Читать книгу Seewölfe Paket 29 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 26

4.

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Was da auf die Bretter trat, nötigte sogar dem Profos Respekt ab.

Ein riesenhafter glatzköpfiger Mann mit einem gewaltigen schwarzen Schnauzbart erschien. Sein Körper war eingeölt, und am ganzen Körper zuckten Muskelwülste auf, sobald er sich bewegte.

Dieser Ibrahim trug nur eine knielange Hose und einen gewaltigen Ledergürtel. Sein Oberkörper war nackt, und den Schädel hatte er sich blitzblank rasieren lassen.

Er stellte sich in Positur und holte Luft. Dabei spannte er auch seine Muskeln an, riesige Wülste, die ruckartig aufquollen. Alles an diesem Mann strotzte nur so vor Kraft.

„Ibrahim, der stärkste Mann der Welt!“ verkündete der Bucklige. „Wer ihn besiegt erhält ein Goldstück. Wer ihn nicht besiegt, der wird ein paar Goldstücke brauchen, um seine Knochen zusammenflicken zu lassen. Wer von den ehrenwerten Herren wagt es, gegen Ibrahim anzutreten? Es wird geboxt. Schläge bis an die Gürtellinie sind erlaubt. Ein Goldstück für den, der Ibrahim auf die Bretter schickt!“

Der Bulle flößte zwar allen Respekt und vielen auch Angst ein, aber als der Bucklige das Goldstück hochhielt und es der Menge zeigte, da gab es immer wieder Kerle, die es sich verdienen wollten und direkt hungrig auf das Goldstück blickten.

Mit einem Goldstück ließ sich sehr viel anfangen. Damit war der Lebensunterhalt für mehr als zwei Monate gesichert. Viele waren davon überzeugt, bei Ibrahim den richtigen Schlag anbringen zu können, und viele hielten sich für wesentlich stärker, als sie in Wirklichkeit waren.

Noch bevor der Profos reagieren konnte, drängte sich bereits ein junger, kraftvoller Türke nach vorn. Seine Blicke waren begehrlich auf das Goldstück gerichtet.

„Ich trete gegen ihn an!“ rief er.

Ibrahim sah gelassen und mit über der gewaltigen Brust verschränkten Armen zu, wie sich der Türke das Hemd vom Körper riß.

Dann ging es auch gleich zur Sache. Der junge Türke stürmte wie ein wildgewordener Büffel vor und drosch Ibrahim die Fäuste mit aller Kraft ins Gesicht. Er wollte schon triumphierend losbrüllen, doch der Bulle nahm den Kopf blitzschnell zur Seite. Die Schläge verpufften wirkungslos und gingen ins Leere. Ibrahim erwartete seinen Gegner mit einem schiefen Grinsen.

Beim zweiten Ansturm gelang dem Türken ein Schlag gegen die gewaltige tonnenförmige Brust. Der Bulle steckte den Schlag gelassen weg, als hätte er ihn nicht gespürt.

Er wartete auch den nächsten Ansturm noch ab und stoppte den Türken mit seinen gewaltigen Fäusten. Der versuchte jetzt, angesichts des Goldstückes, alles auf eine Karte zu setzen und schlug wieder zu.

Ibrahim blockte ab. Nur seine Arme wurden getroffen.

Jetzt begann es in der Menge zu kochen und zu brodeln. Die Kerle feuerten den jungen Türken an und brüllten wild durcheinander.

Bei dem Türken rastete etwas aus. Er schrie ebenfalls und drang mit wildem Gebrüll auf Ibrahim ein. Er hatte einen mörderischen Blick drauf und verlor die Übersicht. Statt den Klotz kühl und überlegt anzugehen, um vielleicht dessen Schwäche auszunutzen, schlug er planlos, wild und unüberlegt zu. Seine Arme wirbelten wie Dreschflegel, aber es gelang ihm nicht, einen richtigen Treffer anzubringen.

Als er wieder ins Leere schlug, erwischte ihn ein harter Schlag, dessen Wucht ihn quer durch den provisorischen Ring trieb.

Er stand kaum auf den Beinen, als ihn ein zweiter Schlag erneut fällte. Diesmal blieb er benommen auf den Knien hocken und schüttelte den Kopf.

Ibrahim ließ ihm Zeit und wartete, bis er wieder auf den Beinen war.

„Fair kämpft er ja“, sagte Smoky, „das muß man ihm lassen. Dafür kann er aber verdammt hart schlagen.“

Ganz überraschend griff der Türke an. Offenbar hatte er jetzt eine wilde Wut im Bauch und sah sein Goldstück für immer entschwinden.

Bei diesem Angriff erwischten ihn zwei mörderische Haken. Sein Kopf flog in den Nacken, er überschlug sich fast und brach gurgelnd auf den Brettern zusammen. Dort blieb er stöhnend liegen.

„Der Kampf ist entschieden!“ rief der Bucklige. „Ibrahim hat gewonnen! Oder hat jemand Einwände?“

Keiner hatte Einwände. Der Türke kam von allein auch nicht mehr auf die Beine, und so trugen sie ihn aus dem Ring.

„Du willst doch nicht gegen das Monstrum antreten?“ fragte der Kutscher. „Der hat noch gar nicht richtig gezeigt, was er kann. Für den war das nur ein Spielchen. Immerhin hat er den Türken mit ein paar Schlägen fast zugrunde gerichtet.“

Carberry grinste schief. Er blickte dem Türken nach, den sie auf den Boden legten, und der immer noch so entsetzlich stöhnte, als hätte er keinen heilen Knochen mehr im Leib.

„Warum nicht“, sagte er gelassen. „Spaß muß sein und Abwechslung erst recht. Ich werde den Kerlen doch nicht das Goldstück schenken.“

„Der zermatscht dich“, warnte der Kutscher eindringlich, doch damit stieß er bei Carberry nur auf taube Ohren.

Während die beiden sich noch unterhielten, war bereits ein anderer Mann im Ring erschienen, ein breitschultriger Kerl mit einer Schlägervisage, einer mächtig plattgehauenen Nase und riesigen Fäusten. Offenbar war er ein Seemann von einem der zahlreichen Schiffe, die im Hafen lagen. Er sah lüstern auf das Goldstück, das der Bucklige wieder hochhielt, nickte dann und drehte sich blitzschnell um. Er begann schon draufloszuschlagen, noch bevor der Kampf angesagt wurde.

Für Ibrahim kam dieser Angriff überraschend, und so mußte er zwei harte Treffer auf die Brust einstecken.

Kumpane des Breitschultrigen begannen zu grölen und zu pfeifen und feuerten ihn an.

Aber auch der Schläger hatte keine Chance. Nach seinen Treffern erwischten ihn die gewaltigen Fäuste und fegten ihn erbarmungslos durch den Ring. Seine plattgeschlagene Nase begann zu bluten, ein Veilchen blühte in seinem Gesicht auf, und er sah nach einem weiteren Hieb sehr lädiert aus.

Ibrahim gab ihm den Rest. Seine Fäuste flogen von links, von rechts, gestochen oder als wilde Schwinger. Dann explodierte eine Faust unter dem Kinn des Mannes, die ihn aus dem Ring warf. Wie ein Bündel Lumpen flog er zwischen seine Kumpane.

Der Kutscher wollte den Profos wieder ablenken und in ein Gespräch verwickeln, doch da hatte sich Carberry bereits einen Weg durch die Menge gebahnt und stand dem Bullen grinsend gegenüber.

„Ah, hier will es noch einer versuchen!“ schrie der Bucklige. „Ein wahrhaft starker und furchtloser Mann! Ob er wohl das Goldstück gewinnen wird?“

Carberry spürte, wie er von dem Glatzkopf gemustert wurde. Der Kerl tastete ihn mit Blicken ab und taxierte ihn ein.

Aber Carberry hatte das längst getan, und dabei hatte er festgestellt, daß dieser Ibrahim mühelos die schwersten Körpertreffer wegsteckte. Solche Schläge prallten an ihm wirkungslos ab.

Der Profos grinste ein bißchen und hob die Arme in Brusthöhe, und damit ging es auch schon los.

Ibrahim hatte seinen Gegner offenbar richtig eingeschätzt und wollte nichts anbrennen lassen. Dieser Narbenmann war mit Vorsicht zu genießen, da kannte er sich aus, denn er hatte schon einige hundert Männer auf die Bretter geschickt. Dieser Kerl mit dem gewaltigen Kinn gehörte jedoch nicht zu der Sorte, die losbrüllten und wild drauflosschlugen, der schlug gezielter.

Zwei riesige Fäuste flogen auf Carberry zu. Der einen konnte er ausweichen, die andere erwischte seine Schulter und wirbelte ihn herum.

Der hat einen Schlag drauf wie ein Hammerwerk, dachte der Profos. Sekundenlang war seine Schulter wie gelähmt, dann verging der Schmerz jedoch schlagartig.

Der Profos drosch ihm eins an den Hals. Ein zweiter Schlag traf Ibrahim oberhalb des Gürtels. Den einen Schlag steckte er grinsend weg, der andere erschütterte ihn ein wenig.

Dann flogen nur noch die Fäuste, bis die Männer ins Schwitzen gerieten. Der Kampf verlief sehr zur Freude der Zuschauer, denn der Narbenmann ließ sich nichts schenken und drosch immer wieder zurück.

Carberry hatte sich eine besondere Taktik ausgewählt. Er schlug nur selten nach dem Gesicht des Glatzkopfes, er bearbeitete ihn mit Hieben und Treffern in die Magengegend, und damit erreichte er genau das, was er wollte. Ibrahim begann zu keuchen, das Trommelfeuer zeigte leichte Wirkung, obwohl auch der Profos eine Menge einstecken mußte.

„Den Profoshammer!“ brüllte Smoky wild. „Mann, laß den Profoshammer los, Ed!“

Carberry hörte nichts. Er sah nur diesen gewaltigen Kerl vor sich und mußte den heranfliegenden Fäusten ausweichen. Den Profoshammer, seinen ganz speziellen Schlag, hob er sich für später auf. Das sollte die Überraschung für Ibrahim werden.

Carberry fing sich einen Brocken ein, an dem er eine ganze Weile zu schlucken hatte. Der Kerl setzte immer wieder sofort nach und schlug jetzt ohne Pause auf ihn ein.

Aber Carberrys Schläge zeigten ebenfalls Wirkung. Ibrahim stand der Schweiß in dicken Perlen auf Stirn und Gesicht, und immer wieder mußte er tief Luft holen, denn dieser Narbenmann trieb ihm mit seinen fürchterlichen Schlägen die Luft aus den Lungen, wie er es noch nie erlebt hatte.

Die Zuschauer, die wie gebannt auf die Szene starrten, gaben keinen Mucks von sich. Eine fast beängstigende Stille herrschte auf dem Platz von Kasimpasa, wo sich immer mehr Zuschauer einfanden.

Ein schneller Haken erwischte das rechte Ohr von Ibrahim. Den Türken durchraste ein nie gekannter Schmerz. Er brüllte auf, sein Gesicht verzerrte sich, und dann hieb er wild um sich.

Der Profos setzte dem heranrasenden Büffel ein Ding auf das rechte Ohr und die andere Faust in die Schultergrube. Damit hatte er den Riesen genau da, wo er ihn haben wollte.

Ibrahim schlug jetzt unkontrollierter und beging den gleichen Fehler wie ihn seine anderen Gegner begangen hatten. Viermal schlug er an Carberry vorbei, dann geriet er in rasende Wut, als der Profos immer wieder unter seinen Fäusten wegtauchte.

Dem stärksten Mann der Welt rann Blut aus einer geplatzten Augenbraue. Sein linkes Ohr war eingerissen und blutete ebenfalls.

Er verstand die Welt nicht mehr und stierte mordgierig auf den Narbenmann. Dem lief zwar auch der Schweiß über das Gesicht, aber er zeigte noch keine Anzeichen von Erschöpfung. Sein Gesicht war auch noch nicht verbeult, er hatte nur schwere Körpertreffer eingesteckt.

Ibrahim riß die Arme hoch und wollte von der Seite zuschlagen. Aber da war der Narbenmann weg und die Schläge gingen ins Leere. Er wurde von der eigenen Wucht ein Stück nach vorn gerissen – und da stand der Narbenmann plötzlich wieder wie aus dem Boden gewachsen da.

Ibrahim sah noch klar und deutlich, wie der Kerl mit dem Amboßkinn sich einmal um seine Achse drehte. Es ging unwahrscheinlich schnell.

Weiter registrierte er noch, wie etwas auf ihn zuflog. Es war ein mörderisches riesiges Ding, das mit atemberaubendem Tempo heranraste. Er konnte nicht mehr ausweichen, er stolperte nur noch einen kleinen Schritt nach vorn – und damit lief er direkt in den Profoshammer hinein.

Das Ding, das der Profos abfeuerte, kam mit aller Kraft aus dem Schultergelenk, die Drehung um die eigene Achse verstärkte die Auftreffwucht noch ganz erheblich, denn dahinter saß die ganze geballte Kraft des Narbenmannes.

Dieser Brocken erwischte Ibrahim wie der Tritt eines Elefanten, und er landete knallhart auf seinem Kinn. Eine mächtige Explosion schüttelte ihn von oben bis unten durch und stoppte ihn auf der Stelle. Dann torkelte er zwei Schritte zurück, verdrehte die Augen und spürte, wie es Nacht um ihn wurde.

Die Bretter dröhnten und vibrierten, als Ibrahim mit seinem ganzen Gewicht auf ihnen landete. Reglos blieb er liegen.

Carberry schnaufte ein bißchen, blieb mit gesenkten Fäusten stehen und starrte auf den gefällten Mann. Er hörte kaum die wilden Rufe und das Gebrüll, das über den Platz hallte. Von überall her riefen, brüllten, kreischten, pfiffen und schrien sie.

Der Bucklige stand mit offenem Mund da, stierte auf Ibrahim, dann wieder zu Carberry und wußte nicht, was er davon halten sollte, denn Ibrahim rührte sich immer noch nicht. Es sah aus, als halte er auf den Brettern ein Nickerchen.

Der Profos befühlte vorsichtig seine rechte Faust, die den Koloß mit einem mörderischen Schlag gefällt hatte. Tat ganz schön weh, das Ding, er hatte das Gefühl, in eine Eichenwand gedroschen zu haben. Die Knöchel waren aufgeschrammt und brannten wie Feuer.

„Nun sag schon, wer der Sieger ist“, knurrte er den Buckligen an. „Sicher hat niemand Einwände, was, wie?“

Der Bucklige war immer noch starr und blickte auf seinen stärksten Mann der Welt, dessen linkes Augenlid jetzt zuckte. Das war aber auch die einzige Reaktion, die bewies, daß noch Leben in ihm war. Etwas Derartiges hatte der Bucklige noch nicht erlebt. Der stärkste Mann der Welt hatte eine empfindliche Niederlage hinnehmen müssen.

„Das – das Goldstück gehört Ibrahim“, stotterte er verwirrt. Er versuchte, den Profos hinzuhalten. „Er – er selbst überreicht es.“

„Dein Ibrahim kann gar nichts mehr überreichen“, fauchte Carberry. „Mit dem ist heute nicht mehr zu reden. Und wenn du die Siegerprämie nicht gleich herausrückst, wirst du auch lange nichts mehr überreichen. Dann wackel ich dich nämlich so lange durch, bis dir der Arsch voll Tränen steht.“

Als Jung Philip das übersetzte, brandete in der Menge Gelächter auf. Gleichzeitig wurden aber auch Drohungen gegen den Buckligen laut. Mit einer hastigen Bewegung überreichte er dem Profos des Goldstück. Der nahm es grinsend in Empfang und ließ es in der Hosentasche verschwinden.

Dann sagte er: „Einen Gruß noch an den zweitstärksten Mann der Welt. Und wenn du noch mehr Goldstücke übrig hast – wir sind mehr als dreißig Kerle, die dem lieben Ibrahim zeigen, wo es langgeht.“

Er ließ den völlig verstörten Buckligen stehen und bahnte sich seinen Weg durch die Menge zurück.

Der Kutscher sah ihn besorgt und kopfschüttelnd an.

„Du hast dir ein paar ganz schöne Brocken eingefangen, aber du hast den Kerl prächtig geschafft. Hast du Schmerzen, wollen wir an Bord zurück?“

„Ich doch nicht!“ tönte der Profos. „Was soll ich jetzt an Bord – mir das Goldstück ansehen? Nein, mein lieber Kutscher, das werden wir jetzt auf den Kopf hauen, ich habe nämlich Durst. So ein Kampf strengt schließlich an, was, wie? Also, gehen wir.“

Mit diesem Carberry ist es doch immer das gleiche, dachte der Kutscher. Der würde sich nie ändern. Prügelte sich aus reinstem Jux herum, gewann ein Goldstück und haute es anschließend in der nächsten Kneipe auf den Kopf. Nicht zu fassen! Und dafür ging er das Risiko ein, halbtot geprügelt zu werden.

Es dauerte auch nicht lange, da hatten sie die richtige Pinte gefunden. Sie war gar nicht weit vom Hafen entfernt.

Dann begann eine fröhliche Runde.

Seewölfe Paket 29

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