Читать книгу Eugenio Pacelli im Spiegel der Bischofseinsetzungen in Deutschland von 1919 bis 1939 - Raphael Hülsbömer - Страница 33

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„Die Kandidaten müssen reifen Alters, aber nicht zu weit vorgerückt sein; ausgestattet mit Klugheit im Umgang mit den Umständen, die aus der Ausübung ihrer bisherigen Tätigkeiten erwiesen worden ist; mit gesündester und nicht gewöhnlicher Lehre ausgerüstet, und diese verbunden mit der geschuldeten Ergebenheit gegenüber dem Heiligen Stuhl; im höchsten Grad aber hervorragend in der Ehrbarkeit des Lebens und der Frömmigkeit. Zu achten ist überdies auf die Geschicklichkeit der Kandidaten in der Verwaltung der weltlichen Güter, auf ihre familiären Verhältnisse, auf Charakter und Gesundheit. Mit einem Wort, es ist zu sehen, ob sie in allen diesen Qualitäten erblühen, die für einen sehr guten Hirten erforderlich sind, um imstande zu sein, fruchtbar und erbaulich das Volk Gottes zu leiten.“353

Den beiden Dekreten, die für die Domkapitel bestimmt waren, fügte er einen weiteren, für sich sprechenden Passus hinzu: „Nichts aber steht entgegen, dass Priester auch aus einer anderen Diözese entweder Bayerns oder des übrigen Deutschland vorgeschlagen werden, auch wenn sie außerhalb der Grenzen Bayerns oder Deutschlands leben. Niemand kann sich selbst vorschlagen.“354 In den Vorschriften für die Domherren legte Pacelli besonderen Wert auf die Diskretion des Verfahrens355 und ein Vorschlagslimit der einzelnen Kanoniker.356

Gasparri leitete Pacellis Entwürfe zur Prüfung an die Konsistorialkongregation weiter, die „erfahrener in dieser Angelegenheit“357 sei. Sekretär De Lai bearbeitete die Dokumente bis Mitte Mai und urteilte, „dass sie in höchster Weise gut sind, insbesondere da sie sich auf ähnliche Dekrete stützen, die schon von der Vollversammlung dieser heiligen Kongregation approbiert wurden“358. Tatsächlich war es Pacellis Anliegen gewesen, auf Erlasse zurückzugreifen, welche die Konsistorialkongregation seit 1916 bereits für andere Staaten promulgiert hatte.359 Trotz seiner positiven Bewertung votierte De Lai dafür, streng vertraulich gemäß der herkömmlichen Praxis die bayerischen Bischöfe nach ihrer Ansicht zu den Dekreten zu befragen, bevor man diese zur Ausführung bringe.

Auf Anweisung Pius’ XI.360 trug Gasparri dem Nuntius diese vertrauliche Befragung des Episkopats auf.361 Pacelli war allerdings soeben in Begriff – auf römische Anordnung – seine Residenz von München nach Berlin zu verlegen. Er war bereits seit fünf Jahren Nuntius für das Deutsche Reich und nachdem das Bayernkonkordat abgeschlossen war, gab es keinen triftigen Grund mehr gegen eine Übersiedlung in die Reichshauptstadt. Diese erfolgte am 18. August, ganze neun Tage nach Gasparris Auftrag. So kurz vor seiner Abreise könne er diesen leider nicht mehr ausführen, schrieb Pacelli am 13. des Monats dem Kardinalstaatssekretär zurück.362 Zudem schien er unzufrieden, dass den Bischöfen seine Entwürfe zur Verbesserung vorgelegt werden sollten.363 Stattdessen schlug er vor, seinen Nachfolger mit dieser Aufgabe zu betrauen, den bisherigen Gesandten in Argentinien, Alberto Vassallo di Torregrossa, der Ende August die Amtsgeschäfte der Münchener Nuntiatur übernahm.364 Da Gasparri mit dieser Lösung einverstanden war, erteilte er Vassallo die entsprechende Order.365 So ganz traute der Kardinalstaatssekretär dem neuen päpstlichen Gesandten die Aufgabe jedoch nicht zu, denn er riet ihm, sich mit Pacelli über die bestmögliche Lösung der Angelegenheit zu verständigen. Folgsam wandte Vassallo sich an Pacelli, holte sich Ratschläge ein366 und verfasste unter dem Datum des 30. September ein Zirkularschreiben an den bayerischen Episkopat, dem er jeweils ein Exemplar der drei Dekrete beifügte.367 Den kompletten Oktober über liefen nach und nach die Antwortschreiben der Bischöfe in der Münchener Nuntiatur ein. Sie waren mit dem von Pacelli entworfenen Verfahren sehr zufrieden, wobei einige Oberhirten geringfügige Änderungen wünschten.368 Unter Einbezug dieser Rückmeldungen wurden Pacellis Dekrete schließlich am 25. Februar 1926 von der Congregatio plenaria der AES diskutiert und angenommen.369 Pius XI. approbierte sie Mitte März und entschied außerdem, dass sie geheim bleiben und nicht im Amtsblatt des Heiligen Stuhls publiziert werden sollten.370 Damit folgte er der Auffassung, für die Pacelli nachdrücklich eingetreten war.371

Am 9. April des Jahres übersandte Gasparri dem neuen bayerischen Nuntius einen Stapel von fertigen Exemplaren der Dekrete und gab ihm die Anweisung, diese zu bestätigen, wie wenn es gewöhnliche Dekrete der Nuntiatur wären.372 Nicht eine römische Kongregation sollte also als Gesetzgeber auftreten, sondern die Nuntiatur als gewissermaßen „lokale“ Instanz. Dies war der Grund, dass die Dekrete schließlich auf den 4. April 1926 datierten, das Siegel der Münchener Nuntiatur und die Unterschrift Vassallos trugen. Letzterer erhielt darüber hinaus den Auftrag, je zwei Exemplare jedes Dekrets an die bayerischen Ordinarien zu schicken. Für die folgenden bayerischen Besetzungsfälle sollten sie normativ werden.373

Die Zusammenkünfte der Bischöfe und Domherren zur Aufstellung der Triennallisten sollten gemäß den Dekreten alle drei Jahre jeweils um Ostern herum stattfinden.374 Da dieser Zeitraum im Jahr 1926 mittlerweile verstrichen war, erlaubte der Kardinalstaatssekretär, die Versammlungen in der Pfingstzeit abzuhalten. Alle Anordnungen führte Vassallo mit einem Zirkularschreiben an den bayerischen Episkopat am 19. April aus.375 Da die Bischöfe jedoch um Pfingsten herum allesamt auf Firmreise waren, gab es für sie keine Möglichkeit, sich zusammenzufinden und Kandidatenvorschläge für die erste Triennalliste aufzustellen. Daran hatte man in Rom nicht gedacht. Deshalb bat der Münchener Nuntius den Kardinalstaatssekretär, dass der Episkopat die diesjährige Liste erst auf der Septemberkonferenz in Freising aufstellen dürfe, was Gasparri gewährte.376 Damit waren schließlich alle Hindernisse aus dem Weg geräumt und alle Voraussetzungen erfüllt, dass der Artikel 14 § 1 des bayerischen Konkordats bei den künftigen Sedisvakanzen in Bayern Anwendung finden konnte. Die ersten Triennallisten wurden von Episkopat und Domkapiteln in den folgenden Monaten aufgestellt und sollten bereits 1927 bei der Wiederbesetzung des bischöflichen Stuhls von Regensburg benötigt werden. Die erste Bischofseinsetzung in Bayern erfolgte jedoch vor dem endgültigen Abschluss des Konkordats in Würzburg. Darauf wird der Blick als nächstes zu richten sein.

Eugenio Pacelli im Spiegel der Bischofseinsetzungen in Deutschland von 1919 bis 1939

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