Читать книгу Seewölfe Paket 29 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 32
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ОглавлениеDer Blick war völlig klar, etwas erstaunt vielleicht, doch dann lag ein jähes Erschrecken darin, als er die vielen Männer sah, die ihn im Halbkreis umstanden.
Mit einem Ruck wollte er aufspringen.
Hasard legte ihm die Hand auf die Schultern und drückte ihn auf die Koje zurück.
„Nur keine Aufregung“, sagte er besänftigend. „Sie sind vorerst in Sicherheit. Ihnen wird nichts passieren. Sie sind doch von der Galeere geflüchtet, oder?“
Als Jung Hasard das übersetzte, nickte der Mann kläglich. Noch einmal sah er sich scheu um. Dabei kehrte auch schlagartig seine Erinnerung zurück.
„Ja, ich bin von der Galeere“, sagte er heiser. „Mein Name ist Ali Mustafa.“
„Ali Mustafa“, wiederholte Hasard und nannte seinen Namen. „Den Namen haben wir doch erst kürzlich gehört.“
„Bei Aladin“, sagte Dan O’Flynn. „Der hat von einem Ali Mustafa erzählt, der zu Unrecht verurteilt wurde.“
„Richtig, so war der Name“, sagte Hasard. „Sind Sie dieser Ali, der die Kadis und den Henker verflucht hat?“
„Ja, ich habe das getan.“ Ali Mustafa setzte sich ganz langsam aufrecht hin. „Aber man hat mich betrogen und zu Unrecht verurteilt. Das ist auch wahr. Ich sollte zum Tode verurteilt werden, und man band mich vor ein Kanonenrohr.“
Hasard nickte. „Ich kenne Ihre Geschichte so einigermaßen. Ein Mann namens Aladin aus Sulukule hat sie uns erzählt. Man sprach in ganz Istanbul darüber. Ihr Fall hat viel Aufsehen erregt.“
Der Kutscher hielt Ali eine Muck hin. Der Mann trank dankbar und in langen Schlucken, dann bedankte er sich.
„Sie begeben sich in Gefahr, wenn Sie mich weiterhin an Bord behalten“, sagte er leise. „Ich will Ihnen keine Schwierigkeiten bereiten. Ich bin nur geschwommen, bis ich nicht mehr konnte. Dann habe ich mich an einem Schiff hochgezogen und zu einer Kammer verschleppt. Mir war in dem Moment alles egal.“
„Das kann ich mir vorstellen. Wir haben die Vorfälle auf der Galeere von Anfang an beobachtet. Es war eine Meuterei, nicht wahr?“
„Ja, und ich war der Initiator. Mein Freund Ahmed war auch daran beteiligt, aber er hat es nicht überlebt. Er ist vor meinen Augen untergegangen, und ich konnte ihm nicht mehr helfen.“
Ali Mustafa strich mit der Hand über seinen sichelförmigen schwarzen Schnauzbart.
„Wir konnten nicht anders“, setzte er wie entschuldigend hinzu. „Die meisten hatten nichts verbrochen und waren unschuldig. Da ist es besonders schwer, wenn man für etwas büßen muß, was man nicht getan hat.“
Als auf dem Deck über ihnen Schritte erklangen, glomm Furcht in den Augen des Türken auf.
„Soldaten?“ fragte er heiser.
Hasard schüttelte den Kopf.
„Nein, keine Soldaten, jedenfalls bis jetzt noch nicht. Es sind unsere Leute, die an Deck Wache gehen.“
„Aber sie werden kommen. Sie werden nach den Gefangenen suchen, und wenn sie mich finden, wird man ihnen Ärger bereiten.“
„Davon bin ich überzeugt, aber man wird Sie nicht finden. Wir bringen Sie später in Sicherheit, doch im Moment geht das nicht, der Hafen ist noch in Aufruhr.“
Hasard sah den Türken noch einmal nachdenklich an. Als sein Blick auf den Schnauzbart und die vielen Bartstoppeln fiel, lächelte er.
„Wir haben zwar ein kleines Versteck an Bord, aber ich habe gerade eine andere Möglichkeit in Betracht gezogen. Wir werden Sie für einige Zeit in unsere Mannschaft aufnehmen. Das würde gar nicht einmal auffallen. Sie müßten nur die Rolle eines Taubstummen spielen, falls die Soldaten hier aufkreuzen.“
„Das würde mir nicht schwerfallen“, sagte Ali erleichtert. „Aber die Kerle kennen mein Gesicht.“
„Man müßte ihm den Schnauzbart abrasieren und die Haare kürzer scheren“, meinte Mac Pellew. „Wenn er dann noch ein paar Klamotten von uns trägt, fällt er überhaupt nicht auf. Kein Mensch wird vermuten, daß er die Frechheit hat, öffentlich an Bord zu arbeiten.“
„So ähnlich dachte ich mir das auch“, sagte Hasard. „Aber dann sollten wir nicht lange zögern und gleich damit beginnen.“
Als Ali das übersetzt wurde, glitt seit langer Zeit wieder ein Hoffnungsschimmer über sein Gesicht. Er brachte sogar ein zaghaftes Lächeln zustande.
„Wenn das wirklich geht …“
„Natürlich geht das. Wir haben ja etliche dunkelhaarige Männer an Bord. Es wird nicht auffallen.“
Ali betrachtete seine Hände. Erst jetzt fiel ihm auf, daß er keine Manschetten mehr trug.
„Die haben wir Ihnen abgenommen.“
„Vielen Dank. Ich war schon so daran gewöhnt, daß ich es anfangs gar nicht bemerkt habe.“
„Wollen wir nun, oder was ist los?“ fragte Mac Pellew. „Reden können wir nachher immer noch.“
„Gut, dann fang an“, sagte der Seewolf.
Will Thorne brachte schweigend ein paar Sachen für Ali. Das alte Zeug nahm er mit und warf es über Bord. Dann erhielt Ali Mustafa ein helles grobes Leinenhemd, ebensolche Hosen und ein paar Stiefel. Auch ein Entermesser steckte Will Thorne ihm in den Gürtel, wie die anderen es trugen.
Danach erschien Mac Pellew, der an Bord auch für das Haareschneiden zuständig war.
„Sie werden sich nachher selbst nicht mehr wiedererkennen“, versprach er.
Darauf schnitt er Ali mit einer Schere den Bart ab, sozusagen als Grobschnitt, dann seifte er ihn gründlich ein und begann hingebungsvoll zu schaben.
Unter Macs kundigen Händen verwandelte sich Ali erstaunlich rasch, was den Profos zu der Bemerkung veranlaßte, dieser Ali sei jetzt so glatt wie ein Affenbabyarsch.
Zum Schluß waren die Haare dran, die immer kürzer wurden.
Während der ganzen Prozedur erfuhren die Seewölfe Alis Geschichte. Sie erfuhren auch von der Korruption, die in Istanbul herrschte, von den Intrigen, die hier gesponnen wurden und von den Kadis, die allesamt Dreck am Stecken hatten und sich auf Kosten anderer bereicherten. Fast das gleiche hatte Aladin ihnen auch schon berichtet.
Ali sah jetzt aus wie einer von ihnen. Hasard schärfte ihm nur noch ein, daß er die Rolle des Taubstummen perfekt beherrschen müsse, falls die Soldaten erschienen.
Das versprach Ali. Danach brachte ihm der Kutscher zu essen und zu trinken, und er wurde im Mannschaftslogis einquartiert.
Als Ali schlief, durchsuchten die Soldaten immer noch den Hafen und knöpften sich ein Schiff nach dem anderen vor.
Am anderen Morgen war auch die Dubas der Seewölfe an der Reihe. Das Hafengelände war abgesperrt worden, überall wurden die Leute kontrolliert.
Hasard sah aber auch noch etwas anderes. Die große Galeere hatte an einer Pier vertäut. Offenbar hatte man sie in der Nacht noch notdürftig repariert. Jetzt wurden neue Riemen an Bord genommen und ins Unterdeck gebracht.
Etwas später erschienen fast vierzig Gefangene, die ebenfalls im Unterdeck des Schiffes verschwanden.
Hasard warf einen Blick zu Ali, der zusammen mit Bill, Bob Grey, Blacky und Gary Andrews das Deck schrubbte. Die anderen Arwenacks taten auch so, als seien sie beschäftigt.
„Er fällt wirklich nicht auf“, sagte Don Juan. „Niemand würde glauben, daß er nicht zur Mannschaft gehört.“
„Ich habe auch keine Befürchtungen, daß man ihn entdecken wird. Sobald hier Ruhe eingekehrt ist, bringen wir ihn unauffällig weg. Aber jetzt sind wir erst einmal dran.“ Hasard deutete dabei auf einen Trupp bewaffneter Türken, die im Gleichschritt über die Pier marschierten und genau auf sie zuhielten.
Ihr Anführer war offenbar ein Hauptmann, der einen noch größeren sichelförmigen Schnauzbart trug als Ali. Sein Gesicht war böse verkniffen, er hatte noch keine Erfolgsmeldungen bringen können, denn etliche der Gefangenen waren entwischt und spurlos verschwunden. Das hob nicht gerade seine Laune. Zudem war er übernächtigt und seine Soldaten auch.
Vor der Dubas blieb er stehen.
„Kapitän?“ fragte er, auf Hasard deutend.
„Ja, ich bin der Kapitän“, sagte Hasard. „Was kann ich für Sie tun?“
„Ich muß das Schiff durchsuchen“, erklärte der Hauptmann übellaunig. „Es besteht der Verdacht, daß sich entlaufene Sträflinge bei Ihnen an Bord versteckt haben.“
„Bei mir?“ Hasard lachte leise. „Das würde ich aber mit Sicherheit wissen.“
„Ich muß trotzdem das Schiff durchsuchen“, beharrte der Hauptmann. „Wenn Sie ablehnen, muß ich Gewalt anwenden.“
„Aber bitte, durchsuchen Sie das Schiff. Wir haben nichts zu verbergen. Mein Offizier wird Sie begleiten.“
Ali schrubbte weiter, kniend auf den Planken, als sei nichts geschehen. Die innere Aufregung und Anspannung sah ihm keiner an, obwohl ihm das Herz bis zum Hals schlug. Aber keiner der Soldaten warf ihm auch nur einen Blick zu.
Ben Brighton begleitete den Trupp und zeigte ihnen alles, was sie sehen wollten. Er verzog nicht einmal das Gesicht, als der Hauptmann in der Pulverkammer darauf bestand, ein paar Fässer zur Seite zu rücken. Zu Bens Erstaunen entdeckte er das winzige Versteck auf Anhieb und begann zu grinsen. Anscheinend glaubte er, fündig zu werden.
Doch das Grinsen verging ihm, als er in der länglichen Vertiefung lediglich ein paar Luntenstöcke entdeckte.
Sie nahmen sich jede Kammer sehr gründlich vor und sahen auch in den Schapps und unter den Kojen nach.
Das alles dauerte fast eine halbe Stunde. Dann erschien der Hauptmann mit seinen Leuten wieder an Deck. Sein Gesicht war noch mürrischer geworden, denn er konnte wieder keinen Erfolg vorweisen.
„Die Mannschaft soll antreten“, befahl er. „Aber alle, ich will sie mir ansehen.“
Hasard ließ auch das geduldig über sich ergehen. Er gab sich den Anschein größter Gelassenheit, und doch war ihm reichlich mulmig zumute, als der Hauptmann die Reihen abschritt und jeden einzelnen sehr genau musterte.
Als er dem Profos ins Gesicht blickte, schluckte er. Ferris war an der Reihe, Matt Davies, bei dem er fast ehrfürchtig auf die Hakenprothese starrte.
Als er Old O’Flynn mit seinem Holzbein sah, zuckte er erneut zusammen. Dann fiel ihm ein weiterer Mann mit einer Hakenprothese auf, was ihn ziemlich verwirrte.
Bei Ali Mustafa zogen sich seine Augen zusammen. Dann sprach er ihn unvermittelt auf Türkisch an.
Ali Mustafa gab sich die größte Mühe, etwas dümmlich zu grinsen, was ihm auch prächtig gelang.
„Er kann Sie nicht verstehen“, sagte Hasard, „er ist seit seiner Geburt taubstumm und kann sich nur durch Zeichen verständigen.“
„Türkenblut“, sagte der Hauptmann sehr bestimmt.
Hasard lächelte milde und nachsichtig.
„Er ist Engländer und schon acht Jahre bei mir. Er hat als Schiffsjunge angefangen. Ich habe noch mehr Leute, die so ähnlich aussehen. Überzeugen Sie sich selbst.“
Der Hauptmann starrte wieder auf die Männer mit dem Haken, den alten Mann mit dem Holzbein und den Taubstummen. Einen riesigen Schwarzen hatten sie auch noch. Warum sollten sie da nicht auch einen Taubstummen haben?
„Eine Frage noch“, sagte Hasard. „Dürfen meine Männer wieder an Land gehen, oder gibt es eine Ausgangssperre?“
„Sie können an Land gehen, wann Sie wollen“, sagte der Hauptmann verdrossen. „Istanbul ist eine freie Stadt, wo jeder tun kann, was ihm beliebt.“
Damit drehte er sich um, gab seinen stumm dastehenden Soldaten einen Wink und verschwand übelgelaunt.
„Das wäre überstanden“, sagte Hasard. Er wirkte erleichtert. „Aber der Kerl hat doch gezweifelt. Irgendwie haben sie für ihre Landsleute einen ganz besonderen Blick.“
„Die Bewährungsprobe war kurz, aber gründlich“, meinte Dan. „Ich habe fast ein bißchen geschwitzt.“
„Und den Hohlraum, wo wir Ali verstecken wollten, hat dieser Bursche auf Anhieb gefunden“, sagte Ben. „Wenn wir ihn da wirklich verborgen hätten, wären wir jetzt in einer schwierigen Lage.“
„Na ja, es hat alles bestens geklappt. Gegen Mittag werden wir Ali wegbringen. Er kennt sich hier aus und hat ja auch gesagt, daß er Freunde hat, die ihn aufnehmen werden. Damit ist er dann vorerst in Sicherheit und kann später immer noch untertauchen.“
Auch Ali wirkte sehr erleichtert, als die Soldaten endlich abgezogen waren und das nächste Schiff durchsuchten. Ein ganzer Felsen war ihm von der Seele gerutscht.
„Ich habe Blut und Wasser geschwitzt“, gab er zu. „Als der Kerl mich ansprach, hätte ich im ersten Schreck fast geantwortet. Aber dann habe ich mir auf die Zunge gebissen.“
„Er hat nichts gemerkt“, sagte Hasard.
Gegen Mittag zog ein kleiner Trupp los zum Landgang. Ali befand sich unter ihnen, und so schlenderten sie durch die Stadtviertel, wo Ali dann unauffällig nach vielen Dankesworten verschwand. Sie waren am Hafen nur noch einmal flüchtig kontrolliert worden.
Am Nachmittag erschien der Hauptmann zu ihrer großen Überraschung erneut. Er sah noch übernächtigter und vergrämter aus. In seinem Gesicht sprossen Bartstoppeln.
„Fünf Ihrer Männer sind heute mittag an Land gewesen“, sagte er. „Aber nur vier sind zurückgekehrt. Wo ist der fünfte Mann?“
Hasard zuckte mit den Schultern und blieb wieder die Gelassenheit in Person.
„Wo habt ihr Jack gelassen?“ fragte er den Profos.
„Jack ist auf dem großen Basar geblieben“, sagte der Profos trocken. „Er sieht sich die Märkte und die Spiele an.“
„Da hören Sie es“, sagte Hasard. „Er wird später zurückkehren.“
Aber der Hauptmann blieb mißtrauisch und musterte einen nach dem anderen.
„Man hat euch an Land beobachtet“, sagte er.
Er drehte sich um und murmelte ein paar Worte zu einem der Soldaten, der gleich darauf verschwand, über die Pier stiefelte und zu der Galeere eilte, die gerade mit dem Ablegemanöver begann. Dort rief er etwas hinauf und deutete auf die Dubas der Seewölfe.
„Jetzt wird’s aber lustig“, sagte Hasard, als die Galeere gerudert wurde und Kurs auf sie nahm.
Dan O’Flynn schluckte trocken, als das Ungeheuer sich anfangs schwerfällig, dann immer schneller, in Bewegung setzte.
Der Hauptmann stand da und grinste hinterhältig. Seine Soldaten gingen ein paar Yards über die Pier, als wollten sie sich vor dem schwimmenden Monstrum in Sicherheit bringen.
„Die will uns tatsächlich rammen“, ächzte der Profos, „aber unverkennbar.“
Es war beileibe keine bloße Drohgebärde, wie Hasard sah. Das Schiff hielt genau auf sie zu. Der riesige Rammsporn zielte auf die Dubas.
„Ihr habt einen Verbrecher gedeckt!“ schrie der Hauptmann. Dann hatte er es ebenfalls sehr eilig, ein paar Yards zu verschwinden.
Hasard konnte immer noch nicht glauben, was er sah. Das gewaltige Schiff setzte zum Rammstoß an, und dieser Rammstoß galt ihnen, das war gar keine Frage mehr.
„Leinen los!“ rief er. „Klar bei Backborddrehbassen!“
Unaufhaltsam schob sich das Monstrum näher heran. Es war jetzt höchstens noch fünfzig Yards entfernt. Wenn der Rammsporn sie traf, würde er die Dubas in zwei Teile spalten oder total zersplittern.
Die Arwenacks rannten nur so.
Carberry kappte achtern die Leinen, Smoky tat es vorn, und Batuti und Roger Brighton drückten das Schiff von der Pier ab.
An den Drehbassen standen Al Conroy, Ferris Tucker und Jack Finnegan. Der Kutscher brachte in aller Eile glimmende Lunten an Deck und verteilte sie.
In einem wahren Affentempo wurden die Segel gesetzt.
„Jetzt geht es uns genauso wie den anderen“, knirschte Ben. „Die sind doch nicht mehr normal, diese Halunken.“
Der Rammsporn kam näher. Er wirkte wie ein riesiges Ungeheuer, das sich auf sein wehrloses Opfer stürzen will. Jede noch so kleine Einzelheit war zu erkennen.
„Feuert nach oben auf die Armbrüste und Segel!“ rief Hasard. Er hatte selbst die Ruderpinne übernommen und legte Hartruder. Sie hatten nur noch ein paar Sekunden Zeit, dann würde sie die schwimmende Festung in Kleinholz verwandeln.
An den gespannten Armbrüsten standen Männer, die auf den Befehl zum Feuern warteten. Aber der wurde nicht gegeben. Die Distanz war so zusammengeschrumpft, daß sich der Einsatz von Waffen nicht mehr lohnte. Das Gewicht und der Rammsporn genügten, um ein kleineres Schiff zu versenken. Und sehr groß war die Dubas nicht.
Hasard gelang es buchstäblich im allerletzten Augenblick, vor dem gewaltigen Rammsporn freizukommen.
Da blitzte die erste Drehbasse auf. Al Conroy hielt mit dem groben Schrot genau in die Segel.
Der Blei- und Eisenhagel löste sich unter grellem Blitz und urweltlichem Getöse. Das Segel zerfetzte.
Ein zweiter Blitz zuckte aus dem nächsten schwenkbaren Rohr und prasselte auf dem Rammsporn. Aus dem Holz wurden große Brocken gefetzt, aber mehr geschah nicht.
Die Galeere lief hart an ihnen vorbei. Dabei hörte Hasard, wie der Hauptmann etwas brüllte. Augenblicklich wurde der Riemenschlag des unheimlichen Schiffes langsamer. Und dann glitt sie auf die Pier zu, an der vorher die Arwenacks vertäut hatten.
Kein Schuß fiel mehr. Es war noch einmal gutgegangen, aber viel hätte an einer Ramming nicht mehr gefehlt.
„Was jetzt?“ fragte Ben. „Verschwinden wir gleich? Wir werden sonst eine Menge Ärger kriegen.“
„Wenn wir verschwinden, kriegen wir noch mehr Ärger“, sagte Hasard. „Wir segeln zu den Piers im Binnenhafen von Unkapani und machen dort fest. Ich werde versuchen, den Kerlen eine vernünftige Erklärung abzugeben.“
Der Hauptmann und die Soldaten sahen ihnen nach. Dann setzten sie sich langsam in Marsch und gingen zur anderen Seite hinüber.
Mac Pellew hatte in der Zeit, in der sie im Goldenen Horn nach Nordwesten hochsegelten, nichts anderes zu tun, als Blacky zu „frisieren“, denn der hatte fast das gleiche Aussehen und dieselbe Haarfarbe wie Ali Mustafa. Auch die Figur stimmte überein.
Nach einer guten halben Stunde war der Hauptmann wieder da. Es sah nach Ärger aus, aber das konnte Hasard schnell beilegen, denn „rein zufällig“ erschien „Jack“, der mit Händen und Füßen erklärte, daß er sich verspätet habe. Und dann habe er von Land aus beobachtet, daß das Schiff in Bedrängnis geraten sei und verholt habe.
Das alles ließ Hasard dem Hauptmann durch Philip und Jung Hasard verklaren. Blacky stieß dabei immer wieder urige laute aus und wedelte mit Armen und Beinen.
Der Hauptmann schluckte das schließlich und rang sich sogar noch zu einer Entschuldigung durch. Er war müde und wollte nur noch schlafen, nichts als schlafen, deshalb hatte er auch nicht mehr so genau hingesehen.
Als er endlich abzog, waren die Arwenacks erleichtert.
„Na, das ging ja noch einmal gut“, sagte Hasard. „Ich hatte mit wesentlich größeren Schwierigkeiten gerechnet, aber ich wollte auch nicht einfach aus Istanbul flüchten und verschwinden. Die Stadt ist es wert, daß wir sie uns noch gründlicher ansehen.“
Das fanden die anderen auch. Sie wollten noch ein paar Tage bleiben, denn in dieser Stadt gab es noch viel zu entdecken. Sie steckte immer wieder voller Überraschungen …
ENDE