Читать книгу Obsession - Piedro Vargas Koana - Страница 18
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Während ich den nächsten Brief schreibe, überlege ich. Ist das Gedicht zu heftig? Schließlich sage ich ganz deutlich, dass ich sie begehre, mit ihr verschmelzen will. Nein, höre ich meine brasilianische Stimme in mir. Mach´ weiter. Sei, wie du bist. Lebe deine Phantasie. Ich erinnere mich an unser Treffen im Café in Wiesbaden. Was hat sie alles gesagt? Ich greife die Stichworte auf.
Du hast dich dafür interessiert, wo ich bin, wenn ich dir einen Brief oder ein Gedicht schreibe. Heute ist Samstag früh, die Sonne schimmert silbern durch eine leichte Wolkendecke hindurch, ein Sandelholz-Räucherstäbchen schenkt mir seinen Duft und Keith Jarrett spielt für mich sein Köln-Konzert. Und du bist in mir, mit deinen Schwingungen und deiner Reinheit und deiner Unschuld.
Vielleicht kannst du die letzten Worte nicht verstehen. Wenn ich in Farben denke, dann bist du ganz viel weiß mit etwas blau. Umrahmt von brünettem Gestrüpp.
Vor wenigen Tagen habe ich von dir geträumt. Seit einigen Jahren schreibe ich ein Traumtagebuch und halte Träume fest, die sich besonders anfühlen. Möchtest du meinen Traum kennenlernen? Er ist sehr intim. Ich schreibe ihn auf ein separates Blatt, so dass du entscheiden kannst, ob und wann du ihn lesen möchtest.
Und nun muss ich dir etwas schreiben, das mich beschäftigt, verwirrt. Als ich mein Tagebuch der Träume aufschlug, um den Traum mit dir noch einmal nachzulesen, bekam ich eine Gänsehaut. Ich habe dort einen Traum festgehalten, den ich vergessen hatte. Meine Mutter fiel von einem Steg ins Wasser. Sie tat sich weh. Sie ging nicht unter. Sie kam wieder heraus. Bin ich überreizt? Interpretiere ich zu viel hinein? Der Traum war am 5. September, also etwa vier Wochen vor dem Herzinfarkt meines Ziehvaters, an dem er verstarb.