Читать книгу Kuiper und die verschwundene Millionärin - Reinhold Grundguth - Страница 11
Die BV12
ОглавлениеKuiper hatte den Tag im Kopf bereits durchgetaktet. Sein Unterricht ging heute nur bis halb zehn. Danach wollte er diesen Bericht für den Grauen fertig stellen. Um zwölf Uhr gedachte er bei Carla Woker zu sein. Auch wenn das Gespräch zwei Stunden dauern sollte, hätte er noch ausreichend Zeit zum Einkaufen und Kochen.
Im Flur vor dem Lehrerzimmer lief ihm der Graue über den Weg. Kuiper hatte den Verdacht, dass sein trefflicher Schulleiter bereits eine geraume Zeit auf der Lauer gelegen hatte.
„Herr Kuiper, denken Sie an den Bericht.“
„Da denke ich die ganze Zeit dran.“
„Und? Kommen Sie mit Ihren Nachforschungen voran?“
„Die Sache läuft, Herr Schönau. Aber es dürfte schwierig werden.“
In der Tat hatte Kuiper gestern Abend schon mit der Klassenleiterin seiner Parallelklasse, Frau Schmalke-Dieterhoff telefoniert und sie gebeten, sich in ihrer BV11 umzuhören. Er hatte das Gleiche in seiner BV12 vor. Vermutlich zeichnete einer der Schüler aus den Berufsvorbereitungsklassen für das anale Kunstwerk auf der Jungentoilette verantwortlich. Natürlich kamen auch einschlägig bekannte Aspiranten aus anderen Klassen in Betracht. Die Handelsschüler waren schließlich auch nicht ganz ohne. Deswegen hatte er nach dem Gespräch mit Frau Schmalke-Dieterhoff gleich noch zwei andere Kollegen angerufen. Aber die Schüler würden, wie fast immer in solchen Fällen, dicht halten.
Der Graue gab sich mit Kuipers Auskunft zufrieden und fragte lediglich noch, wann er denn mit der Vorlage des Berichts rechnen könne. Kuiper murmelte etwas von halb zwölf.
„Gut. In unserem Schulbetrieb kommt es auf ordnungsgemäße Prozesse an. Das sind wir dem guten Ruf des Rolf-Rumpel-Berufskollegs schuldig. Denken Sie daran - unser Berufskolleg ist eine sehr gut eingeführte Marke.“
Der Graue liebte solche salbungsvollen Einlassungen. Vor allem sprach er gerne von Prozessen. Kuiper hatte dabei immer die Assoziation, dass man irgendwann mal kurzen Prozess mit dem Grauen machen und ihn von seinem Schulleiterposten abziehen müsse. Dank der Gnade des deutschen Berufsbeamtentums war dieses Szenario jedoch mehr als unwahrscheinlich. Die optimale Lösung bestand darin, ihn in eine der Schulaufsichtsbehörden wegzuloben - zur Bezirksregierung oder gar ins Schulministerium. Das wäre eine Win-Win-Situation. Der Graue war scharf auf einen solchen Posten, und sein gesamtes Kollegium würde sich die Hände reiben. Man arbeitete irgendwie gemeinsam an diesem Projekt, ausnahmsweise, im Dienste einer guten Sache. Unter den Spitzenbeamten in den Schulaufsichtsbehörden würde der Graue auch viel weniger auffallen, dort gab es Verhaltensgestörte in überreichem Maße.
Der Graue nickte Kuiper kurz zu und suchte das Weite.
„Du bist auch ´ne Marke“, murmelte Kuiper hinter ihm her. „Rolf-Rumpel-Berufskolleg, was für eine dämliche Bezeichnung!“
Die Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen gingen Ende der 1990er Jahre aus dem Zusammenschluss der beruflichen Schulen und der Kollegschulen hervor. Ihre zentrale Bedeutung liegt in der Kombination von allgemeiner und beruflicher Bildung. Jugendlichen soll eine zeitgleiche Qualifizierung im berufsbildenden und im allgemeinbildenden Bereich ermöglicht werden. Entsprechend groß ist das Spektrum der Abschlüsse, die dort erworben werden können - vom Hauptschulabschluss bis zum Abitur. Danach geht es noch weiter; wer nach seiner Berufsausbildung eine der zahlreichen Fachschulen unter dem Dach der Berufskollegs erfolgreich absolviert, befindet sich auf Bachelor-Niveau.
Mit der Neuerung sollte auch eine veränderte Namensgebung einhergehen. Gab es früher so nüchterne Bezeichnungen wie ‚Kaufmännische Schule der Stadt Neuburg‘ oder ‚Kollegschule Gartenstraße‘, sollten jetzt griffige Namen gewählt werden. Möglichst von Prominenten. Die beruflichen Schulen aus der Tech- nikerecke benannten sich beispielsweise nach Heinrich Hertz oder Georg Simon Ohm, kaufmännische Schulen wählten als Paten Ludwig Erhard oder Walter Eucken. Mitunter wurden jedoch auch lokale Größen als Namensgeber hinzugezogen. So im Fall des Rolf-Rumpel-Berufskollegs
Rolf Rumpel, ein Düsseldorfer Kommunalpolitiker, war vor mehr als fünfzig Jahren gestorben und hatte kaum über seinen Stadtbezirk hinaus Bekanntheit erlangt. Irgendein dienstbeflissener Stadtverordneter hatte ihn wohl für einen guten Paten gehalten und sich durchgesetzt. Die Folge war, dass Kuiper bei der Erwähnung des Namens seiner Schule stets zwei Reaktionen verzeichnete: Erstens: „Rolf - wer?“ und zweitens: ein spöttisches Grinsen.
Kuiper ging ins Lehrerzimmer und holte die Klassenarbeit, die er gestern nach dem Unterricht noch schnell korrigiert hatte, aus seinem Fach, schnappte sich das Klassenbuch der BV12 und schlenderte zum Raum 108. Es war gut, dass dieser Raum im Anbau lag und durch eine schwere Glastüre vom Verwaltungstrakt getrennt wurde. So drang der übliche Lärm, den seine Schüler machten, wenn sie vor der Türe ihres Klassenraumes auf ihre Lehrer warteten, nicht bis zum Grauen durch. Der hätte nämlich dann noch mehr Vorträge über ‚pädagogisches Geschick im Umgang mit lernschwachen und verhaltensauffälligen Schülerinnen und Schülern‘ gehalten, den er ohnehin häufiger von sich gab, als es seinem Kollegium lieb sein konnte. Ausgerechnet Schönau, der sich für seine vier mageren Stunden, die er als Stundendeputat abzuleisten hatte, stets die pflegeleichten Klassen mit handverlesenen Auszubildenden großer Betriebe auszusuchen pflegte, spielte sich gerne als Hüter der wahren Pädagogik auf.
„Kriegen wir die Arbeit zurück, Herr Kuiper?“, blökte Raphael, der anerkanntermaßen dämlichste Schüler des Ensembles. Wobei er den Namen seines Klassenlehrers wie Ku-iper aussprach. Das machte er immer. Anfangs hatte Kuiper es noch verbessert, danach hatte er es mit einer Retourkutsche versucht, indem er seinem Musterschüler mit Rap-Häl antwortete. Inzwischen überhörte er den Fauxpas, in der Hoffnung, Raphael würde irgendwann der Sache überdrüssig. Der Junge hatte sich bislang jedoch als erstaunlich hartnäckig erwiesen.
„Kommt rein!“, sagte Kuiper und schloss die Türe auf. Das übliche Gepolter und Geraufe begann, bis alle Schülerinnen und Schüler ihre Plätze eingenommen hatten und an ihren Tischen saßen. Zuvor hatten sie ihre Smartphones in die große Kiste auf dem Lehrerpult gelegt. Natürlich nur unter großem Protest und heftigen Verwünschungen. Das Ganze hatte zehn Minuten gedauert. ‚Nicht schlecht‘, dachte Kuiper und machte sich daran, die Anwesenheit zu kontrollieren. Er zählte fünfzehn Teilnehmer. Eine Quote von fast vierzig Prozent. Auch nicht schlecht. Vier bis fünf Schüler würden gewiss noch verspätet erscheinen, von denen wären dann mindestens drei wiederholt zu spät und damit reif für den Trainingsraum.
Der Trainingsraum war vor einigen Jahren eingerichtet worden. Schüler, die sich durch wiederholte Unpünktlichkeit und übermäßige Renitenz auszeichneten, wurden dort geparkt. Sie bekamen dann einen Zettel in die Hand gedrückt, auf dem sie Gedanken zu ihrem Fehlverhalten notieren sollten. Die Ergebnisse dieses Schreibprozesses bestachen durch Originalität in der Gedankenführung sowie durch konsequente Missachtung jeglicher Rechtschreib- und Zeichensetzungsregeln. Kuiper hatte schon mehr als ein Mal überlegt, bei einem Verlag für satirische Bücher nachzufragen, ob Interesse an diesen Produkten bestehe.
„Hört mal zu“, meldete er sich jetzt mit lauter Stimme. Der Lärmpegel sank geringfügig, aber gerade genug, um Kuipers nächsten Worten Gehör zu verschaffen.
„Gestern ist etwas in der Jungentoilette vorgefallen.“
Kuiper schilderte den Vorfall in drastischen Worten, indem er das Wort ‚Exkremente‘ durch einen rustikaleren Begriff ersetzte. Mitten in seine Ausführungen platzte Jussef, einer der notorischen Zu-spät-Kommer, hinein.
„Du brauchst dich erst gar nicht zu setzen“, rief Kuiper, als Jussef unter dem wohlwollenden Beifall seiner Klassenkameraden auf seinen Platz zusteuerte. „Ab in den Trainingsraum mit dir!“
„Eh, Herr Kuiper, Mann, isch bin doch nur zehn Minuten zu schpät“, murrte Jussef.
„Fünfzehn Minuten. Und zum dritten Mal hintereinander. Ab in den Trainingsraum!“
„Eh, isch hatte Pesch, isch schwör, Herr Kuiper! Scheiß Straßenbahn. Kann isch Schein von Verkehrswerke besorgen.“
„Ab in den Trainingsraum.“
Kuiper spielte ‚kaputte Platte‘. Auf einer Weiterbildung hatte man ihm klar gemacht, dass man sich bei solchen Unterrichtsstörungen auf keinen Fall auf Diskussionen mit Schülern einlassen durfte. Man musste nur immer wieder sein Anliegen vorbringen. Notfalls zwanzig Mal hintereinander. Jussef kapitulierte bei Nummer sechs. Er verließ unter wüsten Flüchen den Klassenraum.
„In spätestens einer Minute meldest du dich unten“, rief Kuiper hinter ihm her und schwenkte drohend sein Smartphone. „Ich gebe der Aufsicht jetzt per WhatsApp durch, dass ich dich schicke.“
Dieses hochmoderne Verfahren hatte das Kollegium eingeführt, nachdem ein Schüler auf dem Weg zum Trainingsraum noch kurz zur Toilette gegangen war - nicht, um seine Notdurft zu verrichten, sondern zwecks Demontage eines Waschbeckens. Durch die sofortige Benachrichtigung der Aufsicht im Trainingsraum wurde das Problem zwar nicht wirklich gelöst, die Hemmschwelle sank jedoch; die betroffenen Schüler gingen jetzt meist nach unten, ohne einen Zwischenstopp mit Sachbeschädigung einzulegen.
Nachdem Jussef die Tür hinter sich zugeknallt hatte, verteilte Kuiper die Arbeiten. Trotz warmherziger Korrektur war das Klassenergebnis mit einem Durchschnitt von Vier-Komma-Fünf mehr als bescheiden. Kuiper wusste auch, dass eine Besprechung der Aufgaben im Klassenverband zwecklos war. Er hatte daher eine Musterlösung kopiert und mit ausgeteilt. Nur drei Teilnehmer, zwei Mädchen und ein Junge, der von seinen Mitschülern als Weichei angesehen wurde, beschäftigten sich damit. Es gab sogar zwei Verständnisfragen, die Kuiper im persönlichen Gespräch mit den Fragestellern klärte, während die restlichen Klausuren samt Musterlösung in Taschen und Täschchen gestopft wurden.
Anschließend fuhr Kuiper den Computer am Lehrerpult hoch und drückte den Einschaltknopf des hinter ihm an der Wand befindlichen Smartboards. Diese recht fortschrittlich-modern anmutenden Medien hatte man am Rolf-Rumpel-Berufskolleg im letzten Jahr geradezu flächendeckend in den Klassenräumen installiert. Sie waren auch der Grund dafür, dass man die BV-Schüler keine Minute ohne Aufsicht in den Klassenräumen verweilen lassen durfte.
Der Graue war ganz stolz auf ‚seine‘ Smartboards. „Das öffnet neue pädagogische Horizonte“, pflegte er zu sagen. Neue Medien = guter Unterricht, das war sein schlichtes Credo, beeinflusst von einer Heerschar Lerntheoretiker, die Computertechnik, Internet und Apps als pädagogische Heilsbringer verehrten. Für Kuiper waren Neue Medien hingegen zweckdienliche Hilfsmittel; guter Unterricht wurde seiner Meinung nach primär durch die Persönlichkeit der Lehrkraft bestimmt. Dementsprechend waren ihm die elektronischen Projektionsflächen recht. Sie halfen ihm dabei, seine Gruppe zumindest ansatzweise zu motivieren und anzuleiten. Die Hauptarbeit lag jedoch bei ihm.
„Wir hatten zuletzt über Produktivität gesprochen“, sagte er.
„Ja, wenn die Rockband schneller singt“, rief Jamal.
„Nee, eben nicht. Können die nicht, klingt doch scheiße, du Spast“, sagte Jamals Nachbar und schlug ihm die Kappe vom Kopf.
„Ich glaub‘, ich spinne“, fuhr Kuiper dazwischen. „Heb‘ die Kappe auf“, herrschte er den Übeltäter an. Erneut musste er die kaputte Platte auflegen. Diesmal verhalf sie ihm beim dritten Mal zum Erfolg.
„Wenn das noch mal vorkommt, sammel’ ich die Kappen alle ein“, drohte er.
Eigentlich sah die Hausordnung des Rolf-Rumpel-Berufskolleg ein Kappenverbot im Unterricht vor. Kuiper hatte jedoch, wie so viele seiner Kollegen, keine Lust, unnötige Energie damit zu verschwenden, dass er die Einhaltung dieses Verbotes strikt durchsetzte. Die Sache mit dem Einsammeln der Smartphones war schon nervenaufreibend genug. Angesichts des Vorfalls von vorhin überlegte er jedoch, seine Strategie zu ändern. Er seufzte.
„Schaut euch jetzt diesen Film an“, sagte er.
Der Computer war inzwischen hochgefahren, und Kuiper startete den Film, den er zuvor auf einem USB-Stick gespeichert hatte.
Gezeigt wurden Holzfällerarbeiten. Zunächst alte Aufnahmen in Schwarz-Weiß. Zwei Waldarbeiter mühten sich mit einer großen Säge ab, um einen ziemlich mächtigen Baum zu fällen. Die beiden kamen ganz schön ins Schwitzen. Der Stamm wurde bis knapp zur Hälfte durchgesägt. Dann schnappte sich einer der beiden eine große Axt und hieb mit gewaltigen Schlägen oberhalb der Schnittstelle auf den Stamm ein. Schließlich klaffte im Stamm ein recht großer Spalt. Erneut griffen die Männer zur Säge und setzten ihr Werk auf der anderen Seite des Baumes fort. Plötzlich sprangen sie wie von der Tarantel gestochen zur Seite. Rechtzeitig genug; der Baum fiel mit Karacho um. Schnitt. Gezeigt wurde jetzt ein Mann mit einer modernen Motorsäge. Ohne großen körperlichen Einsatz verrichtete er dieselben Tätigkeiten bei einem ähnlich großen Stamm. Der Baum fiel im Handumdrehen um. Die nächste Szene kam wieder in Schwarz-Weiß. Die altmodischen Holzfäller hatten sich mit Äxten bewaffnet und befreiten den Stamm von seinen Ästen. In der modernen Form übernahm das wieder ein einziger Mann, der mithilfe seiner Motorsäge ruckzuck fertig war. In diesem Stil ging es weiter. Entfernen der Baumrinde durch Schälmesser per Hand; als Kontrast dazu wurde der Stamm durch eine Schälmaschine gejagt, die ihr Werk innerhalb weniger Sekunden verrichtete. Dann wurde gezeigt, wie früher die Stämme durch Pferde aus dem Wald gezogen und mit menschlicher und tierischer Muskelkraft gestapelt wurden. Das übernehmen heute, wie die Schüler sehen konnten, Raupen und schwere Traktoren. Zum Schluss wurden zwei nebeneinander angeordnete Bilder präsentiert. Das linke in Schwarz-Weiß zeigte einen fertig behandelten Baumstamm und daneben die beiden Holzfäller mit ihren Werkzeugen: Säge, Axt, Schälmesser. Im Hintergrund erkannte man einen schweren Ackergaul. Über dem Bild stand: ‚Das schafften die beiden früher mit Hilfe ihres tierischen Freundes in einer Stunde‘. Daneben die moderne Form in Farbe: Ein Arbeiter mit Motorsäge, neben ihm sein Kollege, mit gekreuzten Armen neben einem Bagger stehend. Und einen Holzstapel. Im Hintergrund weitere Maschinen. ‚Und das schaffen diese beiden heute mithilfe ihrer technischen Freunde in einer Stunde’, lautetet die Überschrift. Der Holzstapel war in vier Reihen übereinander angeordnet. Es waren zwanzig Stämme.
Kuiper stoppte die Übertragung bei dieser letzten Einstellung.
„Was‘n das für‘n Scheiß?“, sagte Jamal.
„Kein Scheiß, Jamal. Produktivität“, antwortete Kuiper. „Ein Baumstamm in einer Stunde. Früher. Und heute?“
„Auch noch rechnen“, murrte jemand.
„Nur gucken und nachzählen, Leute. Mensch, wenn das Zigaretten wären, hättet ihr das doch blitzschnell erledigt.“
„Zwanzig, eh!“, rief Dragan.
„Richtig. Das ist Produktivität am Beispiel der Holzwirtschaft. Viel mehr Stämme in der gleichen Zeit. Mit modernen Maschinen statt mit alten Sägen und einem Ackergaul. Das bedeutet aber auch weniger Arbeit für die Menschen. Früher wären für eine Lieferung von zwanzig Stämmen die beiden Jungs zwanzig Stunden beschäftigt gewesen, heute arbeiten sie nur eine Stunde. Maschinen ersetzen menschliche Arbeitskraft. Immer mehr. Mit den ganzen modernen Computern wird alles noch krasser.“
„Müssen aber auch Leute da sein, die Maschinen un Computer bauen un reparieren“, wandte Raphael ein.
„Gut mitgedacht, Raphael“.
Kuiper war überrascht.
„Wie Raphael richtig sagt: Beim Bau von Maschinen werden viele Arbeiter eingesetzt“, fuhr er fort. „Menschen braucht man, um Maschinen zu entwerfen oder zu programmieren. Oder auch für’s Reparieren. Alles Tätigkeiten, bei denen man eine Menge Kenntnisse und Wissen benötigt. Schaut noch mal her!“
Kuiper blendete zwei Bilder ein. Das erste zeigte eine computergesteuerte Fertigungsanlage in der großen Halle eines Automobilherstellers, auf dem zweiten konnte man einen jungen Mann in der Uniform einer Zustellfirma erkennen, der mit einem großen Paket auf ein Wohnhaus zueilte.
„Viele ordentlich bezahlte Jobs werden von Computern übernommen. Was bleibt, sind vor allem die niedrig bezahlten Jobs für Dienstleistungen - Paketboten, Reinigungskräfte und so.“
„Hättisch kein‘ Bock drauf, Leuten irgendein Zeug hinterhertragen oder für die zu putzen - bah!“, gab Kimberley von sich.
„Was denkst du denn, was du mal machen willst?“, fragte Kuiper.
„Stewardess. Is ja auch ´ne - was sagten Sie - Dienstleistung.“
„Kannste vergessen, eh! Meine Schwester wollte sich da bewerben. Eine Stelle, tausend Bewerber“, wusste Dragan zu berichten.
„So ist es“, schaltete Kuiper sich ein. „Na, und wenn das eben nicht klappt, Kimberley?“
„Dann werd‘ ich eben Hartzer. Wie mein Alter“, sagte Kimberley.
„Das wollen wir nicht hoffen. Was ich jetzt sage, gilt nicht nur für Kimberley, sondern für euch alle. Ihr müsst was Ordentliches lernen, euch qualifizieren. Nur gut qualifizierte Leute haben eine Chance auf ordentlich bezahlte Arbeit.“
Unruhe machte sich breit. Kuiper merkte, dass dies nicht die richtige Ansprache für seine Zielgruppe war. Er war froh, als es klingelte und er sich der Abfassung seines Toilettenberichts an den Grauen widmen konnte.