Читать книгу Eugenio Pacelli im Spiegel der Bischofseinsetzungen in Deutschland von 1919 bis 1939 - Raphael Hülsbömer - Страница 21
Die Forderung des Kapitelswahlrechts durch die staatlichen Verhandlungsführer
ОглавлениеAls der Nuntius die neue Formulierung des Artikels 14 § 1 dem Kultusminister am 21. November präsentierte,199 musste er feststellen, dass damit noch keineswegs der endgültige Besetzungsmodus der bischöflichen Stühle gefunden war. Im Gegenteil: Der römische Konkordatsentwurf, den Pacelli Ende September der bayerischen Regierung offiziell unterbreitetet hatte, wurde im Dezember in drei Konferenzen von mehreren Staatsministern, Ministerialbeamten, Abgeordneten der BVP sowie dem bayerischen Vatikangesandten diskutiert.200 Heraus kam eine Gegenüberstellung von römischem Entwurf und staatlichem Gegenvorschlag, wobei letzterer hinsichtlich der Bischofsbestellung weit hinter das zurückfiel, was Pacelli Ende Oktober mündlich von Matt erreicht hatte:
„Die Besetzung der erzbischöflichen und bischöflichen Stühle erfolgt durch Wahl der Domkapitel, vorbehaltlich der Bestätigung (Institution) durch den Heiligen Stuhl. Der Heilige Stuhl wird sich vor dieser Bestätigung davon überzeugen, ob bei der bayerischen Staatsregierung gegen den Gewählten keine Bedenken bestehen.“201
Dies war dieselbe Formel, die Matt dem Nuntius am 30. März des Jahres vorgelegt hatte, das gerade skizzierte Gespräch war also reine Makulatur und nur eine Momentaufnahme gewesen. Das staatliche Verhandlungsgremium stellte dem römischen Entwurf zum Verhandlungsauftakt nun seinerseits die Maximalforderung entgegen: das Bischofswahlrecht der Domkapitel und eine politische Klausel, die allgemeine Bedenken gegen den römischen Designierten implizierte, das heißt nicht etwa auf „politische“ Einwände eingeschränkt sein sollte.
Für Pacelli, dem diese Gegenüberstellung am 28. Dezember zuging, wurde vor allem die erneute Wahlforderung zum Problem.202 Er suchte ein Zugeständnis, das er anbieten konnte, um die Wahlforderung abzuwenden. Da kam ihm eine neue Petition der bayerischen Domkapitel recht, welche der Münchener Domdekan Hartl vier Wochen zuvor verfasst hatte.203 Hartl bat den Papst darin im Namen der Domkapitel nicht erneut um das Bischofswahlrecht, sondern darum, an der Kanonikereinsetzung beteiligt zu werden. Nicht zuletzt weil sich auch Matt für dieses Recht stark gemacht hatte, kommentierte Pacelli in seiner Berichterstattung diese Bitte wohlwollend.204 Er empfahl dem Kardinalstaatssekretär, der Supplik nachzugeben, um die Erfolgschancen der Konkordatsverhandlungen zu erhöhen. Außerdem könne die Erlaubnis, alternierend mit den Bischöfen die Domherren zu bestimmen, die Kapitel dafür entschädigen, nicht den eigenen Bischof wählen zu dürfen. Dem Nuntius schwebte also nichts anderes als eine Kompensation vor: