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2 Das Kirchenrecht: „Du bist draußen“

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Die zugegebenermaßen maliziösen pastoraltheologischen Vermutungen, dass das Spannendste am Kirchenrecht sei, was nicht drin steht, und es zudem eher selten pastoral weiterführende Handlungshilfen bereitstellt, kann man beim Thema „Kirchenaustritt“ unmittelbar verifizieren. Denn der Kirchenaustritt, der ja den liberalen, religionsneutralen Staat voraussetzt, kommt im CIC explizit nicht vor.

Natürlich sind damit die kirchenrechtlichen Kollegen und Kolleginnen nicht sprach- und hilflos gegenüber dem Phänomen der Kirchenaustritte: Es entspannt sich denn auch seit einiger Zeit eine rege Diskussion,69 ob, und wenn ja, unter welche Canones der Tatbestand der Kirchenaustrittserklärung im liberalen Staat fällt. Konkret heißt dies, inwiefern der vor dem Staat erklärte Kirchenaustritt die Delikte der Häresie, der Apostasie und des Schismas erfüllt, welche die automatische Exkommunikation nach sich ziehen, oder ob etwa der Entzug des Kirchenbeitrags die jedem Gläubigen aufgetragene Solidaritätspflicht gegenüber der Kirche verletzt. Ein Römisches Schreiben70 hat diese Diskussion 2006 neu belebt.

In der 3. Auflage des LThK (1996) etwa schreibt Joseph Listl noch mit einiger Eindeutigkeit:

Der Kirchenaustritt ist stets eine gegen die Einheit der Kirche gerichtete Straftat (Schisma; Trennung von der kirchlichen Einheit); je nach der Willensrichtung der Erklärung kann Kirchenaustritt auch Apostasie (Glaubensabfall; z. B. bei Übertritt zu einer anderen nichtchristlichen Religion) oder Häresie (Irrglaube, bei Übertritt zu einer anderen christlichen Konfession) sein. Wer den Kirchenaustritt erklärt hat, zieht sich die gem. c. 1364 § 1 CIC von selbst eintretende Kirchenstrafe der Exkommunikation zu.71

Aber es finden sich auch andere Stimmen. So kommt eine Stellungnahme der „Österreichischen Theologischen Kommission“ zum Thema „Kirchenzugehörigkeit und Kirchenbeitrag“ aus dem Jahr 1996 zu dem ambivalenten Ergebnis, es müsse

im Blick auf die Rechtsfolgen festgehalten werden, daß der Kirchenaustritt bis zum Ausschluß vom sakramentalen Leben (insbesondere bezüglich Eucharistie, Buße und Krankensalbung) führen kann, aber nicht muß.72

Natürlich steht hinter dieser Diskussion die berechtigte Angst, ein möglicher (formaler) Kirchenaustritt vor dem säkularen Staat ohne spürbare innerkirchliche Rechtsfolgen untergrabe die Finanzierungsbasis der Kirche in Deutschland und Österreich. Denn wenn sich zuerst die rechtliche Realität und dann die Einsicht verbreiten würden, dass man durch Austritt die Kirchensteuer/den Kirchenbeitrag sparen und dennoch mit praktisch allen Rechten in der Kirche bleiben kann, dann würde dies die Finanzen der Kirche in Deutschland und Österreich überaus nachhaltig erodieren lassen. Die ebenso prompte wie die bisherige Rechtslage aufrecht erhaltende Reaktion der deutschen und österreichischen Bischöfe auf römische und/oder kanonistische Infragestellungen eben dieser Rechtslage73 ist daher ausgesprochen verständlich, verfestigt aber jene kirchenrechtliche Position, die als Reaktion auf den Kirchenaustritt den Ausgetretenen vor allem sagt, dass sie „draußen“ sind.

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