Читать книгу Vertragsmanagement im Projektgeschäft - Ralf Budde - Страница 16
Interpretation des Vertrages in den Vereinigten Staaten
ОглавлениеEin amerikanischer Richter besitzt weitergehende Ermessensfreiheiten als z.B. ein deutscher Richter. Salopp formuliert könnte man sagen, dass die Methode nicht dem Recht folgt, sondern das Recht der Methode. Im Allgemeinen haben sich fünf Regeln etabliert:
Regel 1: Die eindeutige Bedeutung
Wie bei kontinentalen Recht ist die Interpretation eindeutiger Texte untersagt. Dieser Ansatz wird allerdings in letzter Zeit immer häufiger mit dem Hinweis in Frage gestellt, dass es niemals eine absolut eindeutige Definition gibt. Um sonstige Dokumente auszuschließen, besitzen diese Verträge eine „Entire Agreement“ Klausel.
Regel 2: Interpretation auf Basis der Absichten der Parteien
Es wird davon ausgegangen, dass die Parteien die Vereinbarung mit guten Absichten und nicht unter Verwendung von Tricks, Geheimnissen, etc. schließen wollten.
Die Interpretation soll ein zulässiges Ergebnis bringen, dass nicht gegen geltendes Recht verstößt
Die Interpretation soll ein absurdes Ergebnis vermeiden
Die Interpretation soll unnötige Härten vermeiden
Regel 3: Interpretation von Worten
Bei der Interpretation von Worten gilt der Grundsatz, dass die Bedeutung der fraglichen Begriffe dem üblichen Verständnis und Interpretation einer „normalen“ Person entspricht. Sofern es sich um technische Fachbegriffe handelt, wird die übliche Interpretation innerhalb dieses Industriebereiches gewählt.
Regel 4: Der Vertrag als Ganzes wird herangezogen
Bei der Interpretation der strittigen Aussagen wird der Vertrag als Ganzes als Grundlage verwendet.
Regel 5: Die Interpretation berücksichtigt die Geschäftsbeziehung
In diesem Fall werden frühere Geschäftsbeziehungen derselben oder ähnlichen Art zwischen den Parteien zu Rate gezogen. Als Grundlage dienen alte Verträge, übliche Handelspraktiken, der Vertragszweck, Marktbedingungen zum Zeitpunkt der Unterschrift, usw. Diese Regel entspricht nicht der Regel nach deutschem Recht, auch historische Dokumente zur Urteilsfindung heranzuziehen.
Grundsätzlich gilt die Regel, dass nur der Vertrag die Absichten der Parteien beschreibt. Frühere oder sonstige Dokumente spielen dabei keine Rolle. Dieses Prinzip wird auch die "Parol Evidence Rule" genannt. Da es zum Teil Vorfälle gegeben hat, bei denen Dokumente außerhalb des Vertrages zur Urteilsfindung herangezogen wurden, ist man im Allgemeinen dazu übergegangen, einen speziellen Absatz in den Verträgen aufzunehmen, der sonstige Dokumente ausdrücklich ausschließt (Entire Agreement).