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6.

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Siri-Tong hatte aus ihrem Zweimaster wirklich alles herausgeholt, was herauszuholen war. Auch sie hatte schon sehr früh bemerkt, was sich im Westen an Steuerbord zusammenbraute. Und dann hatte sie, genau wie der Seewolf und seine Männer, den Kanonendonner gehört. Schwach nur zunächst, aber mit jeder Meile, die ihr Zweimaster mit seinen roten Segeln zurücklegte, lauter.

Neben ihr auf dem Achterdeck stand der Boston-Mann, ein großer, dunkelhaariger Engländer, der das Vertrauen der Roten Korsarin in ganz besonderem Maß genoß.

Beim ersten Kanonendonner hatte ihm die Rote Korsarin einen schnellen, fragenden Blick zugeworfen.

Aber der Boston-Mann hatte geschwiegen. Nur seine Linke war über den großen, goldenen Ohrring geglitten, den er im linken Ohrläppchen trug. Seine dunklen Augen hatten sich verengt, und in seiner sonnenverbrannten, von Wind und Wetter gegerbten Haut hatten sich plötzlich Hunderte von winzigen Fältchen gezeigt.

Siri-Tong ließ ihn und fragte nichts. Sie wußte, daß der Boston-Mann ihr sowieso erst antworten würde, wenn er seiner Sache sicher war.

Wieder rollte Kanonendonner über die See. Siri-Tong und der Boston-Mann horchten angestrengt.

„Sie kämpfen in jener Nebelbank Steuerbord voraus“, sagte der Boston-Mann schließlich. „Und ich gehe jede Wette ein, es ist Caligu, der das spanische Silberschiff gestellt hat!“

Die Rote Korsarin nickte, ein flüchtiges Lächeln huschte über ihr Gesicht.

„Hast du deswegen so lange überlegt, Boston-Mann, um mir das zu sagen? Und wieso Silberschiff, es hat mindestens soviel Gold und Silber an Bord, so lautete die Information, die ich erhielt, und bisher waren Informationen dieser Art immer zuverlässig.“

Auch der Boston-Mann grinste. Aber dann schüttelte er den Kopf.

„Nein, Madame, nicht das war es, worüber ich nachgedacht habe. Ich hätte einen Plan, wie wir diesen Caligu zur Strecke bringen können, ohne ihn auch sogleich zur Hölle zu schicken. Er wird uns ausgeliefert sein, wehrlos wie ein Neugeborenes!“

Die Rote Korsarin sah den Boston-Mann prüfend an, während abermals Kanonendonner über die See rollte und bereits die allerersten feinen Nebelschwaden nach dem Zweimaster griffen, durch seine Wanten und über die Decks zogen.

„Was für einen Plan? Du hattest schon viele gute Ideen, die uns zum Erfolg und zum Sieg verhalfen.“

Wieder überlegte der Boston-Mann eine Weile, und Siri-Tong wußte, daß er jetzt seinen Plan noch einmal in allen Einzelheiten durchdachte.

Aber dann sah er sie plötzlich an. „Ja, so wird es gehen, Madame! Und wir gewinnen Zeit, bis der Seewolf und seine Männer ebenfalls zur Stelle sind.“

Siri-Tongs Gesicht verschattete sich. „Du weißt, daß ich den Seewolf schätze, er und seine Männer sind tapfer und verwegen. Aber das hier, die Abrechnung mit Caligu, ist allein meine Sache. Brauchen wir ihn also wirklich?“

Der Boston-Mann nickte. „Wir brauchen ihn. Wir müssen damit rechnen, daß wir gegen drei Gegner zugleich zu kämpfen haben. Dabei kann auch der Tapferste nicht gewinnen, und Sie wissen das auch ganz genau, Madame. Falscher Stolz kann uns nur verderben.“

Siri-Tong wollte aufbrausen, aber sie beherrschte sich, denn sie wußte, daß der Boston-Mann recht hatte.

„Sprich weiter!“ forderte sie ihn auf.

„Wir müssen zunächst erreichen, daß Caligu mit seiner Galeone nicht mehr fliehen kann, auch wenn er das vielleicht möchte. Und deshalb schlage ich folgendes vor: Wir segeln in die Nebelbank, das ist zwar gefährlich, weil man einen Gegner erst viel zu spät bemerkt. Aber wenn uns der Nebel verbirgt, dann setzen wir sofort unser Boot aus, das aber über eine lange Leine mit dem Zweimaster verbunden bleibt. Wir werden die Galeone Caligus suchen und ihr Ruder mittels eines Pulverfasses, das wir an ihrem Heck in die Luft jagen, zerstören. Dann haben wir Caligu fest, denn er wird das Silber und das Gold auf seine Galeone gebracht haben und sein Schiff bestimmt nicht verlassen!“

Siri-Tongs Augen leuchteten auf. Ja, so ging es, so kriegten sie diesen verfluchten Caligu und schnitten ihm jede Fluchtmöglichkeit ab.

„Also los, Boston-Mann! Auf was warten wir noch! Bereite das Boot vor und das Pulverfaß. Laß die Riemen umwickeln, damit kein quietschender Laut uns verrät. Und sorge dafür, daß alle Geschütze an Bord unseres Schiffes ab sofort feuerbereit sind.“

Siri-Tong suchte die Kimm hinter ihrem Zweimaster ab. Dort irgendwo mußte sich der Seewolf mit seiner „Isabella“ befinden. Sie schrak beinahe zusammen, als sie plötzlich die hohen Masten der „Isabella“ Backbord achteraus erblickte. Sehr weit weg noch, aber doch deutlich zu erkennen. Ihr war sofort klar, daß der Seewolf weiter nach. Westen ausgeholt hatte, und jetzt bei nahezu achterlichem Wind mit Vierkant gebraßten Rahen auch noch das letzte bißchen Wind ausnutzte, das ihm zur Verfügung stand und daß sein Schiff bei achterlichem Wind weitaus schneller war als ihr Zweimeister.

Irgendwie spürte sie in diesem Moment sogar so etwas wie Erleichterung, daß sie den großen Mann mit den eisblauen Augen wieder in ihrer Nähe wußte. Denn Siri Tong war sich durchaus darüber im klaren mit welch einem übermächtigen Gegner sie jetzt zu kämpfen hatte.

Der Nebel wurde dichte. Der Zweimaster mit den roten Segeln verschwand in der Nebelbank.

Eine Weile noch glitt er langsam dahin, und alle an Bord des Schiffes horchten auf das Grollen der Geschütze und dann auf die plötzliche Stille, die dem rollenden Donner folgte.

Kurz darauf vernahmen sie gedämpfte Schreie. Siri-Tongs Gesicht verfärbte sich für einen winzigen Moment. Denn sie wußte, welcher Art Szenen sich jetzt dort abspielten.

„Segel runter!“ befahl sie leise. „Boot aussetzen. Du, Boston-Mann, übernimmst das Kommando über das Schiff, bis ich wieder an Bord bin. Sechs Männer an die Riemen, Juan begleitet mich außerdem, mit ihm werde ich das Pulverfaß an der Galeone Caligus anbringen und zünden!“

Juan, der Bootsmann des Zweimasters, immer etwas eifersüchtig auf den Boston-Mann, stampfte heran. Seine dunkle Hautfarbe und der Schnitt seines wilden Gesichts wiesen ihn als Kreolen aus. Siri-Tong traute ihm nicht sonderlich, aber sie schätzte ihn, weil er ein guter Seemann war, der hart zuzupacken verstand und auch schon des öfteren bewiesen hatte, daß er technische Probleme zu meistern wußte.

„Los, kümmere dich ums Boot, nimm genug Leine mit, damit wir in dieser erbärmlichen Suppe auch wieder zu unserem Schiff zurückfinden“, wies sie ihn an und Juan grinste nur. Er verschwand sofort in Richtung Hauptdeck, wo ein paar Männer eben dabei waren, das Boot abzufieren. Sie bemühten sich, dabei so wenig Geräusch zu verursachen, wie es eben möglich war.

Eine knappe Viertelstunde später legte das Boot ab. Fast lautlos tauchten die Riemen im Takt ins Wasser, aber immer wieder hielten die Männer auf ein Zeichen der Roten Korsarin inne, um Geräusche einzufangen, und sich über die Richtung klar zu werden, in die sie pullen mußten, um auf Caligus Schiff zu treffen.

Und dann zuckte Siri-Tong plötzlich zusammen. Sie vernahm, aus weiter Ferne zwar, aber doch deutlich genug, um ihr eiskalte Schauer über den Rücken zu jagen, das dröhnende Lachen des riesigen Piraten, jenes Lachen, an das sie sich so gut erinnerte und das auch jetzt noch die alte, die grenzenlose Wut und Mordgelüste in ihr auflodern ließ, wie sie sie dam als verspürt hatte.

Sie wartete ab, bis Caligu verstummte, aber dann glaubte sie die Richtung zu kennen, so schwer das auch im Nebel zu beurteilen war.

„Weiter“, flüsterte sie, und unwillkürlich duckten sich die Männer an den Rudern, als sie das Funkeln ihrer Augen bemerkten. „Etwas mehr nach Steuerbord“, befahl sie.

Juan bediente die Ruderpinne, aber auch er versteifte sich unwillkürlich, als er in diesem Moment einen Blick zu der Roten Korsarin hinüberschickte.

Siri-Tong saß hochaufgerichtet auf ihrer Ducht, neben sich das Pulverfaß, aus dem die Lunte heraushing und das sie mit Teer gegen Wasser gründlich abgedichtet hatten. Ihre Lippen bewegten sich, und Juan verstand auch was sie sagte.

„Die Stunde der Abrechnung ist da, Caligu. Noch bevor die Nacht den heutigen Tag auslöscht, bist du tot …“

Selten war es Caligu gelungen, so reiche Beute zu erwischen, wie diesmal.

„Maria Juanita, verstehst du, warum dieser idiotische Spanier mit einer solchen Ladung allein durch die Windward Passage gesegelt ist? Die Spanier wissen doch ganz genau, daß dieser ganze Raum von uns kontrolliert wird! Wieso segeln sie nicht im Geleit?“

Maria Juanita wog einen kleineren Goldbarren in der Hand.

„Havanna“, sagte sie dann. „Hast du vergessen, Caligu, daß fast alle Silber- und Goldtransporte in Havanna zusammengestellt werden? Von dort aus gehen die großen Geleitzüge in See. Vielleicht wollte dieser Don auch dorthin …“

Caligu lachte.

„Scheißegal, Maria Juanita!“ grölte er dann, hob einen Krug, der bis zum Rand mit bestem Rum gefüllt war, an die Lippen und trank in langen Schlukken. Dann reichte er Juanita den Krug.

„Es ist mir völlig egal, wohin die Dons wollten. Wir haben ihre Schätze, und jetzt können wir endlich das tun, was wir schon immer wollten: Wir werden die Herren der Karibik sein! Wir werden Tortuga in eine uneinnehmbare Festung verwandeln, und Caligu wird über Tortuga und die Karibik herrschen. Alle sollen vor Caligu zittern, alle, Maria Juanita!“

Wieder nahm er einen gewaltigen Schluck und rülpste hinterher so laut und so ungeniert, daß ein paar seiner Piraten unwillkürlich stehenblieben und zu ihm und Maria Juanita herüberstarrten. Schweiß lief über ihre Körper. In dem dichten Nebel, der die Galeone des Piraten einhüllte, herrschte eine stickige Schwüle. Hinzu kam, daß die Gold- und Silberbarren ihr Gewicht hatten und die Männer Caligus schon seit etlichen Stunden wie die Berserker schufteten, um die Schätze im Bauch ihrer Galeone zu verstauen.

„He, Caligu! Wann kriegen wir endlich was zu saufen?“ schrie einer der Kerle zu den Piraten und zu Maria Juanita herüber. „Wann feiern wir endlich den Sieg und die Beute?“

In seiner Stimme war Aufsässigkeit, und Caligu bemerkte das sehr wohl. Er fuhr herum.

„Ihr sauft und ihr feiert, wenn Caligu das sagt. Wenn dir das nicht paßt, dann werden wir jetzt gleich klären, wer hier an Bord die Befehle gibt, also, was ist?“

Caligu hatte sein Entermesser mit einer blitzschnellen Bewegung herausgerissen und war mit einem Satz bei dem Mann.

Der Pirat duckte sich, wich zurück, und wieder brach Caligu in sein dröhnendes Gelächter aus. Dann wandte er sich ab.

Als er wieder bei Maria Juanita stand, verengten sich plötzlich seine kohlschwarzen Augen. „Aber da ist noch etwas. Fast hätte ich es vergessen. Diese Siri-Tong und ihre Insel!“

Caligu stampfte plötzlich mit dem Fuß auf, seine Züge, nicht zuletzt unter dem Einfluß des vielen Rums, den er getrunken hatte, verzerrten sich.

„Ho! Wo gibt es in diesem Meer eine Insel, die Caligu nicht kennt? Wir werden sie suchen, wir werden sie finden, und dann wird Siri-Tong ihre Schätze an Caligu abliefern, ehe sie stirbt oder …“

Caligu unterbrach sich plötzlich, und über seine Züge huschte ein gemeines Grinsen.

„O nein, sie wird nicht sterben. Sie wird Caligus Sklavin sein, sie wird alles tun, was Caligu will, alles. Ich werde sie in einer Höhle an die Felsen schmieden lassen, damit sie nicht fliehen kann, und dann wird Caligu sie besuchen, nachts! O nein, Caligu hat nicht vergessen – eine hübsche Frau und so wild, Juanita …“

Weiter gelangte Caligu nicht. Plötzlich übertönte eine helle, scharfe Stimme die wüsten Reden des Piraten.

„Ich glaube nicht, daß du das tun wirst, denn du wirst tot sein. Auch ich habe nichts vergessen, du Schwein, und die Stunde der Rache ist da!“

Ein Schemen huschte über das Deck der Galeone, und gleich darauf verspürte Caligu, der die Stimme Siri-Tongs sofort erkannt und wie erstarrt dagestanden hatte, einen so heftigen Stoß in den Rücken, daß er sich vor Schmerz zusammenkrümmte, aufbrüllte und quer über das Achterdeck seiner Galeone katapultiert wurde.

Maria Juanita fuhr herum, und im selben Moment verspürte sie einen geradezu irrsinnigen Schmerz in ihrem Gesicht. Ihr war, als zöge jemand ihr eine glühende Klinge quer über die Stirn und die noch unverletzte Wange. Blut schoß aus dem klaffenden Schnitt, lief ihr in die Augen und blendete sie.

Maria Juanita schrie, und in diesem Moment traf sie ein fürchterlicher Hieb auf den Schädel, der sofort ihr Bewußtsein auslöschte. Siri-Tong packte sie, schleuderte sie über die Schmuckbalustrade aufs Hauptdeck hinunter, und dann wollte sie sich auf Caligu stürzen, der eben wieder auf die Beine kam und sich ebenfalls mit entsetzlichem Gebrüll auf seine alte Feindin und Rivalin in der Karibik stürzen wollte.

Doch weder er noch die Rote Korsarin konnten ihr Vorhaben verwirklichen. Eine gewaltige Stichflamme stieg über dem Achterkastell der Piraten-Galeone hoch. Es war, als ob das schwere Schiff in diesem Moment von der Faust eines Giganten getroffen wurde. Dem Blitz, der den Nebel zerfetzte, die Männer an Deck der Galeone taumeln und ihre Gold- und Silberbarren an Deck poltern ließ, folgten die Druckwelle der Explosion und dann ein Donnerschlag, der Siri-Tong fast betäubte. Sie spürte, wie sie von der Druckwelle gepackt wurde, eine unvorstellbare Gewalt sie über das Schanzkleid warf und ihr schlanker, biegsamer Körper in der aufspritzenden See verschwand.

Siri-Tong war so benommen, daß sie in diesem Moment nicht mehr an die Haie dachte, deren Rückenflossen sie neben und hinter ihrem Boot gesehen hatte, als sie nach der Galeone Caligus suchten und schließlich das Pulverfaß unter dem Heck am Ruder befestigten. Aber so benommen sie auch war, sie hielt ihren Degen fest und begann fast automatisch zur Oberfläche emporzuschwimmen.

Sie spürte nichts von der Kühle des Wassers, denn Haß loderte in ihren Adern, in ihrem Herzen. Sie hatte, als sie die Lunte am Pulverfaß in Brand setzte, gehört, was Caligu zu Juanita gesagt hatte. Von da an wußte sie nicht mehr genau, was sie tat. Sie erinnerte sich jetzt lediglich, daß es wie ein Blutrausch über sie hereingebrochen war, daß sie gar nicht mehr anders gekonnt hatte, als sich am Ruder hochzuziehen und auf das Achterkastell der Galeone zu stürmen, um Rache zu nehmen für die Schmach, die dieser Mann ihr angetan hatte und in Gedanken immer wieder von neuem antat.

An das Pulverfaß, an die glimmende Lunte unter sich hatte sie nicht mehr gedacht. Auch nicht daran, daß sie dann ganz allein Caligu und seiner Mannschaft gegenüberstehen würde, denn ihre Männer im Boot mußten sich schleunigst zurückziehen, wenn sie nicht von dem explodierenden Pulverfaß ebenfalls zerrissen werden wollten.

Das alles schoß Siri-Tong durch den Kopf, als sie auftauchte. In dem Augenblick, in dem sie die Wasseroberfläche erreichte, hörte sie das Gebrüll der Piraten und die Stimme Caligus.

Krachend entluden sich über ihr die schweren Geschütze der Galeone. Caligu hatte die Nerven verloren, er glaubte den Zweimaster der Piraten schon neben seinem Schiff und ließ blindlings eine Breitseite nach der anderen in den Nebel feuern.

Siri-Tong tauchte. Es war, als wäre die Hölle um sie herum ausgebrochen. Sie ahnte nicht, daß Caligu ihr mit diesen Breitseiten das Leben rettete. Denn ein großer Hai, der eben von unten her aus der Tiefe auf sie zuschoß, drehte bei diesem Inferno von Lärm und in das Wasser schlagenden Geschossen wieder ab und verschwand augenblicklich in der Tiefe und mit ihm andere, die ständig um die Galeone Caligus herumgestrichen waren.

Siri-Tong schwamm um ihr Leben. Sie wußte von dieser Reaktion der Haie nichts, aber sie wußte, daß sie da waren und überall unter und neben ihr lauerten.

Erst jetzt wurde ihr bewußt, wie sehr sie die Kontrolle über sich verloren hatte und an welch einem dünnen Fädchen ihr Leben gehangen hatte und noch hing.

Ein Schatten tauchte neben ihr auf, kräftige Fäuste packten zu und zogen sie ins Boot.

Juan beugte sich über sie, und auch Bill The Deadhead, der einen massiv goldenen Totenkopf um den Hals trug, starrte sie an wie eine Erscheinung.

„Wahrhaftig, sie lebt“, sagte er nur. „Die muß der Meeresgott persönlich beschützt haben, oder sie ist mit dem Teufel im Bunde!“ Einer der Männer bekreuzigte sich.

Aber die Rote Korsarin ließ ihnen keine Zeit.

„Zum Schiff, rasch!“ stieß sie hervor. „Ich will diesen Bastard dort vernichten, keiner soll entkommen, sie werden sterben, alle!“

Wieder bekreuzigten sich die Männer, denn Siri-Tong wirkte in diesem Moment wie eine Göttin des Todes. Ihre schwarzen Augen schienen zu glühen, ihre Bluse war zerfetzt, eine ihrer festen Brüste lag bloß. Aber das alles störte Siri-Tong in diesem Moment nicht, sie wollte Rache an Caligu, zu einem anderen Gedanken war sie in diesem Moment nicht mehr fähig.

Die Männer holten die Leine ein, die sie mit dem Zweimaster der Roten Korsarin verband. Und es war, als ob die Natur jetzt die Regie über den letzten Teil des Dramas übernahm, das sich vor Tortugas Küsten abzuspielen begann.

Ein Windstoß fuhr durch den undurchdringlichen Nebel, und im selben Moment dröhnten abermals schwere Geschütze auf. Ihr Donner rollte über die See, eine weitere Salve antwortete.

Siri-Tong stand hochaufgerichtet im Heck ihres Bootes.

„Der Seewolf!“ sagte sie. „Der Seewolf ist da, und er ist genau zur rechten Zeit eingetroffen!“

Seewölfe Paket 4

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