Читать книгу Gesetzlose Städte, raue Männer: Alfred Bekker präsentiert 9 Western - R. S. Stone - Страница 20
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ОглавлениеIn Channing war der Deputy Sheriff aus dem Hinterhalt niedergeschossen und schwer verwundet worden. Bundesrichter J.F. Humphrey, der dem ‚District Court for the Northern District of Texas’ vorsaß, schickte mich los, um in der Stadt für Ordnung zu sorgen und den hinterhältigen Schützen zu überführen.
Mein Name ist Bill Logan, ich war U.S. Deputy Marshal und ritt für das Bundesgericht, das in Amarillo seinen Sitz hatte. Unser Zuständigkeitsbereich umfasste den gesamten Panhandle, doch mein Job verschlug mich hin und wieder bis nach Mexiko oder nach Kansas und New Mexiko.
Es war ein regnerischer Tag im April, als ich vor dem Tor des Mietstalles in Channing aus dem Sattel stieg. Hinter mir lagen fünfundvierzig Meilen Wildnis sowie der Canadian River, der sich nach längerer Regenzeit und der Schneeschmelze in den Bergen zu einem reißenden Fluss entwickelt hatte.
Nun, ich hatte allen Widernissen, Strapazen und Unbilden getrotzt und lediglich zwei Tage benötigt, um die Strecke zurückzulegen. Jetzt war es später Nachmittag. Ich trug zwar einen Regenumhang, doch die Imprägnierung hatte nicht lange standgehalten, und darum war ich nass bis auf die Haut. Regenwasser tropfte auch von der Krempe meines Stetsons und war sogar in meine Stiefel eingedrungen.
Bei diesem Wetter jagte man keinen Hund vor die Tür. Uns Marshals fragte allerdings niemand, wie uns zumute war. Wir hatten für Recht und Ordnung zu sorgen, egal, ob es regnete, schneite oder heiß war.
Ich führte mein Pferd am Kopfgeschirr über den Hof. Der knöcheltiefe Staub hatte sich in Morast verwandelt. Unter den Hufen des Pferdes schmatzte die zähe Pampe und die Hufabdrücke füllten sich augenblicklich mit Wasser.
Schließlich nahm uns die wohlige Atmosphäre des Mietstalls auf. Der typische Stallgeruch stieg mir in die Nase, ich vernahm Stampfen, Prusten und Schnauben. Der Stallbursche, ein Mann von allenfalls fünfunddreißig Jahren, der fast glatzköpfig war und dessen Gesichtsausdruck mich an eine Bulldogge erinnerte, kam aus einer Box, wischte sich die Hände an der Hose ab und schlenderte heran. Da ich schon einige Male in der Stadt war, kannte er mich. „Ah, Marshal. Ich glaube, ich weiß, was Sie nach Channing verschlagen hat.“
Ich zog den Regenumhang aus und warf ihn über eine Boxenwand. Dann nahm ich den Hut ab und schüttelte das Wasser aus ihm, stülpte ihn mir wieder auf den Kopf und erwiderte: „Man hat das Gericht informiert, dass Emmett Hawkins aus dem Hinterhalt niedergeschossen wurde. Was ist los hier in Channing? Gibt es irgendeinen Hinweis auf den Täter? Vielleicht Augenzeugen?“
Der Stallmann verzog den Mund. „Es gibt eine Reihe von Leuten, denen Emmett auf die Zehen getreten ist“, antwortete er. „Sicher aber gibt es auch einige Zeitgenossen, die ihn ganz einfach aus dem Weg haben möchten. Am Mustang Creek haben sich in den vergangenen Jahren Heimstätter und Siedler festgesetzt. In der Stadt führt Glenn Jensen das große Wort. Ihm gehören nicht nur der Saloon, das Hotel, die Futtermittel- und Saatguthandlung sowie der General Store, er betreibt auch eine Ranch am Mustang Creek und ist alles andere als erbaut über die Besiedlung.“
Ich wurde hellhörig. „Ist es etwa schon zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen der Ranch und den Siedlern gekommen?“
„Das nicht. Aber in den vergangenen acht Tagen sind nacheinander vier Kerle angekommen, denen der Geruch von Pulverdampf anhaftet. Ihre Namen stehen nun auf der Lohnliste Glenn Jensens. Das sind zweibeinige Wölfe, Marshal, und sie schleppen ihre Sechsschüsser gewiss nicht zur Dekoration mit sich herum.“
„Nun ja“, knurrte ich, „wir werden sehen, wie sich alles entwickelt. Ist Hawkins ansprechbar?“
„Ja, er befindet sich in der Krankenstation bei Doc Brady. Es sieht nicht gut aus. Der Arzt meint, dass der Deputy wohl nie wieder laufen kann. Die Kugel hat seine Wirbelsäule verletzt und Hawkins für den Rest seines Lebens zum Krüppel gemacht.“
Ich war betroffen. Gelähmt zu sein war meiner Meinung nach schlimmer als der Tod.
Nachdem ich die Satteltaschen abgeschnallt, sie mir über die Schulter gehängt und die Winchester aus dem Scabbard gezogen hatte, sagte ich: „Ich weiß nicht, wie lange ich in Channing bleibe. Die Unterstell- und Futterkosten für mein Pferd begleiche ich, wenn ich nach Amarillo zurückkehre.
„Das ist schon in Ordnung, Marshal“, versetzte der Stallbursche. „Und – geben Sie auf sich Acht. Gesetzeshüter scheint man in Channing nicht mehr besonders zu mögen, geschweige denn zu respektieren.“
„Danke für die Warnung“, murmelte ich, versetzte meinem Pferd einen leichten Klaps auf die Kruppe und verließ den Stall. Den Regenumhang ließ ich an der Boxenwand hängen, denn ich war sowieso patschnass und es nieselte nur noch ganz leicht. Als ich über die Main Street stapfte, versank ich bis zu den Knöcheln im Schlamm. Riesige Pfützen hatten sich gebildet. Von den Dächern und Vorbaudächern tropfte das Wasser. Die ganze Stadt mutete hässlich und trist an.
Wenige Minuten später klopfte ich gegen die Tür des Arzthauses. Mrs Brady öffnete. „Guten Tag“, grüßte ich. „Ich bin U.S. Deputy Marshal Bill Logan, Ma’am, und möchte zu Emmett Hawkins.“
Ihr Blick wanderte an mir hinauf und hinunter, dann schaute sie mir ins Gesicht und ich konnte in ihren Augen lesen, dass sie von meinem Ansinnen alles andere als begeistert war. Da stieß sie auch schon hervor: „Mit diesen Dreckstiefeln kommen Sie mir nicht ins Haus, Marshal. Außerdem sehen Sie aus wie ein gebadeter Kater und …“
„Was ist denn los?“, grollte im Hintergrund eine dunkle, sonore Stimme. „Habe ich richtig verstanden, Laura? Hast du eben das Wort Marshal gebraucht?“
„Ja, Gordon. Es ist Marshal Logan. Wenn ich ihn hereinlasse, muss ich hinterher das halbe Haus putzen.“
Sie war eine ziemlich resolute Person, diese Arztfrau. Insgeheim gab ich ihr den Namen Mrs Courage, und als mir der Gedanke kam, musste ich grinsen.
Jetzt trat der Doc neben seine Gattin. Er war gut und gerne sechzig Jahre alt, seine Haare und sein mächtiger Schnurrbart waren grau, seine pulvergrauen, wässrigen Augen blickten ruhig. „Was kann ich für Sie tun, Marshal?“
Er hielt mir die Hand hin, ich ergriff sie und erwiderte: „Ich würde gern den Deputy Sheriff sprechen. Vielleicht kann er mir einige Fragen beantworten.“
„Sicher“, sagte der Doc. „Aber ziehen Sie die Stiefel aus. Andernfalls bekommen wir es beide mit meiner Frau zu tun. Und das ist nicht erstrebenswert.“
Er grinste und zwinkerte mir zu.