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Überrascht und verfolgt

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Am zweiten Julimontag, nach Dienstschluss, achteinhalb Wochen nach Anns Verschwinden.

James Lindy hatte an diesem Tag länger als sonst gearbeitet. Dass er von Hawknight in den letzten Wochen nichts gehört hatte, wunderte ihn einerseits, andererseits war er froh darüber, mit Vorwürfen gegen sich nicht wieder konfrontiert worden zu sein. Nur Anns Absenz seit Wochen schien ein gravierendes Problem zu bleiben, denn auch eine polizeiliche Suchmeldung von Anns Kolleginnen hatte bisher nichts Konkretes ergeben. Jedenfalls nichts, von dem er wusste. Schon vor Wochen hatten sie eine Suchmeldung aufgesetzt, und sie ihm zum Gegencheck vorgelegt. Er aber hatte bloß genickt und sich mit dem Wortlaut einverstanden gezeigt.

Anns Verschwinden half ihm genauso wenig, wie es ihm schadete. Nach wie vor galt er als der ‚Lindy‘ im Unternehmen, unantastbar, unangreifbar, unersetzbar. Sein Ruf schien wegen Anns plötzlichem Verschwinden nicht angekratzt zu sein. Noch nicht, aber wie lange würde es noch dauern, bis er ein Zeichen von ihr erhielt? Hatte Hawknight am Telefon nicht gesagt, er würde sich darum kümmern? So ein Mistkerl! So gesehen war es auch wieder gut, dass Ann eine Zeit lang außer Reichweite war, sonst wäre ihr vielleicht noch was rausgerutscht, was ihn in fragwürdigen Rahmen stellen würde, was überaus peinlich für ihn werden könnte. Er stände vorzeitig am Galgen, noch ehe Hawknight den Henkersknoten zuzöge. Nur, wie lange sollte es noch dauern, bis es mit ihm losgehen sollte, denn die Messer waren ja schon gewetzt.

Noch sommerlich hell, steuerte James vom Werksparkplatz auf die ihn nach Hause leitende Avenue. Nach einigen Meilen entdeckte er dicht hinter sich einen Cadillac-Fleetwood, der zum Überholen ansetzte. Das Auto überholte aber nicht, sondern setzte sich links neben James‘ schnittigem DeSoto und fuhr wie angeleimt eine Zeit lang auf gleicher Höhe neben ihm her. Der Beifahrer blickte auffallend häufig, irgendwie unangenehm, zu ihm hinüber. Deutete ihm zwischendurch an, auf die Fahrbahn zu achten: Was für ein Frechdachs? Ein provozierendes verhalten, das sich jedes Mal, sobald James nach links blickte, wiederholte. Der parallel fahrende Wagen wollte einfach nicht weichen, stattdessen bremste er analog, stoppte, nahm wieder Fahrt auf, ganz so wie er auch.

Je öfters sich der Vorgang wiederholte, je mehr geriet James außer Fassung, schlug verärgert mit der Hand aufs Steuerrad. ‚Geht’s jetzt los, erste Drohung, oder was?‘ So naiv können sie nicht sein, mich durch stupides Parallelfahren einschüchtern zu wollen? Als der Cadillac in eine Seitenstraße abbog, atmete James regelrecht auf. Doch nur kurz, denn nach einigen Hundert Feet tauchte derselbe Cadillac, aus einer Seitenstraße herausfahrend, wieder auf und setzte sich erneut hinter den DeSoto. Als James bremste und dann wieder beschleunigte, wiederholte auch der Cadillac sein nerviges Manöver. James spürte ein mulmiges Gefühl in sich aufsteigen, eine riskante Mischung aus Bedrohtsein und Angst. ‚Denen werd‘ ich‘s zeigen!‘ James trat aufs Gaspedal, sein DeSoto schnellte die mehr oder minder verkehrsreiche Avenue entlang. ‚Gar nicht so schlecht für einen, der mehr als zehn Stunden im Bürosessel verbracht hat‘, wunderte er sich über sich selbst. ‚Einer, der nur morgens und abends auf Touren kommt‘, freute er sich nun über entschlossene Tritte aufs Gaspedal.

Als er in den Rückspiegel schaute, hing derselbe Cadillac erneut hinter ihm. Die Limousine war einfach nicht aus dem Rückspiegel wegzukriegen. Wohin James‘ DeSoto auch kurvte, der Cadillac folgte ihm beharrlich. Selbst quietschende Reifen bekamen plötzlich ein Echo, was aber auch nichts half. Denn an der nächsten roten Ampel warteten beide Autos erneut parallel, und parallel nahmen sie wieder Fahrt auf.

Während James noch auf eine Gelegenheit wartete, den DeSoto-Motor hochzudrehen, setzte sich der Cadillac erneut dreist rechts neben ihn. Der Beifahrer, auf alle Fälle nicht Hawknight, dessen schaffte James, sich zu versichern, zwinkerte zu ihm herüber, lächelte breit, zu ihm gewandt, herüber, trotzdem äußerst unangenehm. Nach Minuten hinterließ er James sogar so eine Art Abschiedsgruß, kurz mit den Fingern winkend. Im Wegfahren sah James, wie der Beifahrer in ein zur Hand genommenes Mikrofon sprach.

James reagierte verärgert, klapste mehrmals wütend auf das Steuerrad und fluchte: ‚Gibt es so was! Beschatten sie mich nun? Wenn es jetzt beginnen soll, weshalb dann so eine unverschämte Belästigung?‘

Mit abebbender Verärgerung lenkte James in die zielführende Nebenstraße ein, an deren Ende das Miethaus lag, in dem er schon seit den Vierzigern eine Parterrewohnung bewohnte. Entgegen Anns dauerhaft störendem Vorschwärmen von der eigenen Immobilie hatte er die ganzen Jahre an der nicht sehr geräumigen Mietwohnung mit Terrasse und kleinem Garten festgehalten. Beim Einparken meinte er im Rückspiegel, den Cadillac eine Querstraße in umgekehrte Richtung passieren zu sehen.

Eine weitere Überraschung folgte, als James, schon im Haus, seinen Wohnungsschlüssel aus der Innentasche seines Jacketts fingerte. Kaum, dass James mit dem Wohnungsschlüssel seine Wohnungstür berührte, schwenkte seine Wohnungstür nach hinten und erlaubte ihm, in den Korridor hineinzusehen. Einbrecher? Pendelnd zwischen Panik, Vorsicht und Furcht schlich er, die Wohnungstür einfach nach hinten aufstoßend, in den lichtleeren Korridor hinein, drehte Licht an, rief mit gedämpfter Stimme, ‚ist da wer‘. Keine Antwort. Erst jetzt sah er die Verwüstungen im Korridor. James zuckte zusammen, die Schubladen der kleinen Kommode waren herausgezogen, lagen umgekehrt auf dem Boden verteilt. Kein gutes Zeichen! James schlich missmutig, verunsichert weiter.

Wer war in seiner Wohnung gewesen, wer war eingebrochen? Steckten der oder die Einbrecher vielleicht noch irgendwo? Und er, der Waffeningenieur, nun ohne Waffe, um sich selbst zu verteidigen. Fast ohne Waffe! Im Wohnzimmerschrank lag ziemlich verborgen ein Holzkästchen. Da sollte eine Wuchtige drin sein? Eine Magnum, schweres Kaliber 45 mit Patronen, und ein Andenken an den Vater, eine alte Parabellum aus dem Ersten Weltkrieg. Ein Blick ins Wohnzimmer, und James erschrak erneut. Die beiden Wohnzimmersessel waren umgeworfen. Entleerte Aktenmappen lagen auf dem Teppich verstreut herum. Durchblättert, durchgesehen, überflogen, weggeworfen. Fehlte etwas, war was mitgenommen worden? Nicht einzuschätzen bei dieser Menge loser Blätter, die vor ihm auf dem Teppich lagen.

Sprachlos, mit düsterer Miene drehte er sich im Kreis, sah entsetzt, was vor ihm angerichtet, beschädigt worden war. Wer immer eingebrochen war, hatte sein Wohnzimmer penibel durchsucht, wollte von ihm was wissen, was er nie wagen würde, offen rumliegen zu lassen. Lesbare Papierne war aus den Schubladen herausgezogen, aus den Bücherregalen gezehrt, dem Schrank entnommen worden. Ein Desaster, was da vor ihm lag.

Wer es auch immer angerichtet hatte, fand sogar die Marx/Engels-Bände im Kasten unter der Couch lagen, verunsicherte er noch weiter. Es war ein Fehler, die Bände im Wohnzimmer aufzubewahren, streifte ihn spontan eine Schuldassoziation. Die gläsernen Flügeltüren der Vitrine standen offen. Porzellan- und Glasscherben lagen verstreut kreuz und quer auf dem blauroten Ornamentläufer. Der Waffenkasten im Sideboard, er lag umgestülpt, leer auf dem Boden. Der Aufbewahrungskasten war zersplittert und leer. Sowohl Vaters alte Parabellum aus dem Ersten Weltkrieg als auch die Magnum hatten die Einbrecher mitgenommen.

Vor Wut haute James gegen die Wohnzimmerwand, sah sich unsicher, kopfschüttelnd nochmals um. Wieder und wieder, er schaffte es in diesen getrübten Momenten nicht, zu erfassen, wer sich erdreistet hatte, sein Wohnzimmer zu durchsuchen.

Nur, was hatten sie gesucht, wenn Wertsachen unberührt und sein eingemeißelter Wandtresor unberührt geblieben waren? Gut, das den Tresor verdeckende Ölgemälde war abgehängt worden, und noch andere Bilder. Hätten Hawknights Leute in seiner Wohnung gewüstet, hätten sie den Tresor doch bestimmt aufgebrochen oder ihn im Moment seiner Anwesenheit gezwungen, ihn vor ihnen zu öffnen? Welche Beziehung bestand zwischen dem hier Angerichteten und dem auffälligen Cadillac von vorhin? Sollten sie ihn ablenken, möglicherweise aufhalten, nach Hause zu fahren? Und was sollte das Mikrofon, in das der Beifahrer sprach? Warum bloß hatten die Einbrecher seine streng verwahrte, ewig hochgehaltene Parabellum und die Magnum mitgenommen, sich aber nicht für die versteckten Marx-Bände interessiert? Warum das Ganze überhaupt, was geht hier vor? So, wie es aussah, schien nur ein Schluss plausibel: Wer das Wohnzimmer demoliert hatte, konnte nicht von Hawknight geschickt worden sein, war wer anderes gewesen, nur, warum gerade an diesem Abend?

James öffnete missmutig seine Schlafzimmertür. Sogar im Schlafzimmer hatten Einbrecher gesucht. Nur nach was? Schrank- und Kommodentüren, wie Schubladen waren aufgerissen, durchwühlt oder umgedreht, lagen teilweise umgekehrt auf dem Teppichboden herum. Hatten sie gefunden, was sie suchten, und wo waren sie wieder hin verschwunden?

Schleichende Ungewissheit zehrte an den Nerven. ‚Firmenunterlagen nehme ich so gut wie nie mit nach Hause, erst recht nicht ins Bett, also warum das alles hier, bei mir? Ich nehme auch schon seit Jahren niemand anderes in Bett.‘ Eine Assoziation, die in diesem Augenblick nur noch mehr verwirrte.

Im Unreinen mit sich und der Welt setzte sich James auf den Bettrand seines nur hälftig benutzten Doppelbettes, kopfschüttelnd verstreut herumliegende Holzsplitter entgeistert anstarrend. Mit der Zeit nickte er sogar ein.

Etwa drei Stunden später, etwa zehn Uhr spätabends, draußen dämmerte es bereits.

James hatte sich irgendwann, aufs Kissen fallen lassen. Plötzlich weckte ihn ein Geräusch vom Korridor her auf. Von der Wohnungstür, als ob sie sich bewegt hatte, horchte er in das mäßig einfallend Licht hinein. Nach einigen Tastgeräuschen an der Wand ging im Korridor Korridorlicht an. James sah verwundert und zugleich erschrocken durch die Türritze der Schlafzimmertür einen Lichtstreifen einfallen, dann vorsichtige Schlurfbewegungen im Korridor.

‚Da kommt einer, sucht mich, steuert auf mich zu.‘

James entschloss sich, nicht aufzustehen und nachzusehen, sondern er wartete aufrecht auf der Bettkante sitzend ab, wer der Einbrecher sei, der sich jenseits der angelehnten Schlafzimmertür vorantastete. Anscheinend war derjenige, der im Korridor war, noch nicht ganz eingedrungen. Die Wohnungstür knarrte ein wenig, und zwei fremde Männerstimmen tauschten sich kurz miteinander aus. Eine von beiden stotterte, so viel war klar! Also, einen, den er noch nicht kannte, war dabei, in sein Domizil einzudringen. Ihn sollte er gleich kennenlernen. Und ich? Ich lasse den Eindringling mutlos horchend einfach so gewähren? Dann wieder, Schlurfgeräusche im Korridor. Wer auch immer das war, zog ein Bein nach, so viel stand ebenfalls fest.

Kurz darauf, ein gedämpfter Ruf aus dem Korridor, merkwürdig gestottert klingend: „Lindy, wo stecken Sie denn, zeigen Sie sich. Wir beide haben’s doch nicht nötig, so spät noch verstecken zu spielen, was?“ Die Küchentür wurde geöffnet, Licht angeknipst, ‚ausgeflogen‘ hineingesprochen. Wieder: „Nicht doch, Lindy? Ich hasse Spiele, die sowieso nichts bringen, Schach ausgenommen. - Sie sind doch hier? Das teilten mir jedenfalls unsere Leute draußen vor der Tür mit. Zeigen Sie sich doch endlich, und lassen Sie den Unfug, Lindy. Nur Mut, so einer wie ich beißt schon nicht!“

Als Nächstes würde die Schlafzimmertür geöffnet und das Licht angedreht werden. Ich wäre zwar ertappt, aber ich würde wissen, wer so spät noch hier humpelnd und stotternd einbricht.

„Lichte dich doch, wo bist du“, fragte es nach verstrichenen Sekunden aus dem Korridor heraus.

In durchs Fenster einfallendem Mondlicht erwartete James pulsierend gespannt die Klinkenbewegung der Schlafzimmertür. Dann war es endlich soweit, die Tür knirschte im Scharnier und das an der Wand gefingerte Schlafzimmerlicht ging an. Im Türrahmen zeigte sich eine fremde, deutlich jüngere, nicht große und relativ schmale Männergestalt in dunkler Wildlederjacke, kluger Gesichtsausdruck, ohne Brille. Der eigenartig hinkende Stotterer von der Wohnungstür, der mit leuchtenden Augen James auf der Bettkante sitzend ansah, schimpfte erst mal drauf los:

„Verflucht, wohin überall mich meine Leute jagen. Spätabends durch eine wildfremde Wohnung hinken, ha. Das hätte die verdammte Brut auch anders erledigen können, nicht wahr, Dr. Lindy? Meine Wenigkeit ist übrigens auch mit akademischen Ehren ausgestattet, nur andere Disziplin: Chemie. Nett, Sie hier zu treffen. Das hier müssen Sie entschuldigen, meine Leute, aber was sag ich!? Wenn sie Einlass kriegen wollen, sind sie nicht zu halten. Toben durch Wohnungen wie ein Rudel von diesen Pinschern, tss.“

„Und wer sind Sie, bitteschön“, fragte James erstaunt vom Bettenrand aufsehend.

„Das, äh, tut nichts zur Sache. Wenn Sie sich was einprägen wollen, prägen Sie sich meinetwegen ‚ein Gesandter‘ ein. Nun, kommen wir gleich zum Thema des Abends. Ach nein, eins wollte ich Ihnen noch auf Ihren künftigen Weg mitgeben …“

„Behalten Sie, wer Sie auch sind oder geschickt …“

„Darf ich unterbrechen, mich schickt keiner, dass wir uns nicht falsch verstehen. Äh, dass hier heute Abend soll eine absurde Ausnahme bleiben, großes Indianerehrenwort. Sie sehen noch etwas verwirrt aus. Das brauchen Sie aber ganz und gar nicht zu sein. Wenn Sie so wollen, bin ich die Ausnahme, und von so einem dürfen Sie ruhig diesen Ratschlag annehmen.“

„Und wie sollte so ein Ratschlag denn lauten?“

„Oh, Sie sind doch intelligent, nicht? Sie könnten ihn also selber ahnen, wenn Sie nur wollten.“

Schweigen, Blicke begegneten sich, dann:

„Nun gut, ich will ihn verkünden. Machen Sie so weiter, sind Sie Ihren Doktortitel bald los, und … Ehre, Ruhm bedeuten Ihnen sowieso nichts mehr, hab’ ich mir jedenfalls erzählen lassen.“

„Wird viel geredet, wenn der Tag lang ist, nicht?“

„Sie täuschen sich schon wieder, denn unsereins weiß seine Worte wohl zu setzen. Sagen Sie mir lieber, warum Sie sich vor mir verstecken, obwohl ich, entgegen meines ein wenig ungeduldigen Anhangs, zugegeben, doch kaum wehrhaft bin? Ihre Parabellum - chices Teil übrigens. In Ihrer Familie haben wohl alle chice Teile, wie?“

„Sie wissen, wo Ann ist? Was wissen Sie über meine Schwester, raus mit der Sprache.“

„Nie zwei Fragen auf einmal stellen, Dr. Lindy, eine Frage wäre schon genug. Nehmen wir ausnahmsweise Ihre letzte Frage: ‚Was weiß ich über ihre Schwester, nichts. Das ist es ja, weswegen ich zu diesem abendlichen Besuch von meinen Leuten in diese unaufgeräumte Wohnung hineingeschoben wurde.“

„Wie, Sie vermuten, dass Ann bei mir ist?“

„Irrtum, das ist es ja! Wegen Ihrer abtrünnigen Zucht bin ich seit gestern Vormittag in entsetzlicher Aufregung. So was ist in meinem ganzen Arbeitsleben noch nie passiert!“

„Meine Zucht, wie das?“

„Ihre Schwester, vormals Ann Lindemann - wir sprechen über dieselbe Person - ist nicht mehr da, wo sie noch behandelt werden sollte. Verstehen Sie das, ein Desaster, eine Ungeheuerlichkeit, und so weiter. Verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt. In der Nacht von Samstag auf Sonntag wurde sie geradezu dilettantisch von Apparaten abgestöpselt, herrje. Ihre, die Ihrer Schwester natürlich, bereits umgeformte Psyche wurde verbrecherisch einer Präsequenz entrissen. Kurzum, seit Samstagnacht ist sie wie vom Erdboden verschwunden, und wir glaubten, mit ihr schon so weit zu sein. Doppeltes herrje! Grauenhaft, furchtbar, schrecklich, was mich da am Sonntagvormittag, also gestern, alarmierte.“

„Apparate, was für Apparate denn? Was haben Sie mit Ann gemacht?“

„Ann, ach, ja, richtig, Spuren des ‚real life’? Trotzdem, das Zerrütten ihres Gedächtnisses war noch nicht vollständig beendet, weshalb es mich umso schmerzhafter trifft.“

„Ich wiederhole mich ungern, was genau ist mit Ann geschehen?“

„Wohl die letzten Schleifen, ließ ich mir berichten. Ach ja, ich. Nichts, na ja, meine Wenigkeit hatte sich zusammen mit einigen beschlagenen Köpfen, andere Fraktion als Ihre, das Ganze ausgedacht - schon länger her. Ich will aber keinen akademischen Vortrag halten, sondern nur von Ihnen hören, wie unsere Doc‘s ihre Patientin so schnell wie möglich wiederkriegen. Leerstand können wir uns so wenig wie Sie leisten, diese Sprache verstehen Sie doch, nicht?“

„Sie“, knurrte James zornig. „Raus“, wies er den abendlichen Eindringling am langen Arm an, zu verschwinden, beeilte sich dann: „Nein, bleiben Sie hier. Ich will hören, was Ann in den letzten acht Wochen widerfahren ist, stottern Sie es mir vor.“

Der dreiste Eindringling ohne Namen machte eine kurze Pause, überlegte. Dann stotterte er weiter:

„Verletzend sind Sie gar nicht, wie? Selten gut, wenn man’s merkt. – Wie, widerfahren? Wenn unsere Kandidatinnen, vornehmlich leider nur Frauen, durchhalten, werden sie wohlgesegnet nach ein paar Monaten wieder entlassen. Außer einigen wenigen, versteht sich! Mit denen haben nämlich wir noch Großes vor. Mehr sage ich aber nicht. Kommen Sie mir jetzt bloß nicht mit Moral und Ethik, oder gar der amerikanischen Verfassung. Den Gehirnwäschebericht zumindest, den ich heute Vormittag von Patientin XY noch querlas … Namen liegen nur noch als Referenz in den Akten.“

„Gehirnwäsche, Ann und Gehirnwäsche? Wo ist Ann jetzt? Was hatten Sie mit ihr vor? Ihr Dreckskerle, so was Perfides in den USA, man glaubt es nicht. Sie ticken doch nicht sauber, Mister Anonymus! Was Sie da erzählen, sind eindeutig Nazimethoden. Gehirnwäsche an Lebenden, ich fass‘ es nicht.“

„Mein Guter, davon distanziere ich mich aber eindeutig. Wir wollen nicht Massen morden, sondern nur uns alle retten. Sie machen das mit Waffenbau, ich lasse eben am vitalen Hirn die Terra incognita, welches noch etliche Unbekannte im Hirn aufweist, erforschen. Nicht immer ethisch-moralisch lupenrein, das gestehe ich Ihnen zu, mehr aber nicht! Grenzen, was gut und was schlecht ist, ziehe immer noch ich, verstanden! Aber bedenken Sie, Ihre Disziplin hat noch viel Schlimmeres angerichtet, und das offiziell und weltweit, hab’ ich recht, Dr. Lindy? Uns dagegen, wir können nicht frei schalten und walten, schließlich herrscht Kalter Krieg. Wir passen uns nur den herrschenden Bedingungen an, indem wir Verfrorenes tun. Instrumentelle Gehirnforschung am lebenden Menschen gibt uns Macht. Ja, das auch! In gar nicht mal so langer Zeit werden wir die Krone der Schöpfung enthüllen können.“

„Um mir Ihr Hirngespinst näherzubringen, stören Sie doch nicht meinen Schlafzimmerfrieden?“

„Nein, ganz und gar nicht, Dr. Lindy. Gut, kommen wir zum Eigentlichen meines Besuchs zu später Stund‘. Wären Sie meinen Ausführungen gefolgt, wüssten Sie sehr wohl schon, dass ich und einige andere ahnungslos durch die Atmosphäre wandeln, wo sich Ihre Schwester nach fast zwei Tagen aufhält. Meine Wenigkeit flog, als ich von dieser wirklich unnötigen Ablaufverzögerung erfuhr, überstürzt nach Boston. Stundenlange Fahrt durch Vermont und wieder zurück, um das Desaster mit eigen Augen sehen, und nun, hier stehe ich! Sagen Sie mir sofort, wo Ihre Schwester hingeschleppt wurde. Also, wer hat dem übermüdeten Doc seine Aktentasche entrissen? Darum werde ich mich auch noch kümmern müssen. Nicht zu fassen, Vertrauen so einfach in den Dreck zu schmeißen. So was ist nicht gut für die Magensäure, ähm, und Ihre Schwester. Sie ist umnebelt viele Stufen runtergeschleppt worden, vor allem aber, wohin? Mehrere Wochen Hirnforschung landen sonst im Shredder, wollen Sie das?“

„Ganz simpel geantwortet, ja! Ich hab’ nicht die geringste Ahnung, wo Ann sein könnte, ehrlich. Mehr als brüderliche Sorgen um meine als verschwundene Schwester konnte ich mir bis soeben nicht machen.“

„Lügen Sie mich nicht an, Dr. Lindy! Wir, ähm, die aus unserm Domizil in Langley, Virginia, verfügen nämlich über spezielle Apparate, mit denen wir die Spreu vom Weizen, die Wahrheit von der Lüge trennen können. Geht ganz schnell, elegant, Wahrsprech wie vom Fließband.“

„Lügen? Ich war den ganzen Tag im Unternehmen. Sie haben mich doch vorhin eskortieren lassen, nicht?“

„Kein Geplänkel, Lindy, bitte. Morgen früh holen wir Sie aus Ihrem Schlafzimmer heraus, egal, welche Bedenken Agent Hawknight noch in die Waagschale zu werfen hat. Und Sie, unterlassen Ihre Spielchen, ja? Sagen Sie meinen Leuten auf der Stelle, wo sich Ihre nette, kleine Schwester, Kandidatin XY, aufhält. Na, so nett wird sie wohl nicht mehr aussehen!? Bevor ich wieder aus Ihrem Schlafzimmer verschwinde, hinterlasse ich Ihnen meine Bostoner Telefonnummer auf dem Stuhl, bei der Sie jederzeit anrufen können, jeder Zeit, kapiert!“

„Ich hab’ keine Ahnung, wo Ann steckt, wirklich nicht! Und wenn ich’s wüsste, würde ich Ihnen mein Herzblut bestimmt nicht ausliefern, Sie, Sie …“

„Fehlt Ihnen das passende Wort vielleicht? Sympathie wäre wohl zu viel, was? Wer soll’s denn sonst tun? Ich mag halt keine Knochen brechen sehen, und Agent Hawknight soll schließlich auch noch ein bisschen Freude an Ihnen haben, nicht, Dr. Lindy? Als Gegenleistung erwarte ich Ihren Anruf in den nächsten Stunden, sagen wir, bis um sieben. Ist das nicht ein Angebot?“

„Und was ist mit Marx und Engels, den Bänden, meine ich.“

„Sie denken wohl permanent perspektivisch, wie? Hatten meine Leute so welche überhaupt gefunden? Dann hoffe ich, dass keiner von ihnen länger drin rumgeblättert hat. Na ja, mach‘ ich mal ‘ne Ausnahme. Hawknight braucht ja nicht alles wissen.“

Blicke taxierten sich, abwartende gegen trotzige, Zuversicht gegen Angewidertsein. Der Fremde, ohne seinen Namen hinterlassen zu haben, verschwand wieder durch die Schlafzimmertür, nicht ohne James einen letzten warnenden Blick zuzuwerfen.

Sollte er nun aufatmen? Nein. Ann hatte wer irgendwo in Vermont herausgeholt, aber wo genau, und nun lag sie irgendwo versteckt, aber wo? Gehirnwäsche, Misshandlung, wie musste sie aussehen, wie ihr Zustand sein, aber wenigstens lebte sie noch. Warum war ausgerechnet ein hoher CIA-Mann aus einer anderen Abteilung hinter ihr her und was hatte diese Aktentasche mit dem allen zu schaffen? Auf jeden Fall war Ann in der Nacht von Samstag auf Sonntag nach acht, für sie schlimmen Wochen befreit worden. Nur wohin, und verhieß ihre Befreiung nun Sicherheit für sie? Halt mal, fiel da nicht ‚Vermont‘? Vermont ist ein Nachbarstaat von Massachusetts, nur größer. Und ich hatte die ganze Zeit keine Ahnung, was da lief, wohinein Ann geraten war, und immer noch ist. Und das, nur wegen mir. Das Damoklesschwert schwebte schon seit Monaten, es fiel, aber spaltete noch nicht!

James schlug vor Wut in die Luft, dann malte er sich leicht schmunzelnd seinen widerwilligen Aktionsplan aus: ‚Nun, ich kooperiere, aber anders, als dieser verschlagene seltsame CIA-Fremde sich das vorstellt.

‚Wer könnte Ann aus einem Hospital in Vermont von einer Station rausgeholt haben? Wohl nur einer von den Bekannten Anns. Hm, mir sind nur zwei bekannt? Einer nur vom Namen und einer, zu dem Ann mich vergangenes Jahr nach Maine in ein ansehnliches Blockhaus schleifte.

James erhob sich vorsichtig. In dunkler Stille seiner demolierten Wohnung schlich er gedankenversunken in die Küche. Als er das Küchenlicht anschaltete, sah alles weitgehend unversehrt aus. Nur einige Schranktüren waren spaltbreit geöffnet und die beiden Küchenstühle waren umgestürzt. Auf dem Küchentisch lagen aus Gewohnheit Schreibblock und Bleistift, um Entwicklungslinien zu einem laufenden Projekt festzuhalten. Aufgeregt schrieb er die nächste leere Seite die beiden Namen, die ihm eingefallen waren: Melon Jim, Wrestler, und Kimberley Smith, Künst …, James setzte ab und überlegte. Hobby oder Profession, was soll ich notieren? Er ließ es bleiben. Kunst und Blockhaus in Maine, ziemlich nah an der Ostküste, war alles, was er zu Kimberley Smith auf Anhieb assoziierte. Kimberley war ein paar Jahre älter als Ann, hatte reich geerbt und war deshalb ziemlich vermögend. Die beiden sind Freunde, Bekannte, mehr nicht. Außer den beiden fiel ihm niemand anders ein, der Ann von ihrer Tortur befreit, rausgeholt und versteckt haben könnte. Aber Kimberley, soweit ich ihn mir vorstelle, ist Kimberley keiner für Aktionen, weder am Tag, noch in der Nacht. Also, Melon Jim, der Wrestler, nur, wie ihn erreichen?

Abwarten und Kaffeetrinken waren das Einzige, was James kurz nach Mitternacht noch einfiel. Außerdem war er müde, äußerst müde sogar. Seine Lage pessimistisch, geradezu düster einschätzend, nickte James am Küchentisch ein.

Sein Küchenschlaf sollte nur einige Stunden dauern.

Ein Geräusch, ziemlich nah auf der Veranda, ließ ihn aufschrecken und nachhorchen. Draußen brach der Morgen schon an, es dämmerte bereits durch die zugezogene Küchenfenstergardine.

Draußen auf der Veranda waren nun deutlich Tritte zu hören. James stand auf, schlich ins Wohnzimmer hinein, um nachzusehen, wer in aller Frühe auf der Veranda herumschlich. Dann, ein Kratzen des Gartenstuhlbeins über eine Kachel der Terrasse! ‚Da ist wer‘, reagierte James äußerst gespannt und öffnete vorsichtig die Verandatür. Sich ein herumliegendes Holzscheit greifend, öffnete James und trat auf die Veranda, peilte in verschiedene Gartenrichtungen und rief mit gedämpfter Stimme: „Komm‘, zeig dich schon! Ich weiß, dass du da bist!“

Eine untersetzte Frau, mindestens zwei Köpfe kleiner als er, erhob sich hinter der Holunderhecke einer Gartenseite und schnellte wie ein Blitz auf die Veranda zu. ‚Die Frauenfigur ist niemals Ann‘, durchfuhr es James aufgeregt. Mexikanischer, auf jeden Fall südländischer Teint. Untersetzt, dunkle, lockige Haare. ‚Wer kommt da auf mich zu‘, fragte er sich, und reagierte in angemessener Schärfe:

„Wer sind Sie und was wollen Sie so früh in meinem Garten?“

„Können Sie sich das nicht denken“, irritierte ihn der rhetorisch zurückfragende Südstaatendialekt der nahenden, zu ihm aufsehenden Frau. Sie setzte gleich fort, ohne eine Antwort abzuwarten.

„Sie hatten ja gestern Abend Besuch, unangenehm, nicht? Da wollte ich eben nicht stören. Wäre auch unpassend, vor allem für mich zu gefährlich gewesen.“

„Was wird hier eigentlich gespielt?“

„Warum denken Männer bloß sofort an Spiel? Ich suchte gestern Abend, so um neun, keine fünfzig Yard vor Ihrem Wohnhaus, Mr. Lindy, einen Parkplatz. Nicht förderlich für meine schon länger anhaltende Anspannung bemerkte ich, dass mehrere Limousinen auf der Straße parkten. Dann sah ich zu meiner Verwunderung, dass so ein Hinkefuß im Hauseingang verschwand. Die anderen warteten in zwei Chevrolets vor dem Haus. Wenn da nicht gleich alle Warnsirenen schrillen? Also fuhr ich unverdächtig an den parkenden Limousinen vorbei. Ich kann nur hoffen, dass niemand von denen sich meine Autonummer notiert hat. So verworren, wie unsere Situation ist, kann jeder unüberlegte Schritt uns, vor allem aber Ann, gefährden.“

„Nun schießen Sie endlich los, wer sind Sie? Wo steckt Ann, was ist mit ihr?“

„Nicht so laut, Mr. Lindy. Wollen wir nicht lieber kurz reingehen. Es braucht ja nicht jeder zu hören, weswegen ich mich frühmorgens durch den Garten zu Ihrer Terrasse stehle.“

„Sie wissen, wo Ann steckt, nicht?“

„Gegenfrage: Was meinen Sie, weswegen ich das alles auf mich nehme?“

„Gut, folgen Sie mir hinein, aber passen Sie ja auf, wohin Sie treten. Die Typen von vorhin haben fast alles in meiner Wohnung auseinandergenommen.“

„Wäre auch hochgradig irritierend, wenn nicht!?“

James und die, so viel war klar, Latina gingen ins Wohnzimmer hinein. Die noch Unbekannte lehnte ab, sich zu hinzusetzen.

„Was haben Sie genau mit Ann zu tun und wissen Sie, wo sie ist und wie es ihr geht?“

„Ich bin sicher nicht so gebildet, wie Sie, eins aber weiß ich. Sie beantworten Ihre eigenen Fragen, indem Sie neue Fragen stellen. Erst einmal der Reihe nach. Zu Ihrer ersten Frage, wer ich bin, antworte ich bloß: „Ich bin eine langjährige Ex-Freundin von Ann, zudem Melon Jims Langzeitschwarm, das dürfte fürs Erste reichen.

„Dieser Wrestler ist darin verwickelt, ahnte ich’s doch.“

„Höre ich ‚verwickelt‘, was sind Sie denn für einer?“

„Natürlich, dieser Wrestler, der nur Fragezeichen bei mir hinterlässt, wenn Ann von einem seiner Fights geschwärmt hat. Ann lebt also. Wo habt ihr Ann hingebracht, ich will sie sehen, sofort!“

„Ann lebt, ja, aber sie kann sich kaum bewegen, sprechen schon gar nicht. Sie liegt leblos in einem dunklen Raum, deprimierender Anblick, wenn du mich fragst. Ich sag‘ einfach du, ok? Wir bezweifeln, dass sie überhaupt mitgekriegt hat, dass sie aus dieser Station, abgesichert wie Fort Knox übrigens, sonntagsfrüh herausgeholt wurde. Nun ist sie zwar in Sicherheit, schwebt aber nach wie vor in sehr bedenklicher Lage. Kurzum, wir wissen nicht, wie es mit ihr weitergehen soll. Deshalb hab‘ ich mich kurz entschlossen zu dir hierher aufgemacht. Deine Anschrift steht ja im Telefonbuch.“

„Ja, tut sie noch immer.“

„Dann lass uns sofort zu ihr hinfahren, James.“

„Ja, klar, ich will sehen, was Ann angetan wurde. Dieser Kerl von gestern Abend war wegen ihres Verschwindens, wegen euch also, bei mir, und ich hatte keine Ahnung, um was es ging.“

„Verflucht, und dabei so schnell. Da haben wir mit unserer Rettungsaktion wohl ziemlich jemand auf die Füße getreten, wie?“

„Wisst ihr überhaupt, wem genau ihr auf die Füße getreten habt? Die Angelegenheit zieht schon ziemlich große Kreise, wie du bei mir schon siehst. Ich will mit eigenen Augen sehen, wie es Ann geht und endlich Einzelheiten erfahren, was ihr passiert ist. Komm, lass uns beeilen, und direkt losfahren. Wo ist dein Auto, meins haben sie bestimmt im Blick. Einstieg nur bei Todesgefahr.“

„Wir können nicht sofort losfahren, James, nicht in dieser angespannten Situation. Dein Haus, die Straße werden überwacht. Wenn wir direkt losführen, wäre schon an der nächsten Kreuzung garantiert Schluss, und dann aus die Maus. Ich habe nicht die halbe Nacht frierend auf einem nahen Waldweg im Auto verbracht, um Stunden später in Handschellen abgeführt zu werden. War der vorhin vom FBI?“

Ungläubig starrte James die noch namenlose Frau an und antwortete:

„Glaub‘ ich nicht. Den Namen hat er mir nicht verraten und seinen Dienstausweis hat er mir auch nicht gezeigt. Wenn ich noch etwas glauben darf, dann waren das CIA-Leute, die vorhin in meine Wohnung durchsuchten. Der von vorhin scheint in der Agency ein hohes Tier zu sein. Äußerst bedrohlich, sein Auftritt vorhin.“

„CIA, wieso denn CIA? Mann, kompliziert ist es bereits, aber jetzt auch noch das? Jetzt wird es richtig gefährlich. CIA – um Himmelswillen, ich steige aus. Sofort, auf der Stelle!“ Sie überlegte kurz: „Ach, ich kann ja gar nicht mehr aussteigen. Von Anfang an habe ich es befürchtet: Mitmachen bringt dich um, Monique. Dennoch, Melon und ich mussten Ann ja aus dem abgelegenen Hospital in Vermont nachts rausholen, nachdem klar war, wo sie steckte.“

„Ach, ihr wusstet davon, wie denn das?“

„Klar, wussten wir davon, sonst hätten wir ja nicht in Hospital reingehen brauchen. Ich weiß gar nicht, was dort alles Schlimme mit ihr auf die finsterste Weise veranstaltet wurde, arme Ann, so schrecklich!“

„Klingt ja furchterregend. Also gut, wo parkst du, Monique? Uns aufzuregen, ist das Letzte, was wir in unserer Situation brauchen können. Überlegen wir lieber, wie wir die Kerle vorm Haus überlisten können, um von hier ungeschoren wegzukommen.“

Die nach dem Teint zu urteilen Mittelamerikanerin schaute ihn überrascht an, als sie ihren Vornamen ausgesprochen hörte. Erinnerte sich augenblicklich, ihn gerade selber ausgesprochen zu haben. Ihr Zeigefinger fuchtelte in Richtung des Standplatzes ihres Wagens, instruierte: „Weiter hinten, ein Feldweg führt von der Straße ab. Nach hundert Yard rechts parkt mein Auto, ein betagter Ford, in einer Einbuchtung zwischen zwei Laubbäumen, nicht zu verfehlen.“

„Gut, in etwa weiß ich Bescheid, Monique. Ich warte noch bis sieben Uhr in meiner Wohnung, dann komme ich zum Wagen nach. Ich muss sowie hier weg. Der Kerl von vorhin glaubt, dass ich wüsste, wo Ann versteckt worden sei, und dass ich es ihm erzählen könnte.“

„Wieso klopft die CIA ausgerechnet bei dir an? CIA – das geht mir nicht mehr aus dem Kopf, Mann! Alles andere lieber, als die CIA auf dem Kerbholz zu haben.“

„Ja, ich war auch verblüfft, die CIA randalierend im Wohnzimmer gehabt zu haben. Ich glaubte, ich träumte. Auf jeden Fall war ich deren erste Adresse. Wir wissen nun, dass sie noch nichts wissen. Das ist erst mal gut!“

„Das ist gut, sehr gut sogar! Sollen sie weiter im Nebel stochern, das ist unsere einzige Chance! Wir dürfen trotzdem nachher keinen Fehler machen und müssen ihnen auf jeden Fall entwischen.“

„Sicher, das müssen wir nur schaffen. Wer vorm Haus wartet, operiert bestimmt äußerst gewieft! Soll ich was von hier mitnehmen?“

„Nein, lass mal, ich glaub, wir haben alles. James, du seist ein seltsamer Typ, hat mir Ann schon vor zehn Jahren erzählt, als wir einige Jahre im selben Büro zusammenarbeiteten.“

„Wie, solange kennt ihr euch schon? Seit den frühen Vierzigern, nicht zu fassen, richtig? Ach, ich weiß, du bist die Frau, die uns mal nachwinkte, als ich Ann mal an einer Straßenkreuzung in Trenton auflas, nicht?“

„Ich war eine von vielen, die Ann nachwinkten. In Trenton hatten wir nebeneinander getippt, das stimmt.“

„Dann kenne ich dich. Von dir hat Ann mir damals mal erzählt.“

„Hoffentlich nur Gutes?“

„Kennst ja Ann, sie erzählt viel, wenn der Tag lang ist.“

„Wohl wahr, wohl wahr, nun aber nicht mehr. Wir sind wirklich besorgt um sie, seit wir mit eigenen Augen gesehen haben, was mit Ann alles angestellt wurde. Wie sie in acht Wochen zugerichtet worden ist, sprengt alle Vorstellungen, ehrlich! Du wirst sie ja nachher sehen.“

„So schlimm? Geh schon mal vor, und warte auf mich. Ich verlasse das Haus in etwa drei Stunden, kurz vor sieben Uhr und täusche einen Waldlauf vor. Ich laufe hintenrum zu dir, und du bringst mich zu Ann hin. Meinen DeSoto lasse ich wohl besser vor dem Haus stehen, was meinst du?“

„Einen DeSoto, ui. Der wäre wesentlich schneller als meiner, aber viel zu auffällig, und daher zu riskant. Nein, lieber nicht, wir versuchen, wie gerade beschrieben, die versammelte Bande mit meinen in die Jahre gekommenen Ford auszutricksen. Das wird sowieso eine haarige Angelegenheit werden, befürchte ich.“

„Hilft ja nichts, auf der Fahrt erzählst du mir, wie ihr Ann gefunden habt. Kann ich nicht noch deinen Nachnamen erfahren, Monique? Ich würde gerne wissen, wer auf nachher mich wartet.“

Moniques Kopfnicken signalisierte unverzüglich Einverständnis. Das Wohnzimmer durch die Terrassentür verlassend, ließ sie einen Nachnamen fallen: „Vasquez! Monique Vasquez.“ Ohne noch etwas zu hinterlassen, verschwand die nicht mehr junge Frau, vielleicht ein Jahrzehnt älter als Ann, über die Terrasse in den angrenzenden Holunderbusch hinein.

Um Viertelvorsieben zog sich James Sportschuhe und Trainingshose aus seiner Sporttasche im Badezimmer an und vergaß nicht, seine Brieftasche in den Hosenbund zu schieben. Kurze Zeit später verließ er Wohnung und Haus und spurtete, wie schon so oft, quer über den Vorgartenrasen. Nach einigen Auflockerungsübungen verfiel er noch auf dem Bürgersteig in den Laufschritt. James trabte straßab in die entgegengesetzte Richtung, als das verabredete Ziel lag. Er lief über die einspurige Straße, hatte sich vorgenommen, vom angrenzenden Wald her, also von hinten, in den verabredeten Feldweg hineinlaufen.

Der Cadillac von gestern und ein zweiter Straßenkreuzer parkten auf der gegenüberliegenden Straßenseite in abgeschätzter Stille.

Dauerlaufend erreichte James den vorderen Eingang eines Feldwegs. Im geänderten Laufschritt, sich sicherheitshalber nach den parkenden Karossen kurz umsehend, lief er hinein. Als James nach etwa zehn Minuten zurückgelegter Wegstrecke in einen Laufweg entlang eines Waldrands abbog, waren die beiden Limousinen von Weitem zu erkennen. Vor ihnen reckten sich nun mehrere Männer im Unterhemd der aufsteigenden Sonne entgegen.

James hastete am Waldrand solange entlang, bis er den verabredeten Feldweg sah. Er blieb kurz stehen, keuchte aus, dann schätzte er kurz die Strecke ab, die es noch bis zu dem herausragenden Autoheck hinter einem Laubbaum bräuchte, und lief los. Kaum, dass er sich dem Autoheck näherte, sprang auch schon die Fahrertür auf, aber Monique, aus der geöffneten Wagentür herauslugend, empfing ihn schimpfend: „Wo bleibst du denn nur, James? Wenn wir uns nicht schnell vom Acker machen, wird es zu spät sein.“

Im selben Moment knackte in seitlicher Nähe ein Zweig, dann noch einer, und noch einer. Synchron klickte etwas in gefährlicher Nähe. Vom angrenzenden Feld kommend, erschrak Monique im selben Augenblick über vier Männer in Unterhemden mit aggressivem, zielfixiertem Blick, die, Arme schwenkend, auf den Ford zuliefen. „Komm’, schnell, James! Sie dürfen uns nicht erwischen“ krächzend ließ sie den Motor an. Einer der Männer hatte sogar noch Rasierschaum im Gesicht. Ein anderer packte James beim Einsteigen an der Schulter, triumphierte bereits lautstark ‚ich hab’ ihn‘. James riss sich aus der angesetzten Umklammerung, wuchtete sich auf den Beifahrersitz und schlug die Autotür zu.

Der in die Jahre gekommene Ford setzte schwungartig zurück, fuhr, mit allem, was der Motor hergab, los, fuhr dann aus dem Feldweg heraus auf die angrenzende Querstraße.

Der Ford raste Minuten später an James‘ Wohnhaus vorbei. James zitterte, verlor jegliches Gespür, was in diesen aufgeladenen Momenten vor sich ging. Minuten vergingen – eine Endlosigkeit. Bekannte Landschaft flitzte an ihm vorbei.

Nach einer halben Stunde pendelte sich der Ford in den Verkehr der Route 20 ein, die weit nach Westen führte. In einiger Entfernung zog das Unternehmensgebäude vorbei, in welchem eine Abteilungssekretärin vermutlich schon herumtelefonierte, warum sein Büro an diesem Dienstag leer blieb. Die nächsten Tage, Wochen, vielleicht Monate auch. James fasste Mut, einzuschwenken:

„Also gut, du bestimmst, wo es lang geht und wie lange es dauert, bis wir bei Ann ankommen werden. Erzähl, wann habt ihr euch aus den Augen verloren?“

„Ja, reden kann ja nicht falsch sein, kurz vor Kriegseintritt ’41 wurde ich Anns Vorgesetzte in der Buchhaltung eines Modeunternehmens in Trenton. ‚Bel …, Bel …, weiß nicht mehr. Der Geschäftsführer jedenfalls war ein windiger Mister Sniff, der ‘45 im Sarg über den Atlantik zurückkehrte, und wir vier Mädels von der Buchhaltung waren unsere Jobs los.“

„Wieso denn nach Westen, bring mich zu Ann, dringend und ohne Umwege, bitte!“

„Wir werden ganz sicher verfolgt werden, begreif das mal, James, und ich möchte verhindern, dass sie sich hinter uns hängen, würden wir direkt nach Maine fahren. Den Umweg fahre ich, um auf Nummer sicherzugehen, dass uns keiner folgt, verstehst du das?“

„Maine, liegt da nicht Kimberleys Blockhaus nahe der Ostküste?“

„Ann hat ihren älteren Bruder auch früher schon als klug geschildert, trifft wohl auch diesmal zu. Genau, zu Kimberley wollen wir hin. Von dort brach ich auch am Montagnachmittag auf, um dich zu holen. Wir hatten, einfach keine Ahnung, wie es mit Ann und uns weitergehen sollte. In so einem Blockhaus gibt es ja nichts, um einen sterbenskranken Menschen weder Kurz- noch Langzeit zu versorgen. Irgendwie müssen wir noch einiges einkaufen. Ich frag mich, nur wo, und, vor allem, wie? Nach heute Morgen wird unser Aktionsradius ziemlich eingeschränkt sein. Wie es aussieht, braucht Ann Intensivbetreuung rund um die Uhr, und keiner weiß, für wie lange. Alleine an Verpflegung mangelt es bei Kimberley, wie du dir sicher vorstellen kannst.“

„Was, und ich dachte, Kimberley sei vermögend? Ann beschrieb ihn mir immer als verkopften Einzelgänger, der reich geerbt hätte.“

„Stimmt wohl auch, aber sein Blockhaus ist nicht für Anns Pflege geeignet. Kennst du denn nichts, wo wir deine Schwester die nächste Zeit unterbringen und weiter abschirmen können, James? Auf kurz oder lang muss sie da weg. Diese Einöde wird mir ja schon schwer zu ertragen, wenn ich nur daran denke.“

„Ach, deswegen holt ihr mich also ins Boot!? Noch gestern, als ich von der Arbeit nach Hause fuhr, wusste ich nicht einmal, was los ist. Nun gut, ich werd‘ mir das ganze Mal anschauen, versprochen! Woher wusstet ihr eigentlich, dass Ann seit Wochen verschwunden und wo genau sie zu finden war?“

„Komplizierte Geschichte! Hat zwischen Melon und mir schon zum Krach geführt.“

„Muss ich das verstehen?“

„Mhm, Ann hatte ja noch an dem Morgen, an dem sie höchst wahrscheinlich, so genau weiß ich das nicht, aus Boston verschwand, bei uns in Scranton angerufen. Freiweg, wie sie nun mal ist, hat sie sich für den Abend bei uns in Scranton angekündigt, was aber nicht ging.“

„Ann wollte an dem Tag verreisen, davon weiß ich ja gar nichts.“

„Wie auch immer, du weißt, schätze ich mal, das wenigste von ihr. Als sie ziemlich früh am Morgen bei uns anrief, so gegen acht Uhr morgens, einem Donnerstag, lehnte ich am Apparat sofort ab.“

„Wie, du hattest abgelehnt? Hättest du ‚ja‘ gesagt, wäre das vielleicht alles nicht passiert, ist dir das klar.“

„Vielleicht, James, auf jeden Fall war Melon, selbst nach einer Woche, anderer Meinung als ich. Er hatte mir den Hörer fast aus der Hand gerissen und noch mit ihr gesprochen, aber Ann hatte ihm nicht genau gesagt, was los sei, stattdessen, lauter Andeutungen, dass etwas passiert sei und dass sie aus Boston wegmüsse. Ann machte nur ziemlich dubiose Andeutungen, die nicht gerade danach klangen, als sei was dran. Zugegeben, ich verstand es damals nicht, leider.“

„Ihr habt Ann eure Hilfe verweigert. Willst du mir nicht sagen, weshalb sie aus Boston verschwinden wollte?“

„Na, irgendwelche Typen seien hinter ihr her gewesen, was weiß ich!? Sie spinnt, täuschte ich mich, wie wir nun wissen. Verflixt, verdammt, aber so ist es passiert.“

„Bestimmt Hawknight und Engelheim.“ (zu sich geflüstert.)

„Wie, bitte, hab’ dich nicht verstanden, James.“

„Was? Och, nichts. Anns Kolleginnen, mit denen Ann an jenem Mittwoch bis spätabends zusammen war, wussten bestimmt, was los war. Sie werden es mir verschwiegen haben, so ein Mist!“

„Nachdem sie aufgehängt hatte, warf Melon mir vor, dass ich Ann aus purer Eifersucht abgewiesen hätte.“

„Eifersucht, wegen Ann?“

„Klar, wir dachten den ganzen Tag, sie käme trotzdem nach Scranton gefahren. Per Bahn, stell dir das mal vor, und nicht in ihrem ein und alles – dieser Rover. Kennst ja Ann, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat!? Nur diesmal kam sie nicht.“

„Oh, wie ich Ann kenne, nur zu gut.“

„Wir warteten vergebens, und Melon, du wirst ihn ja kennenlernen, machte sich die ganze Nacht über Sorgen um sie. Er versuchte sie mehrmals anzurufen, leider vergeblich. Als wir auch am Wochenende nichts von Ann hörten, ließ sich Melon mit Anns Arbeitsstelle, bei euch im Sekretariat, verbinden. Von einer Kollegin erfuhr er dann, dass Ann schon fünf Tage, das Wochenende eingerechnet, verschwunden sei, und dass sie vorhätten, ihretwegen eine polizeiliche Suchmeldung aufzugeben.“

„Klar, die Sache. Mittags, in der Kantine kamen zwei Sekretärinnen zu mir an den Tisch, weihten mich ein, was sich die Damenriege im Sekretariat wegen Anns plötzlichem Verschwinden ausgekungelt hätte. Eine Suchmeldung aufgeben, ob mir das recht sei, fragten sie mich. Ich antwortete ihnen abweisend, versuchte, noch zu trösten, dass Ann schon wiederauftauchen werde. Dann ließ die beiden Grazien, die mich aufgesucht hatten, pikiert wieder abdampfen.“

„Hast du dir denn keine Sorgen um deine Schwester gemacht, James?“

„Ich, Sorgen um Ann? So was wäre aus Gewohnheit so und so vergebens.“

„Wenn du sie nachher siehst, weißt du, dass es dies eine Mal nicht vergebens gewesen wäre. Die polizeiliche Suchmeldung nach ihr brachte zuletzt den Erfolg, dauerte aber lange, ganze acht Wochen. Zunächst aber rief uns Kimberley aus Maine an, übrigens zum ersten Mal überhaupt. Wir beide waren ziemlich erstaunt, dass er Melon überhaupt kannte. Auf seiner Radtour wäre ihm plötzlich Anns Rover aufgefallen. Dieses Great-Britain-Grün, nur hätten nicht Ann, sondern zwei Männer dringesessen. Was soll ich sagen, die Autonummer, die er sich notiert hatte, stimmte mit der von Anns Rover überein.“

„Nicht zu fassen, da fährt noch jemand mit Anns Rover durch die Gegend, während sie …“

„... auf die schlimmste Weise wochenlang misshandelt wurde, ich kann’s nicht anders sagen.“

„Ob im Rover dieser Stotterer von gestern Abend mit drinsaß (leise, zu sich gesprochen)? Wohin fuhr denn der Rover?“

„Jedenfalls durch Maine, ansonsten keinen Schimmer. Kimberley konnte als Radfahrer ja nur hinterhersehen, ohne was auszurichten.“

„Das war weder eine richtige Spur noch ein Lebenszeichen von Ann. Wie kamt ihr dann auf dieses Hospital in Vermont?“

„Letzten Mittwoch, eine Anruferin aus eurem Sekretariat.“

„Ah, eine von Anns Schwarm, und dass, ohne mich zu verständigen, Prima.“

„Eine Portion Misstrauen ist dabei wohl nicht zu übersehen. Hört, hört, die polizeiliche Suchmeldung der Sekretärinnen zeigte letzten Mittwoch Erfolg. So ein Typ hatte sich am Tag zuvor gemeldet, der eine Frau, die wie Ann aussähe, vor circa acht Wochen in ein Hospital im idyllischen Vermont transportiert hätte.“

„In Boston abgeholt und im Hospital in Vermont abgeliefert?“

„Bingo! Der Typ sei auf einem Polizeirevier beim Bußgeldzahlen über Anns Aushang mit Foto gestolpert. Er lehne Menschentransport zu dubiosen Zwecken aus tiefster Überzeugung seit ein paar Wochen ab, und so weiter.“

„Ein Spätbesonnener, sieh‘ an, sieh‘ an.“

„Ja, sieht so aus!? Er hätte sich jedenfalls an die graublonde, etwas widerspenstige, temperamentvolle Frau im Kleinbus bei seiner Hinfahrt zu diesem Hospital in Vermont noch gut erinnern können.“

„Widerspenstig, temperamentvoll, das kann nur Ann gewesen sein, wenn’s nicht so traurig, demütigend wäre.“

„Wohl vorerst ihre letzten Kapriolen vor acht Wochen. Sobald wir die genaue Adresse des genannten Hospitals herausgefunden hatten, fuhren Melon und ich Samstagmorgen dorthin und kamen nachmittags an dem Riesenbau mit den vielen Eingängen an. Wir beide inspizierten das Hospital erst mal, unauffällig, so gut, wie es eben ging, einige Stunden von allen Seiten. Solange eben, bis Melon festgestellt hatte, dass wir in den vierten Stock rauf müssten, um Ann da rauszuholen.“

„Warum denn das, Ann hätte doch überall in dem Hospital sein können?“

„Von ganz oben waren immer wieder abartig, verstörende Geräusche zu hören, außerdem waren die Fenster der obersten Etage verschlossen, und dazu noch verhangen. Dort musste also etwa vor sich gehen, also orientierten wir uns dorthin. Nach zwei Uhr am Sonntagmorgen sind wir dann durch einen Nebeneingang rein ins Hospital.“

„Wie kann ausgerechnet Ann, die sonst so vorsichtig in allem ist, so was Schlimmes, Grausames widerfahren? Hätte ich doch bloß was geahnt!? Ausgerechnet meine liebe Schwester. Nicht zu fassen, was alles passieren kann. Ich überlege schon, wie ich die Schufte, die ihr das angetan haben, drankriegen kann.“

„Ja, James, das alles ist schwer zu begreifen, aber Ann wurde die ganze Zeit auf der obersten Station des Hospitals als Versuchskaninchen missbraucht, James. So stellt es sich mit jedenfalls dar. Wir haben hoffentlich noch einen günstigen Moment erwischt, um sie rauszuholen. Ich bin mir sicher, wäre sie noch länger dieser menschenverachtenden Psychofolter ausgesetzt gewesen, wäre es um Ann geschehen gewesen. Mann, ein Versuchskaninchen in der schlimmsten aller Vorstellungen“, hämmerte Monique immer wieder aufs Steuer.“

„Vielleicht habe ich Fehler gemacht, aber was spielt das jetzt noch für ‘ne Rolle. Wie weit ist es noch, Monique?“

„Wohl noch ein paar Stunden. Auf jeden Fall haben wir unseren möglichen Verfolgern ein Schnippchen geschlagen.“

Die atlantische Magd

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