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Philosophie und Kultur
ОглавлениеWährend Begriffe aus dem Wirtschaftsbereich andere gesellschaftliche Bereiche unterwandern, dringen umgekehrt Begriffe in den Sprachgebrauch des Managements ein, die seinem Denken eigentlich entgegengesetzt sind. Gern wird das (zwar sinnvolle und nötige) Wirtschaftsgebaren gleich zu einer ganzen Welterklärung aufgebläht. „Meine Philosophie ist …“ – so bekennen Referenten häufig, die es sich sonst eigentlich verbitten würden, in einem Atemzug ausgerechnet mit philosophischen Fakultäten genannt zu werden. Ihr Begriff der Philosophie hat mit der ursprünglichen Bedeutung als ein in jahrtausendealter Denktradition stehendes System der Weltdeutung nichts mehr zu tun. Im Managementjargon bedeutet er noch so viel wie grundsätzliche Überlegungen oder auch Überzeugungen und Einstellungen. Das aber wäre dem Redner zu schlicht. Er nutzt die Aura des Begriffs, weidet sie aus für die Aufwertung eines deutlich einfacheren Inhalts. Während die zweckfreie und rein erkenntnisorientierte Denkweise der Philosophie aus Sicht des Effizienzdenkens in den Verdacht sinnfreier und entbehrlicher Tätigkeit gerät, muss der Begriff Philosophie andererseits aufgrund seines geistigen Anspruchs zur Bemäntelung einfacher Gedanken aus dem Wirtschaftsbereich herhalten. Die aus dem englischen Sprachraum stammende Ummünzung von Philosophie für derartige Zwecke ruft allerdings längst nicht mehr das Erstaunen oder gar die Irritation des Publikums hervor, so sehr hat man sich bereits daran gewöhnt.
Ähnlich verhält es sich mit dem Begriff der Kultur in seiner imponierdeutschen Verwendung. Eine durchgängige Hochleistungskultur schreibt sich ein Unternehmen auf die Fahnen. Was soll hier die Kultur? Hat das Unternehmen etwa Neigung, sich mit dem sonst eher belächelten Kulturbetrieb gemein zu machen? Reicht es nicht, dass man sich Hochleistungen auf die Fahnen schreibt (was ja allein schon ziemlich ehrgeizig klingt)? Ohne eine Unternehmenskultur geht es nicht. Dabei ist es ja gar nicht schlecht, dass Unternehmen sich dazu verpflichten, mit ihren Mitarbeitern und Kunden anständig umzugehen. Aber muss man diese Selbstverständlichkeit gleich mit dem Hochwertwort Kultur verbrämen?