Читать книгу Seewölfe Paket 9 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 42

8.

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Hasard und seine neun Begleiter hatten das südliche Ufer der Bucht erreicht. Sie hatten die Strecke im Laufschritt bewältigt. Jetzt, da sie der bogenförmigen Rundung des Landes folgten, konnten sie sich in etwa ausrechnen, wie weit es noch bis zu dem Platz sein mußte, an dem sich das Mädchen in der Gewalt der Piraten befand.

Wieder trug der Wind die Schreie des Mädchens herüber, so klar und deutlich, als stünde sie nur wenige Yards von ihnen entfernt inmitten der Kerle, die sie bedrohten.

Sicher, dieser Barbante, den die Kerle in der einmastigen Schaluppe erwähnt hatten, bediente sich eines Tricks, indem er das Mädchen schreien ließ. Aber wer konnte wissen, ob er ihr nicht tatsächlich Gewalt antat, um den Effekt ihrer Panik zu steigern?

Von solchen Überlegungen getrieben, lief der Seewolf an der Spitze seines Trupps durchs Gebüsch am Fuß der Berghänge, die rechter Hand wuchtig und finster aufragten.

Das Schreien hatte jetzt wieder aufgehört.

Hasard erwartete das Krachen von Musketen und das Wummern von Kanonen, mit dem die Freibeuter über die Spanier herfielen, aber es blieb noch aus. Noch schien die Zeit nicht reif zu sein für den Angriff aus dem Hinterhalt.

Hasard stoppte plötzlich, denn er hatte schräg vor sich die Gestalt eines Mannes entdeckt. Dieser Kerl stand unmittelbar vor dem Hang unter einem verkrüppelt wirkenden Baum, wahrscheinlich einer Föhre oder Pinie, und schien, soweit Hasard Einzelheiten erkennen konnte, zur Bucht zu spähen.

Der Seewolf duckte sich und gab den anderen ein Zeichen. Sofort ließen sich alle auf die Knie nieder und hielten ihre Waffen bereit.

Der Wachtposten schien seinerseits etwas bemerkt zu haben. Er verließ seinen Standort unter dem Baum und pirschte auf die Bucht zu. In den Fäusten hielt er eine Muskete.

Hasard robbte auf den Händen und Fußspitzen im Schutz der Büsche nach rechts. Er bewegte sich auf diese Weise völlig lautlos auf den Wächter zu und lag dicht neben den Beinen des Mannes, als dieser an ihm vorbeiging. Hasard hätte nur den Arm ausstrecken zu brauchen, um den linken Fußknöchel des Kerls zu berühren.

Er verhielt sich jedoch stumm und reglos, bis der andere an ihm vorbei war. Erst dann fuhr er hoch und verpaßte seinem Gegner einen Jagdhieb in den Nacken. Es war einer der Hiebe, die ihn Sun Lo, der Mönch von Formosa, gelehrt hatte. Immer dann, wenn ein Mann rasch und lautlos ins Reich der Träume befördert werden mußte, griff er darauf zurück.

Dan, Shane und Ferris waren heran und nahmen dem Zusammensinkenden die Muskete ab.

„Der rührt sich vorerst nicht mehr und verrät uns nicht“, flüsterte Ferris. „Shane, nimm ihm doch mal sein rotes Kopftuch ab. Damit knebeln wir ihn. He, hat denn keiner einen Tampen dabei, mit dem man den Knaben verschnüren kann?“

„Tampen zur Stelle“, raunte Matt Davies. Er förderte eine kleine Taurolle, die er in weiser Voraussicht von Bord der „Isabella“ mitgenommen hatte, zutage und grinste zufrieden.

Binnen weniger Minuten hatten sie den bewußtlosen Piraten gefesselt und geknebelt und zerrten ihn in ein dichtes Gebüsch. Ohne mehr kostbare Zeit zu verlieren, schlichen sie weiter.

Still war es jetzt über der Bucht. Nur das Zirpen der Zikaden war zu vernehmen. Das Schreien des Mädchens oder Kampflärm blieben aus. Hasard wußte nicht, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen war.

Er stutzte, als er plötzlich links von sich – also vom Wasser der Bucht her – den Ruf eines Nachtvogels vernahm. Sofort bedeutete er seinen Männern wieder, zu verharren und nach allen Seiten zu sichern.

Ferris Tucker glitt ein Stück vor und verhielt neben seinem Kapitän.

„Was ist?“ wisperte er. „Hast du einen Kumpanen des Burschen von eben entdeckt?“

„Nein. Aber hast du den Vogelruf gehört?“

„Ja. Das war eine Eule, schätze ich.“

„Fliegen Eulen tief übers Wasser?“

„Also, da bin ich überfragt …“

„Sie tun’s nicht“, flüsterte Hasard. Seine Gestalt straffte sich jetzt, und er fügte mit einem Blick zur Bucht hinzu: „Da, bitte, ich habe mich nicht getäuscht. Der Ruf war ein Zeichen und sicherlich für den Posten mit dem roten Kopftuch bestimmt.“

Aus der Dunkelheit tauchten die Umrisse eines kleinen Einmasters hervor – einer Pinasse. Wie die Schaluppe, die sie am Westufer der Bucht gesichtet hatten, führte auch dieses Boot im Bug eine kleine Kanone mit, wie der Seewolf jetzt erspähte. Eine Drehbasse, ähnlich den Geschützen, die die „Isabella VIII.“ auf dem Achterdeck und auf der Back hatte.

„In der Pinasse hocken sieben Kerle“, flüsterte Hasard seinem Schiffszimmermann zu. „Und da – halt mich fest, Ferris –, da ist auch das Mädchen!“

Ja, auch Ferris erkannte jetzt die Gestalt des zierlichen weiblichen Wesens auf der einen Ducht der Pinasse. Dan, Shane und Smoky, Batuti und die anderen hatten die gleiche Beobachtung getroffen und hielten jetzt unwillkürlich den Atem an.

„Also doch kein unansehnliches altes Frauenzimmer“, raunte Dan O’Flynn seinem Nachbarn Stenmark zu. „Sieh sie dir an, Sten – sie ist blutjung, hübsch und phantastisch gebaut. Und sie hat nur ein paar Fetzchen auf dem Leib.“

„Kein Wunder, nach dem Bad im Teich, das sie hinter sich hat“, murmelte der Schwede. „Aber es soll mich wundern, wenn die Hunde von Piraten die Kleine nicht mit Haut und Haaren vertilgen …“

„Hör bloß auf“, zischte hinter ihnen Jeff Bowie. „Ich mag gar nicht dran denken.“

„He“, meldete sich jetzt von vorn Ferris Tucker. „Seid still, sonst hören diese Bastarde uns noch!“

„Was ist, greifen wir sie an?“ fragte Stenmark so leise wie möglich. „Hauen wir das Mädchen heraus?“

„Noch nicht“, entgegnete der Seewolf, der sich ebenfalls zu ihnen umgedreht hatte. „Ich will erst mal sehen, wohin die Kerle mit ihr wollen. Wir heften uns ihnen an die Fersen.“

Er verstummte, denn einer der Piraten hatte wieder den Ruf der Eule nachgeahmt. Er schien auf eine Antwort zu warten, denn er begann leise vor sich hinzufluchen, als keine Erwiderung erfolgte.

Reglos lagen die Seewölfe da und beobachteten, wie die Pinasse landete und von den Freibeutern rasch vertäut wurde. Alle bis auf zwei Mann stiegen aus.

Einer von den Landgängern, ein großer Kerl mit einem breitkrempigen Hut auf dem Schädel, drehte sich noch einmal zu der Pinasse um und sagte: „Anselmo, ihr kreuzt jetzt sofort zu Barbante zurück und helft ihm beim Überfall auf die Galeone. Wenn er das Zeichen gibt, fallt ihr mit den anderen zusammen von drei Seiten über den Kahn her.“

„Ja. Aber wo, zum Teufel, steckt Pablo?“

„Wahrscheinlich hat er seinen Posten hier unten einfach verlassen und ist ’rauf ins Lager, zu den anderen beiden, die dortgeblieben sind. Dem werde ich ganz schön den Marsch blasen, darauf kannst du dich verlassen. Ich hätte nicht übel Lust, ihm sein rotes Kopftuch um die Gurgel zusammenzuziehen.“

„Also dann, steigt auf und sperrt das Weibsbild ein. Seht zu, daß ihr danach so schnell wie möglich die Serpentinen besetzt – wie vereinbart.“

„Du kannst dich darauf verlassen, Anselmo.“

„Viel Glück, Corona.“

„Ja, viel Glück auch euch.“

Damit trennten sie sich. Die zwei in der Pinasse legten ab und setzten wieder die beiden Segel. Corona und die vier anderen stapften mit dem Mädchen in ihrer Mitte auf die bewaldeten Hänge des Südufers zu.

Hasard wartete noch eine Weile ab, dann erhob er sich und pirschte dem kleinen Trupp Piraten nach. Ferris, Shane, Dan, Smoky, Batuti, Luke, Matt, Jeff und Stenmark folgten ihm. Sie alle hatten aus der Unterhaltung der beiden Piraten Corona und Anselmo genug herausgehört, um zu wissen, was sie zu tun hatten.

Bob Grey hatte unterdessen längst die „Isabella VIII.“ erreicht, war mit einer Jolle übergesetzt und hatte Ben Brighton und den anderen an Bord Bericht erstattet.

Ben hatte auch die zweite Jolle holen und an Bord hieven lassen, dann war er schleunigst mit der „Isabella“ ankerauf gegangen, um den Befehl des Seewolfs auszuführen.

Zu diesem Zeitpunkt segelte die „Isabella“ bereits über Steuerbordbug auf die Passage am Nordufer der Insel zu und traf Anstalten, abzufallen und in den natürlichen Kanal einzulaufen.

Auf dem steilen Pfad, der in das Lager der Piraten führte, mußte Florinda vor Corona herlaufen. Ein paarmal strauchelte sie und drohte abzustürzen, aber er hielt sie jedesmal mit seinen großen Händen an den Hüften fest und lachte.

„Wenn ich nur die Zeit dazu hätte, wüßte ich, was ich mit dir tun würde“, sagte er. „Aber leider ist jede Minute kostbar, und ich will es mit Barbante nicht verderben. Hinterher haben wir ja um so mehr Muße, uns nach Herzenslust mit dir zu befassen.“

„Ihr besiegt die ‚Gran Duque‘ nicht“, gab sie verzweifelt zurück. „Niemals.“

„Das hättest du wohl gern so, wie?“ Er lachte leise. „Aber dein frommer Wunsch wird nicht in Erfüllung gehen. Wir haben das Überraschungsmoment auf unserer Seite. Außerdem haben wir mehr Kampferfahrung als dein Kapitän Don José Manuel Ramos und sein törichter Haufen. Wir kriegen sein Schiff, verlaß dich drauf.“

Sie erwiderte nichts mehr darauf. Am liebsten hätte sie sich den Abhang hinuntergestürzt, weil sie mit die Schuld daran trug, wenn die Männer des Kauffahrteischiffes niedergemetzelt wurden. Was aber das Schlimmste war – sie war inzwischen fast sicher, daß Andrés die Flucht vom Schiff nicht gelungen war. So würde auch er sterben müssen.

Freitod, dachte sie, ein Augenblick nur, und es ist alles aus und vorbei. Aber wie?

Corona, der dicht hinter ihr schritt, war auf der Hut. Sobald sie auch nur den Versuch eines Ausbruchs oder Selbstmordplans unternahm, packte er sie wieder und ließ sie nicht mehr los. Selbst wenn es ihr gelang, sich den Abhang hinunterzustürzen – da waren die Bäume und Büsche, die ihren Sturz bremsten. Sie würde sich ein paar Knochen brechen, mehr nicht.

Sie war dazu verdammt, auch die letzte Phase ihres gräßlichen Abenteuers voll durchzustehen. Für sie gab es kein Erbarmen. Sie glaubte jetzt wirklich daran, daß es der Fluch des Himmels war, der sie getroffen hatte, weil sie von zu Hause fortgelaufen war.

Der Pfad führte auf ein bewaldetes Plateau, aber hier war der Weg der fünf Piraten noch nicht ganz zu Ende. Corona stieß Florinda weiter voran, und sie sah zu ihrem Erstaunen, daß sich ein mit viel Akribie angelegter und offenbar dauernd vorm Zuwuchern bewahrter Pfad durch den Wald schlängelte. Schirmpinien, Zedern und Föhren sah Florinda beim Weiterstolpern, hier und da aber auch Laubbäume.

Der Wald wurde hin und wieder von Lichtungen unterbrochen. Auf der ersten stand eine der fünf Serpentinen. Ihr Lauf war gesenkt, die Mündung schien über die Abbruchkante des Plateaus hinweg auf die tropfenförmige Bucht zu blicken.

Die dritte Lichtung, größer als die erste und zweite, war von acht Holzhäusern bestanden. Diese Häuser waren langgestreckt und wirkten wegen ihrer Gras- und Schilfmattendächer geduckt, als ob sie sich vor etwas schützen oder verstecken mußten.

Es bedurfte keines Scharfsinns zu der Annahme, daß die Piraten diese Bauten errichtet hatten. Vielleicht sah es im Inneren der Häuser sogar recht gemütlich aus, aber Florinda empfand nur Abscheu für alles, was mit Barbante und seiner Bande zusammenhing. Sie fühlte den Hauch des Schreckens, der auch von diesen Behausungen ausging. Die Aura des Todes schien diesem Lager anzuhaften.

Zwei Gestalten schlenderten von dem größten Haus auf die Ankömmlinge zu. Sie stellten die Wache dar, die Barbante im Lager zurückgelassen hatte. Beide Kerle hatten nur Augen für die dürftig bekleidete Florinda.

Der eine sagte: „Na bitte, da habt ihr sie also wirklich gefangen. Die Jagd hat sich gelohnt, wie’s scheint, oder? Nun, Querida, wie fühlst du dich denn so in unserer Gesellschaft?“

„Hör auf“, entgegnete Corona. „Wir haben keine Zeit, lange herumzupalavern. Sag mir lieber, wo Pablo, dieser Nichtsnutz und Himmelhund, steckt.“

„Unten natürlich, wie Barbante es befohlen hat. Habt ihr ihn nicht getroffen?“

„Nein.“

„Das ist aber merkwürdig.“

„Sollte der Kerl sich einfach irgendwohin verkrümelt haben, um ein Nikkerchen zu halten?“ sagte Corona argwöhnisch.

„Nein“, erwiderte der zweite Posten des Lagers. „Unmöglich. Dazu ist Pablo nicht der Typ. Wirklich nicht. Da ist was faul …“

Florinda Martinez Barrero entdeckte als erste die Gestalten, die zwischen die Holzhäuser schlichen und, jede Deckungsmöglichkeit ausnutzend, auf die Gruppe der Piraten zusteuerten. Sie hüteten sich, ihre Beobachtung auch nur durch eine Miene zu verraten. Noch nahm sie an, daß es sich bei den Heranpirschenden um Männer der „Gran Duque de Almeria“ handelte – was sich in den nächsten Sekunden jedoch als Irrtum herausstellen sollte.

Plötzlich stürmten die Männer einfach los. Sie verließen den Schutz der Hütten und stürzten sich auf die spanischen Piraten. Corona und seine Kumpane hatten gerade noch die Gelegenheit, herumzufahren und nach den Schußwaffen zu greifen, dann waren die Fremden auch schon heran und hieben und traten ihnen die Musketen, Tromblons, Arkebusen und Pistolen aus den Händen.

Seewölfe Paket 9

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