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1. Übersicht und Grundsätzliches
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a) Die Pflegeversicherung hat die Aufgabe, Pflegebedürftigen Hilfe zu leisten, die wegen der Schwere der Pflegebedürftigkeit auf solidarische Unterstützung angewiesen sind (§ 1 Abs. 4 SGB XI). Geschlechtsspezifische Unterschiede bezüglich der Pflegebedürftigkeit von Männern und Frauen und ihrer Bedarfe an Leistungen sollen berücksichtigt und den Bedürfnissen nach einer kultursensiblen Pflege soll nach Möglichkeit Rechnung getragen werden (§ 1 Abs. 5 SGB XI). Dabei sollen gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 SGB XI die Leistungen der Pflegeversicherung den Pflegebedürftigen helfen, trotz ihres Hilfebedarfs ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Pflegebedürftigen können gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 SGB XI zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger wählen; ihren Wünschen zur Gestaltung der Hilfe soll, soweit sie angemessen sind, im Rahmen des Leistungsrechts entsprochen werden, § 2 Abs. 2 S. 2 SGB XI.
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b) Die Pflegeversicherung kennt Dienst-, Sach- und Geldleistungen (vgl § 4 Abs. 1 S. 1 SGB XI), die § 28 SGB XI im Einzelnen aufzählt. Das Leistungsrecht folgt wie in der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich dem Sachleistungsprinzip (§ 36 Abs. 1 S. 1 SGB XI). Allerdings ist das Sachleistungsprinzip in seiner Bedeutung geringer, weil an Stelle von Pflegesachleistungen für die ambulante Pflege im häuslichen Bereich als „Surrogat“ das Pflegegeld für selbstbeschaffte Pflegeleistungen (§ 37 SGB XI) oder eine Kombination von Geldleistung und Sachleistung (§ 38 Abs. 1 S. 1 SGB XI) gewählt werden kann. Für die privat Pflegeversicherten gilt das Kostenerstattungsprinzip (§ 23 Abs. 1 S. 3 SGB XI). Im Übrigen kann Kostenerstattung in den gesetzlich vorgesehenen Fällen erfolgen. Im Unterschied zu den anderen Sozialversicherungszweigen bietet die Pflegeversicherung nur eine Grundsicherung[16], die Leistungen sind betragsmäßig begrenzt (siehe §§ 36 Abs. 3, 37 Abs. 1 SGB XI) und im Übrigen, wie zu zeigen sein wird, grundsätzlich pauschal bemessen. Ein über die gewährte Grundsicherung hinausgehender Pflegebedarf muss durch den Einsatz eigener Mittel, durch Inanspruchnahme Unterhaltspflichtiger oder letztlich durch die Sozialhilfe gedeckt werden.
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c) Die Pflegeversicherung erbringt, wie noch näher darzulegen ist, Leistungen für die Pflegebedürftigen selbst und Leistungen für Pflegepersonen im Sinn von § 19 S. 1 SGB XI. Gemäß § 3 S. 1 SGB XI soll die Pflegeversicherung mit ihren Leistungen vorrangig die häusliche Pflege und die Pflegebereitschaft der Angehörigen und Nachbarn unterstützen, damit die Pflegebedürftigen möglichst lange in ihrer Umgebung bleiben können; Leistungen der teilstationären Pflege und der Kurzzeitpflege gehen den Leistungen der vollstationären Pflege vor (§ 3 S. 2 SGB XI).
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d) Leistungen der Pflegeversicherung werden nur auf Antrag gewährt. Gemäß § 33 Abs. 1 S. 2 SGB XI erfolgt die Leistungsgewährung ab Antragstellung, sofern zu diesem Zeitpunkt die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen; wird der Antrag nicht in dem Kalendermonat, in dem die Pflegebedürftigkeit eingetreten ist, sondern später gestellt, werden die Leistungen vom Beginn des Monats der Antragstellung an gewährt (§ 33 Abs. 1 S. 3 SGB XI).