Читать книгу Die Stadt unter dem Land - Ralph G. Kretschmann - Страница 6

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Regentropfen rannen an den Scheiben herab, aus denen Kriminalhauptkommissar Wilkens gelangweilt auf den Bruno-Georges-Platz hinuntersah. Sie hatten ihn nach dem glänzenden Erfolg bei seinem letzten Fall zum Kriminalhauptkommissar gemacht. Tolle Wurst, hatte er gedacht, aber schön brav gelächelt, als man ihm die frohe Botschaft überbracht hatte. Und mehr Geld bekam er auch. Mehr Geld! Was nutzten ihm diese paar Euro mehr? Das meiste davon ging doch an seine Ex. Natürlich hatte der Anwalt seiner Geschiedenen sofort nach mehr Kohle für die elende Schlampe gegiert. Wilkens betrachtete es als seinen größten Fehler, dass er damals auf die strammen Titten dieser Wasserstoffperoxidblondine hereingefallen und ihrem Betteln nach Eheschließung nachgekommen war. Kaum waren sie verheiratet gewesen, hatte sie angefangen, Ansprüche zu stellen, und mit den ehelichen Pflichten war es auch nicht weit her gewesen. Wenn überhaupt, dann hatte sie lustlos dagelegen. Seinen Spaß hatte er mit ihr nicht finden können. Dafür hatte er andere Damen bezahlen müssen, die wenigstens ehrlich genug gewesen waren, zuzugeben, dass sie die Beine nur gegen Bares breitmachten.

Wilkens seufzte und ließ seinen schweren Körper auf den gebrechlichen Schreibtischstuhl fallen. Der Kaffee war kalt, und er durfte in seinem Büro noch nicht einmal rauchen. Und die Fenster ließen sich nicht öffnen, um im Geheimen eine zu qualmen.

Neben dem Computerbildschirm auf seinem Schreibtisch stapelte sich ein Berg von unbearbeiteten Akten. Wilkens verspürte keinen Antrieb, den Berg zu verkleinern. Raub, Diebstahl, Körperverletzung. Langeweile zwischen Aktendeckeln. Und auf dem Bildschirm sah es auch nicht besser aus.

Wilkens klickte die offenen Dokumente weg und suchte nach dem Ordner mit der Bezeichnung „Lockmann1401“. Das war seine Chance gewesen, und er hatte sie versaut. Er hatte einen Schatz vor der Nase gehabt und ihn sich durch die Lappen gehen lassen. Lockmann, der mit bürgerlichem Namen Ganzau hieß, saß nun im Gefängnis, mitsamt seinem Rollstuhl. Hatte versucht, Haftverschonung zu bekommen, aber bei all den Toten, die es gegeben hatte, waren jedes Bitten und Betteln und die Eingaben seiner Anwälte vergebens gewesen.

Wilkens starrte auf die Seiten, die er herunter scrollen ließ. Lockmanns Unterlagen, die die Staatsanwaltschaft hatte beschlagnahmen lassen. Oder besser gesagt, die von Professor Doktor Ganzau. Häftling Ganzau … Wilkens lachte trocken in sich hinein. Dem nutzte sein ganzes Geld nun auch nichts mehr.

Außer diesen elektronischen Beweismitteln gab es noch einen Pappkarton mit Unterlagen, den sie in Ganzaus Villa gefunden hatten. Darin lagen weitere Beweismittel, die aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen der Staatsanwaltschaft verwehrt worden waren. Wilkens war das erst aufgefallen, als das Verfahren gelaufen war, und er war viel zu lethargisch gewesen, um das Zeug noch nachzureichen. Die hatten genug gehabt, um diesen Professor Doktor zu verknacken. Was sollte es also?

Allerdings … wenn einer seiner dienstbeflissenen Kollegen den Pappkarton aufmachen und erkennen würde, was darin war, würde das Ärger bedeuten. Kein erfreulicher Gedanke. Wilkens beschloss, diese blöde Kiste unauffällig zu entsorgen.

Die Stadt unter dem Land

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