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d) Leistungen bei häuslicher Pflege

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aa) Die Leistungen bei häuslicher Pflege sind in den §§ 36–40 SGB XI geregelt. Das Gesetz unterscheidet Pflegesachleistungen (§ 36 SGB XI) und Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen (§ 37 SGB XI). Zwischen den Sachleistungen und dem Pflegegeld und einer Kombination aus Sachleistung und Geldleistung können die Versicherten wählen (§ 38 SGB XI). Behinderte Menschen können die Pflegeleistungen auch als Teil eines Persönlichen Budgets gemäß § 29 SGB IX in Anspruch nehmen (§ 35a SGB XI).

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bb) In Bezug auf die Pflegesachleistung ist hervorzuheben: Die im eigenen Haushalt oder in einem anderen Haushalt gepflegten Pflegebedürftigen erhalten körperbezogene Pflegemaßnahmen, pflegerische Betreuungsmaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung als Sachleistung (§ 36 Abs. 1 S. 1 SGB XI). Die Leistungen werden durch geeignete Pflegekräfte erbracht. Diese können (das ist die Ausnahme) von der Pflegekasse selbst angestellt sein, in aller Regel sind sie bei ambulanten Pflegeeinrichtungen angestellt, mit denen die Pflegekasse einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat (§ 36 Abs. 4 S. 2 SGB XI). Auch durch Einzelpersonen, mit denen die Pflegekasse einen Vertrag nach § 77 Abs. 1 SGB XI abgeschlossen hat, kann die häusliche Pflegehilfe als Sachleistung erbracht werden (§ 36 Abs. 4 S. 3 SGB XI).

Der sich aus der Pflegeversicherung ergebende Anspruch auf körperbezogene Pflege- und pflegerische Betreuungsmaßnahmen (§ 36 Abs. 1 S. 1 SGB XI) ist abzugrenzen von dem krankenversicherungsrechtlichen Anspruch auf häusliche Krankenpflege gemäß § 37 SGB V. Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen (sog. Behandlungspflege) fallen grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich der Krankenkasse (Beispiel: Pumpen für die Sondenernährung sind als Hilfsmittel von der gesetzlichen Krankenversicherung zu leisten[23]). Damit entsteht eine kumulative Leistungspflicht von Kranken- und Pflegeversicherung[24]. In vollstationären Pflegeeinrichtungen hingegen muss allein die Pflegekasse die Aufwendungen für die Behandlungspflege bis zu einem festgesetzten Betrag übernehmen (§ 43 Abs. 2 S. 1 SGB XI). Übersteigt dieser Betrag die pflegebedingten Aufwendungen, übernimmt die Pflegekasse auch Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung (§ 43 Abs. 2 S. 3 SGB XI). Nur ausnahmsweise übernimmt gemäß §§ 37 Abs. 2 S. 3 SGB V, 82 Abs. 1 SGB XI die Krankenkasse die Kosten der Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen, wenn für den Pflegebedürftigen ein „besonders hoher Bedarf“ an medizinischer Behandlungspflege besteht[25]. Die Abgrenzungsproblematik lässt sich an einem Beispiel zu Hilfsmitteln anschaulich machen[26]: Ein eigenbedienbarer Elektrorollstuhl kann zwar auch die Pflege erleichtern; um ein Pflegehilfsmittel handelt es sich aber nur, wenn der eigenbedienbare Elektrorollstuhl schwerpunktmäßig der Erleichterung der Pflege dient. In aller Regel steht hier jedoch die Fortbewegung im Haus und außerhalb ganz im Vordergrund, es wird krankheitsbedingte Behinderung ausgeglichen, was der Leistungspflicht der Krankenversicherung zuzuordnen ist.

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Der Anspruch auf häusliche Pflegehilfe umfasst gemäß § 36 Abs. 3 SGB XI je Kalendermonat

für Pflegebedürftige des Pflegegrads 2 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 689 Euro,
für Pflegebedürftige des Pflegegrads 3 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 1298 Euro,
für Pflegebedürftige des Pflegegrads 4 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 1612 Euro,
für Pflegebedürftige des Pflegegrads 5 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 1995 Euro.

Bei Pflegegrad 1 gewährt die Pflegeversicherung nach Maßgabe von § 28a SGB XI insbesondere Beratungsleistungen und einen „Entlastungsbetrag“ in Höhe von 125 Euro im Sinn von § 45b SGB XI. Unter den Voraussetzungen des § 45b SGB XI steht dieser Entlastungsbetrag Pflegebedürftigen bis zu der Höhe von 125 Euro auch allgemein zu.

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cc) An Stelle der häuslichen Pflegehilfe nach § 36 SGB XI können Pflegebedürftige gemäß § 37 Abs. 1 S. 1 SGB XI Pflegegeld beantragen. Dies setzt gemäß § 37 Abs. 1 S. 2 SGB XI voraus, dass sie mit dem Pflegegeld die erforderlichen körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung in geeigneter Weise selbst sicherstellen. Der Anspruch auf Pflegegeld steht dem Pflegebedürftigen selbst und nicht der Pflegeperson zu. Das Pflegegeld beträgt je Kalendermonat:

für Pflegebedürftige des Pflegegrads 2 316 Euro,
für Pflegebedürftige des Pflegegrads 3 545 Euro,
für Pflegebedürftige des Pflegegrads 4 728 Euro,
für Pflegebedürftige des Pflegegrads 5 901 Euro.

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Die häusliche Pflege können die Pflegebedürftigen vor diesem Hintergrund unterschiedlich organisieren. Es können namentlich Familienmitglieder, Nachbarn oder eine erwerbsmäßige Kraft die häusliche Pflege erbringen. Das Pflegegeld gemäß § 37 Abs. 1 S. 3 SGB XI (als Surrogat) ist in der Höhe niedriger festgelegt als die Gesamtwerte der Pflegeeinsätze gemäß § 36 Abs. 3 SGB XI, weil man ausschließen will, dass Pflegebedürftige mit zuvor unentgeltlich Pflegenden Beschäftigungsverhältnisse abschließen, wodurch die Pflegeversicherung belastet würde[27]. Die meisten ambulant Pflegebedürftigen werden durch Angehörige gepflegt, wobei aber der Anteil beständig sinkt (1996: 85%; 2010: 68%; 2017: 52%[28]). Wählen Pflegebedürftige die Kombinationsleistung (§ 38 SGB XI), erhalten sie über die in Anspruch genommene Sachleistung hinaus anteilig die Geldleistung. Bei Urlaub, Krankheit oder sonstiger Verhinderung der (nicht professionellen) Pflegeperson übernimmt die Pflegekasse nach Maßgabe von § 39 SGB XI die Kosten für eine Ersatzpflegekraft. Nach Maßgabe von § 38a SGB XI besteht Anspruch auf zusätzliche Leistungen in ambulant betreuten Wohngruppen. § 40 SGB XI regelt die Versorgung mit Hilfsmitteln und technischen (Haushalts-)Hilfen, soweit sie nicht von der Krankenkasse oder anderen Leistungsträgern zu erbringen sind.

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Wer Pflegegeld der Grade 2 und 3 bezieht, ist verpflichtet, mindestens einmal halbjährlich, wer Pflegegeld der Grade 4 und 5 bezieht, mindestens einmal im Vierteljahr eine Beratung durch einen zugelassenen Pflegedienst abzurufen. Dadurch soll die Qualität der häuslichen Pflege sichergestellt werden (§ 37 Abs. 3 SGB XI).

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