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Jenseitiges und Diesseitiges

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Da bietet sich in der Spirale der Eitelkeiten und Beschönigungen glücklicherweise ein weiteres Hochwertwort als Ersatz an: die Mission, womit wir endgültig im Reich der Transzendenz angekommen sind. Und wem die Mission nicht reicht, dem bietet sich der Mythos an.

Auch die Gabe des Sehens steht in hohem Kurs. „Ich sehe …“ ist eine beliebte Formel von Volkswirten in Kreditinstituten: „Ich sehe eine niedrige Zinslage bei volatilen Aktienmärkten.“ Oder: „Wir sehen sehr schwache englische Banken.“

Fachlich klingt auch eine eigenwillige Verwendung von Präpositionen, zum Beispiel wenn sich ein Produkt am Markt bewährt. Dass nur ja nicht der Eindruck entsteht, man habe es hier mit dem schlichten Wochenmarkt zu tun! Auch arbeitet man nicht an einem Projekt, sondern man ist auf einem Projekt. Gern werden auch Neuschöpfungen verwendet, die missverständlich sind und deshalb Eingeweihtsein voraussetzen: zeitkritisch hat nichts mit dem bekannten Substantiv Zeitkritik zu tun (also mit der Kritik an den gegenwärtigen Zuständen), sondern bedeutet schlicht, dass eine bestimmte Maßnahme in einer bestimmten Zeit, also rechtzeitig, umgesetzt werden muss, weil sie sonst nicht wirkt. Ähnlich wie zeitkritisch wird auch das gebräuchliche opportunistisch umgedeutet: Bezeichnet der Opportunismus an und für sich eine charakterlich fragwürdige Haltung, so ist ein opportunistisches Investment gerade nichts Verwerfliches. „Wir gehen opportunistisch ran“, meint im Imponierdeutschen schlicht, dass günstige Gelegenheiten genutzt werden. Beliebt sind auch Verben aus dem Beraterjargon wie skalieren (eine Sache größer und kleiner machen können), kalibrieren (sie in das rechte Maß bringen) und kannibalisieren (ein Unternehmen sich selbst zerlegen lassen) – eine hübsche Metapher!

Das Beraterdeutsch ist als Zulieferer des Imponierdeutschen einerseits an fachlicher Bedeutsamkeit, andererseits aber auch an Kürze interessiert. Das Opfer ist die Grammatik. Kommunikationsmedium der Berater ist der Chart. In der Kommunikation im Querformat entstehen grobe Verkürzungen, die mit deutscher Grammatik nicht mehr viel gemein haben. „Auswahl Standort“, „Verbreiterung Wirkungsgrad“, „Entscheidung Führung“ lauten gängige Überschriften in Präsentationen. Der Genitiv hätte eigentlich mühelos Platz gehabt. Aber Zeit ist Geld, und so übt sich die Beratersprache in absoluter Shortform. Durch die Verbreitung der PowerPoint-Präsentationen bei allen Anlässen bis hin zu Hochzeiten und runden Geburtstagen dringt die genannte absolute Shortform in die Gesellschaft vor – vielleicht als Vorreiterin einer kasusfreien Sprache.

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