Читать книгу Seewölfe Paket 24 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 27
3.
ОглавлениеImmer noch war der Himmel von schnelljagenden Wolken bedeckt. Um sie herum waren undefinierbare Geräusche. Da kreischte und sägte es, da war ein leises Pfeifen oder ein Jaulen zu hören.
Der Kutscher nahm an, daß es sich um Indianer handelte, die sich über Tierlaute verständigten. Old O’Flynn hielt die Geräusche für die geheimnisvollen Laute der Chickcharnies, die irgendwo durchs Geäst turnten, um sie mit ihren Tönen zu erschrecken. Der Profos fühlte sich auch nicht ganz wohl, dachte aber nicht mehr an Indianer. Aber etwas anderes beunruhigte ihn augenblicklich, und das sagte er auch.
„Verflixt, daß wir ausgerechnet heute nichts sehen können, ist schon mehr als übel. Wir können nicht einmal die Richtung bestimmen. Ich sehe nur pechschwarzes Wasser und ein paar Schatten. Wie war das denn nur, als uns die Kerle in das Dorf brachten?“
„Da haben wir auch nicht viel mehr gesehen“, sagte der Kutscher. „Mir fehlt die Orientierung ebenfalls. Ich weiß nur, daß ich von der ‚Empress‘ aus den Creek gesehen habe, den ich als Peilpunkt gewählt hatte.“
„Das weiß ich auch noch“, brummte Carberry. „An Backbord war es eine kleine Insel, auf der ein knorriger Baum stand, der so aussah, als hätte ihn ein Blitzschlag gespalten. An Steuerbord an der Südküste war es ein Creek, der sich in das Fahrwasser ergoß. In dem Peilpunkt saßen wir fest.“
„Sitzen wir noch immer fest, nehme ich jedenfalls an“, korrigierte der Kutscher. „In diesen Creek haben uns die Kanus gebracht, und da ging es mit kräftigem Paddelschlag aufwärts. Doch dann begann ein Gewirr von Flußläufen, und da haben wir den Überblick verloren.“
Niemand wußte genau, wo sie sich befanden. Alles war fremd, dunkel oder schwarz und geheimnisvoll.
Etwas später gab der Profos sich allerdings sehr gelassen.
„Navigieren wir frei nach Schnauze weiter“, meinte er. „Uns kann gar nichts passieren, denn schließlich fließt jeder Bach auch einmal ins Meer. Sogar kleine Flußläufe pflegen das zu tun. Sind wir aber erst einmal im Meer, dann sieht alles ganz anders aus.“
„Das ist richtig“, sagte Martin. „Einmal müssen uns die Flußläufe irgendwo abladen, und das kann am Meer sein.“
Die Luft war immer noch schwül und stickig. Aus der Dunkelheit schwirrten winzige Stechmücken heran, die ihnen hart zusetzten. Unter dem großen Kanu gluckerte leise das schwarze Wasser, während über ihnen der Himmel noch schwärzer und die Wolkenbänke noch dicker wurden.
Sie kannten das schon. Gleich würde wieder ein Platzregen niedergehen.
Sie starrten in die Dunkelheit, paddelten weiter und unterhielten sich dabei. Sie trieben auf dem Creek dahin und lauschten den vielfältigen Geräuschen des nächtlichen Dschungels.
Dann kam der Regen. Er kündigte sich mit einem leisen, fast klagenden Singen an. Gleich darauf begann es zu rauschen.
Riesige Tropfen klatschten nieder. Aus den Tropfen wurde ein Guß, der ihnen fast den Atem nahm und sie völlig durchnäßte. Sir John schrumpfte immer mehr auf Carberrys Schulter zusammen. Der große Aracanga hockte da wie ein nasser Sperling.
Der Vorhang aus Regen war so dicht, daß sie nicht einmal mehr die Umrisse ihrer Gestalten erkennen konnten. Aber der Regenschauer war kühl und wirkte ungemein erfrischend.
Als er vorbei war, paddelten sie in einer Suppe aus dickem Nebel, umgeben von wallenden Schleiern, die über dem Fluß hingen. Der Nebel verflüchtigte sich nur sehr zögernd. Immer wieder griffen spinnige Arme nach dem Kanu und hüllten es ein.
„Wenigstens ist es etwas kühler geworden“, sagte Nils Larsen. „Ich hätte nichts gegen einen zweiten Schauer einzuwenden. Und auch die verdammten Moskitos sind endlich verschwunden.“
Eine Stunde verging, dann eine weitere, wie sie schätzten. In dieser nächtlichen Monotonie auf dem einsamen Fluß hatten sie außer der Orientierung auch noch das Zeitgefühl verloren.
„Etwa zwei Stunden dürften wir schätzungsweise unterwegs sein“, meinte der Kutscher nach einer Weile. „Eine halbe Stunde hat etwa unsere Abreise gedauert. Dann dürfte es spätestens in einer Stunde zu dämmern beginnen. Dann wird uns auch die Orientierung etwas leichter fallen.“
„Richtig“, sagte der Profos sarkastisch, „und spätestens dann werden die Kesselkocher etwas gerochen haben und die Verfolgung aufnehmen. Aber bis dahin sind wir längst in Sicherheit.“
„Wenn wir erst auf der ‚Empress‘ sind“, sagte Old O’Flynn, „dann sollen sie nur antanzen in ihren Kanus. Ich werde es ihnen schon besorgen.“
„Klar, mit leergesoffenen Rumbuddeln“, sagte Carberry, „damit hast du es ihnen ja schon einmal besorgt – oder sie uns, wenn man das ganz genau ausdrücken will.“
„Hört endlich mit eurer läppischen Streiterei auf“, bat der Kutscher, „das ist ja nun alles hinlänglich bekannt. Daran ist auch nichts mehr zu ändern. Es ist aber durchaus möglich, daß uns die Arawaks bei Beginn der Dämmerung folgen werden.“
„Wir können ja einen Schlag zulegen“, sagte Martin. „Das Kanu bewegt sich leicht und schnell. Auf die Art können wir noch einen Vorsprung herausschinden.“
Das fand auch der Profos gut, und so hieben sie die Paddel wie die Wilden ins Wasser. Das Kanu jagte nur so über den Creek dahin.
Doch schon nach einigen Minuten wurde die schnelle Paddelei sehr schweißtreibend, denn die stickige Hitze legte sich wieder wie ein feuchter Schwamm über sie und wirkte ermattend. Daher paddelten sie im vorherigen Rhythmus etwas langsamer weiter.
Ein neuer Schauer brachte nochmals eine halbe Stunde später weitere und willkommene Erfrischung. Er zog über sie hin wie eine Wand aus Wasser. Dann rauschte der Schauer weiter und regnete über den Wäldern ab. Ein einziger hallender Donnerschlag begleitete ihn – und ein lilafarbener Blitz, der im Zickzack über den Himmel jagte.
Bei dem lilafarbenen Blitz zuckte Old O’Flynn so heftig zusammen, als hätte der ihn selbst getroffen. Er war gerade wieder in die Geisterwelt der Chickcharnies abgeentert und fuhr mit einem leisen Schrei hoch.
Martin kriegte ihn gerade noch am Arm zu fassen, sonst wäre der Alte über Stag gegangen.
„Was ist denn los?“ fragte der Bootsmann.
„Da waren leuchtende Augen“, stammelte Old Donegal entsetzt. „Sie haben mich ganz scharf angeglotzt. Das war ein Vampir oder ein anderer Drache, wie der Kutscher gestern gesagt hat. Und gedonnert hat er auch.“
„Das war ein Blitz“, sagte der Kutscher, „und kein Geist oder gar Vampir. Und gewöhnlich folgt dem Blitz auch der Donner, das ist ganz normal. Aber du hast sicher gerade gedöst und wieder alles in den falschen Hals gekriegt.“
Old O’Flynn wischte sich mit der Hand das Wasser aus dem Gesicht und starrte mit brennenden Augen dorthin, wo ihn die „leuchtenden Augen“ angeglotzt hatten. Wieder spürte er das Unheimliche dieser Nacht, die einsame Fahrt, hörte das Quaken von Fröschen, die anderen Geräusche und sah die Schatten um sich herum.
„Aber er hat gedonnert“, behauptete er.
„War vielleicht ein Drache, der ’ne Blähung hatte“, meinte der Profos grinsend. „So wie mein Eselchen auch, der Diego, der donnerte öfter mal. Mann, das war ein ganz normaler Blitz.“
„Na, ich weiß nicht“, sagte Old Donegal unbehaglich. So richtig wollte er das nicht glauben, dazu war diese Insel zu unheimlich. Da gab man sich nicht mit einem normalen Blitz zufrieden, wenn es vor Geistern nur so wimmelte.
Er war jetzt hellwach und versuchte, mit seinen Blicken die Finsternis zu durchdringen. Und alle Augenblicke glaubte er, es irgendwo am Land rötlich aufblitzen zu sehen.
Der Kutscher bedauerte erneut lebhaft, so viel über die Inselgeister erzählt zu haben, denn das war für den abergläubischen Kerl jedesmal Wasser auf seine Mühle. Der zog sich richtig daran hoch und kriegte es fertig, noch ein paar Geister zu erfinden.
Doch auch diese Flußfahrt hatte einmal ein Ende. Die Dunkelheit wich einem tristen Grau.
Sie befanden sich gerade unter einem gewaltigen Blätterdach, wo der Creek nur ganz schmal war. Auf ihre Köpfe tropfte es noch, und sie zogen das Genick ein, als die Blätter sie streiften.
„Ha, wir haben es geschafft“, sagte der Profos, „wir sind da!“
Was er als „da“ definierte, war allerdings nur kurze Zeit ein Anlaß zum Jubeln.
„Das Meer“, sagte Nils Larsen andächtig. „Jetzt finden wir auch bald unser Schiffchen wieder.“
Alle starrten sich jetzt die Augen aus, um auf das Meer zu blicken. Eine bleigraue, noch immer etwas finstere Wasserfläche lag vor ihnen. Der Creek spie sie aus, aber nicht ins Meer, denn das war eine durch die Dämmerung hervorgerufene optische Täuschung, sondern in einen See von allerdings beachtlichen Ausmaßen. So schien es jedenfalls.
Die Strömung wurde immer schwächer, als sie das Paddeln einstellten und sich treiben ließen. Es ging kaum noch vorwärts.
Der Profos blickte sich aus zusammengekniffenen Lidern um, als könne er so besser das Dämmerlicht durchdringen. Auch der Kutscher wandte langsam den Kopf, um die Umgebung erkennen zu können.
Da war ein Kreischen und Schnattern zu hören, ein Zetern und Krakeelen, als würden sich ganze Vogelschwärme gestört fühlen.
„Flamingos“, sagte der Kutscher leise und enttäuscht, „und da vorn ist das ‚Meer‘ zu Ende.“
Old O’Flynn sah natürlich keine Flamingos, sondern rosafarbene Elfen, die auf endlos langen Beinen durch sumpfiges Wasser stelzten, aus feuerroten Augen blickten und dabei hämisch kicherten.
Er wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, aber da entzog sich alles ihren Blicken und wurde dunkelgrau.
Ein neuer Platzregen prasselte mit aller Macht nieder und durchnäßte sie erneut von oben bis unten. Alles verschwamm vor ihren Blicken, und nach jedem Schauer stiegen wieder Nebel aus dem Wasser auf.
Bei dem Regen hörte auch das Kreischen und Schnattern auf. Als dann die Sicht etwas besser wurde, lag vor ihren Blicken ein fast undurchdringlich scheinender Tropenwald, aus dem es dampfte. Dieser Dschungel begrenzte den See von allen Seiten.
Rechts von ihnen standen immer noch die rosafarbenen Flamingos vor einer total verfilzten Kulisse aus Mangroven. Es war eine riesige Kolonie, so viele, wie sie noch nie auf einmal gesehen hatten.
Das Gekreische und Geschnatter nahm an Heftigkeit zu und wurde zu einer wilden Kakophonie aus Tönen.
Dann erhob sich kreischend eine bunte Wolke aus Hunderten von Vögeln und strich über den Dschungel ab. Auch der Rest rannte flügelschlagend durchs Wasser und schwang sich unter nervtötendem Kreischen in den Himmel.
Sie starrten den Flamingos nach, blickten sich gegenseitig an und sahen dann wieder zu der üppig wuchernden Vegetation.
„Ein Binnensee“, sagte Martin Correa, „mehr ist das nicht. Umwuchert von allen Seiten durch Wälder, Dickicht und Mangroven. Und ich dachte, der Creek führe direkt ins Meer.“
„Das ist allerdings sehr enttäuschend“, gab der Kutscher zu, „obwohl es sehr malerisch aussieht.“
„Darauf kann ich verzichten“, brummte der Profos. „Malerisch oder nicht, wir befinden uns immer noch in der Nähe der Fleischtöpfe und haben uns gehörig verfranzt. Der Tag fängt lieblich an.“
Im Osten begann es blutrot zu leuchten, ein Anblick, der sie – bis auf den Profos – alle in Bann schlug. Da war über dem Dschungel die zarte pastellfarbene Andeutung eines gewaltigen Regenbogens. Er schien die Feuchtigkeit aus dem Wald zu saugen und ließ die Luft flimmern.
Ein paar Wolkenbänke verwehten fast übergangslos zu langen Strichen, die sich nach und nach auflösten. Irgendwo in weiter Ferne war noch das Kreischen der Flamingos zu hören.
Von den Mangroven mit ihren langen Stelzwurzeln wehte fauliger Modergeruch herüber, den allerdings die aufgehende Sonne vertrieb. Ein leiser Windhauch fuhr über den See und kräuselte das Wasser.
„Man muß einer derartigen Lage auch die guten Seiten abgewinnen“, sinnierte der Kutscher. „Der Anblick ist wirklich mehr als faszinierend.“
„Der Anblick eines Ausweges wäre noch faszinierender“, meinte Carberry. „Schließlich sehe ich einen Sonnenaufgang ja nicht zum erstenmal.“
„Es kann aber immer der letzte sein“, widersprach der Kutscher. „Daher sollte man sich ein paar Augenblicke Zeit nehmen, ihn zu genießen. So sehe ich das jedenfalls.“
„Irgendwo achteraus stehen diese Burschen klar bei Kessel, Mohrrüben, Sellerie und kochendem Wasser, und du bist wieder mal am Schwärmen“, sagte Carberry ungehalten. „Ich freue mich ja auch über den Sonnenaufgang, aber wir sind waffenlos und in einer miesen Situation. Deshalb sollten wir die Betrachtungen auf später verschieben und einen Ausweg suchen. Hinzu kommt, daß mich langsam Hunger und Durst plagen. Den Indianern mag es ja ähnlich gehen, aber die sind gewohnt, Menschenknochen abzunagen. Ich mag auch keine Indianer, jedenfalls keine gekochten, sonst hätten wir uns einen mitgenommen.“
„Am Profosfleisch würden die sich eh die Zähne ausbeißen“, meinte der Kutscher ungerührt. „Muskeln und Sehnen – da könnten sie auch auf Shanes Amboß kauen. Das einzige, was bei dir weich ist, ist vermutlich das Gehirn, aber so winzige Kessel haben sie wiederum nicht.“
Der Kutscher grinste den finster blickenden Profos freundlich an.
„Spaß muß sein, Ed. Aber bei meinen Betrachtungen habe ich entdeckt, daß es etwa in südlicher Richtung einen weiteren Creek gibt. Man sieht ihn kaum, er ist durch Dickicht verborgen. Paddeln wir doch mal hin.“
Carberry warf dem Kutscher noch einen wilden Blick zu. Dann nickte er grimmig.
„Na gut. Hoffentlich hast du richtig gesehen, dann vergesse ich die dämliche Bemerkung mit dem weichen Gehirn. Wenn du dich aber geirrt hast, Kutscherlein, dann wird es Zeit, daß ich dich mal wieder kräftig zur Brust nehme, um dein Geschnatter abzustellen.“
„Keine Sorge. Ich bin sicher, daß es hier nicht nur die eine Abzweigung gibt. Man muß nur richtig suchen.“
Wieder wurden die Paddel ins Wasser getaucht. Nils Larsen und sein Freund Sven hielten immer wieder scharfäugig Ausschau nach allen Seiten. Doch es blieb still und ruhig bis auf das Quaken aus den Sümpfen oder weit entferntes Kreischen, das immer noch von den Flamingos stammen mochte.
Die Sonne stieg langsam höher. Der See lag wie erstarrt da, und der faulige Geruch aus den Mangrovenwäldern verstärkte sich. Es wurde auch wieder drückend heiß und schwül.
Ja, da war ein Creek, ein schmaler Wasserlauf in einem undurchdringlich scheinenden Irrgarten.
Auf Carberrys Schulter zuckte Sir John zusammen, als zwei Papageien kreischend aufstoben und zur anderen Seite des Sees flogen.
„Aasgeier!“ kreischte Sir John laut.
„Sei still, du Schreihals“, sagte Ed.
Sir John schwieg und ging daran, sein klatschnasses Gefieder zu putzen. Er erinnerte immer noch lebhaft an einen armseligen Sperling, der ins Wasser gefallen war.
Der kleine Wasserlauf war so verborgen, daß man ihn erst sah, wenn man sich dicht davor befand. Der Kutscher hatte es im Sonnenlicht auch nur einmal glitzern sehen und daraus geschlossen, daß es ein weiteres Rinnsal gab. Es war teilweise zugewuchert. Dicht nebeneinander standen die Wurzeln der Mangroven. Auf den Mutterpflanzen hockten dicht an dicht die bereits ausgekeimten Jungpflanzen. Etliche Mangroven blühten. Andere trugen die langen schotenähnlichen Früchte. Der Geruch wurde immer aufdringlicher und intensiver.
„Stinkt wie im Saustall“, stellte Old Donegal naserümpfend fest.
„Wenn du dein Holzbein abnimmst und es zwischen die Mangroven steckst, treibt es schon einen Tag später Blüten und neue Wurzeln“, versicherte der Profos. „Hier kann man auf billige und leichte Art die Holzbeine vermehren.“
„Glaub’ ich nie im Leben“, versicherte Old Donegal. „Das sind wieder so Spinnereien von dir.“
„Versuch’s doch mal. Aber du hast ja bloß Angst, daß die Chickcharnies aufkreuzen und dein Holzbein klauen.“
Sie duckten sich, denn erneut schlugen Blätter, Zweige und große Wedel in ihre Gesichter.
„Ich weiß nicht, ob das der richtige Weg ist“, meinte Martin Correa. „Der Bach wird immer enger und wächst fast zu. Diese Strecke haben wir doch mit Sicherheit heute nacht nicht zurückgelegt.“
Daran zweifelten auch die anderen. Sogar der Kutscher hob die Schultern, als er das zugewucherte Wässerchen sah.
„Wir müssen es versuchen. Heute nacht haben wir nicht viel gesehen, fuhren aber oftmals haarscharf an Blättern und Ästen vorbei.“
Sven richtete sich im Kanu auf und blickte nach vorn. Direkt neben dem Boot wuchsen riesige Blüten aus dem Wasser. Ihre Blätter waren so groß, daß ein ausgewachsener Mann darauf Platz gehabt hätte. Hin und wieder war ein Vogel zu sehen, der über die Blätter rannte und ständig mit dem Schnabel nach irgendwelchem Getier fischte.
„Weiter vorn wird der Flußlauf etwas breiter“, sagte Sven. „Vielleicht sind wir doch auf dem richtigen Kurs.“
Tatsächlich verbreiterte sich das Bächlein nach knapp fünfzig Yards.
Carberry ließ nach einer Weile das Kanu stoppen, bis es bewegungslos im Wasser lag.
„Was soll das?“ fragte Martin Correa.
„Keine Strömung“, stellte Carberry fest. „Das gefällt mir schon überhaupt nicht. Sieht nach einem stehenden Gewässer aus.“
„Eine ganz winzige Strömung gibt es doch“, widersprach der Kutscher nach einer Weile. „Man spürt sie aber kaum. Trotzdem sollten wir weiterpaddeln.“
„Und wenn wir wieder in einem See landen?“
„Kehren wir um und suchen nach einem anderen Weg.“ Der Kutscher war anscheinend durch nichts zu erschüttern. Er schwitzte auch kaum, wie Carberry erstaunt feststellte. Er hockte paddelnd im Kanu und erweckte ganz den Eindruck, als sei er der Leiter einer großangelegten Expedition, die unbekanntes Gelände erkundet.