Читать книгу Seewölfe Paket 16 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 40

4.

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„Ich habe etwas vorzuschlagen“, sagte Big Old Shane, ehemals Schmied auf der Feste Arwenack in Falmouth. Der kräftige Mann mit dem wilden grauen Bart und den mächtigen Pranken erinnerte, so wie er auf der Back stand, an ein Standbild des Meeresgottes Neptun.

„Laß ihn hören, Shane“, forderte ihn Hasard auf.

„Da wir uns darüber einig sind“, begann Big Old Shane, „daß dort drüben Schnapphähne lauern, könnten wir die Jolle aussetzen und die Küste bis hin nach Kullen ein bißchen in Augenschein nehmen. Morgen früh brauchen wir die Jolle ohnehin zum Ankerfischen.“

Der Seewolf wiegte nachdenklich den Kopf hin und her.

„Nun gut“, sagte er dann. „Es kann nicht schaden, wenn wir die Augen offenhalten und uns möglichst gut absichern. Wenn wir davon ausgehen, daß sich die Kerle dort aufhalten, wo die ‚Isabella‘ hätte auflaufen müssen, mag es schon sein, daß uns eine solche Erkundungsfahrt etwas schlauer werden läßt. Ich bitte mir jedoch aus, daß sich die Bootscrew auf keinen Kampf einläßt. Wir sind mit einem geheimen Auftrag der Königin unterwegs und müssen schon aus diesem Grund jeden Ärger vermeiden.“

Der Vorschlag Big Old Shanes fand auch bei den übrigen Seewölfen Zustimmung, und ebenso akzeptierte man Hasards Bedingungen.

Da der Seewolf wußte, daß sich alle Hände heben würden, wenn er nach Freiwilligen fragte, bestimmte er von sich aus einige Männer, die Big Old Shane auf der Erkundungsfahrt begleiten sollten. So gehörten denn Stenmark, Mac Pellew, Sam Roskill, Jack Finnegan sowie Paddy Rogers und Dan O’Flynn, der Sohn von Old Donegal, zu der kleinen Crew.

„Und wir, Dad?“ fragten die Zwillinge wie aus einem Munde.

„Sollen wir etwa wieder in die Koje steigen?“ fügte Hasard junior hinzu.

„Du hast es erraten“, erwiderte Vater Hasard. „Auf euch beide wartet morgen eine Menge Arbeit. Zunächst einmal muß Reinschiff gemacht werden, außerdem werden noch einige starke Männer gebraucht, die beim Ankerfischen helfen.“

Die beiden „Rübenschweinchen“ zogen einen Schmollmund, denn gerade jetzt, da es ihrer Meinung nach interessant wurde, sollten sie in die Koje zurück. Das war wieder typisch Dad. Aber hatte er nicht was von starken Männern gesagt, die man morgen brauchen würde? Nun ja, wenigstens schien er ihre Qualitäten richtig einzuschätzen. Und das versöhnte sie wieder.

„Aye, Sir!“ sagten sie und verzogen sich.

Inzwischen wurde die Jolle mit geübten Griffen abgefiert. Dann ging die kleine Crew, die gut bewaffnet war, an Bord. Um möglichst wenig Lärm zu verursachen, ließ Big Old Shane, der das Kommando übernommen hatte, den Mast und das Segel setzen. Der kalte Wind, der über die Wasserfläche strich, trieb die kleine Jolle lautlos voran – direkt auf die Küste zu.

Am Himmel zogen immer noch grauschwarze Wolkenfetzen entlang, die dem Mond nur ab und zu die Gelegenheit einräumten, die Umgebung in ein trübes, milchiges Licht zu tauchen.

Es mochte wohl eine halbe Stunde vergangen sein, als Dan O’Flynn mit seinen scharfen Augen etwas entdeckte, das der kleinen Bootscrew die Haare zu Berge stehen ließ.

Bis jetzt waren sie immer dicht unter der Küste geblieben, um nicht in einen Hinterhalt zu tappen. Aber es war alles still geblieben, niemand hatte etwas Auffälliges bemerkt. Jetzt aber riß es Dan beinahe von der Ducht hoch.

„Ich werd nicht mehr!“ stieß er hervor. „Wir haben uns also doch nicht getäuscht!“

„Was ist denn?“ fragte Jack Finnegan. „Siehst du Gespenster?“

„Nein, aber Boote und Männer in rauhen Mengen!“

„Wo denn, verdammt noch mal?“ fragte Big Old Shane. „Ich kann nichts sehen.“

„Du solltest mehr Grünzeug essen, das soll gut für die Augen sein“, erwiderte Dan respektlos. Dann hob er den rechten Arm und deutete in eine bestimmte Richtung. „Dort, Steuerbord voraus! Die Boote liegen an Land. Es sind – äh – es sind mindestens acht Stück. Und daneben stehen mehrere Gruppen von Kerlen und debattieren. Hol’s der Teufel, das müssen mindestens vierzig ausgewachsene Schnapphähne sein!“

Jetzt konnten auch die anderen Männer die Boote und die wohl dazugehörenden Besatzungen in schwachen Umrissen erkennen.

„Sag doch gleich, daß du die Boote an Land entdeckt hast“, knurrte der bullige Paddy Rogers. „Ich suche die ganze Zeit die Wasserfläche ab und dachte schon, ich hätte Kleister auf den Augen.“

„Die Welt besteht eben nicht nur aus Wasser, Paddy“, meinte Dan O’Flynn. „Ab und zu muß man eben auch mal einen Blick an Land werfen, auch wenn sich dort nicht gerade eine Schar Jungfrauen tummelt.“

„Hört auf mit den dummen Witzen“, sagte Big Old Shane scharf. „Wenn es die Kerle da drüben auf unsere ‚Isabella‘ abgesehen haben, werden wir bald eine ganze Menge Ärger kriegen, ob es Hasard paßt oder nicht. Acht Boote, die gewissermaßen startbereit am Strand liegen, und dann noch diese Schar von Schnapphähnen – damit ist nicht zu spaßen.“ Mac Pellew zog, wie fast immer, ein griesgrämiges Gesicht.

„Und ich koche euch morgen eine Suppe aus alten Stiefeln“, erklärte er, „wenn diese Burschen nichts mit unserer gekappten Ankertrosse zu tun haben. Die wären sicherlich wie die Heuschrecken über uns hergefallen, wenn unsere Lady hier aufgebrummt wäre.“

„So ist es“, sagte Shane. „Das erinnert mich an die roten Feuerameisen, die damals am Ufer des Rio Tocantins zu Millionen über unser Schiff hergefallen sind. Wenn uns damals die Indianer nicht geholfen hätten, wäre von unserer Galeone nicht einmal mehr Sägemehl übriggeblieben. Die hätten uns glatt das Schiff unter den Füßen weggefressen.“

„Na, da würden sich die Burschen da drüben an unserer heuen ‚Isabella‘ ganz schön die Zähne ausbeißen“, meinte Sam Roskill. „Aber was jetzt? Segeln wir mal eben bei den Schnapphähnen vorbei, um uns kurz vorzustellen?“

„Nicht mehr nötig“, sagte Dan und deutete abermals zur Küste hinüber.

Tatsächlich geschah etwas Merkwürdiges. Die Männer, die da drüben palavert hatten, mußten die Jolle gesichtet haben, denn sie stoben urplötzlich wie eine Schar aufgescheuchter Hühner auseinander und verschwanden in Windeseile landeinwärts, wo sie sich in dichtes Gestrüpp verzogen.

Big Old Shane schüttelte verständnislos den Kopf.

„Da soll noch einer schlau draus werden“, brummte er. „Wenn die schon die Hacken zeigen, sobald sie nur eine winzige Jolle sichten, dann haben wir von denen nicht viel zu befürchten.“

„Vielleicht bilden sie sich ein, wir hätten sie noch nicht gesehen“, meinte Stenmark. „Oder sie wollen uns in Sicherheit wiegen, um dann im richtigen Augenblick über uns herzufallen.“

Big Old Shane zuckte mit den Schultern.

„Wie dem auch sei! Jetzt, da wir schon mal hier sind, werden wir uns die acht Boote näher ansehen. Dabei wird wohl nicht gleich ein Krieg ausbrechen. Sollten wir jedoch angegriffen werden, verholen wir uns. Schließlich haben wir Hasard versprochen, uns nicht auf Kampfhandlungen einzulassen.“

Damit waren alle einverstanden, und die Jolle hielt direkt auf den Strand zu, auf dem die acht Boote nebeneinander lagen.

„Ich gehe zunächst allein an Land“, entschied Shane. „Dan, du läßt die Jolle nicht auflaufen, damit wir notfalls sofort wieder verschwinden können.“

„Willst du rüberschwimmen?“ fragte Dan O’Flynn.

„Witzbold! Vor einem kleinen Spaziergang durchs Wasser wird mir wohl nicht gleich was wegfrieren.“

Es geschah, wie der grauhaarige Schmied angeordnet hatte. Er glitt flink über Bord und watete – bis an die Hüften im Wasser – zu den Booten hinüber. Schußwaffen hatte er keine mitgenommen. An seinem breiten Ledergürtel trug er lediglich einen Degen und ein Messer.

Seine Augen tasteten vorsichtig die Umgebung ab, aber da rührte sich nichts. Kein Geräusch und keine Bewegung deuteten darauf hin, daß sich jemand in der Nähe aufhielt. Dennoch wußte Shane genau, daß man von dem dichten Gestrüpp aus jede seiner Bewegungen beobachtete.

Das Unternehmen war gewagt, denn jeden Augenblick konnten die Schnapphähne auftauchen und das Feuer auf ihn und die Jolle eröffnen. Aber Shane wollte nicht unverrichteter Dinge von hier verschwinden – zumindest nicht, ohne vorher einen Blick in die acht Boote geworfen zu haben.

Triefend stieg er aus dem kalten Wasser und stapfte auf das erste Boot zu. Noch immer geschah nichts. In der ganzen Umgebung herrschte Totenstille.

Big Old Shane murmelte eine leise Verwünschung, denn er fand bestätigt, was er vermutet hatte. Die Boote waren zum Entern bestimmt, das bewies ihr Inhalt eindeutig. Sie waren vollgepackt mit Enterhaken an Wurfleinen sowie mit Schiffshauern und Blankwaffen jeder Art. Nur Schußwaffen konnte er keine entdecken.

Für Shane gab es keinen Zweifel mehr daran, daß die Kerle da drüben im Gestrüpp ein Auge auf die „Isabella“ geworfen hatten.

„So ein verdammtes Lumpenpack!“ knurrte er böse. „Heimtückische, hinterfurzige Schnapphähne sind das! So was kann man doch nicht einfach durchgehen lassen.“

Ein heiliger Zorn stieg in ihm hoch, und da sich immer noch niemand zeigte, packte er kurzentschlossen einen der Schiffshauer, die im ersten Boot verstaut waren, holte weit aus und schlug zu, daß buchstäblich die Fetzen flogen.

Das ganze wiederholte sich beim zweiten, dritten, vierten und fünften Boot.

Laut hallten die Hiebe durch die Nacht und übertönten das Rauschen der Brandung. Die Bootsplanken splitterten, und die Späne flogen durch die Luft. Big Old Shane wütete wie ein Berserker, und wo er den Schiffshauer mit ungeheuerer Wucht in das Holz donnerte, blieben nur noch Trümmer übrig.

Nach wenigen Augenblicken hatte er bereits fünf Boote zerstört. Kochend vor Wut stapfte er auf das sechste zu, um das Werk fortzusetzen. Doch da ließ ihn ein lauter Warnruf aufhorchen.

Der Grund wurde ihm sofort klar, denn drüben im Gestrüpp wurde es plötzlich lebendig. Die Schnapphähne wollten offenbar verhindern, daß auch noch die restlichen drei Boote zertrümmert wurden. Mit lauten Flüchen und Schreien brachen die dunklen Gestalten durch die Büsche. Aber kein Schuß fiel. Wie es den Anschein hatte, verfügten die Piraten nur über Blankwaffen.

Und darum war Big Old Shane nicht böse.

Angesichts der gewaltigen Übermacht blieb dem Schmied von Arwenack-Castle nur die Flucht. Also glitt er sofort ins Wasser zurück, watete, so schnell es irgend ging, auf die Jolle zu und schwang sich hinein. Und das keine Sekunde zu spät, denn die ersten Verfolger hatten die Boote schon fast erreicht.

Dan segelte seewärts, und jetzt in dieser Situation zeigte sich wieder einmal, was für ein schnelles und prächtiges Segelboot die Jolle war. Auch sie war aus der Werft Hesekiel Ramsgates hervorgegangen.

Der Abstand zur Küste vergrößerte sich rasch, aber die wüsten Flüche der Strandpiraten waren noch immer deutlich zu hören. Außerdem konnten die Seewölfe noch sehen, wie die drei restlichen Boote in höchster Eile ins Wasser geschoben wurden.

„Die wollen uns tatsächlich verfolgen“, sagte Jack Finnegan. „Da müssen sie sich aber ganz schön in die Riemen legen.“

Big Old Shane lachte verächtlich.

„Schade, daß ich die letzten drei Nußschalen nicht auch noch zu Kleinholz verarbeiten konnte. Aber irgendwann erwische ich die auch noch.“

Dan O’Flynn blieb an der Pinne und hielt nach wie vor Kurs auf die offene See, um später mit einem Kreuzschlag über Backbordbug zur „Isabella“ zurückkehren zu können.

Seewölfe Paket 16

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