Читать книгу Gesetzlose Städte, raue Männer: Alfred Bekker präsentiert 9 Western - R. S. Stone - Страница 17

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In das verhallende Dröhnen hinein erklang Gray Wolfs wütendes Bellen. Der Stein, der auf McQuades Herz nach den Schüssen lagerte, verrutschte zwar ein wenig, weil ihm das Bellen verriet, dass keiner der Schüsse den Wolfshund getroffen hatte. Aber er fiel nicht herunter, denn der Texaner konnte nicht ausschließen, dass sie Wes Rafferty gegolten hatten, und dessen Schicksal war für ihn im Moment ungewiss.

McQuade lief in den hinteren Teil des Mietstalles, wo es ein zweites Tor gab, durch das die Pferde in einen Corral getrieben werden konnten. In das Tor war eine Tür eingelassen, die der Kopfgeldjäger vorsichtig öffnete. Aus dem Schutz der Wand spähte er ins Freie. Vor seinem Blick lag die Koppel, dahinter wuchsen hohe Büsche und Bäume.

McQuade schloss nicht aus, dass hier irgendwo der dritte Mann, nämlich Jeff Parham, postiert war, um ihn mit heißem Blei in Empfang zu nehmen, falls ihm – wie geschehen - die Flucht in den Stall und durch die Hintertür gelang.

Edwin Holbert war nach McQuades Meinung ein Mann, der nichts dem Zufall überließ.

Auf der Straße donnerten wieder Schüsse. Das hellere Peitschen eines Gewehres vermischte sich mit dem dumpfen Dröhnen eines schweren Revolvers.

McQuade stieß sich ab, hechtete ins Freie, rollte sich über die Schulter ab und schlug lang in das von der Hitze braun verfärbte Gras, das den Boden des Corrals bedeckte. Und er wälzte sich augenblicklich herum. Da begann auch schon in den Büschen auf der anderen Seite des Corrals ein Gewehr zu hämmern. Die Geschosse pflügten dort den Boden, wo McQuade eben noch gelegen hatte. Nun lag er auf dem Bauch, mit einem Ruck zog er die Henrygun an die Schulter und dann jagte er Schuss um Schuss dort in die Büsche, wo eine Pulverdampfwolke die Stellung des Schützen verriet.

Schließlich stellte McQuade das Feuer ein. Für die Spanne einiger Herzschläge geschah gar nichts, plötzlich aber brach die Gestalt eines Mannes aus dem Gebüsch, bewegte sich taumelnd zwei – drei Schritte von dem Strauchwerk weg und brach haltlos zusammen. Reglos blieb der Bursche auf dem Bauch liegen, sein Gesicht lag seitlich im Gras, in den glasig anmutenden Augen war kein Leben mehr.

McQuade ließ die angestaute, verbrauchte Atemluft aus seinen Lungen und erhob sich. Staub rieselte von seinem Mantel. Ohne die Gestalt aus den Augen zu lassen ging er mit kurzen, abgezirkelt wirkenden Schritten zu ihr hin, das Gewehr an der Hüfte im Anschlag, den Zeigefinger locker um den Abzug gekrümmt. Er ging nicht das geringste Risiko ein. Die Kerle, mit denen er es hier zu tun hatte, waren tödlicher als Klapperschlangengift. Und deshalb ließ McQuade die gebotene Vorsicht nicht außer Acht.

Aber der Bursche war tot. Zwei Kugeln der Salve, die der Kopfgeldjäger in das Strauchwerk gejagt hatte, hatten einen blutigen Schlussstrich unter sein Leben gezogen.

Der Texaner hielt sich nicht länger auf und begab sich durch eine schmale Gasse zur Straße, ging hinter einem Wasserfass in Deckung und spähte zum Hoftor des Mietstalles.

Die Fahrbahn, die Gehsteige und die Vorbauten waren wie leergefegt. Soweit Passanten auf der Straße gewesen waren, hatten sie sich, als es zu knallen begann, blitzartig in Sicherheit gebracht.

McQuade sah aber auch nichts von Edwin Holbert, von Gray Wolf und vom Town Marshal.

In der Stadt war es jetzt still wie auf einem Boot Hill nach dem jüngsten Tag. Die Stille hing wie ein Leichentuch zwischen den Häusern und zerrte an den Nerven. Es war wie die lähmende Stille des Todes.

Vorsichtig richtete sich McQuade auf. Er war darauf gefasst, dass es im nächsten Moment knallte. Seine Muskeln waren gespannt und seine Sehnen gestrafft und er hatte sich auf gedankenschnelle Reaktion eingestellt. Aber nichts geschah, und so setzte er sich in Bewegung und marschierte, das Gewehr an der Seite und den Kolben unter die Achsel geklemmt, am Fahrbahnrand in Richtung Mietstall.

Der Kopfgeldjäger ging davon aus, dass es Wes Rafferty nicht gelungen war, Edwin Holbert auszuschalten. Und in ihm begann sich wieder die Sorge um den väterlichen Freund einzunisten. Es war nicht auszuschließen, dass Holbert den Town Marshal mit einem Stück heißem Blei aus diesem Spiel genommen hatte, dieser Inszenierung, bei der der Satan persönlich Regie führte.

In dem Moment, als sich McQuade die Frage nach dem Verbleib Gray Wolfs stellen wollte, löste sich der große Wolfshund auf der anderen Straßenseite aus dem Schatten unter einem Vorbau und lief über die Fahrbahn auf ihn zu. Fiepend rieb er seinen Kopf am Bein des Kopfgeldjägers und dem entging nicht der blutige Striemen, den eine Kugel quer über den Rücken des Tieres gezogen hatte. Es war keine schlimme Verletzung, aber sie bereitete Gray Wolf sicherlich brennende Schmerzen.

Der Kopfgeldjäger strich dem Tier kurz über den Kopf und konzentrierte sich sofort wieder auf seine Umgebung. Die Anspannung vertiefte die Linien, die von seinen Nasenflügeln zu seinen Mundwinkeln verliefen, sein hellwacher Blick huschte über die Fassaden der Häuser und bohrte sich in Gassen und Passagen.

Plötzlich trat etwa fünfzig Schritte weiter die Straße hinunter der Town Marshal hinter einem Gebäude hervor und winkte in McQuades Richtung. Sofort beschleunigte der Kopfgeldjäger seine Schritte, erreichte den Gesetzeshüter und hörte diesen sagen: „Der Schuft scheint sich in Luft aufgelöst zu haben. Ich habe ihn noch aus dem Hof des Mietstalles kommen sehen und auf ihn geschossen, aber er rannte auf der anderen Straßenseite zwischen zwei Häuser, und seitdem ist er spurlos verschwunden. Ich denke aber, dass ihn Gray Wolf attackiert hat, denn es fielen noch einige Schüsse.“

„Eine seiner Kugeln hat den Hund gestreift“, versetzte McQuade. Unablässig sicherte er die Straße hinauf und hinunter, sein Blick glitt auch über die Dächer der Häuser mit den falschen Fassaden. Jeder seiner Sinne arbeitete mit hundertprozentiger Präzision.

„Ich hab es hinter dem Mietstall knallen hören“, knurrte Wes Rafferty. „Bei dem Kerl, den ich vom Dach geschossen habe, handelte es sich um Allan Chase. Hast du hinter dem Stall Jeff Parham erledigt?“

„Ja, er hat in den Büschen am Rand des Corrals gelauert. Er hat – wie auch Chase – diesen Irrsinn mit dem Leben bezahlt. Den Tod der beiden kann sich Edwin Holbert an seine Fahne heften. – Irgendwo in der Nähe lauert der Halunke.“ McQuade strich wieder über Gray Wolfs Kopf und fügte hinzu: „Gib gut Acht, Partner, damit wir vor einer bösen Überraschung sicher sind.“

„Womöglich versucht Holbert, ins Sheriff’s Office einzudringen und seinen Cousin zu befreien“, gab Rafferty zu verstehen. „Um diese Zeit ist das Büro Troy Howells nur mit einem Hilfssheriff besetzt. Und ob es den im Office gehalten hat, als es hier zu knallen begann, ist fraglich. Komm, beeilen wir uns!“

Da begann Gray Wolf zu bellen, er hatte den Kopf erhoben und den Blick nach oben gerichtet. „Achtung, Wes!“, zischte McQuade und stieß sich auch schon ab. Ein Gewehr knallte, und die Kugel pfiff dort durch die Luft, wo McQuade eben noch gestanden hatte. Der Blick des Kopfgeldjägers erfasste den Schützen, der auf einem Hausdach stand und bis zur Brust von einer falschen Fassade verdeckt wurde. Lediglich seine Schultern und der Kopf überragten deren Rand.

Edwin Holbert hatte das Gewehr aufgelegt und schien erneut das Ziel aufnehmen zu wollen. McQuade hatte das Gefühl, dass sich der eisige Blick des Burschen über die Zieleinrichtung der Henrygun geradezu an ihm verkrallt hatte.

Der Texaner hatte das Gewehr an die Schulter gerissen, blitzschnell das Ziel aufgenommen, und nun drückten er und Holbert fast gleichzeitig ab. Doch die Kugel aus McQuade Gewehr verließ den Bruchteil einer Sekunde eher den Lauf als das Geschoss Edwin Holberts. Dessen Kopf wurde in den Nacken gerissen, als ihn das Blei zwischen den Augenbrauen traf. Holbert verriss und das Projektil aus seinem Gewehr traf lediglich eine Fensterscheibe, die klirrend zu Bruch ging. Mit dem nächsten Atemzug verschwand Holbert hinter der Fassade. Ein scheppernder Laut war zu hören, als das Gewehr, das seinen Händen entglitten war, auf dem Vorbaudach unterhalb aufschlug.

Die Detonationen zerflatterten über den Dächern und verhallten schließlich mit geisterhaftem Geraune zwischen den Häusern.

McQuade ließ das Gewehr sinken. Die Pulverdampfwolke vor seinem Gesicht wurde vom lauen Wind zerfasert. Der Town Marshal hatte keine Gelegenheit gehabt, zu reagieren, denn alles hatte sich derart schnell abgespielt, dass er gar nicht richtig zum Denken gekommen war.

„Ich glaube, das war’s“, knurrte McQuade. „Gehen wir ins Sheriff’s Office und machen wir Spencer Elliott klar, dass seine Freunde Pech hatten.“

„Ja“, stieß Wes Flaherty hervor und nickte grimmig, „ich möchte sein Gesicht sehen, wenn wir ihm klarmachen, dass es keinen mehr gibt, der versucht, ihn vor dem Henker zu retten.“

Die beiden so ungleichen Männer setzten sich in Bewegung und schritten mit aufrechter Haltung nebeneinander die staubige Fahrbahn hinunter. Gray Wolf trottete mit heraushängender Zunge und hechelnd hinterher.

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