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Kapitel 3Privates Wirtschaftsvertragsrecht – Besonderer Teil § 1Überblick

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45Das Private Wirtschaftsvertragsrecht beruht nicht auf einer in sich geschlossenen Kodifikation. Es ist vielmehr über zahlreiche Gesetze und Regelungsmaterien verstreut. Nach einer didaktisch motivierten, auf die ökonomischen Geschehensabläufe in Wirtschaftsunternehmen abstellenden Systematik lässt sich das Wirtschaftsprivatrecht hauptsächlich in folgende Bereiche gliedern:

1. Organisationsverträge: mit ihnen werden Unternehmen gegründet und umgestaltet; sie unterliegen insbesondere den Regelungen des Gesellschafts-, Umwandlungs- und Konzernrechts.

2. Zulieferverträge: mit ihnen erwerben die Unternehmen, die für die Produktion von Waren und Dienstleistungen erforderlichen Produktionsmittel. Bei hochwertigen Produkten haben die Verträge nicht selten den Charakter von komplexen Kooperationsverträgen; sie sprengen dann die hergebrachte Differenzierung von Austausch- und Gemeinschaftsverträgen.

3. Absatzverträge: mit ihnen vertreiben die Unternehmen Waren und Dienstleistungen an ihre Kunden, insbesondere über Kauf-, Miet- und Leasingverträge. Im internationalen Handel sind darüber hinaus weitere Vertragsformen – wie die an Tauschverträge angelehnten Barterverträge – bekannt.

4. Vertriebsverträge: mit ihnen organisieren Unternehmen den Vertrieb von Waren und Dienstleistungen über Absatzmittler, wie Handelsvertreter oder Vertragshändler, bzw. über Vertriebssysteme; ferner kommt der Vertrieb über Filialen eines Unternehmens oder über Gemeinschaftsunternehmen (Joint-Ventures) in Betracht.

5. Transport- und Speditionsverträge: sie dienen der Organisation und der Durchführung des Warentransports vom Lieferanten zum Empfänger.

6. Finanzierungsverträge: sie dienen der Finanzierung der unternehmerischen Maßnahmen und ihrer Erhaltung und Erweiterung. Hierzu zählen insbesondere die vielfältigen Formen der durch Banken finanzierten Kreditverträge einschließlich ihrer Besicherung durch Personal- oder Realsicherheiten. Das Gesellschafts-, Bank- und Börsenrecht kennt zahlreiche weitere Formen der Investitionsfinanzierung.

7. Marketingverträge: zu ihnen gehört der weite Bereich der Werbeverträge, denen für den Absatz von Produkten und Dienstleistungen nicht selten eine maßgebliche Rolle zukommt. Dabei ist zu beachten, dass werblichen Maßnahmen insbesondere vom Wettbewerbsrecht Grenzen gesetzt werden.

Für alle diese Regelungsbereiche gelten in den Grundlagen übereinstimmende gemeinsame Rechtsgrundsätze. Sie bilden das Allgemeine Private Wirtschaftsvertragsrecht (vgl. dazu Kapitel 1). Sie werden in den Regeln des besonderen Privaten Wirtschaftsvertragsrecht sachverhaltsspezifisch ergänzt und variiert.

46Das für das internationale Wirtschaftsgeschehen zentrale Exportgeschäft ist als solches nicht Gegenstand der rechtlichen Ordnung. So wenig wie der Wirtschaftsverkehr „das“ Exportgeschäft kennt, so wenig kennt die Rechtsordnung „den“ Exportvertrag. Die vertragsrechtliche Gestaltung des Exportgeschäfts erfolgt in der Regel durch mehrere Verträge, die in der Summe den Komplex des Exportgeschäfts ausmachen. Wenn in der Exportwirtschaft oder auch in der juristischen Literatur von „dem“ Exportvertrag die Rede ist, wird dieser Begriff regelmäßig als Synonym oder Chiffre für den Exportkaufvertrag als zentraler Warenabsatzvertrag verwendet. Damit wird auf den Umstand hingewiesen, dass der Exportkaufvertrag typischerweise im Zentrum des Exportgeschäfts steht. Der Exportkaufvertrag regelt aber typischerweise nur einen Teil der das Exportgeschäft in seiner wirtschaftlichen Gesamtheit und Komplexität ausmachenden Regelungsgegenstände. Die Rechtsordnung kennt und regelt nicht „den“ Exportvertrag, sondern sie enthält Regeln und Gestaltungsinstrumente für die das Exportgeschäft insgesamt ausmachenden rechtlichen Einzelelemente, die regelmäßig über den Exportkaufvertrag hinaus auch Vereinbarungen über Finanzierungs-, Transport- und Versicherungsfragen umfassen.

47Die Übersichtlichkeit des Wirtschaftsvertragsrechts wird dadurch erschwert, dass für zahlreiche Wirtschaftsbereiche vertragsrechtliche Sonderregeln bestehen. So gelten für Banken und Versicherung eigene vertragsrechtliche Bestimmungen. Für Energieversorgungsunternehmen sind die besonderen Regeln des Energiewirtschaftsrechts einschlägig. Für Medienunternehmen gelten wiederum andere Bestimmungen, mit denen auf die besondere Aufgabe der Medienunternehmen für die Verwirklichung der Berichterstattungsfreiheit eingegangen wird. Diese besonderen Regeln entziehen sich einer einheitlichen oder auch nur zusammenfassenden Darstellung.

48Nachfolgend kann deshalb nur ein knapper Überblick über einzelne Bereiche des Besonderen Wirtschaftsvertragsrechts gegeben werden. Dabei sollen orientiert an der Systematisierung nach ökonomischen Geschehensabläufen die Absatzverträge, die Vertriebsverträge, die Finanzierungsverträge und die Transportverträge näher dargestellt werden.

Deutsches und Internationales Wirtschaftsrecht

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