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Fall in rätselhafter Absicht

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„Das passt nicht“, durchschnitt CIA-Agent Edwin Hawknights texanischer Akzent kopfschüttelnd spätabendliche Bürodüsternis.

„Was passt dir denn nicht, Lieutnant“, fragte abwartend die kräftige Stimme von Kollege Gaspard Engelheim aus dem von einer Schreibtischlampe schwach beleuchteten Bürohalbdunkel heraus.

„Kannst du nicht endlich mit diesen verflixten Militärrängen aufhören, Gass. Passen nicht mehr in unsere Zeit. Statt Feuer zu speien, ist frieren angesagt.“

„Noch bibberst du nicht und intern können wir verdiente Epauletten ruhig zeigen. Übrigens sitzt Eisenhower seit zwei Monaten im Weißen Haus und kommt aus derselben Gegend wie du. Als Republikaner mag Ike bestimmt noch Militärränge. Wenn du, natürlich in Ehren, entlassen wirst, stehen doch alle stramm, garantiert.“

„Das dauert noch frühestens zwölf Jahre, Gass, und was bis dahin …“

„… leiden wir bestimmt nicht an Arbeitsmangel, egal, ob ein Konföderierter oder Unionist den Präsidentenstuhl im Weißen Haus besetzt.“

„Ja, und, Epauletten mag keiner mehr sehen, passen auch nicht so gut zum Ausspähen von Wollpelzen und Grizzlymützen. Im Kalten Krieg pirschen sich Wodkasäufer und Borschlöffler viel heimtückischer an uns heran, und wir müssen ebenso heimtückisch vorgehen. Militärische Ränge sind höchstens noch was fürs Erinnerungsalbum.“

„Welches du nicht hast.“

„Klingt nicht gerade, als könnte der Abend ausgelassen bei Billard und Whisky enden, Captain.“

Engelheim knipste seine Schreibtischlampe heller. Hawknight, unvermittelt seine Augen abschirmend, bemerkte, dass Engelheim sich auf seinem Bürostuhl aufgerichtet hatte und ihn scharf ansah.

Einen Stuhl seitlich heranziehend und sich seitlich an den Schreibtisch setzend, sagte Hawknight ganz bei der Sache: „Uns fallen zwar im Handdrehen etliche Kerle ein, die wir mal unter die Lupe nehmen sollten. Ich aber wüsste einen, der aus dem Rahmen fällt. Einen, auf den du nie kommst, wenn ich es dir nicht verrate.“

„Was du nicht sagst, in den USA etwa?“

„Natürlich, die Spur köchelt und wir müssten ihn unmittelbar kontaktieren. Vertuschung in Verzug, verstehst du.“

„Wie, am FBI vorbeilavieren?“

„Nun ja, das wäre nicht das erste Mal. Die Spur könnte ein Fass zu denen aufmachen und uns Arbeit abnehmen.“

„Ich weiß nicht, Ed? Irgendwer vom FBI pisst uns so sicher wie das Amen in der Kirche ans Bein, wenn wir in amerikanischen Gewässern fischen. Vergiss nicht, da gibt es ein Gesetz, das der CIA verbietet, innerhalb des Territoriums der USA zu agieren.“

„Was soll das FBI schon aus Sam oder Georg herausquetschen? Werden höchstens abgeführt, abgeurteilt, Hauptsache dingfest und die Bande gefährdet nicht mehr die Staatssicherheit. Nur stumm nutzen uns links fantasierende Staatsfeinde nichts, Gass.“

„Du hast doch wen Bestimmtes im Auge, Ed, nicht? Spuck es endlich aus, oder willst du mich so spät noch scharfmachen?“

Hawknight schnaubte und setzte mit einer rhetorischen Frage fort:

„Wenn ich nur wüsste, was der Grund war?“

„Grund, wofür, Ed?“

„Sagen wir mal so, das FBI scheint seiner Lieblingsbeschäftigung abtrünnig zu werden.“

„Lieblingsbeschäftigung abtrünnig zu werden, lass mal raten? Rote Jungs hopsnehmen und vor dem HUAC erst mal zerreißen lassen?“

„Oder von McCarthy mit seinem Extra-Ausschuss. Leider keines von beiden, denn diesmal scheint er anders zu laufen. Hochmerkwürdig fürs FBI-Verhalten uns gegenüber.“

„Wie, nicht länger Kleinkrieg, das wäre mal was Neues.“

„Irgendeine Strategie wird schon dahinterstehen, weiß nur nicht welche, denn überraschend plötzlich scheint das FBI seinen eigenen Makel nicht mehr zu mögen?“

„Komm schon, Ed, was ist los? Fabulierst schon lange nach Dienstschluss so vieldeutig Unwahrscheinliches. Du hast doch was Konkretes in der Hinterhand?“

„Ganz recht, einen inoffiziellen Tipp von meinem FBI-Bekannten.“

„Hä?“

„Du weißt schon, dieser große Schlanke, dem die Frauen nachjagen, kaum dass er die Schwelle von Kasino oder Bar überschritten hat.“

„Du triffst dich noch immer mit ihm, Ed? Wollte er an was schnüffeln, an dem du gerade dran bist? Ich hoffe für dich, Ed, dass euch niemand zusammen gesehen hat.“

„Ja, ja, wenn Hoover mit uns verkabelt wäre, wäre das sein größter Triumph.“

„Den Pokal kann er sich von mir aus schon mal ins Dienstzimmer stellen, aber auf den Spirit kann er lange warten. Nein, anders als du denkst, Gass. Letzten Samstagabend war ich in New York, mein FBI-Kumpel und ich treffen uns dann, wenn’s die Gelegenheit zulässt, in einer Bar zum Schwatzen und Zuprosten.“

„Warum warst du denn in New York, wenn ich fragen darf, Ed?“

„Ach, nur so, sieh’s als Wochenendvergnügen eines einsamen Firmenangehörigen.“

„Weil du deiner Zeit nicht mächtig warst, triffst du deinen FBI-Kumpel spätabends, und sämtliche Disharmonien nivellieren sich auf einmal.“

„So ähnlich, er kam verspätet, nachdem seine Brut einen Kommunistentreff in Manhattan aufgemischt hatten …“

„Willst du mir ‘nen Bären aufbinden, Kommunistenplausch in Manhattan?“

„Jedenfalls nicht in Nähe der Wall Street! Soweit wagten sich Kommis nicht vor, wenn dich das in den Sitz zurückbringt. Es war schon nach zwölf, als er sich zu mir an den Tisch setzte, und dazu noch ziemlich nervös. Wir erzählten irgendwas, fast ‘ne Stunde, als er mitten im Talk und ohne Ankündigung seine Razzialiste vom Abend aus der Jackentasche zog, sie entfaltete und das handbeschriebene Blatt mit aufgelisteten Namen vor mir auf den Tisch ausbreitete. Mein Kumpel nickte nur und forderte mich so auf, zu lesen. Kannst du dir vorstellen, Gass, wie perplex ich war. Das FBI zeigt mir eine frische Razzialiste, das ist, wie …“

„Ein Treffen zwischen Hoover und unserem Dulles? Du hast hoffentlich nicht dankend abgelehnt.“

„Bist du aufmerksam, kannst du dir gratulieren, wenn nicht, dein verflixtes Pech! Wunderte mich auch, diese überraschende Offenherzigkeit, stank trotzdem irgendwie hintertrieben, rätselhaft, aber wer schaut schon einem geschenkten Gaul nicht ins Maul. Also ließ ich meinen Blick über das gleiten, was in dem Papier aufgelistet war.“

„FBI-Razzia gegen Kommunisten in Manhattan samstagabends? Stimmt‘s bei den Roten nichts mehr? Standen auf dieser Liste auch Namen, die nicht auf ‚a‘, ‚os‘ oder ‚ski, mit und ohne ‚y‘‘ enden? Nur dann wäre es hochinteressant für uns!“

„Möglich, drauf habe ich nicht so geachtet. Wozu auch, zu Kommis eingemeinden sich auch nicht so normale Amerikaner, die auch ohne Diktatur-, Aufstand- oder Revolutionserfahrung aus allen Winkeln der Republik gekrochen kommen?“

„Worauf hast du denn dann geachtet, Ed oder schon zu viel intus!?“

„Nein, Gass, dass nicht, stattdessen merkte ich mir einen Namen besonders. Einen Namen, den du am wenigsten auf so einer Liste vermuten würdest. Als ich ihn auf der Liste las, begangen in diesem Moment bei mir alle Glocken zu läuten.“

„So christlich, Ed? Warum lässt du es dir auch gefallen, wenn dein FBI-Spezi ohne Ankündigung mit dir zu spielen beginnt?“

„Spielen, wie meinst du denn das wieder, Gass?“

„Dass du das nicht sofort gemerkt hast, Ed. Wie du das Ganze schilderst, hinterlässt es doch den Eindruck, dass du hinters Licht geführt werden sollst.“

„Gass, sag jetzt nicht, dass ich mit der Einsicht in die Razzialiste reingelegt werden soll, obzwar ich schon bei der Einsichtnahme Argwohn empfand.“

„So, Argwohn?“

„Ja, schon beim Lesen der Namen überkam es mich, als ginge, was gerade geschah nicht mit rechten Dingen zu. Da es aber an mir lag, diesen einen Namen zu erkennen, las ich ohne Bedenken weiter.“

„Und wer ist dir aufgefallen, spann mich nicht länger auf die Folter, Ed.“

„Nach Durchsicht der Liste schaute ich in die Bar hinein, vermied aber den direkten Blickkontakt mit meinem Spezi.“

„Der FBI-Mann wollte auch keine Gegenleistung von dir?“

„Nein, was sollte das auch sein? Nachdem ich die Liste ein zweites Mal durchgrast hatte, zog mein FBI-Kumpel sie mir wieder weg. Er faltete sie wieder zusammen und steckte sie schweigend in seine Jackentasche zurück. Wenn an dem Namen, den ich in der Liste auffischte, was dran ist, könnte sich daraus eine Spur entfalten, die ins Ausland führt.“

„So, ins Ausland? Schon vergessen, alle unserer Spuren führen ins Ausland. Denn nur dafür sind wir zuständig. Das haben Hoovers Mannen wohl auch kalkuliert, was aber noch nicht die Frage beantwortet, was wohl für ein Motiv dahintersteckt.“

„Das FBI kennt nur ein Motiv, sich die Finger nicht selber schmutzig machen.“

„Und wie schätzt du die Lage ein, Ed? Was könnte das FBI wohl mit seiner überraschenden Offenherzigkeit vorhaben?“

„Mir den, wessen Name ich auf der Liste erspähte, mundwässerig zu machen, vielleicht.“

„Und, wen hast du erspäht, Ed?“

„Schon ein Bombast, dem nicht leicht sein wird, etwas anzudichten und es ihm dann auch noch nachzuweisen.“

„Wer ist es, Ed, mach‘s nicht so spannend. ‚Einmal gerochen, schon verhört‘, ist mein Lieblingsspruch, wie du weißt.“

Hawknight schmunzelte und sagte mit Nachnamen zuerst: „Lindy, James Lindy.“

Von gespannt bis fassungslos trafen sich unsicher vibrierende Blicke im Schein der Schreibtischlampe. Der eine erwartungsvoll nach einer Reaktion gierend, der andere flink sich sammelnd, um abzuschätzen, ob sein Gegenüber noch bei Trost sei. Aus der schwach beleuchteten Tiefe seines Sitzplatzes ironisierte Engelheim den genannten Namen:

„Wusste gar nicht, dass du so leicht überschnappst, Ed. James Lindy!? Ich frag‘ gar nicht, was du dir mit diesem Namen alles aufhalst. Zzh … ‘James Lindy‘, nicht zu fassen. Der Lindy soll wirklich auf dieser Razzialiste des FBI gestanden haben, Ed?“

„So wahr ich seinen Namen las.“

„Kaum zu glauben, auf einer Razzialiste zusammen mit lauter beschwipsten Roten aufgeführt zu sein. Lindy gehört seit ein paar Jahren zu den glanzvollen Erfinderbiografien der USA mit prächtig munitioniertem Lebenswerk! Würde er selbst wahrscheinlich nicht gerne hören, aber egal! Erinnere mich noch gut, wie bescheiden der Mann anfangs vor Publikum auftrat. Trotzdem, Tausende, verdanken ihm ihr Leben.“

„Und Abertausende, die ihm die Hölle an den Hals wünschen. Gilt ja nicht gerade als posthume Auszeichnung, durch eine Waffenerfindung Lindys dahingerafft worden zu sein.“

„Eher nicht, aber nun soll er seinen Spaß bei den Kommunisten (Kommis) gefunden haben.“

„Sieht ganz so aus. Ohne Weiteres kommt man nämlich nicht auf Listen, welche das FBI fabriziert.“

„Gut, also Lindy. Einen erfolgreichen Mann, dessen Stimme die gesamten USA kennt, von Delaware bis Oregon, von Maine bis Florida. Der Mann war in den letzten Kriegsjahren einer der meist moderierenden Waffenexperten im Radio. Wenn er nicht wäre, hätte der Zweite Weltkrieg wahrscheinlich Monate, wenn nicht Jahre länger gedauert! Anfang der Vierziger entwickelte Lindy die erste raketengetriebene Panzerabwehrwaffe, die Bazooka, mit. ‚Sohn deutscher Einwanderer entwickelt hochkalibrige Waffensensation‘, so die Schlagzeile von damals. Eine verteufelte Kriegswaffe, die etliche Nazibataillone während der Normandie-Invasion zuerst in den Wahnsinn stürzte, dann der Reihe nach vernichtete. So viele Verdienstmedaillen, wie der zusammengesammelt hat, Doktorhüte, Gastprofessuren – Artillerieberatung! Kann man sich einen wie ihn als unseren neuen Kandidaten für den Verhörstuhl vorstellen.“

„FBI hin oder her, wir kommen wohl nicht umhin, ihn uns einmal vorzuknöpfen. So schlau, wie der ist, hätte er doch wissen müssen, dass sich auf dem Präsentierteller zu servieren, eine ungeheure Gefahr bedeutet. Wie kann man auch so bescheuert sein, samstagabends in einer Bar in Manhattan zu tagen. Verstehe das, wer will!“

„Tippe, da muss was gehörig schief gelaufen sein bei dem Mann. Aber da wir keine Psychologen ... sein wollen, krallen wir uns ihn. Hat der überhaupt noch nötig, für die Rüstungsindustrie zu buckeln? Lindy müsste sein Vermögen doch schon längst gemacht haben.“

„Anscheinend nicht. Hab’ mich vorhin mal schlaugemacht über unseren Renegaten. Noch Bürohengst in gehobener Position eines bekannten Rüstungsunternehmens bei Boston.“

„Wo in Zeiten des Kalten Kriegs wohl Dauerflaute herrscht. Genügend Zeit also, um mit Kommis zu schäkern.“

„Dann wird er dort oben auch wohnen. Ist Lindy eigentlich verheiratet?“

„Wie es aussieht wohl nicht. Wohl arbeitsbesessen, wie unsereins. An was Neuem wird der schon feilen, aber was das sein könnte, da fragst du mich zu viel. Wir können ihn ja in den nächsten Tagen aufsuchen und so nebenbei auf den Zahn füllen. Vielleicht bekommt Lindy Muffensausen, wenn wir uns zu erkennen geben, und schüttet sich uns ohne großen Druck aus.“

„Spaßvogel, wie? Wir können nicht nur, du musst dich an ihn ranmachen, sonst machst du dich dem FBI verdächtig. Lindy unbehelligt sausen zu lassen, geht nun nicht mehr, verstehst du.“

„Du meinst also, dass am Samstagabend war absichtlich so eingefädelt? Dass das FBI mich überprüft, ob ihre mir zugespielte Botschaft nicht nur angekommen ist, anderenfalls könnten Konsequenzen drohen, meinst du das, Gass?“

„Darauf kannst du einen nehmen! Eine gesteckte Spur kannst du, können wir nicht links liegen lassen. Das schreit nach Konsequenzen, und so ein Skalp wie Lindys ist aller Ehren wert! FBI-Hoover verdächtigt uns, seit es die CIA gibt, auf dem roten Auge blind zu sein. Warum zeigen wir ihm nicht, was er erwartet, und ermitteln gegen James Lindy hoch selbst!“

„Ich stehe im Kreuzfeuer?“

„Na, noch ist nichts geschehen, es könnte aber, sobald du zögerst. Wir machen das schon zusammen, keine Widerrede! Schätze, wir sollten nicht sofort als Kavallerie aufreiten, sondern erst mal Lindy undercover unsere Aufwartung machen, um seinen Kooperationswillen herauskitzeln.“

„Kooperationswillen?“

„Genau, Ed, uns wird Lindy nur nutzen, wenn er sich umdrehen lässt und bienenfleißig von der roten Front liefert, wobei uns mehr interessiert, was er über rote Verflechtungen außerhalb der USA weiß.“

„Ach, so meinst du das. - Yeah, das sehe ich genauso, Gass!“

„Wurde Lindy nicht nach der Razzia vom FBI festgenommen?“

„Klar, Razzien ziehen fast immer Festnahmen nach sich, nur Lindys hatte nicht lange gedauert. Heute Vormittag war er schon wieder auf freien Fuß.“

„Woher weißt du denn das schon wieder, Ed?“

„Man erlauscht so einiges. Lindys Anwälte sollen ordentlich Rabatz gemacht haben in Big Apple. Laut Pressemeldung, ein peinlicher Vorfall. Lindy hätte sich ausgerechnet in diese Bar in Manhattan verirrt, um sich ein Glas Gin zu gönnen. Wer es glauben mag, mag‘s glauben.“

„Dann werkelt Lindy in den nächsten Tagen wieder, als wäre nichts geschehen an seinem Bostoner Arbeitsplatz?“

„Anzunehmen, ja.“

„Und das FBI tritt uns auch nicht auf die Füße, während wir uns Lindy nähern?“

„Glaub‘ kaum. Da sie ahnen können, dass Lindys Name uns seit Samstagabend beschäftigt, wird das FBI in Lauerstellung unterwegs sein, also, von dieser Seite ist eher nichts zu befürchten.“

„Dass ich Lindys Namen mal in diesem Büro hören würde!? Würde ich oben melden, dass wir gegen Lindy etwas im Schilde führen, würden mich alle im Raum zunächst lauthals verlachen. Merkten sie aber, dass ich es ernst meine, würden sie mich für wahnsinnig halten und achtkantig aus der Firma schmeißen. Lindys Erfindung sparte im Zeichen des Steinadlers gleich mehrere Soldatenfriedhöfe. Truman hatte ihn gleich mehrmals geehrt. So jemanden sollen wir beide aufs Korn nehmen? Ich hoffe, dir ist klar, dass der Ärger ganz nah ist, Ed?“

„Nun auch im Boot, Gass?“

„Wir beide hätten heute Abend auch zum Billard gehen können, Ed. Allerdings, Lindy dingfest zu machen, könnte sich als verzwickt herausstellen. Die Jungs vom FBI möchten ihn zwar festnehmen und stolz seinen Skalp in die Linse halten, scheuen aber Mühen, ihn aufs Kreuz zu legen. Sie denken sich stattdessen, lass lieber erst mal die gehasste CIA nach der Nadel im Heuhaufen suchen. Zugreifen aber tun die nicht, sondern wir!“

„Soweit war ich auch schon! So ‘ne Art, ihr inspiziert, wir greifen zu, nicht?“

„Wenn dieses geheime Netzwerk von roten Weltverbesserern ausgerechnet in der Bar in Manhattan ihren Lavaplausch organisierte und Lindy einlud, ist der Mann für uns äußerst interessant.“

„Genau, das denke ich auch! Lüften wir erst mal staatsfeindliches Engagement Lindys.“

„Wir müssen aber äußerst geschickt vorgehen. Wenn wir zu Lindy hinfahren und ihm unsere Dienstmarken vor die Nase halte, macht der gleich die Schotten dicht. Wir müssen uns ihm vorsichtig nähern und sollten daher kein Risiko eingehen.“

„Gut, dass er noch nichts von uns weiß! Überraschungseffekt: Soll Lindy staunen, dass die CIA an ihm dran ist, desto eher bringen wir ihn aus der Reserve.“

„Wie auch immer, wir sollten keine Zeit verlieren? Wir sollten Lindy, so schnell wie möglich kontaktieren und ihm Feuer unterm Hintern machen.“

Hawknight grinste leicht über die Reaktion seines Kollegen.

„Als ich vorhin Lindys Namen in unsere Registratur las, ließ ich mir die wenigen Aufzeichnungen kommen, die wir über ihn rückwirkend aufbewahren. Weiße Weste! Von der OSS, unserem Vorgängerdienst also, ein paar Mal sicherheitsüberwacht. Sonst nur einige, für uns unbedeutende Vermerke. Geburt im Deutschen Reich, Einwanderung in die USA zu Beginn der Zwanziger, Vater, Scharfschütze im Ersten Weltkrieg, gesiedelt in Wisconsin, die Familie wohnte in den Zwanzigern bei Chicago, beide Elternteile tot! Ach, da stand noch, dass Lindy noch eine jüngere Schwester hat.“

„Das bringt doch nichts – Registratur? Akten anlegen und vergessen, damit unsere Nachfolger trübe Informationen nachschlagen können. Lass’ uns in den nächsten Tagen zu Lindy hinfahren und ihm direkt auf den Zahn fühlen. Lindy soll merken, dass wir an ihm dran sind und was von ihm wollen. Unterbreiten wir ihm ein Angebot: Er kooperiert mit uns und hat nichts mehr zu fürchten, von uns jedenfalls. So ein V-Mann in der roten Szene Amerikas wäre, wofür wir jahrelang gearbeitet haben – Spitze! Wir melden uns als Inspektoren des Verteidigungsministeriums direkt bei ihm am Arbeitsplatz an. Das klingt unverdächtig und wird auch keinen Pförtner nervös machen, wenn zwei Staatsbeamte durchs Werkstor fahren.“

„Es ginge kaum anders. Wo kreiert Lindy seine Ingenieurskünste denn genau?“

„Boston ist riesig.“

Postwendend griff Engelheim zum Telefonhörer und befehligte, nach Wartezeit, in die Telefonhörer, das Unternehmen und Arbeitsort von James Lindy herauszufinden.

Etwa eine Viertelstunde später polterte etwas durch einen Schacht – eine Rohrpost. Engelheim öffnete den hoch geflitzten Rohrpostcontainer und zog einen hellblauen Zettel heraus, las laut vor: „Amour & Strike, Unternehmen in einem Vorort von Boston, Massachusetts.“

Nach kurzem Pfiff wiederholte Engelheim: „Boston, Massachusetts, mach‘ dich also auf etwas gefasst, Ed. Einige Stunden Autofahrt müssen wir schon nebeneinander erdulden, bis wir auf Lindys Firmenparkplatz auffahren werden.“

„Können wir Lindy nicht ins frühlingshafte Virginia einladen? Vielleicht tagen ja in der Nähe einige Kommunisten in der Nähe.“

„Das buche ich als Scherz, Ed.

„Hm, außergewöhnlicher Fall, außergewöhnliche Methodik! Der Überraschungseffekt wird unser Trumpf sein, du wirst schon sehen! Bei Lindy soll es richtig rumsen, wenn wir ihn aufsuchen und ihn mit seinen extravaganten Ambitionen ins Rote, diesmal ohne Licht, konfrontieren.“

„Lippen sind bei Gefahr im Verzug am löslichsten, lehrt die Praxis.“

„Ob auch bei einem Ingenieur, der einiges auf dem Kerbholz hat, wir werden sehen.“

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