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II.Vertragsfreiheit und Wettbewerbsrecht

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9Der den Grundsatz der Privatautonomie konkretisierende Grundsatz der Vertragsfreiheit steht in der marktwirtschaftlichen Ordnung der Europäischen Union und der Bundesrepublik nicht allein und für sich. Die marktwirtschaftliche Ordnung entfaltet sich im Wettbewerb, der seinerseits vom Wettbewerbsrecht geschützt wird. Nur durch die Wettbewerbsverfassung ist gewährleistet, dass die Vertragsfreiheit die ihr zugedachten Ergebnisse erreichen kann.

10Dem Wettbewerbsrecht kommt die fundamentale Aufgabe zu, die Freiheit der am Wirtschaftsleben Beteiligten insbesondere bei der Begründung, der Gestaltung und der Beendigung von Vertragsbeziehungen mit anderen Teilnehmern am Wirtschaftsverkehr zu schützen. Dieser Freiheitsschutz wird nach aller empirischen Erfahrung zu aller erst durch funktionsfähigen Wettbewerb gewährleistet. Der Staat ist mittels hoheitlicher Planung und dirigistischer Eingriffe in das freiheitlich organisierte Wirtschaftsgeschehen nicht in vergleichbarer Weise in der Lage, die Freiheitsrechte aller Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr zu gewährleisten.

11Es ist dies die wesentliche Erkenntnis, auf der die freiheitliche Verfassung einer marktwirtschaftlichen Wettbewerbsordnung beruht. Sie hat in den Europaverträgen und im nationalen Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland ihren systembildenden rechtlichen Niederschlag gefunden. Diese Freiheitsverfassung für die Wirtschaft (und andere Lebensbereiche der Gesellschaft) schließt nicht aus, dass der Staat in das Wirtschaftsgeschehen durch hoheitliche Maßnahmen und Regelungen eingreift. Solche Eingriffe sind aber nach der normativen Grundkonzeption nur in den Fällen des Marktversagens und zur Erreichung von Regelungszielen im Interesse des Gemeinwohls ausnahmsweise zulässig.

12Die Wettbewerbsordnung schützt den funktionierenden Wettbewerb insbesondere vor freiheitsgefährdender Machtansammlung in den Händen weniger, aber marktmächtiger Wirtschaftsteilnehmer (sog. Monopol- oder Missbrauchskontrolle), sowie vor einer den Wettbewerb ausschließenden und damit freiheitsgefährdenden Kartellbildung.

13Dann wenn sich Wettbewerb nicht von selbst einstellt, hat der Staat die Aufgabe, Wettbewerb in möglichst vielen Bereichen des Wirtschaftslebens herzustellen. Verkrustete oder gar monopolisierte Marktstrukturen sind aufzubrechen und in eine Wettbewerbswirtschaft zu überführen. Die Liberalisierung der Telekommunikations- und Energiewirtschaft durch europäische und nationale Regelungen sind anschauliches Beispiel für die Möglichkeiten einer zunehmenden Marktöffnung; auch von Wirtschaftsbereichen, die bisher als natürliches Monopol galten und für Wettbewerb als unzugänglich angesehen wurden. Der Übergang von einem Wirtschaftsmonopol zur Markt- und Wettbewerbsöffnung eines Wirtschaftssektors muss vom Gesetzgeber des Wirtschaftsrechts sorgfältig begleitet und durch maßvolle Regulierung durch staatliche Behörden überwacht und gesteuert werden. Erst wenn dieser Transformationsprozess abgeschlossen ist, kann das Private Wirtschaftsvertragsrecht und die darin geltende Vertragsfreiheit unter Bedingungen effektiven Wettbewerbs zur Geltung kommen.

Deutsches und Internationales Wirtschaftsrecht

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