Читать книгу Vertragsmanagement im Projektgeschäft - Ralf Budde - Страница 5
2. Vertrag und Gesetz
ОглавлениеDie Verfassung eines Landes regelt die Prinzipien nach denen ein Land regiert wird (Grundgesetz / constitutional law). Als Erweiterung zu der Verfassung existieren Gesetze. Die Gesetzgebung untergliedert sich in zwei Bereiche:
die Regelung der Rechte und Pflichten zwischen Bürgern und dem Staat, auch öffentliches Recht genannt
und dem privaten Recht, welches die Vertragsfreiheit zwischen den Bürgern eines Landes regelt.
Die Regeln des privaten Rechts in Deutschland sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) definiert. Verträge, die zwischen Firmen, Personen oder Gruppen geschlossen werden, beziehen sich in Deutschland auf das BGB. Diese Regeln werden durch diverse Gesetze, z.B. Handels Gesetz Buch, ergänzt.
Geschäftsbeziehungen werden regelmäßig anhand von schriftlichen Verträgen geregelt. Der mündliche Vertrag ist zwar genauso gültig, doch im Streitfall besitzt ein schriftlicher Vertrag den Vorteil, dass er beweisbar ist. Verträge, die ganz oder teilweise gegen Bestimmungen der Verfassung, des öffentlichen Rechtes oder Gesetze verstoßen, sind rechtswidrig. Der betroffene Teil des Vertrages ist nicht gerichtlich durchsetzbar. Verträge haben den Zweck, die gegenseitigen Lieferungen und Leistungen einer Geschäftsbeziehung nachweisbar festzuschreiben. Weiter gibt es die Möglichkeit, in den Verträgen festzuschreiben, wie bei einer Abweichung oder Störung von den geplanten Spezifikationen, Leistungen, Terminen, etc. verfahren wird. Die übliche Vorgehensweise bei einer Vertragsstörung ist die, dass zuerst geprüft wird, welche Aussage der Vertrag zu der weiteren Vorgehensweise trifft. Schweigt der Vertrag zu dem Sachverhalt, so tritt automatisch das den Vertrag umgebende Gesetz in Kraft. Nationales Recht ist somit indirekt in den Vertrag eingebunden. Deshalb ist die Einigung auf ein nationales Vertragsrecht ein wichtiger und wesentlicher Punkt zur Abgrenzung der Risiken wie sie bei einer Streitigkeit über die Auslegung des Vertrages entstehen können.
Vertragsfreiheit bedeutet, dass die Vertragsparteien sich weitestgehend frei entscheiden und einigen können, welche vertraglichen Pflichten und Bindungen eingegangen werden sollen. Solange keine Verstöße gegen öffentliches Recht oder die Verfassung vorliegen und die Auswirkung der Vertragsvereinbarung sich nur auf die beiden Parteien beziehen, gibt es grundsätzlich keine Beschränkung der Vertragsfreiheit. Grenzen zeigen sich immer dann, wenn versucht wird, eine strittige vertragliche Vereinbarung durch einen Richterspruch durchzusetzen. So gibt es Präzedenzfälle, bei denen Gerichte sich weigern, bestimmte vertragliche Vereinbarungen anzuerkennen. Dies gilt z.B. für vereinbarte Vertragsstrafen bei angloamerikanischem Recht. Ebenso sind bestimmte Verträge an Formvorschriften gebunden, die für den Fall, dass sie nicht befolgt wurden, die Gültigkeit des Vertrages an sich in Frage stellen. In Deutschland handelt es sich dabei z.B. um Eintragungen ins Grundbuch bei Grundstücken. Ebenso gibt es in der nationalen Gesetzgebung zwingende Gesetze, die nicht durch privates Recht ersetzt werden können. Dazu zählen unter anderem die Gesetze im Zusammenhang mit dem Steuerrecht und Aussenwirtschaftsrecht. Im Gegensatz zum Privatrecht können die Bestimmungen des öffentlichen Rechts nicht durch vertragliche Vereinbarungen zwischen den Parteien ersetzt werden. Gerade bei internationalen Verträgen spielt daher die Wahl des Vertragsrechtes eine bedeutende Rolle. Interessant werden diese Fälle immer dann, wenn es zum Streit zwischen den Parteien über die Auslegung des Vertrages kommt und ein Gericht angerufen wird.
Sofern die Parteien sich nicht gütlich einigen können, versucht zumeist die fordernde Partei ihr Recht an Hand der gesetzlichen Bestimmungen durchzusetzen. Auch wenn z.B. eine Vertragsstrafe nach Common Law nicht durchsetzbar wäre, da ein Richter eine Strafe in einem Vertrag ablehnt, so hat unabhängig davon der geschädigte Vertragsnehmer das Recht, den ihm entstandenen und nachgewiesenen Schaden vor Gericht einzufordern. Um diese Einschränkung zu umgehen, sind in einigen anglikanischen Verträgen die Vertragsstrafen als Bonus Prämien implizit erfasst. Eine termingerechte Fertigstellung bedeutet die Zahlung des vereinbarten Preises inklusive der Bonusregelung. Wenn die Fertigstellung über den vereinbarten Termin hinausgeht, entfällt der Bonus, was einer Vertragsstrafe gleichkommt.
Das Rechtssystem in Europa basiert auf einer 3000 Jahre alten Tradition. Rechtssysteme wurden geschaffen, um Ungerechtigkeiten zu vermeiden. Ein leichtfertiges, betrügerisches oder laxes Umgehen mit einem geschlossenen Vertrag gilt hier als unehrenhaft. Im Gegensatz zu der uns bekannten historischen Entwicklung, wurden Gesetze gerade in asiatischen Ländern, maßgeblich als Mittel zur Unterdrückung der einfachen Bevölkerung genutzt. Traditionell galten die Gesetze somit nur für den einfachen Bürger, wohingegen die jeweilige Herrscher-Kaste diese Gesetze nicht zu befolgte. Diese, in Europa tief verwurzelte Erwartung an das Rechtssystem, steht in vielen asiatischen Ländern keine gleichwertige Erwartung und Verständnis gegenüber. Jeder, der Verträge mit kulturell stark unterschiedlichen Ländern schließen möchte, sollte sich dieser Randbedingungen bewusst sein. Viele westlich orientierte Firmen haben die schmerzhafte Erfahrung machen müssen, dass einige Kulturen ein hohes Maß an Kreativität und (nach unserem Empfinden) Skrupellosigkeit besitzen, Verträge zu ihren Gunsten zu interpretieren. Fragen zum ausländischen Recht beantworten die jeweiligen deutschen Auslandshandelskammern (http://www.ahk.de).