Читать книгу Gesetzlose Städte, raue Männer: Alfred Bekker präsentiert 9 Western - R. S. Stone - Страница 9
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ОглавлениеMcQuade hatte im Hotel ein Zimmer gemietet, sich gewaschen und rasiert und betrat jetzt die Pulqueria. Es war ein niedriger Gastraum mit drei kleinen Fenstern. Die Luft hier drin war muffig und abgestanden. Insgesamt gab es sechs Tische, um die jeweils vier Stühle gruppiert waren. Auf den Tischen standen Näpfe mit Talglichtern, an den Wänden hingen darüber hinaus insgesamt vier Kerosinlampen, die ausreichten, um den Raum in düsteres Licht zu tauchen.
An einem Tisch, auf dem das Talglicht brannte, saßen zwei bärtige Mexikaner. Neugierig musterten sie den Ankömmling, der von einem großen, grauen Hund begleitet wurde und der links am langen Arm das Gewehr trug. In ihren Augen spiegelte sich das flackernde Licht, das die Linien und Furchen in ihren Gesichtern dunkel und tief erscheinen ließ.
Der Wirt hinter dem einfachen Tresen war ebenfalls mexikanischer Abstammung.
McQuade setzte sich an einen Tisch bei dem mittleren Fenster und wartete, dass der Wirt zu ihm kam, um seine Bestellung aufzunehmen. Gray Wolf legte sich unter dem Tisch auf den Boden und bettete den mächtigen Schädel zwischen seine Vorderbeine.
Draußen war es finster. Die Plaza lag im Mond- und Sternenlicht. Die Stadt war ruhig, als wäre jegliches Leben in ihr erloschen. Nur hier und dort fiel aus einem Fenster trübes Licht. Es war wohl so, dass die Menschen hier mit den Hühnern ins Bett gingen, um am folgenden Tag sehr früh wieder aus den Federn zu kommen und für ihren kargen Lebensunterhalt zu sorgen. In Orten wie diesen war das Leben ein einziger Existenzkampf. Die Menschen versorgten sich selbst und trieben untereinander Handel. Tucson, die nächste größere Stadt, war zehn Meilen entfernt und für jemand, der über kein Pferd verfügte, geradezu unerreichbar, da zwischen San Xavier und Tucson auch keine Postkutsche verkehrte.
Der Wirt fragte McQuade nach seinen Wünschen und der Kopfgeldjäger bestellte sich einen Krug mit frischem Wasser und etwas zu essen. Der Mexikaner zündete das Taglicht an und erklärte, dass noch etwas von dem Stew übrig sei, das seine Frau mittags gekocht hatte, und McQuade war damit einverstanden, dass sie es für ihn aufwärmte.
Er bekam den Krug mit Wasser und ein Glas dazu, drehte sich eine Zigarette und rauchte. Plötzlich zog am Fenster ein Mann vorbei, der sein Pferd am Zaumzeug führte. Das Tier lahmte und setzte den hinteren linken Huf nur ganz vorsichtig auf.
Die Dunkelheit verhüllte das Gesicht des Mannes, doch wie es schien, war er aus nördlicher Richtung in den Ort gekommen.
Das Pferd und der Mann verschwanden aus McQuades Blickfeld.
Doch der Kopfgeldjäger glaubte zu wissen, wer der Bursche war. Der Zufall spielte wieder einmal Schicksal. Nachdem Spencer Elliott dem Stallmann gegenüber erwähnt hatte, dass sein Ziel Tucson war, wo er sich mit drei Freunden treffen wollte, sagte sich McQuade, dass der Bandit wohl davon überzeugt war, nicht mehr verfolgt zu werden. Und so war er, als sein Pferd zu lahmen begann, völlig sorglos nach San Xavier zurückgekehrt.
Der Kopfgeldjäger verspürte eine grimmige Genugtuung, man konnte schon fast von einem Gefühl des Triumphs sprechen. Kurz entschlossen erhob er sich, nahm die Henry Rifle, die am Tisch lehnte, und knurrte: „Go on, Partner, es gibt Arbeit.“
Das leise Klirren der Sporen des Texaners vermischte sich mit dem Knarren des brüchigen Leders seiner verstaubten Stiefel und dem Tacken seiner Absätze, als er der Tür zustrebte.
„Was ist mit ihrem Essen, Señor?“, rief der Wirt. „Es wird in wenigen Minuten fertig sein.“
„Ihre Frau soll es für mich warm stellen“, antwortete der Texaner, dann verließ er die Pulqueria. Draußen sah er Spencer Elliott und das lahmende Pferd gerade im Mietstall verschwinden, aus dessen Tor schwacher Lichtschein sickerte.
McQuade beeilte sich. Unter seinen Stiefelsohlen knirschte der Staub, Gray Wolf glitt lautlos wie ein großer Schatten neben ihm her. Der Kopfgeldjäger betrat den Wagen- und Abstellhof des Mietstalles und näherte sich dem geöffneten Tor so, dass er von innen nicht wahrgenommen werden konnte. Schließlich postierte er sich neben dem Tor und spähte ins Innere.
Das Pferd stand auf dem Mittelgang im Licht einer Laterne, die an einem Nagel hing, der in einen der Stützbalken des Stalles getrieben worden war. Der Huf des lahmenden Beins hing eine Handbreit über dem Boden. Der Kopfgeldjäger vernahm Stimmen. Was gesprochen wurde konnte er jedoch nicht verstehen. Plötzlich trat der Peon aus einer leeren Box und ging zu dem Pferd hin. Spencer Elliott hingegen, der sich ebenfalls in der Box befinden musste, ließ sich nicht blicken.
McQuade beschloss zu handeln und schob sich in den Stall. Der Stallbursche konnte ihn nicht sehen, denn er drehte dem Kopfgeldjäger den Rücken zu. Nun führte er das lahmende Pferd zu der Box und der Texaner huschte tiefer in den Stall hinein.
„Ich werde mir den Huf nachher ansehen“, versicherte der Peon. „Möglicherweise hat sich das Tier nur einen Dorn oder einen spitzen Stein eingetreten. Es wird sich herausstellen. Es wäre aber ratsam, Señor, wenn sie die Nacht über das Tier im Stall stehen ließen.“
„Das geht in Ordnung, ich werde mir im Hotel ein Zimmer mieten. Morgen muss ich jedoch weiter, denn ich habe in Tucson eine wichtige Verabredung.“
„Sie waren heute Nachmittag sehr großzügig zu mir, Señor“, sagte der Stallbursche und fast verschwörerisch flüsternd fügte er hinzu: „Ich glaube, ich habe etwas für Sie, das für Sie von großem Interesse sein dürfte.“
„Was hast du denn für mich?“, kam es lauernd von dem Banditen.
„Geben Sie mir zehn Dollar, dann sage ich es Ihnen.“
„Du kleiner, dreckiger Greaser wirst mir das auch so sagen!“ Ein erschreckter und zugleich erstickender Laut war zu hören, dann ließ Spencer Elliott wieder seine Stimme erklingen, indem er hervorstieß: „Wird’s bald, du kleine Ratte! Oder muss ich dir tatsächlich den Hals umdrehen?“
McQuade beschloss, dem schändlichen Spiel ein Ende zu bereiten. Drei schnelle Schritte brachten ihn zum Eingang der Box. Spencer Elliott stand mit dem Rücken zu ihm, der rechte Arm des Banditen lag um den Hals des Peons, die linke Hand Elliotts hatte sich in den Haaren des jungen Mexikaners verkrallt.
McQuade fackelte nicht lange und schlug mit dem Gewehr zu. Mit stählerner Härte knallte der Lauf von der Seite gegen den Schädel des Banditen, sein Hut flog davon, und ohne einen Laut von sich zu geben brach er zusammen. Den Peon riss er mit zu Boden, doch der Mexikaner machte sich schnell frei und erhob sich. Er erkannte den Kopfgeldjäger und keuchte: „Gracias, Señor, muchos gracias! Sie hat der Himmel geschickt. Der elende Bastard hätte mich wahrscheinlich erwürgt …“
Von Spencer Elliott kaum ein zerrinnendes Stöhnen, seine Lider flatterten und dann öffneten er die Augen. Zugleich schien die Erinnerung einzusetzen, denn er wollte den Oberkörper hochdrücken, doch da schob sich ein mächtiger, grauer Schädel in sein Blickfeld und ein bedrohliches Knurren drang durch die gefletschten, Ehrfurcht gebietenden Zähne …