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8.

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Kurze Zeit später hatte Hauptmann Stig Björnson sein Pferd, einen hochbeinigen Falben, gesattelt und aufgezäumt, und die beiden Männer setzten sich in Bewegung. Sie vermieden es, den Marktplatz zu überqueren. Auf einem kleinen Umweg gelangten sie zu dem quadratischen Hof, auf dem Stenmark den Schimmel zurückgelassen hatte. Stenmark überzeugte sich davon, daß mit dem Tier alles seine Ordnung hatte, dann saßen sie beide auf und verließen den Ort.

Björnson vergewisserte sich immer wieder durch Blicke nach allen Seiten, daß sie nicht verfolgt wurden. In Kungelf schien alles ruhig zu bleiben. Vielleicht hatten die Männer um Olaf Sundbärg und Hamren inzwischen beratschlagt und befunden, daß es keinen Zweck hatte, sich mit dem Landeshauptmann anzulegen.

So dachte jedenfalls Stenmark, doch es sollte sich herausstellen, daß er sich diesmal getäuscht hatte.

Sie ritten durch Fichten-, Kiefern- und Mischwald, sahen einmal, als der dunkle Vorhang des Waldes sich vor ihnen öffnete, auch das Wasser des Göta-Flusses im Mondlicht glitzern, gerieten in hügeliges Gelände und schickten sich bald darauf an, einen Hohlweg zu durchqueren. Etwa drei bis vier Meilen mochten sie jetzt von Kungelf entfernt sein, doch es lagen noch mindestens zehn, zwölf Meilen bis nach Göteborg vor ihnen.

Björnson hob plötzlich den Kopf, doch es war bereits zu spät, um etwas zu unternehmen: Von den Wänden des Hohlweges stürzten sich vier vermummte Gestalten auf sie hinunter. Ihr Erscheinen glich einem Spuk, doch die Art, wie sie sich auf die Reiter warfen, hatte nichts Gespenstisches an sich, sie war ausgesprochen real.

Einer der Maskierten saß unversehens hinter Hauptmann Björnson im Sattel des Falben. Björnson wandte sich um und rammte dem Kerl den Ellenbogen in die Magengrube, doch der klammerte sich an ihm fest, so daß sie beide zu Boden fielen.

Stenmark wurde gleich von zwei Kerlen aus dem Sattel geholt, doch dem einen verpaßte er einen Tritt gegen das Bein, so daß zumindest dieser für eine Weile außer Gefecht gesetzt war.

Der vierte Mann hatte plötzlich eine Steinschloßpistole in der Hand, deren Hahn er mit dem Daumen spannte. Stenmark vernahm deutlich das metallische Knacken, er fuhr herum und beobachtete trotz der Dunkelheit, wie der Kerl auf den Landeshauptmann anlegte.

Die Pferde waren ein Stück weitergelaufen und schnaubten ängstlich, der Schimmel stieg mit den Vorderläufen auf und wieherte.

Björnson kämpfte immer noch mit dem Kerl, der ihn aus dem Sattel gerissen hatte. Er brachte ihm mehrere schwere Schläge bei und versuchte, ihn von sich wegzurollen, um aufspringen und es auch mit den anderen Angreifern aufnehmen zu können.

Stenmark entsann sich in diesem Moment sämtlicher Tricks, die er seinerzeit mit der Crew der „Isabella“ zusammen auf Formosa erlernt hatte. Immer wieder hatte Hasard ihm und den anderen eingeschärft, sie sollten diese Kampfmethoden nur anwenden, wenn sich ihr Leben in äußerster Gefahr befände.

Das war jetzt der Fall, und Stenmark zögerte nicht, Tritte und Handkantenschläge auszuteilen. Sein erster Gegner, der gerade versuchte, seine Kehle zu packen und sie zusammenzudrücken, flog plötzlich zurück und prallte mit dem Rücken gegen die Felswand. Der zweite – jener, der schon den Tritt gegen das Bein empfangen hatte – brach unter einem wuchtigen Hieb zusammen, den Stenmark auf seinen Nacken niedersausen ließ.

Stenmark entdeckte einen dicken Ast, der auf dem Boden des Hohlweges lag. Er mußte von einem der Bäume, die über den Wänden der Felsengasse aufragten, bei einem der Winterstürme abgebrochen sein.

Diesen Ast hob Stenmark auf. Sofort hatte er den Eindruck, daß es sich um frisches Holz handelte, daß es also nicht morsch sein konnte. Er wollte mit dieser primitiven Waffe auf den Mann mit der Pistole losgehen, doch der traf bereits Anstalten, auf den Landeshauptmann abzudrücken.

Stenmark schleuderte den Ast und traf den Kerl an der Schulter. Dennoch ging der Schuß los. Sein Krachen dröhnte ohrenbetäubend von den Wänden des Hohlweges zurück. Björnson bäumte sich auf, sein Wehlaut jagte Stenmark einen eiskalten Schauer über den Rücken.

Mit einem Satz war Stenmark bei dem Kerl mit der Pistole und schlug ihn nieder, dann hob er den Ast wieder auf und fuhr zu den anderen herum.

Der eine – er war der Mann, der eben gerade vom Hauptmann abgelassen hatte, bevor der Schuß gefallen war – sprang sofort auf Stenmark zu, doch Stenmark ließ den Ast wild durch die Luft schwingen und fällte ihn mit einem Hieb gegen die Schulter.

Der nächste Kerl empfing den Ast mit so großer Wucht gegen die Beine, daß er sofort umkippte. Der vierte war eben wieder zu sich gekommen und rappelte sich auf, doch als er Stenmark mit wutverzerrter Miene auf sich zu rücken sah, gab er den Kampf auf und ergriff die Flucht.

Auch seine beiden Kumpane verzichteten darauf, ihre Pistolen oder Messer zu zücken und damit auf Stenmark loszugehen. Er war derart in Zorn geraten, daß er es ohne weiteres mit zwei, drei Gegnern gleichzeitig aufnehmen konnte, und der Ast wurde in seinen Fäusten zu einer furchtbaren Waffe.

So flohen auch diese beiden, und nur der Kerl, der auf Björnson gefeuert hatte, blieb am Boden liegen. Stenmark trat zu ihm, blickte aber immer wieder über die Schulter zurück zum Eingang des Hohlweges. Falls die Kerle von neuem angriffen, würde er gewappnet sein. Diesmal ließ er sich nicht von ihnen hereinlegen. Er sah auch zu den Wänden des Hohlweges auf, doch vorläufig zeichneten sich die Umrisse ihrer Gestalten dort nicht mehr ab.

Der Schimmel und der Falbe entfernten sich immer weiter. Der Schuß hatte ihre Panik gesteigert. Stenmark wußte, daß er kaum eine Chance hatte, die Tiere einzufangen, sie würden ihm nicht gehorchen.

Er fluchte leise vor sich hin, dann nahm er dem bewußtlosen Kerl die Waffen ab – die Pistole und die dazu passende Munition sowie einen Degen und ein Messer. Er riß ihm die Maske vom Gesicht. Hatte er erwartet, Olaf Sundbärg oder Hamren vor sich zu haben, so wurde er jetzt enttäuscht. Er erkannte in dem Kerl jedoch einen von denen wieder, die Sundbärg bei der Schlägerei in dem Wirtshaus Beistand geleistet hatten.

Stenmark fluchte wieder, dann kroch er zu Stig Björnson hinüber. Der war ebenfalls besinnungslos. Stenmark untersuchte ihn, so gut es ging, und stellte aufatmend fest, daß nur die linke Schulter des Mannes verletzt war. Es schien sich jedoch um einen Steckschuß zu handeln. Noch schwebte der Hauptmann nicht in Lebensgefahr, aber die Blessur durfte auch nicht unterschätzt werden.

Natürlich steckte Olaf Sundbärg hinter dem heimtückischen Angriff, daran bestand nicht der geringste Zweifel. Vielleicht war er sogar selbst mit dabei gewesen. Er schreckte also vor nichts zurück, auch nicht davor, es Björnson zu besorgen.

Das war ein neuer Beweis für Sundbärgs Schuld. Aber Stenmark steckte in der Klemme. Er erhob sich und lief den Pferden nach, aber es gelang ihm nicht einmal, seinen gemieteten Schimmel einzufangen. Der hochbeinige Falbe des Hauptmanns war längst in der Nacht verschwunden. Der Schimmel schnaubte noch ein paarmal nervös, dann galoppierte auch er davon.

Nach Kungelf konnte Stenmark nicht zurückkehren, dort würden die Anhänger der Sundbärg-Clique schon auf ihn warten. Außerdem war der Weg in den Ort mit einem verletzten Mann, den er stützen oder tragen mußte, viel zu weit. Wohin sollte er sich also wenden?

Das Gehöft der Stenmarks lag auch viel zu weit entfernt, außerdem würde er dort wahrscheinlich nur auf Ablehnung und taube Ohren stoßen. Was hatten die Leute, die das Anwesen gekauft hatten, mit den Stenmarkschen Problemen zu tun? Natürlich nichts. Sie würden sich hüten, ihn zu unterstützen. Sicherlich hielten auch sie ihn für einen Mörder und waren hinreichend über die Geschichte von damals unterrichtet. Björnson konnte, wenn er bewußtlos blieb, keine Erklärungen abgeben, die ihnen weiterhalfen.

Zum Sundbärg-Hof konnte Stenmark schon gar nicht gehen, denn dort bestand die Möglichkeit, mit Olaf persönlich zusammenzutreffen, und der würde dieses Mal nicht zögern, ihn sofort über den Haufen zu schießen. Im übrigen war es Stenmark nach wie vor nicht daran gelegen, den alten Sixten, seinen Onkel, in die Sache mit hineinzuziehen.

Das war auch der Grund dafür, warum er nicht zu den Magnussons lief und dort um Hilfe bat. Aina mußte aus der Angelegenheit herausgehalten werden, sonst würde sie später unter Olafs Rache zu leiden haben.

Nein, er durfte keinen Menschen behelligen. Nach wie vor mußte er allein handeln. Kurz entschlossen lud er ¡sich deshalb die reglose Gestalt Stig Björnsons auf die Schulter, ließ den immer noch ohnmächtigen Wegelagerer liegen und verließ mit langen Schritten den Hohlweg.

Er marschierte in Richtung Göteborg und hoffte, die Straße zu finden, auf der er früher oder später vielleicht Reiter oder sogar einen Wagen antreffen würde. Doch er schaffte es nur knapp eine Meile weit, dann begann es in dikken Flocken zu schneien. Das Schicksal schien sich gegen ihn gewendet zu haben: Bald steigerte sich das Wetter zu einem dichten Schneetreiben, und er hatte Mühe, die Orientierung zu behalten.

Nach Ablauf einer weiteren halben Stunde war sein Ortssinn tatsächlich gestört. Er wußte nicht mehr, wo er war. Wieder begann er wild zu fluchen, verstummte aber gleich wieder. Was war, wenn jemand seine Verfolgung aufgenommen hatte? Würde er sich nicht durch seine heftig hervorgestoßenen Worte verraten und den Gegner nur anlocken?

Er preßte die Lippen aufeinander. Björnson begann nun zu stöhnen, doch er kam immer noch nicht zu sich. Stenmark suchte nach einem Unterschlupf, um wenigstens das Ende des Schneegestöbers abzuwarten und die Wunde des Hauptmanns zu verbinden. Nach einigem planlosen Hin und Her entdeckte er schließlich eine Höhle und kroch hier mit seinem Begleiter unter.

„Scheißspiel“, murmelte er. „Das hat mir gerade noch gefehlt.“

Er untersuchte Björnson und gelangte zu dem Schluß, daß es diesem wenig nutzte, wenn er ihn jetzt verband. Die Blutung hatte aufgehört. Doch Björnson mußte unbedingt zu einem Arzt gebracht werden, damit dieser ihm das Blei aus der Schulter holte. Stenmark wußte genau, was dem Mann sonst blühte. Er würde eine Wundentzündung und den damit verbundenen Starrkrampf kriegen, der den sicheren Tod nach sich zog.

In den Jahren an Bord der Schiffe des Seewolfes hatte Stenmark vom Kutscher, dem Koch und Feldscher der Crew, so manches gelernt. Aber wie man eine Kugel entfernte, die obendrein noch so tief wie diese saß, wußte er nicht. Man brauchte dazu bestimmte Gerätschaften, ein Messer genügte nicht. Stenmark befürchtete außerdem, den Hauptmann umzubringen, wenn er an der Schulter herumzuoperieren begann.

In Björnsons Taschen fand er einen Flint und Feuerstahl. Das ist wenigstens etwas, dachte er. Er begann nun, vor der Höhle nach dürrem Holz und Reisig zu suchen. Das war ein mühsames Werk, und er bereute es, den Ast, der ihm als Waffe gedient hatte, unterwegs im Wald zurückgelassen zu haben.

Endlich aber hatte er genug Holz zusammen, um ein Feuer entfachen zu können. Sorgsam schichtete er es in der Höhle zu einer kleinen Pyramide auf, legte das dürre Holz und ein paar Rindenstücke als Zunder darunter und fing dann an, den Flint gegen den Feuerstahl zu schlagen, bis der Zündfunke übersprang und das Feuernest in Brand setzte.

Die Flammen züngelten auf, griffen nach den Scheiten und verbreiteten Wärme und Licht. Stenmark rieb sich die Hände, sie hatten heftig zu frieren begonnen. Er wußte, daß ein Lagerfeuer in einer Nacht, die man im Freien verbrachte, bei so niedrigen Temperaturen, wie sie in Schweden herrschten, mehr bedeutete als Essen und Trinken. Vierundzwanzig Stunden konnte ein Mann schon einmal verbringen, ohne auch nur einen Tropfen Wasser zu sich zu nehmen – doch wenn er sich in diesem Land nicht aufzuwärmen verstand, dann starb er den Tod des Erfrierens, ehe die Sonne wieder am Horizont aufstieg.

Stenmark rückte den Landeshauptmann so nah an das Feuer, wie es möglich war. Er wartete darauf, daß er zu sich kam, doch vorläufig lag Stig Björnson immer noch in tiefer Bewußtlosigkeit.

Stenmark fühlte sich für das, was ihm zugestoßen war, mit verantwortlich. Björnson hatte sich für ihn eingesetzt, indem er dafür gesorgt hatte, daß er, Stenmark, unbehelligt bis nach Göteborg gelangte. Und das hatte er nun davon: Die Buschteufel hatten zugeschlagen und ihn so verletzt, daß er bald zwischen Leben und Tod schweben würde.

Wenn ich nur die „Isabella“ erreichen könnte, dachte Stenmark mit verbissenem Gesicht, dort würden der Kutscher und Mac Pellew dem Verletzten die Kugel sofort herausholen.

Doch vorerst war er dazu verdammt, in der Höhle auszuhalten. Das Schneetreiben ließ nicht nach, es nahm eher noch zu. Jaulend strich der Wind am Eingang der Grotte vorbei.

Etwas später stellte Stenmark fest, daß Björnson und er nicht allein waren. Sie wurden beobachtet – jedoch nicht von zweibeinigen Gegnern. Schatten tauchten in der Nacht auf, schlichen an der Höhle vorbei und verschwanden wieder – Wölfe!

Auch aus diesem Grund brauchte Stenmark das Feuer. Doch es würde erlöschen, wenn er nicht für Nachschub sorgte. Holz mußte her. Das Holz konnte er draußen aufsammeln. Was aber würden die Wölfe tun?

Er grinste verkniffen, dann nahm er auch Björnson die Waffen ab: seine eigene Pistole, eine zweite Pistole mit Radschloß, den Schiffshauer und das Messer. Somit verfügte er also über drei Pistolen, über einen Cutlass und einen Degen sowie über zwei Messer. Die Munition für die Schußwaffen war knapp. Falls er sich gegen massive Angriffe der Wölfe verteidigen mußte, reichte sie nicht aus.

Mit ruhigen Bewegungen lud er die Pistolen. Bildet euch bloß nicht ein, daß ihr mich packen könnt. Ein Seewolf läßt sich von einem elenden Landwolf nicht in den Hintern beißen, verstanden?

Er wußte aber selbst ganz genau, daß dies nur bitterer Galgenhumor war. Wenn sich ein komplettes Rudel vor der Höhle einfand, hatte er wenig zu lachen, denn sie würden versuchen, Björnson und ihn zu holen – trotz des Feuers, dessen Schein an den Wänden zuckte.

Mit drei Pistolen im Gurt und dem Schiffshauer in der Faust glitt er ins Freie und suchte erneut nach Brennholz. Ständig war er auf der Hut und achtete darauf, daß er den Rücken frei hatte. Einmal glaubte er, im Wald die gelblichen, schmalen Lichter eines Wolfes zu sehen. Dann, auf dem Rückweg zur Höhle, vernahm er ganz dicht neben sich ein verhaltenes Knurren. Er holte mit dem Cutlass aus und führte einen Streich in die Finsternis hinaus. Das Knurren verstummte.

Stenmark verlor das Brennholz aus der linken Hand und mußte es mühsam wieder aufsuchen. Seine Finger drohten wieder steif zu werden. Der Schnee trieb ihm ins Gesicht und behinderte seine Sicht. Fluchend betrat er die Höhle und hatte Angst, daß die Wölfe sich Björnson bereits geholt hatten – doch er durfte aufatmen. Der Landeshauptmann war noch da.

Er lud das Holz ab und legte ein paar Scheite in das Feuer, so daß die Flammen gleich wieder höher aufstiegen.

Wie soll das weitergehen? dachte er.

Björnson regte sich plötzlich und kam zu sich. „Wo sind wir, Stenmark?“ fragte er mit leiser Stimme. „Ich habe Schmerzen. Haben – die Kerle mich erwischt? Und Sie? Sind Sie auch verletzt?“

„Nein, ich habe Glück gehabt, Hauptmann“, entgegnete Stenmark. „Aber mir wäre lieber gewesen, wenn sie mir das Stück Blei verpaßt hätten, glauben Sie mir.“ Er begann zu berichten, was sich abgespielt hatte, nachdem einer der heimtückischen Gegner auf Björnson gefeuert hatte.

„Eine verfahrene Situation“, murmelte der Landeshauptmann am Ende. „Aber wir sollten trotzdem versuchen, das Beste daraus zu machen. Geben Sie mir eine Pistole. Keine Sorge, ich komme mit dem rechten Arm und der Hand noch gut zurecht. Schade, daß wir keinen Schnaps haben. Mein Falbe hat die Flasche mitgenommen, die ich immer in der Satteltasche bei mir führe – für alle Fälle.“

Stenmark händigte ihm die Pistole aus, dann sagte er: „Es tut mir leid, daß Sie nun doch Scherereien mit mir haben.“

„Es ist nicht Ihre Schuld, daß wir überfallen worden sind. Aber Olaf Sundbärg kann sich auf etwas gefaßt machen.“

„Auch Sie glauben, daß er dahintersteckt?“

„Wer denn wohl sonst?“ stieß Björnson hervor. „Es gehört ja kein Scharfsinn dazu, ihn als Anstifter hinter der Sache zu vermuten. Und überhaupt, für wie idiotisch hält er uns? Denkt er, wir würden nicht darauf kommen?“

Stenmark schüttelte den Kopf. „Das nicht. Er denkt, er könnte uns ausschalten. Für alle Zeiten. Er findet uns wieder, Hauptmann, verlassen Sie sich darauf.“

„Na schön, soll er es tun. Ganz wehrlos sind wir ja nicht.“

Stenmark betrachtete das Gesicht Björnsons, das sich vor Schmerzen verzog. Lange würde der Mann nicht bei Bewußtsein bleiben, doch er mußte den Zeitraum, in dem er sich selbst verteidigen konnte, für das Einsammeln des Brennholzes nutzen.

So verließ er die Höhle, nachdem er sich darüber mit Björnson abgesprochen hatte, pirschte durch die Dunkelheit und versuchte, soviel Holz wie irgend möglich auf seinen Arm zu laden. Die rechte Hand mußte er aber stets frei behalten, um sich gegen etwaige Angreifer zur Wehr setzen zu können.

Er trat bereits den Rückweg zur Höhle an, da knallte plötzlich ein Schuß. Stenmark begann zu laufen, strauchelte um ein Haar, fing sich gerade noch rechtzeitig, erreichte die Höhle und sah den Kadaver eines Wolfes im Eingang liegen.

Er hastete daran vorbei und stürzte zu Stig Björnson.

„Hauptmann!“ stieß er hervor. „Ist alles in Ordnung?“

Björnsons Gesicht war kalkweiß. „Natürlich. Ich habe den Bruder erledigt, als er mich gerade begrüßen wollte. Allerdings muß ich Sie darum bitten, mir die Pistole nachzuladen, das schaffe ich nämlich allein nicht. Außerdem wäre ich froh, wenn Sie mich nicht dauernd ‚Hauptmann‘ nennen würden. Sagen Sie Stig zu mir, verdammt.“

„In Ordnung, Stig“, sagte Stenmark und ließ sich neben ihm nieder. „Übrigens sollten wir uns keinen Illusionen hingeben. Der Schuß ist garantiert von unseren anderen Feinden gehört worden – von den zweibeinigen Wölfen. Sie wissen jetzt, wohin sie sich zu wenden haben, um uns zu finden.“

„Wir stecken also ganz schön im Dreck, wie?“ fragte Björnson.

„Das kann man ruhigen Gewissens behaupten.“

„Ich schieße jeden nieder, der seine Nase in die Höhle steckt“, murmelte Björnson. „Und es ist mir dabei verfluchtegal, wieviel Beine er hat, zur Hölle.“ Damit wurde er wieder ohnmächtig.

Seewölfe Paket 16

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