Читать книгу Seewölfe Paket 16 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 31
6.
ОглавлениеOlaf Sundbärg hatte immer noch nichts bemerkt. Er grölte herum und hieb dem einen Mann, der neben ihm am Tisch saß, kräftig auf die Schulter. Ja, hier gab er den Ton an, und wehe, irgend jemand hatte daran etwas auszusetzen! Wem das nicht paßte, der sollte sich eine andere Kneipe suchen. Notfalls war Olaf bereit, ihm dabei zu helfen, indem er ihn vor die Tür setzte.
„Kennt ihr Aina, die Magd des Magnusson-Bauern?“ rief er. „Ho, das ist vielleicht ein Hühnchen! Ein Hühnchen, das gerupft werden will, sage ich euch!“
„Täusch dich bloß nicht, Olaf“, sagte der Mann zu seiner Rechten. Er hieß Sune und hatte Sixtens Sohn schon auf mancher nächtlichen Sauftour begleitet. „Aina ist anständig und läßt sich nicht mit jedem ein. An der beißt du dir die Zähne aus.“
Olaf verschwieg, daß er dies bereits getan hatte, er wollte sich nicht blamieren. Er lachte laut und dröhnend, dann hieb er mit der Faust auf den Tisch. „Sie ist also noch Jungfrau?“ Wieder lachte er. „Dann wird es Zeit, daß sie an den richtigen Mann gerät. Wenn sie mir mal über den Weg läuft, dann besorge ich es ihr, darauf kannst du dich verlassen.“
Sune grinste. „Wie du meinst. Hoffentlich kriegst du es dann nicht mit Börje Magnusson zu tun.“
„Der kann mich mal!“ rief Olaf. „Er soll sich nur ’raushalten, sonst kriegt er Ärger mit mir!“
Der dritte Zecher sagte: „Diese Aina habe ich neulich im Dorf gesehen. Sie hat einen wunderhübschen runden Hintern.“
„Und solche Brüste“, fügte der vierte Mann am Tisch hinzu und deutete mit den Händen an, was er meinte.
Olaf sagte etwas Gemeines, Unflätiges, und die anderen lachten dazu.
Stenmark nahm den vollen Bierhumpen aus Hamrens Hand entgegen und drehte sich langsam um. Er verspürte den unbändigen Drang, zu Olaf zu treten und ihm den Humpen links und rechts um die Ohren zu hauen, doch wieder bezwang er sich.
Auch früher war sein Vetter schon so laut gewesen. Äußerlich ähnelten sie sich stark, doch das war auch die einzige Übereinstimmung zwischen ihnen. Brüder hätten sie sein können, so hatten die Einwohner von Kungelf seinerzeit immer wieder gesagt, aber sie hatten dabei die Verschiedenartigkeit im Wesen dieser beiden Männer vergessen.
Olaf hatte einen zynischen Mund und kalte Augen, die das Primitive in seiner Natur zum Ausdruck brachten. Stenmark hätte in den vielen Jahren auf See gleichfalls verrohen können, doch er war der geblieben, der er schon in jüngeren Jahren in seiner Heimat gewesen war: ein stiller und aufrichtiger Mann, der Niederträchtigkeit und Brutalität haßte.
Sie waren gleich alt, doch Olaf sah verlebt aus, wie Stenmark jetzt, als er näher auf ihn zutrat, registrierte. Kein Wunder dachte er, alles hinterläßt seine Spuren.
Hamren verfolgte Stenmark immer noch mit seinem Blick, als habe er einen Geist vor sich. Alles hatte er erwartet, nur das nicht – daß dieser Stenmark eines Tages nach Kungelf zurückkehrte. Die Vergangenheit wurde wieder lebendig, alte Wunden waren nicht verheilt, alles würde wieder neu aufgerollt werden.
Stenmark ging mit seinem Bier zu einem leeren Tisch, setzte sich und sah seinen Vetter an. In diesem Augenblick wurde sich Olaf der Gegenwart Stenmarks bewußt und ließ den Humpen sinken, den er gerade an den Mund heben wollte, um ihn zu leeren.
Die Gespräche verstummten, und auch an den Nebentischen richteten sich alle Blicke auf Sundbärg und Stenmark. Plötzlich lastete Totenstille über den Zechern. Einige Männer stießen sich gegenseitig an, die Atmosphäre schien vor Spannung zu knistern.
Olaf Sundbärg wurde weiß im Gesicht, und fast verschluckte er sich. Nahezu alles hätte er für möglich gehalten, nur dies nicht. Stenmark, so hatte er gelegentlich gedacht, ist bestimmt längst tot – irgendwo im Meer ersoffen oder in einem fernen Land verschollen.
Stenmark nickte ihm ruhig zu und sagte: „Es ist soweit, Olaf Sundbärg. Wir beide brechen jetzt zum Häradshöfding nach Göteborg auf und bringen die Sache von damals in Ordnung.“
Der Häradshöfding war der Richter. Er würde sich anhören müssen, was Stenmark vorzutragen hatte, und wenn die Beweise oder Zeugenaussagen ausreichend waren, mußte er das Urteil von früher revidieren.
Olaf Sundbärg hatte sich wieder gefangen. Er erhob sich von seinem Platz. Die Farbe kehrte in sein Gesicht zurück, er lief rot an, streckte den Arm aus, deutete mit dem Finger auf seinen Vetter und schrie plötzlich los: „Packt den Kerl! Haltet ihn fest! Auf was wartet ihr? Er ist ein Mörder und Frauenschänder!“
„Jawohl!“ rief nun auch der Hamren-Wirt. „Ein Verbrecher, der hingerichtet gehört! Man verhafte ihn!“
Stenmark blieb sitzen. Er hob seinen Humpen und nahm einen Schluck von dem Bier. Es war nicht zu kühl und hatte auch die richtige Menge Schaum, es schmeckte herb und würzig und löschte seinen Durst.
„Damals hast du entwischen können, Stenmark, du Hund!“ brüllte Olaf Sundbärg. „Aber die Chance kriegst du nicht wieder! Jetzt bist du hier – und du empfängst, was du verdient hast!“
Stenmark war immer noch völlig gelassen. Er stellte den Humpen zurück auf den Tisch und musterte wieder seinen Vetter, wodurch dieser noch mehr in Wut geriet.
Sune, die beiden anderen Männer an Olafs Tisch und die übrigen Zecher jedoch zögerten und waren unschlüssig. Was hatte das alles zu bedeuten? Sundbärg reagierte wild und explosiv, Stenmark jedoch schien die Ruhe in Person zu sein.
Außerdem hatte Stenmark erklärt, man würde zum Häradshöfding nach Göteborg gehen – verhielt sich so etwa ein Mann, der Angst vor einem Richterspruch hatte? Oder war dies alles nur eine gut einstudierte Täuschung, ein Bluff?
Es hatte damals auch sehr viel Gerede gegeben, obgleich alles gegen Stenmark gesprochen hatte – vor allem sein Messer, das bei der Leiche der Kerstin Nilsson gefunden worden war.
Jemand hatte Kerstin vergewaltigt und dann ermordet. Wie sich alles abgespielt hatte, wußte auch heute niemand genau, doch die seinerzeit durchgeführten Untersuchungen hatten ergeben, daß ein wilder Kampf zwischen Kerstin und ihrem Bezwinger stattgefunden haben mußte.
Jedermann wußte auch, daß zwei Männer um Kerstin Nilssons Gunst geworben hatten: Stenmark und sein Vetter Olaf Sundbärg. Der Richter und die zwölf Beigeordneten des Things – des Gerichtes – hatten damals, vor nunmehr gut achtzehn Jahren, einstimmig Stenmarks Schuld festgestellt – wegen des Messers, das als einziges Beweismittel gefunden worden war. So hatten sie Stenmark zum Tode durch Erhängen verurteilt.
Aber in der Nacht vor der Urteilsvollstreckung in Göteborg war Stenmark geflohen. Er war für immer verschwunden, keiner hatte gewußt, wo er geblieben war. Es war nach ihm gesucht worden, doch die Fahndung war schließlich erfolglos abgebrochen worden.
Viele Bewohner von Kungelf und der näheren Umgebung hatten dies als Eingeständnis von Stenmarks Schuld angesehen, andere wiederum aber nicht. Der Mordfall Kerstin Nilsson hatte viel Staub aufgewirbelt, die Diskussion darüber hatte Jahre angedauert.
Jetzt tauchte Stenmark wie ein Geist aus einer anderen Welt wieder auf und forderte, mit seinem Vetter erneut vor den Richter und den Thing zu gehen. Ungeheuerlich war das!
„Was ist los?“ schrie Olaf Sundbärg. „Habt ihr Angst vor ihm? Herrgott, was seid ihr doch für Memmen! Ich zeige euch, wie man mit Mördern umspringt!“
Er verließ seinen Platz und rückte langsam auf Stenmark zu, der immer noch völlig ruhig und reglos dasaß.
„Warte!“ schrie Sune, und dann erhoben sich auch die beiden anderen Männer von Olafs Tisch. „Wir helfen dir!“ riefen sie.
An einem der Nebentische sprang jedoch plötzlich ein Mann auf und sagte laut und aufgebracht: „Einen Augenblick! Glaubt ihr vielleicht, ihr könntet Selbstjustiz üben? Da habt ihr euch aber getäuscht! Stenmark wäre niemals freiwillig nach Kungelf zurückgekehrt, wenn nicht wenigstens ein Teil seiner Unschuld bewiesen werden könnte!“
„Das ist doch Unsinn!“ brüllte Hamren. „Bist du verrückt, Helge Arvidson, so was zu behaupten? Du hast zuviel getrunken! Scher dich hier ’raus, ich will dich nicht mehr sehen!“
„Das könnte dir so passen!“ rief Helge Arvidson höhnisch. „Du hast wohl auch Dreck am Stecken, was, Hamren?“
„Ja, so wie Olaf Sundbärg!“ schrie ein anderer Mann, der nun von seinem Stuhl hochfuhr. „Die Kerle glauben, ganz Kungelf gehöre ihnen, und sie denken, sie können hier tun, was ihnen paßt! Es wird Zeit, daß ihnen jemand das Maul stopft!“
„Werft die Drecksäcke hinaus“, sagte Olaf Sundbärg zu Sune und seinen anderen Verbündeten. „Haut ihnen die Jacke voll.“
„Ihr Hunde!“ brüllte Hamren. „Wenn ihr mich nicht leiden könnt, warum trinkt ihr dann hier euer Bier?“
„Wir zahlen ja schließlich auch dafür, und du verdienst dich an uns dumm und dämlich!“ stieß Arvidson hervor. „Hast du das noch nicht gemerkt?“
Gut, dachte Stenmark, sehr gut sogar. Er hob wieder seinen Humpen an und trank einen Schluck Bier. Die Dinge standen nicht so schlecht, wie er gedacht hatte, es gab noch Männer in Kungelf, die für ihn Partei ergriffen.
Absichtlich bewahrte Stenmark seine Ruhe, obwohl er am liebsten auch aufgesprungen wäre, um Sundbärg anzugreifen. Er wußte, daß seine Art, sich zu verhalten, den Vetter nur provozieren mußte. Und so war es auch: Olaf Sundbärg trat dicht vor ihn hin, abwechselnd rot und weiß im Gesicht vor Wut.
Kaum hatte Stenmark seinen Humpen halb abgesetzt, da hieb Sundbärg zu, und der Humpen flog bis in die Raumecke, knallte gegen die Wand und fiel scheppernd zu Boden. Er blieb heil. Das Bier strömte in einer Lache aus und lief in die Ritzen zwischen den Dielen.
Stenmark erhob sich. Olaf holte aus und rammte ihm die Faust gegen das Kinn, so daß Stenmark zurückgeworfen wurde, über seinen Stuhl stolperte und mit ihm zu Boden stürzte. Wie durch ein Wunder wurde er durch den Hieb nicht ohnmächtig, er schüttelte nur den Kopf und mußte sich beherrschen, um nicht aufzustöhnen. Der Schmerz durchflutete ihn wie eine brennende Woge, doch er hatte schon Schlimmeres einstecken müssen.
Olaf Sundbärg war über ihm und holte zu einem Tritt mit seinem rechten Fuß aus. Der Haß verzerrte sein Gesicht.
„Dich mache ich jetzt fertig, du Hurensohn“, zischte er. „Ich bringe dich um.“
Stenmark hatte an unzähligen Nahkämpfen teilgenommen und wußte sich auch ohne Waffen gegen einen Gegner zu behaupten. Die Ursache dafür, daß er sich von Sundbärg hatte niederschlagen lassen, lag nicht in einer momentanen Schwäche oder Unaufmerksamkeit begründet. Er hatte seinen Vetter bloßstellen und herausfordern wollen, und das hatte er jetzt erreicht.
Sundbärgs Fuß schnellte vor, doch Stenmark war dieses Mal auf der Hut. Er stieß den umgekippten Stuhl von sich fort, rollte sich zur Seite ab und entging dem Tritt, der seine linke Körperseite hatte treffen sollen. Er rappelte sich wieder auf und kämpfte gegen die Schmerzen und die Schwindelgefühle an.
„Schluß!“ schrie Helge Arvidson. „Das kannst du nicht tun, Olaf Sundbärg! Das ist eine Gemeinheit!“
„Kümmre dich um deine eigenen Angelegenheiten!“ rief Sundbärg ihm zu. „Was hier passiert, geht dich einen Dreck an! Wenn das nicht in deinen dicken Schädel will, brauchst du dich nicht zu wundern, wenn du was vor die Schnauze kriegst!“
Helge Arvidson und die anderen Männer, die sich spontan auf Stenmarks Seite gestellt hatten, krempelten die Ärmel hoch und schoben sich mit zornigen Mienen auf die Gruppe um Olaf Sundbärg zu.
Sune trat plötzlich vor Arvidson hin und wollte ihn zurückstoßen, doch der Mann handelte gedankenschnell. Er trat Sune gegen das Schienbein, daß dieser aufstöhnte und sich krümmte.
Dann packte er sich den nächsten Anhänger Sundbärgs und schrie: „Einen einzelnen Mann zu verprügeln – das habt ihr euch ja fein ausgedacht! Schöne Helden seid ihr! Wenn schon, dann nehmt es gefälligst auch mit uns auf!“
„Das kannst du haben!“ brüllte Sundbärg und warf sich ihm entgegen. Sune, der sich inzwischen wieder halbwegs von dem Tritt erholt hatte, wollte ihm zu Hilfe eilen, doch Stenmark packte ihn an der Schulter, riß ihn zu sich herum und hieb mit der Faust zu, daß er gleich ein paar Schritte zurücktaumelte und mit dem fluchenden Hamren-Wirt zusammenprallte.
Im Nu war die schönste Keilerei im Gange, wilder hätte sie auch in Plymouth in der „Bloody Mary“ nicht ausfallen können. Stenmark fühlte sich in seinem Element, nichts konnte ihn mehr aus der Ruhe bringen. Im Gegenteil, in diesem Tumult begann er sich erst richtig wohl zu fühlen. Er kämpfte sich bis zu Olaf Sundbärg durch, rammte diesem die Faust in den Leib und schrie ihn an: „Nochmals – begleite mich zum Richter!“
„Niemals! Verrecke, du Bastard!“
„Wenn du dich weiterhin weigerst, schleppe ich dich eigenhändig bis nach Göteborg!“ schrie Stenmark und wich einem gemeinen Schlag aus, den sein Vetter ihm unterhalb der Gürtellinie beizubringen versuchte. Er hieb zurück und traf, Sundbärg keuchte entsetzt.
In dem nun folgenden Zweikampf, der die beiden quer durch den Raum des Wirtshauses trieb, hatte Stenmark einige Punkte für sich zu verbuchen, doch Olaf Sundbärg gab trotzdem nicht auf. Immer wieder hetzte er seine Anhänger durch Rufe auf, und diese hörten nicht auf, sich mit der Arvidson-Gruppe herumzuschlagen. Die Keilerei wurde immer schlimmer, auch Hamren griff mit ein.
Zu Arvidsons Mitstreitern gehörten Männer, die mit dem großmäuligen Olaf Sundbärg ein Hühnchen zu rupfen hatten – teils wegen der Mädchen, die er dem einen oder anderen ausgespannt und dann wieder fallengelassen hatte, teils wegen seiner unlauteren Methoden, den Besitz der Sundbärgs zu vergrößern. Stenmark sollte all dies erst später erfahren, auch, daß der alte Sixten von den Machenschaften seines Sohnes wirklich nichts ahnte.
Olaf Sundbärg sprang mit den Frauen und Mädchen um, wie es ihm gerade paßte, und er hatte Grundstücke in seinen Besitz gebracht, indem er die Handelspartner kräftig übers Ohr gehauen hatte. Arvidson beispielsweise hatte ihm drei Morgen Wald gegen Handschlag verkauft, hatte aber nur eine Anzahlung erhalten und wartete seit Monaten auf den Rest der vereinbarten Summe.
Beliebt war Olaf Sundbärg also nicht, nur die Raufbolde und Tagediebe von Kungelf waren seine Freunde. Hamren hatte ebenfalls keine reine Weste, wie Stenmark richtig vermutete, er hatte schon so manche krumme Tour mit Sundbärg zusammen geritten.
Stenmark hatte seinem Vetter jetzt einige harte Hiebe verpaßt, so daß dieser ins Wanken geriet, doch Hamren gelang es, sich mit einem Satz hinter Stenmark zu bringen. Plötzlich riß er eine leere Flasche an sich, die auf der Theke stand, und ließ sie auf Stenmarks Kopf niedersausen.
Stenmark bemerkte dies, aber nicht mehr rechtzeitig genug. Er duckte sich und wich aus, doch die Flasche traf ihn – zwar nicht auf den Hinterkopf wie beabsichtigt, aber mit einiger Wucht auf die Schulter, so daß er in die Knie ging.
Olaf trat seinem Vetter mit dem Stiefel gegen die Brust. Stenmark wurde zurückgeworfen und glitt ein Stück über die Bohlen, dann fing er sich und sprang wieder auf, ehe die beiden Kerle ihn gemeinsam bewußtlos schlagen konnten.
Arvidson hatte Sune überwältigt, Sune lag mit weit von sich gestreckten Armen und Beinen auf dem Boden. Arvidson nahm sich den nächsten von Olafs Kumpanen vor, aber ein Stuhl flog durch die Luft, und eins der Beine erwischte ihn am Kopf. Mit einem Aufschrei fiel er, packte dabei aber noch den Fußknöchel seines Gegners und riß ihn mit sich zu Boden. Im nächsten Augenblick balgten sie sich wie verrückt auf den Dielen.
Hamren wurde auf die beiden aufmerksam und trachtete danach, Arvidson durch einen Tritt außer Gefecht zu setzen, doch dieser griff nach seiner Wade und brachte ihn ebenfalls aus dem Gleichgewicht. Hamren war ein schwerer Mann, es gab einen dumpfen Laut, als er auf die Dielen krachte. Wütend drosch er mit beiden Fäusten auf Arvidson ein, doch der erhielt jetzt Verstärkung.
Ein Knäuel von Leibern hatte sich im Zentrum des Schankraumes gebildet. Stenmark und Sundbärg standen etwas abseits, und Sundbärg versuchte, seinen Vetter in eine Ecke abzudrängen, was ihm jedoch nicht gelang. Stenmark konterte mit brettharten Hieben und war nicht mehr in Verlegenheit zu bringen.
Sundbärg wandte zwar einige Tricks an, aber Stenmark fiel nicht darauf herein. Er blieb souverän der Überlegene. Sundbärg bemerkte es und bekam es mit der Angst zu tun, wie seinen Zügen deutlich abzulesen war.
„Ich bringe dich schon vor den Richter!“ schrie Stenmark. „Koste es, was es wolle!“
„Du schaffst es nicht!“ brüllte Sundbärg in seiner aufkeimenden Panik.
In der Kneipe war bereits einiges zu Bruch gegangen, und die Holzerei ging weiter. Die gegnerischen Parteien droschen mit abgebrochenen Stuhlbeinen, Humpen und Fäusten aufeinander ein, ein Ende der Auseinandersetzung zeichnete sich vorerst nicht ab.
Olaf Sundbärg griff jedoch plötzlich unters Hemd und zog ein Messer aus dem Gurt hervor. Er ließ die Klinge ein paarmal durch die Luft schneiden, dicht vor Stenmarks Gesicht, dann stellte er sich mit abgespreizten Beinen hin und breitete die Arme aus, wobei er seine Waffe zum Stich bereithielt.
„Du Narr!“ stieß er hervor. „Hast du dir eingebildet, ich hätte überhaupt keine Waffe bei mir? Wie dumm du doch bist.“
„Ich weiß, wie gut du mit Messern umgehen kannst“, entgegnete Stenmark. „Das hast du ja auch bewiesen, als du Kerstin umgebracht hast.“ Er ließ sich nicht einschüchtern. Seine Augen verengten sich nur, sein Atem aber ging ruhig und regelmäßig.