen in Gang und verändern auf einmal alles.

„Ja?“

Eine kühle metallische Stimme ist zu hören. Sie ist es. Tief hole ich Atem. Meine Stimme versagt. Ich habe Angst, dass jedes Wort, jeder Hauch meines Atems meinen Schmetterling vertreibt.

Nun noch schärfer. „Ja?“

Ich bekomme eine Gänsehaut. Mein Puls jagt dahin. Aber ich weiß, dass ich etwas sagen muss. Sonst legt sie auf.

„Piedro.“ Sehr leise. Geflüstert.

Sie hat mich dennoch gehört.

„Was fällt dir ein?“

Ihre Stimme ist nicht einmal laut. Das Zischen einer Schlange hätte nicht heftiger sein können. Ich falle in einen Mausmodus zurück.

„Du spinnst doch!“

Nun ist sie wirklich laut.

„Nein“, halte ich immer noch leise dagegen.

Wir schweigen nun beide. Ich wage den nächsten Schritt nicht.

„Was fällt dir ein, mir solche Briefe zu schreiben“, verlängert sie ihren früheren Satz.

Das bietet mir eine Chance! Die Tür ist einen Millimeter weit geöffnet. Die Erkenntnis durchzuckt mich, paralysiert mich aber zugleich.

Was soll ich sagen? Sie scheint mir so intelligent zu sein, dass mir klar ist: Wiederholungen sind bei ihr zwecklos.

„Du bist etwas ganz Besonderes. Ich kann dir nicht sagen, warum. Ich weiß aber, dass ich dich kennenlernen möchte.“

Gespanntes Warten. Sie schweigt. Noch immer. Hat sie aufgelegt? Nein, ich höre ihren Atem. Muss ich nachlegen? Braucht sie noch weitere Worte? Ich habe keine Ahnung, was ich sagen soll. Sie sagt irgendetwas. Ich höre ihr zu. Irgendwie antworte ich ihr. Das Gespräch fängt an zu fließen. Ich bekomme nichts mehr mit. Antworte, was mir in den Sinn kommt. Reagiere auf ihre Impulse. Lasse meine Gefühle laufen und versuche, Worte hierfür zu finden. Es ist anstrengend. Wie ein langer Lauf. Der schmerztreibende Endspurt in der Schlussphase eines Marathons. Ich weiß genau, ich muss weiterlaufen, sonst verliere ich sie. Viele Minuten später gehen mir die Ideen und die Worte aus. Mein Schweigen rettet mich.

„Na gut. Wir treffen uns auf einen Kaffee.“

Wie in Trance notiere ich das Café, dessen Adresse sie mir nennt. Wir einigen uns auf einen Termin am nächsten Dienstag.

Obsession

Подняться наверх