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Die Gartenmenschwerdung
ОглавлениеSie werden täglich mehr, diese Menschen, die von einer errötenden Rispentomatenstaude oder einer ausschlagenden Zwerg-Ginsterstaude auf ihren klopfbalkongroßen Latifundien sprechen, als ob es sich um einen unentbehrlichen Psychotherapeuten oder eine begehrenswert zickige Geliebte handelte. Die an diesen Völkerwanderungssamstagen in Garten-Ländchen pilgern, um dort mit jenem verzückten Grinsen, das sich manchen Kardinälen angesichts von Chorknaben bemächtigt, Fuchsien-Frischlinge und jaguargrüne Designer-Turbotrimmers einzumarkten.
Nennen wir dieses Bedürfnis, Grünflächen stilistisch in die Knie zu zwingen, den Rosamunde-Pilcher-Virus – eine Krankheit mit riesigen Nebenwirkungen: Sie vermittelt Geborgenheit, wohlige Überschaubarkeit sowie die Illusion, einmal wieder das Zepter in der Hand zu haben (und sei es nur über ein Sieben-Quadratmeter-Imperium), und dass die Welt von liebenswerter Kleinkariertheit ist. Vom psychohygienischen Standpunkt also nichts zu meckern.
Gefährlich wird’s nur, wenn diese Ginster-Groupies sich in die Gefahrenzone Hobby begeben. Das Betreiben von Hobbys hat generell oft etwas Zwanghaftes, Obsessives an sich. Denken wir nur an modelleisenbahnweichenstellende Männer, Überraschungseier hortende Kinder oder eben von der Gartenmenschwerdung besessene Frauen. Möglicherweise sind Hobbys nichts als volksverträgliche Ersatzhandlungen für ungelebtes Leben, was sie aber um definitiv nichts sympathischer macht.
So, bravo. Jetzt hab’ ich’s mir endgültig versaut. Seit Tagen umkreise ich nämlich den Floristen ums Eck, um leuchtblaue Hortensien und andere botanische Launemacher zu erwerben. Ich habe nämlich einen Klopfbalkon, der etwas Behübschung durchaus vertragen könnte. Noch ist es mir zu peinlich. Betonung auf noch. Ich stehe aber bereits in Verhandlungen mit meinem spießerparanoiden Ich.
Und unter uns: Es schaut ganz gut aus.