Читать книгу B'tong - Roland Platte - Страница 26
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- Herr Krause, schön, dass Sie die Zeit zu einem Gespräch gefunden haben. Es ist mir eine ganz besondere Ehre, Sie als Kunde in unsere Bankfiliale führen zu dürfen.
Diesmal ist Carsten schnell und problemlos ins Büro des Bankdirektors geführt worden, ohne Wartezeit, ohne Stirnrunzeln seitens der Bankangestellten, die Türen standen offen.
- Tja, vor ein paar Wochen sah es noch ganz anders aus…
- Ach, da war Unfähigkeit des jungen Burschen im Spiel, der wird das auch noch lernen müssen. Aber wir haben ja diesen Vorfall schon längst vergessen, nicht wahr? Was möchten Sie denn trinken, Herr Krause. Einen Kaffee, ein Glas Sekt oder einen Tomatensaft. Na, wonach steht Ihnen das Herz?
- Eigentlich danach zu wissen, was Sie mir jetzt zu sagen haben.
- Hm, ja schade, wir haben hier eine ganz neue spiegelblanke Espressomaschine. Aber ich verstehe schon, Ihre Zeit ist jetzt wohl kostbar. Na, dann setzen wir uns doch, aber nicht hier am Schreibtisch, das sieht allzu förmlich aus, nein, dort in der Sitzecke, da haben wir es viel gemütlicher.
Carsten folgt dem Bankdirektor zu einer ultra-modernen Sitzecke und lässt sich auf ein Canapé fallen, wobei er sich beinahe das Kreuz gebrochen hätte, so hart ist es gepolstert. Über dem Canapé hängt ein für Carstens Geschmack fürchterlich verkrakeltes Bild, sozusagen moderne Kunst. Interessant jedoch ist die Sicht aus dem überdimensionierten Fenster, das sich neben der Sitzecke befindet und vom Boden bis zur Decke reicht. Beinahe sämtliche Dächer der Stadt kann Carsten sehen, in der Ferne sogar ein paar Wiesen und Felder, er meint sogar noch die Ulme zu erblicken, wo sie den Drachen haben steigen lassen, und muss grinsen.
Der füllige Bankdirektor Gut kommt mit einem Glas in der Hand auf ihn zu.
- Tja, jetzt haben Sie natürlich gut lachen. Das verstehe ich.
Der Bankdirektor schaut Ihn aufmerksam durch seine gestylte Brille an.
Carsten versucht dem eindringlichen Blick des Direktors standzuhalten, weicht ihm jedoch schließlich aus und sucht die Ulme auf der Wiese. Der Bankdirektor setzt sich zu Carsten auf den Rand des Canapés.
- Aber ich wollte mit Ihnen sprechen, um Sie zu warnen.
- Zu warnen? Wieso denn? Wovor, vor wem?
- Naja, Sie sind ja von Haus aus, äh, ich meine von Ihrer Ausbildung her eher Ingenieur, Wissenschaftler sozusagen.
- Na und? Ist doch nicht verboten, oder?
- Herr Krause, nun beruhigen Sie sich doch erst einmal. Was ich sagen will, Sie sind sehr wahrscheinlich genial, auf jeden Fall
haben Sie wohl eine geniale Erfindung hingelegt.
- Nicht nur wohl, sicher, ganz sicher, Herr Gut.
- Ja, davon gehen wir aus, aber lassen Sie mich mal auf den Punkt kommen. Wissen Sie eigentlich, was jetzt passieren wird? Sie werden umschwärmt werden von einem Haufen dicker Schmeißfliegen. Alles Mögliche Ungeziefer, das versuchen wird, Ihnen den wesentlichen Teil Ihrer Erfindung zu entwenden, nämlich den lukrativen Teil. Und wenn Sie Glück haben, wird man Ihnen die Ehre der Erfindung lassen, aber selbst das ist bei denen nicht mal sicher.
Carsten, der sich vor ein paar Tagen noch mit einer netzbauenden Spinne verglichen hatte, musste wieder grinsen. Er stellt sich vor, wie sich sein frischgebautes Spinnennetz unter dem Gewicht hunderter Insekten in allen Farben und Größen biegt und ächzt.
- Herr…äh Krause, Sie sollten das nicht auf die leichte Schulter nehmen, wissen Sie. Die Folgen können ernsthaft tragischer sein, als Sie denken.
Und als ob er Gedanken lesen könnte, fährt er fort.
- So manch ein Spinnennetz ist schon gerissen, Opfer des Erfolges.
- Spinnennetz? Wie meinen Sie das?
- Ach, ist nur so ein Bild. Lassen wir das. Also ich habe Sie auf jeden Fall gewarnt.
- Und wie kann ich mich vor dem Ungeziefer schützen?
- Na, ich sehe, Sie begreifen schnell. Ganz einfach, Herr Krause. In dem wir Ihnen zur Seite stehen. Und dies nicht nur finanziell, sondern auch mit unserem gesamten Fachwissen in Punkto Marketing, Recht, Produktion, Vertrieb und allem Pipapo, eben auf allen Gebieten, die notwendig sind, um ihre Idee in Geld zu verwandeln.
- Ich dachte, Sie seien eine Bank, und eine Bank macht doch Geld mit Geld und nicht mit Produktion oder dem Verkauf irgendwelcher Dinge.
- Naja, sehen Sie Herr Krause, die Zeiten ändern sich eben. Außerdem ist es ja nicht die Bank selbst, die Ihnen helfen wird, sondern eine Beratungsfirma, die eng mit der Bank zusammenarbeitet. Die Bank wird Ihnen lediglich die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen.
- Und von dieser Firma sind Sie auch der Direktor?
- Aber Herr Krause, warum gleich solche Gedanken. Das darf ich gar nicht. Ich bin Banker, nicht Unternehmer. Aber als Banker ist es mir wichtig, dass unser Geld in guten Händen landet, wissen Sie?
- Das heißt, meine Hände sind Ihnen nicht sicher genug. Sie trauen mir also nicht zu, die Geschichte allein zu managen?
- Naja, ich sagte ja schon, Sie sind Ingenieur. Sehen wir doch den Dingen ins Auge: Sie haben kein Startkapital. Sie haben keine Erfahrung im kaufmännischen Bereich. Ich bin mir noch nicht mal sicher, ob Ihr Patent richtig angemeldet wurde, und und und. Wir bieten Ihnen ein Gesamtpaket an, bei dem Sie sicher sind, dass alles gut läuft: Und das Paket besteht aus juristischer Beratung, Aufbau der Produktion, kommerzielle Abwicklung, Logistik, alles, was Sie eben brauchen.
- Hmm, und was wird mich das kosten?
- Herr Krause, eigentlich sollten Sie mich doch kennen.
- Das heißt?
- Naja, das wird Sie gar nichts kosten, das wird Ihnen im Gegenteil sehr viel mehr einbringen, als Sie es sich jemals vorgestellt haben.
- Aha?
- Naja, es wird Sie nichts kosten, wir werden lediglich einen gewissen Prozentsatz Ihrer Einnahmen teilen.
- In welcher Höhe?
- Naja, das hängt von dem Umfang der Serviceleistungen ab, die Sie beanspruchen werden. Aber ich würde mal sagen, bei dem, was Sie brauchen, über den Daumen gepeilt, so 35 bis 40 %.
- Wie bitte? Sie sind nicht ganz bei Trost.
- Herr Krause, bleiben Sie ruhig. Sie sollten das in konkreten Zahlen sehen. Wenn Sie Ihr Geschäft alleine betreiben, werden Sie, wenn es optimal läuft, vielleicht 4 bis 500 000 € gewinnen, wenn überhaupt. Vielleicht werden Sie ja schon vorher über den Tisch gezogen. Zusammen hingegen werden wir es vielleicht auf 5 bis 10 Millionen bringen, oder noch mehr. Davon behalten Sie dann 3 bis 6 Millionen €. Verstehen Sie jetzt, was ich meine?
- Ich verstehe genau, was Sie meinen. Ich bin vielleicht nur Ingenieur, aber 1 und 1 kann auch ich zusammenzählen.
Er steht abrupt auf, tritt ganz nah an den Bankdirektor heran und schaut ihm direkt in die Augen.
- Sie glauben, Sie hätten ein dummes Huhn gefunden, dass Sie nach Belieben rupfen können. Und weil Sie alleine nicht genug Hände haben, um das Huhn ruhig zu halten, spannen Sie Ihre Freunde und Komparsen ein, um mich und meine Geschäfte zu überwachen. Und ich gehe ja mal davon aus, dass zu den 45 % noch die Kreditzinsen kommen, die ich Ihnen zu zahlen habe, habe ich Recht?
- Naja, wir hatten da an einen ganz außergewöhnlich günstigen Zinssatz gedacht.
- Wir? Sie haben sich also schon abgesprochen?
- Naja, …
- Ich kann Ihr "Naja" nicht mehr hören. Jedes Mal, wenn Sie "Naja" sagen, habe ich das Gefühl, dass Sie mir einen Eimer kalten Wassers über den Kopf schütten.
- Aber Herr Krause. Warum sind Sie denn so aufgebracht? Hier geht es um Geschäfte. Ehrbare Geschäfte. Sie wissen doch bestimmt, eine Bank ist keine Kirche und ein Banker trägt keinen Heiligenschein. Aber wir bewegen uns hier absolut im Bereich des Normalen. Kennen Sie eine Bank, die Geld leiht, ohne dabei ein Geschäft machen zu wollen? Und ohne Sicherheiten zu verlangen?
- Wissen Sie was, Sie haben Recht gehabt, Herr Direktor, Sie haben Recht gehabt, mich zu warnen, vor dem Ungeziefer, vor den Würmern, vor den Schmeißfliegen! Und bevor ich hier noch Federn lasse, möchte ich lieber gehen.
- Sie sollten sich mein Angebot gründlich überlegen, Herr Krause. Immerhin haben Sie noch einen Kredit für Ihr Haus bei uns laufen, Herr Krause, und Sie haben ja zurzeit kein Einkommen mehr, Herr Krause. Und womit wollen Sie denn jetzt aus dem Nichts sozusagen eine neue Firma aufbauen, wo doch ihr eigenes Wohnhaus schon riskiert unter den Hammer zu kommen?
- Na prima, nach den brillanten Versprechungen, nun die Drohungen.