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Die Ursprünge

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In den Neunzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts wurde die sozialtechnologische Betrachtung und Behandlung vieler gesellschaftlicher Bereiche modern. Die in der Wirtschaft üblichen quantitativen Verfahren und das Vertrauen in die Machbarkeit schienen unangreifbar. Dabei war es durchaus berechtigt, Bereiche wie Bildung, Wissenschaft und Kultur auch wirtschaftlich zu betrachten. Aber diese Sichtweise rückte derart in den Vordergrund, dass andere Perspektiven in die Defensive gerieten.

Dabei kam der Sprache eine besondere Bedeutung zu. „Die Manager, Ingenieure, zunehmend die Sozialingenieure, haben das Sagen“, schreibt der österreichische Germanist Klaus Kastberger im Rahmen eines Selbstversuchs in einem „Assessment-Center“. „Sie fordern ständig ein besseres Funktionieren der Individuen und Gruppen im Sinne wirtschaftlicher Erfolge und Profite. (…) Alle Bildungs-, Sozialisations-, Schul-, Universitäts- und Gesellschaftsprojekte stellen immer deutlicher eine Zielsetzung in den Vordergrund: Wie kann man das Handeln der Individuen wirtschaftlich noch effizienter machen?“22

Der „Gleichklang in der utopiegeladenen Sprache der großen Unternehmensberatungsagenturen wie der Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft, der internationalen Institutionen wie der politischen Akteure auf europäischer und nationaler Ebene war bemerkenswert“, schreibt seinerseits der Europa-Historiker Andreas Wirsching über diese managementorientierte Aufbruchzeit.23 Deregulierung, Dezentralisierung, Flexibilisierung, Modularisierung, Evaluation – das waren große, vielversprechende Wörter der Epoche, die den flexiblen Menschen im Visier hatten, den Manager der eigenen Biographie, den vollständigen homo oeconomicus.

Manche Begriffe haben ihre Allzuständigkeit für die verschiedenen gesellschaftlichen Bereiche bis heute bewahrt. Das Bemerkenswerte an ihnen ist zweierlei: Zum einen transportieren sie eine bestimmte Sichtweise. Es ist die Überzeugung, dass die Prinzipien des Wirtschaftslebens und die Methoden des Managements auch in Bildung, Wissenschaft und Kultur zur Leitschnur werden sollten, um diese Bereiche für den globalisierten Wettbewerb zu ertüchtigen. Zum andern entwickeln diese Begriffe aber ein Eigenleben über ihren rationalen Gehalt hinaus. Sie gehören inzwischen einem Jargon an, der sich über alle Fachsprachen hinweg zum übergreifenden Imponier-Deutsch gewisser Eliten und jener, die dazugehören wollen, entwickelt hat.

Mit diesem Jargon wurde die behäbige deutsche Verwaltungssprache früherer Zeiten abgestreift. Was Verwaltung war, sollte Management werden. Die Betriebswirtschaftslehre hielt Einzug. Mit dem Versprechen, dass unter dem Einfluss moderner Managementmethoden gesellschaftliche Entwicklungen aller Art rein sachorientiert, das heißt funktional und effizient, also unideologisch, gestaltet werden könnten, schaffte der zunächst rein instrumentelle fachliche Jargon den Sprung in viele gesellschaftlichen Bereiche. Seine Wörter wurden zu Zauberworten.

In ihrer Abstraktheit sind Wörter dieses Jargons jedoch ohne Substanz. Ihre Bedeutung ist zur Imponiergeste verkommen. Der Politikwissenschaftler Franz Walter bezeichnet diese „Sprache des politischen und ökonomischen Establishments“ als „Distinktionsjargon“, der „abgehoben, technokratisch, herrisch“ sei.24 Manche Wörter haben zwar infolge der Krisen von 2001, 2007 und 2011 an Unanfechtbarkeit durchaus eingebüßt; dennoch prägen sie nach wie vor die öffentlichen Debatten, stellen sie das Wortmaterial, aus dem Pläne, Programme und Rechtfertigungen sind.

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