Читать книгу Seewölfe Paket 9 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 37
3.
ОглавлениеDer Waffenmeister ging nicht, er lief über die Kuhl und stieg zum Achterdeck der „Gran Duque de Almeria“ hinauf, um seinem Kapitän so schnell wie möglich Bericht zu erstatten. Er trat Don José Manuel Ramos gegenüber, der durch die Alarmrufe und das Klopfen an seiner Kammertür aus dem Schlaf gerissen worden war, und gab einen kurzen Bericht, in dem seine eigene Rolle mehr als beschönigend dargestellt war.
Natürlich konnte er seinem Kapitän gegenüber nicht zugeben, daß er Andrés Nortes de Checa schon seit einiger Zeit bespitzelt hatte und ein Verdacht in ihm herangereift war, der sich in dieser Nacht erhärtet hatte. Ramos hätte ihn, Benavente, dafür bestrafen lassen, daß er nicht schon eher seine Beobachtungen gemeldet hatte.
Selbstverständlich erwähnte er auch das Angebot, das er dem Mädchen Florinda gemacht hatte, mit keinem Wort. Er sagte nur: „Ich hörte Geräusche im Kabelgatt, die mich unruhig stimmten, Capitán. Ich sah nach und stieß auf dieses Frauenzimmer, das sofort wie eine Furie mit Zähnen und Krallen auf mich losging. Ich konnte sie bändigen, aber als meine Aufmerksamkeit einen Augenblick nachließ, packte sie meine Öllampe und schleuderte sie in den Raum, so daß die Lampe zerbrach und Feuer verbreitete. Daraufhin mußte ich den Brand löschen, um das Schiff und die Besatzung zu retten. Das hatte natürlich Vorrang. Darum, nur darum konnte dieses Weib mir entwischen.“ Er schilderte, wie Florinda außenbords gesprungen war und wie man Andrés gepackt und niedergeschlagen hatte.
Kapitän Ramos wandte sich der Kuhl zu, wo sich inzwischen fast die ganze Mannschaft versammelt hatte. „Profos, wir drehen bei und suchen nach dem Mädchen. Weit kann sie nicht gelangt sein. Ich will sie auffischen und zur Rechenschaft ziehen, koste es, was es wolle. Falls nötig, fieren wir die Beiboote ab und bemannen sie mit je acht Mann, um gründlicher fahnden zu können.“
„Si, Senor“, antwortete der Zuchtmeister.
Emsige Tätigkeit setzte an Deck ein. Der Kapitän ließ zunächst anluven und dann Zeug wegnehmen, so daß die Galeone mit dem Bug in den Nordwind drehte und schließlich stoppte. Eiserne Laternen wurden an Tauen außenbords abgefiert. Die Besatzung hielt aufmerksam nach dem Mädchen Ausschau.
Don José Manuel Ramos blickte wieder zu seinem Waffenmeister. „Die Nacht ist ihr Verbündeter, sonst hätten wir sie schon entdeckt.“
„Wir finden sie auf jeden Fall, Senor.“
„Wie konnte es passieren, daß wir einen blinden Passagier an Bord hatten, Benavente, dazu noch eine Frau?“
„Dieser Andrés Nortes de Checa muß sie in Cadiz irgendwie an Bord geschmuggelt haben“, erwiderte der Waffenmeister. „Es wird sich noch herausstellen, ob er dazu irgend jemanden von der Bordwache bestochen oder wie er es sonst angestellt hat. Auf jeden Fall ist das, was dieser Hund getan hat, ein todeswürdiges Verbrechen. Ich schlage vor, daß wir ihn in Ketten legen und einsperren und dann so schnell wie möglich Bordgericht über ihn halten. Er wollte dieses Flittchen mit in die Neue Welt nehmen, und das ist genauso schlimm wie Diebstahl, Meuterei oder Mord.“
„Bewahren wir die Ruhe, Benavente“, sagte der Kapitän. „Ich kann Ihre Aufregung über den Vorfall verstehen, aber wir sollten nicht vorschnell Justiz üben. Erst einmal kommt der Mann in die Vorpiek, danach sehen wir weiter. Morgen früh werde ich mir auf jeden Fall anhören, was er zu sagen hat, das ist trotz allem erforderlich, um die Sache restlos zu klären. Bei Ihnen, mein Bester, möchte ich mich für Ihr umsichtiges Verhalten bedanken. Für diesen Einsatz erhalten Sie eine Prämie von mir, verlassen Sie sich darauf.“
Benavente fühlte sich sichtlich geschmeichelt. Er katzbuckelte und wollte schon in aller Bescheidenheit darauf hinweisen, daß er doch letztlich nichts als seine Pflicht getan hätte, da erschien der Profos mit einer Meldung.
„Senor, von dem Mädchen gibt es keine Spur mehr. Wir nehmen an, sie ist ertrunken.“
Don José schüttelte den Kopf. „Das glaube ich nicht. Nehmen wir lieber mal an, sie sei eine gute Schwimmerin und hat sich bereits weiter von uns entfernt, als wir angenommen haben.“
„Zuzutrauen wäre es ihr“, sagte Luis Benavente. „Sie ist ein richtiges Mannweib, Senor, kennt alle Tricks und entkommt uns doch noch, wenn wir uns nicht höllisch beeilen.“
„Die Beiboote abfieren“, ordnete der Kapitän an. „Die Leute sollen ihr Augenmerk in erster Linie auf die südliche Richtung konzentrieren. Nach den letzten Berechnungen, die ich am späten Nachmittag angestellt habe, müssen wir uns jetzt querab der Azoren-Insel Sao Miguel befinden. Es ist immerhin denkbar, daß auch das Mädchen durch ihren Freund Andrés darüber im Bilde ist und nun versucht, sich auf das Eiland zu retten. Ich könnte höchstens schätzen, wie groß die Distanz noch ist, da eine genaue Navigation bei dieser Bewölkung nicht möglich ist. Aber rein theoretisch könnte sie es schaffen.“
„Senor“, sagte Luis Benavente. „Ich melde mich freiwillig zum Suchtrupp. Lassen Sie mich mit in eins der Boote abentern.“
„Genehmigt“, erwiderte Don José. „Es ist gut, Männer wie Sie an Bord dieses Schiffes zu wissen, mein lieber Benavente.“
Florinda, dachte Luis Benavente, wenn ich dich erwische, werde ich versuchen, dich zu töten, denn es könnte sein, daß du etwas von dem, was ich mit dir vorhatte, ausplauderst!
Dan O’Flynn, der neben seinem Vater Donegal Daniel O’Flynn an der vorderen Querbalustrade der Back der „Isabella“ stand, hob plötzlich den Kieker ans Auge.
„Voraus ist ein Licht“, sagte er. „Sieht mir ganz nach der Hecklaterne eines größeren Schiffes aus.“
Der Alte spähte ebenfalls durchs Glas und entgegnete: „Ja, wir laufen genau auf diesen Bruder zu, und er scheint nicht so schnell wie wir zu sein, denn das Licht rückt näher.“
„Dad“, sagte Dan. „Er läuft überhaupt keine Fahrt. Ich schätze, er liegt beigedreht im Wind. Da sind noch ein paar kleinere Lichter vor seiner Bordwand, die anscheinend hin und her geschwenkt werden. Möchte wissen, was das zu bedeuten hat.“
„Möchte wissen, wie du das auf die große Entfernung siehst“, sagte der Alte. „Ja, man wird eben älter.“ Er drehte sich um und rief: „Sir, wir haben da ein Schiff vor uns, und ich will einen Hut fressen, wenn das kein fauler Hund ist!“
„Ich komme“, entgegnete Hasard. Bevor er das Achterdeck verließ, drehte er sich jedoch zu Ferris Tukker um und sagte: „Ferris, blas mal schnell die Hecklaternen aus. Wer immer der Fremde ist, es ist auf jeden Fall ratsam, sich ihm ohne Licht zu nähern.“
„Aye, Sir. Soll ich auch schon meine Höllenflaschen bereithalten?“
„Wir versuchen, dem Burschen auszuweichen“, sagte der Seewolf. „Unsere Fahrt zur Schlangen-Insel soll rasch und reibungslos verlaufen. Wir schlagen uns nicht mit jedem Spanier oder Portugiesen oder hergelaufenen Freibeuter herum, falls er uns nicht angreift.“
„Das war mir klar“, gab Ferris, der rothaarige Schiffszimmermann, zurück. „Ich finde nur, es könnte ein Fehler sein, nicht rechtzeitig genug gefechtsklar zu sein.“
„Ich sage schon rechtzeitig genug Bescheid, falls es brenzlig zu werden droht.“
„Danke, Sir“, sagte Ferris und wandte sich ab, um schleunigst die Hecklaterne der „Isabella“ zu löschen.
Hasard stieg auf die Kuhl hinunter und trat zu Carberry. „Ed, von jetzt an kein lautes Reden mehr, verstanden? Ich will, daß es hier mucksmäuschenstill ist. Wir pirschen uns an den Kameraden dort drüben heran und schauen ihn uns mal ein bißchen an, ohne daß er von uns etwas merkt.“
„Aye, Sir.“ Carberry zeigte klar, wandte sich der Crew zu und zischte: „Maul halten, ihr Kakerlaken, klar? Für die nächsten zwei Glasen will ich euer verdammtes Geschrei nicht mehr hören, da will ich jeden Floh husten hören, sonst gibt es was quer über die Rippen und ich ziehe euch Rübenschweinen die Haut in Streifen von euren Hintern.“
„Wir folgen deinem Beispiel, Profos“, sagte Matt Davies. „Du brüllst ja bekanntlich nie.“
„Wie war das, Mister Davies?“
„Ich sagte, man muß deine Ruhe und Gelassenheit bewundern.“
„Paß bloß auf, daß ich dich wegen deiner Sprüche nicht mal unangespitzt in die Kuhl ramme“, brummte Ed Carberry.
Hasard war unterdessen zur Back weitergegangen. Plötzlich bemerkte er die Zwillinge neben sich. Es war erst ein paar Minuten her, daß er ihnen die Leviten gelesen hatte. Tatsächlich hatte er ihnen auch angedroht, daß sie beide im Kabelgatt landeten, wenn sie noch einmal einen Streich wie den mit der Radschloßpistole ausheckten. Das hatte gesessen und gewirkt. Philip und Hasard hatten eingesehen, daß sie „gewaltigen Mist gebaut“ hatten.
Sehr bescheiden fragte Hasard Junior daher: „Dad, dürfen wir mit auf die Back?“
„Dad, sag nicht nein“, bat Philip Junior. „Wir betragen uns ordentlich.“
„Zu welchem Dienst seid ihr gerade eingeteilt?“ wollte er wissen.
„Zu keinem, Sir“, antwortete sein Sohn Hasard. „Mit dem Aufklaren in der Kombüse sind wir pünktlich fertig gewesen, du kannst den Kutscher fragen.“
Der Seewolf lächelte. „Nicht nötig. Wenn ihr mir versichert, daß alles seine Ordnung hat, glaube ich euch.“
Sie enterten gemeinsam die Back, und hier blickte der Seewolf durch sein Spektiv und konnte das fremde Schiff in der Ferne liegen sehen.
„Ein Dreimaster, soweit man es im Licht seiner Achterlaterne erkennen kann“, sagte er.
„Eine spanische Galeone, wage ich zu behaupten“, meinte Dan O’Flynn. „Ich kann ihre Aufbauten ziemlich gut erkennen, und daraus läßt sich so einiges schließen. Nur ist mir nicht klar, was ihre Besatzung tut. Eben haben die Burschen aufgehört, mit ihren Laternen zu hantieren. Ich schätze, sie suchen etwas – aber was? Jetzt wird etwas abgefiert. Ein Boot, wenn mich nicht alles täuscht.“
„Das wird ja immer spannender“, murmelte der alte O’Flynn. „Hölle, das geht nicht mit rechten Dingen zu.“
Die Zwillinge hüteten sich, etwas zu äußern. Ein Decksjunge hatte eigentlich nur zu reden, wenn er was gefragt wurde, so lautete eins der ungeschriebenen Bordgesetze. Es galt auch für die Söhne des Seewolfs, denn von jetzt an wurden sie nicht besser und nicht schlechter als jeder Moses behandelt, und es war schon eine große Ausnahme, wenn ihr Vater sie zum Ausschauhalten mit auf die Back nahm.
„Langsam werde ich auch neugierig“, sagte der Seewolf. „Wir können ohnehin nicht mehr in Luv an dem Don vorbeisegeln, wir müßten kreuzen, um es zu schaffen, und würden dabei nur Zeit verlieren. Nein, wir passieren ihn in Lee, und bei dieser Gelegenheit inspizieren wir ihn genau.“
„Ich glaube nicht, daß er uns schon entdeckt hat“, sagte Dan. „Wir haben unsere Hecklaterne rechtzeitig genug gelöscht. Wir können uns heimlich und unbemerkt an ihn heranpirschen.“
„Ob der einen Schatz hebt?“ fragte sein Vater.
„Das wäre ein Grund für uns, ihn noch genauer in Augenschein zu nehmen“, erwiderte Hasard grinsend.
„Vielleicht ist ihm auch jemand über Bord gegangen“, meinte Dan.
„Was, bei der ruhigen See?“ wunderte sich der Alte.
„Ich meine, der Betreffende könnte ja auch freiwillig gejumpt sein“, er widerte Dan. „Vielleicht ein Meuterer, der zu den Azoren türmen will …“
„Hört sich sehr vage und versponnen an“, sagte Old O’Flynn. „Also, warten wir lieber ab, bis wir näher heran sind.“
Etwas später hatte die „Isabella“ die spanische Galeone Steuerbord voraus von sich liegen und schickte sich an, mit mäßiger, ruhiger Fahrt auf kaum mehr als eine Meile Distanz an ihr vorbeizusegeln.
„Jede Einzelheit kann man jetzt im Bereich der Hecklaterne erkennen“, stellte Dan O’Flynn fest. „Ich sehe da zum Beispiel einen Mann mit Perükke, der seiner Kluft nach nichts anderes als ein echter spanischer Capitán sein kann. Ich habe mich also nicht getäuscht. Fragt sich nur noch, wie das Schiff heißt. Aber das kriegen wir sicher auch noch heraus. Die Aufschrift an seinem Heck kann ich aber doch nicht entziffern …“
„Ist nicht so wichtig“, sagte der Seewolf. „Sicher ist, daß wir keinen Kriegssegler, sondern einen Kauffahrteifahrer vor uns haben, der obendrein nicht mal sonderlich gut armiert ist. Ich halte es für ein ziemlich großes Wagnis von diesem Capitán, mit den paar Kanonen in See zu gehen. Das sind ja nicht mehr als acht Stück.“
„An Mut scheint es ihm nicht zu fehlen“, meinte der alte O’Flynn. „Sicher handelt es sich um einen privaten Eigner, der im Auftrag der spanischen Krone, jedoch auf eigene Gefahr die Überfahrt in die Neue Welt angetreten hat oder gerade von dort zurückkehrt. Anderenfalls würde das Schiff garantiert im Konvoi segeln.“
Dan grinste. „Vergiß nicht, daß auch die berühmte Manila-Galeone bis vor kurzem mutterseelenallein gesegelt ist, Dad. Wer weiß, was für ein Schatzschiff wir da vor uns haben.“
„Ach, hör doch mit dem Quatsch auf“, fuhr der Alte ihn an. „Die ‚Nao de China‘ ist ganz was anderes. Ich sage euch, wir haben keinen Grund, uns mit dem Schiff dort näher zu befassen. Schätze hat der nicht an Bord.“
„Dan“, sagte der Seewolf. „Was mich besonders interessiert, sind die Beiboote. Hatte der Don nicht zwei abgefiert?“
„Ja, das hatte er. Eins kann ich unweit von seinem Heck sehen, aber das andere scheint spurlos verschwunden zu sein.“
„Nehmen wir mal an, es ist in südlicher Richtung gepullt worden, auf die Azoren zu“, sagte Hasard: „Dann könnte es sich doch bereits Backbord von uns befinden, oder?“
„Klar, wenn die Kerls wie die Teufel gepullt haben“, erklärte Old O’Flynn.
Dan hatte seinen Kieker nach links geschwenkt und spähte mit verkniffener Miene durch die Optik. Er bewegte das Rohr kaum merklich hin und her, hielt dann aber plötzlich inne und sagte: „Da ist tatsächlich was – eine Jolle. Die Burschen, die auf ihren Duchten sitzen, pullen, als gelte es, einen Preis zu gewinnen.“
Hasard trat neben ihn und hob ebenfalls sein Spektiv ans Auge. Er blickte in die gleiche Richtung wie Dan, sichtete das Boot der spanischen Galeone mit schätzungsweise sieben; acht Männern darin – und vernahm wie alle anderen Männer der „Isabella“ in diesem Moment einen Schrei.
„Mann“, sagte Old O’Flynn. „Die Dämonen der See sollen mich holen, wenn das nicht der Ruf einer Frau war.“
In der Jolle begannen die Spanier zu fluchen und zu gestikulieren. Hasard und Dan verfolgten ziemlich deutlich, wie nur noch einige von ihnen weiterpullten, während die anderen sich über das Dollbord der Backbordseite beugten.
„Eine Frau im Wasser“, stieß der Seewolf verblüfft und entsetzt zugleich aus. „Die Dons machen Jagd auf sie. Aus welchem Grund auch immer, wir dürfen ihr unsere Hilfe nicht versagen.“
„Dan“, sagte Old O’Flynn. „Zur Hölle, kannst du denn nicht sehen, wo sie schwimmt?“
„Nein.“
„Egal“, sagte der Seewolf. Er wandte sich ab und schritt nach achtern. An der Schmuckbalustrade, die zur Kuhl wies, hielt er.
„Ed“, sagte er. „Sofort abfallen und Kurs Süden nehmen.“
„Aye, Sir, Kurs Süden“, raunte der Profos. Jawohl, er raunte – ganz im Gegensatz zu seinen sonstigen Gepflogenheiten. Er drehte sich zur Crew hin um und zischte: „Schrickt weg die Schoten, ihr Affenärsche, bewegt euch, ihr lahmen Hunde, haltet ab, und zwar dalli, oder es gibt Dampf.“
„Wir fliegen ja schon“, wisperte Jeff Bowie grinsend.
Gemeinsam mit den anderen Männern der Deckswache eilte er zu den Brassen und Schoten. Als die Crew begann, die Stellung der Rahen zu verändern, ließ Rudergänger Pete Ballie das Ruderrad unter seinen schwieligen Fäusten wirbeln. Die „Isabella“ drehte nach Süden ab und legte sich vor den Wind und glitt – einem drohenden, gigantischen Schemenwesen gleich – auf das Beiboot des Spaniers.
Natürlich war auch der Rest der Crew, der eigentlich in den Kojen hätte liegen sollen, auf den Beinen. An diese Männer gab der Profos nun weiter, was Hasard ihm durch einen Wink zu verstehen gegeben hatte:
„Klar Schiff zum Gefecht! Kommt in Fahrt, ihr Kanalratten, willig, willig, hoch mit den Stückpforten und ’raus mit den Geschützen! Hölle, was seid ihr doch für eine Bande von Faulenzern!“ Er flüsterte immer noch, verspürte jetzt aber den unbändigen Drang, in der üblichen Lautstärke loszubrüllen.
Auf dem Achterdeck winkte Ben Brighton Pete Ballie zu, daß der gewünschte Kurs erreicht sei. Dann blickte er zu Ferris Tucker und raunte: „He, Ferris, klar bei Flaschenbomben!“
„Längst klar“, sagte der Rothaarige mit breitem Lächeln. Er wies auf die Batterie Flaschen, die er vorsichtshalber schon bereitgelegt hatte. Sie waren alle mit Pulver, Blei, Eisen und Glas gefüllt, und in einem Kupferbecken glühte die Holzkohle, mit der Ferris im Ernstfall die Lunten zünden würde.
Von der spanischen Galeone hallte jetzt ein gellender Schrei herüber. Dan und Hasard, die wieder das am weitesten nach Süden versetzt liegende Boot des Dreimasters durch die Kieker beobachteten, sahen deutlich, wie in der Jolle Unruhe entstand. Auch von dort wurde jetzt gerufen.
„Sie haben uns also entdeckt“, sagte der Seewolf. „Ich bin gespannt, wie sie darauf reagieren. Schön, ich bin bereit, mich mit ihnen zu schlagen, denn ich will jetzt wissen, was es mit der Frau oder dem Mädchen auf sich hat.“
Hinter seinem Rücken ertönte das Rumpeln, das beim Ausrennen der Culverinen durch das Rollen der Hartholzräder auf den Planken entstand. Die Männer arbeiteten hart, schnell und konzentriert, jeder Griff, hundertmal geübt, saß.
Auch Philip und Hasard, die Zwillinge, beteiligten sich auf die Order ihres Vaters hin an den Gefechtsvorbereitungen. Sie streuten Sand auf der Kuhl aus und nahmen vom Kutscher Kübel und Pützen mit Seewasser entgegen, die sie an jedem der sechzehn 17-Pfünder zum Befeuchten der Wischer und Schwämme bereitstellten.
Die „Isabella“ rauschte mit prallem Zeug genau auf die Jolle der Spanier zu.
„Wenn sie Ärger wollen, können Sie ihn haben“, sagte Hasard. „Ich an ihrer Stelle würde mich zwar schleunigst zurückziehen, aber falls sie unbedingt die Helden spielen wollen – bitte sehr, von mir aus kann es losgehen.“