Читать книгу Eugenio Pacelli im Spiegel der Bischofseinsetzungen in Deutschland von 1919 bis 1939 - Raphael Hülsbömer - Страница 32
Оглавление„In der Ernennung der Erzbischöfe und Bischöfe hat der H[eilige] Stuhl volle Freiheit. Bei Erledigung eines erzbischöflichen oder bischöflichen Sitzes wird das beteiligte Kapitel dem H[eiligen] Stuhle unmittelbar eine Liste von Kandidaten unterbreiten, die für das bischöfliche Amt würdig und für die Leitung der erledigten Diözese geeignet sind; unter diesen wie auch unter den von den bayerischen Bischöfen und Kapiteln je in ihren entsprechenden Triennallisten Bezeichneten behält sich der H[eilige] Stuhl freie Auswahl vor. Vor der Publikation der Bulle wird dieser in offiziöser Weise mit der Bayerischen Regierung in Verbindung treten, um sich zu versichern, dass gegen den Kandidaten Erinnerungen politischer Natur nicht obwalten.“344
Widerstand und Annahme des neuen Konkordats
Wie erwartet schlug dem Kirchenvertrag in der Öffentlichkeit und bei den Oppositionsparteien im bayerischen Parlament heftiger Widerstand entgegen.345 Die Kritik letzterer konnte Pacelli gut verstehen – wie er am Jahresende an Gasparri schrieb –, denn für die SPD, KPD, die völkischen Parteien und so weiter stürze mit dem Konkordat ihr komplettes liberales und sozialistisches Schulkonzept ein.346 Schlimmer sei aber, dass die Fraktion der DNVP, die ursprünglich ihre – notwendige – Zustimmung zum Konkordatsprojekt versprochen habe, anfange zu zaudern und restriktive Änderungen am Text zu verlangen, die für Pacelli völlig außer Frage standen. Die parlamentarische Hürde des Vertrags musste erst noch genommen werden und schien keinesfalls ein Selbstläufer zu werden. Die Reihe der Gegner war sogar noch größer. Aus Pacellis Charakterisierung dieser Gruppe lässt sich deutlich seine Sorge heraushören, dass der Kirchenvertrag kurz vor dem Ziel noch scheitern könnte:
„Für die fanatischen Protestanten, die zum ‚Evangelischen Bund‘ gehören, ist der Hass gegen die katholische Kirche und vor allem gegen Rom derart, dass sie es vorziehen, lieber ihre eigenen Interessen zu opfern, als Ihr Vorteile zuzugestehen.347 Einer der ‚Hohen Tiere‘ der sogenannten evangelischen Kirche, der Herr [Wilhelm, R.H.] Baron von Pechmann, der auch als moderater Mann gilt, hat dem Herrn Kultusminister bezüglich des Konkordats gesagt (wie dieser mir wiederholt hat), dass die Macht Roms wieder so groß sei wie zu den Zeiten Innozenz’ III. und Bonifaz’ VIII.; das schürt natürlich Schatten und Misstrauen bei den Protestanten. Mit der akribischen Pedanterie, die den Deutschen eigentümlich ist, zugespitzt mit einer antikatholischen Leidenschaft, ist der Text des Konkordats seziert, analysiert, in jedem seiner Glieder und jeder seiner Fasern untersucht worden, um Material zum Widerstand zu finden; die vorgebrachten ausgeklügelten Interpretationen sind übertrieben oder unfundiert … Die liberalen Meister des Bayerischen Lehrervereins haben mit polternden Versammlungen und heftigen Tagesordnungen die öffentliche Meinung aufgepeitscht; die Professoren der Universitäten haben dem Kampf das Gewicht ihrer angeblichen Wissenschaft beigefügt. Die Situation ist allmählich extrem kritisch geworden …“348
Bestätigt fühlen konnte sich der Nuntius allerdings bei seiner Beobachtung, dass bei aller intensiven Kritik am Konkordat jedoch von niemandem das Bischofswahlrecht der Domkapitel eingefordert worden sei, obwohl man dieses während der Verhandlungen mehrfach als wesentlich für die Annahme des Vertrags im Landtag deklariert habe. Bekanntlich konnte schließlich die notwendige Mehrheit im bayerischen Parlament für das Konkordat gewonnen werden, gerade dadurch, dass es gemeinsam mit den Verträgen zwischen Bayern und der evangelisch-lutherischen Kirche sowie der pfälzischen Landeskirche zum Staatsgesetz erhoben wurde.
Die Ausarbeitung des Triennallistenverfahrens
Nachdem am 15. Januar 1925 das Mantelgesetz mit dem neuen Konkordat vom bayerischen Parlament verabschiedet worden war,349 beauftragte Gasparri den Nuntius bei einem Rombesuch, „einen Regelentwurf oder ein Dekret für die Ausführung des genannten Paragraphen [sc. Art. 14, § 1 des Konkordats, R.H.] vorzubereiten“350. Dies bezog sich konkret auf drei Punkte: 1. die Triennallisten der bayerischen Bischöfe, 2. die Triennallisten der Domkapitel und 3. die Vorschlagsliste des Domkapitels der jeweils vakant gewordenen Diözese. Deshalb fertigte Pacelli drei unterschiedliche Dokumente an, für jeden Punkt ein eigenes, um so möglichste Klarheit zu erreichen. Es existierten also nicht nur zwei Dokumente, wie Thomas Forstner in seinem Aufsatz über die Besetzung der bayerischen Bischofsstühle vermutet, sondern drei.351 Am 16. April übersandte Pacelli seine drei Entwürfe nach Rom.352 In ihnen war der Ablauf zur Aufstellung der jeweiligen Kandidatenliste genauestens geregelt, angefangen vom erforderlichen Profil der zu wählenden Kandidaten über den genauen Ablauf der Wahlversammlung und des Wahlverlaufs bis hin zum Umgang mit den geheimen Wahlunterlagen. Dem Anforderungskatalog für einen episkopablen Kandidaten gab Pacelli folgende standardisierte Fassung: