Читать книгу Seewölfe Paket 10 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 24

9.

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Ein unterdrückter Schrei war plötzlich zu hören.

Augenblicklich verharrte der Seewolf, denn seine und die Schritte seiner Männer hallten zwischen den Felswänden des Passes überlaut. Batuti, Matt und Jeff brachten ihn fast zu Fall, als sie gegen Hasards breiten Rücken prallten. In der Tat war es hier so dunkel, daß sie kaum die eigene Hand vor Augen sehen konnten.

„Still!“ zischte der Seewolf.

Und jetzt hörten sie es deutlich.

Unterdrückte Laute. Keuchen. Scharrende Schritte. Ein Kampf.

Hasard stürmte weiter, ohne noch Zeit für einen Befehl zu verlieren. Die anderen folgten ihm. Er wußte es. Denn sie hatten genauso begriffen wie er.

Als sie das schwarze Plateau erreichten, traf sie der Anblick wie ein Schock.

Eine wilde Meute hatte Dan O’Flynn umzingelt. Messer blitzten. Im Mondlicht waren die Angreifer wie Schatten. Irgendwo lag eine Gestalt am Boden, irgendwo hinter dem Ring, den sie um Dan geschlossen hatten. Und er kämpfte wie ein Löwe – mit jener Entschlossenheit, die nur ein Mann an den Tag legt, der seinen sicheren Tod vor Augen hat.

Der Seewolf stürmte auf die Meute der Angreifer los.

Batuti, Matt Davies und Jeff Bowie schwärmten aus und hetzten mit langen Sätzen voran.

Hasard und der Gambianeger zogen die Entermesser.

Matt und Jeff brauchten keine Waffen. Die spitzgeschliffenen Haken ihrer Armprothesen funkelten.

„Dan!“ brüllte der Seewolf, als sie noch zwanzig Schritte entfernt waren.

Die Polynesier wirbelten erschrokken herum. Zu sehr hatten sie sich auf den ungleichen Kampf konzentriert.

Dan O’Flynn, von den Spuren des Kampfes deutlich gezeichnet, stieß einen Freudenschrei aus. Und in blitzschneller Reaktion streckte er einen der Gegner nieder, der ihm in der Verwirrung zu nahe geraten war.

„Ar – we – nack!“ brüllte der Seewolf, und die anderen stimmten mit ein.

„Ar – we – nack!“ Der Kampfruf der „Isabella“-Crew hallte wie ein Brausen über das Plateau.

Die Polynesier erschauerten. Doch es gab kein Zurück für sie. In verzweifelter Gegenwehr stellten sie sich zum Kampf. Allein der Anblick der Männer wirkte demoralisierend auf sie. Dieser schwarzhaarige Riese mit den eisklaren hellen Augen, der herkulische Neger und die beiden Männer mit den furchterregenden Stahlhaken anstelle von Händen – genug, um Charangus Handlanger ins Entsetzen zu treiben.

Hasard und seine Männer zerschlugen den messerbewehrten Kreis um Dan O’Flynn beinahe mühelos. Trotz aller Wut bemühten sie sich, den Polynesiern gegenüber fair zu bleiben und sie nicht für das bezahlen zu lassen, was Charangu an ihnen verbrochen hatte.

Hasard und Batuti schlugen mit den platten Seiten der Entermesser zu, und Matt Davies und Jeff Bowie benutzten ihre Stahlhaken mehr als Drohmittel, während sie die Gegner mit ihren gesunden Fäusten niederstreckten.

Innerhalb weniger Minuten war der Kampf entschieden. Charangus Männer lagen in schöner Gemeinsamkeit langgestreckt auf dem schwarzen Gestein. Alle, hatten sie Blessuren davongetragen, doch sie waren nicht so schwer verletzt, daß sie es nicht überstehen würden.

„Himmel“, sagte Dan O’Flynn keuchend, „ich habe schon meinen eigenen Untergang vor Augen gesehen.“

„Dich kann man nie allein lassen“, sagte Batuti dröhnend, und deutliche Erleichterung klang aus seiner Stimme. Dann schlug er ihm mit der flachen Hand auf die Schulter, daß Dan in die Knie ging.

Rasch untersuchte Hasard die Schnittwunden, die Dan an den Armen davongetragen hatte. Es waren keine tiefen Wunden.

„Wo ist das Mädchen?“ fragte der Seewolf.

Dan deutete mit einer Kopfbewegung zum Kegelstumpf des Vulkans.

„Die Kerle kamen von dort.“

„Sehen wir nach“, sagte Hasard, „reicht es, wenn wir dich später verarzten?“

„Klar“, versicherte Dan grimmig.

Als sie losstürmten, klang rollender Geschützdonner von der See herauf.

Noch versperrte der Berg ihnen die Sicht. Aber Hasard und seine Männer konnten sich in etwa vorstellen, was sich an der Ostseite der Insel abspielte – an diesem Teil von Kahoolawe, der für die Polynesier offenbar tabu gewesen war.

Dan wies Hasard und den anderen die Richtung. Er hatte sich die Stelle eingeprägt, an der Moanas Entführer aufgetaucht waren, um ihn zu töten.

Als sie den Fuß des Vulkankegels erreichten, hatte sich der Geschützdonner verstärkt. Deutlich erkannten sie den sonoren Klang der Siebzehn-Pfünder-Culverinen, die in fast regelmäßigen Abständen abgefeuert wurden. Die anderen Geschütze klangen heller.

Das Gefecht trieb Hasard und seine Männer zur Eile an. In ihnen brannte die Ungewißheit darüber, was dort unten vor der Insel geschah.

Der Aufstieg zum höchsten Punkt des Vulkans gestaltete sich fast mühelos. Die Steigung war nur mäßig, denn ein natürlicher Grat im Fels führte schräg nach oben.

Schon wichen die angrenzenden Bergformationen zurück, und sie konnten bereits die weite Wasserfläche der See erkennen. Noch war ihnen aber der Blick auf die östliche Lagune verwehrt.

Das Donnern der Geschütze wurde spärlicher.

Nur noch wenige Yards trennten den Seewolf und seine Männer vom Rand des Kraters.

Eine schneidende Stimme stoppte ihre Schritte jäh ab.

„Bleibt, wo ihr seid, Engländer! Oder sie stirbt auf der Stelle!“

Hasard und den anderen gefror das Blut in den Adern.

Charangu war hinter einem etwa doppelt mannshohen Felsturm hervorgetreten, der wie ein überdimensionaler Finger über den Kraterrand hinausragte. Vor dem Felsturm, der ein erstklassiges Orientierungszeichen sein konnte, weitete sich der Kraterrand zu einer kleinen Felsplattform von kaum mehr als zehn Quadratyards.

Der Inder hielt das Mädchen in eisenhartem Griff. An seinem rechten Arm, den er um ihren Hals geschlungen hatte, schimmerte das matte Metall des Eisenreifs. In der Linken hielt er seinen Krummdolch, dessen rasiermesserscharfe Spitze auf Moanas Herzgegend gerichtet war.

Trotz des Halbdunkels sahen Hasard und die anderen, daß das Mädchen kreidebleich war. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie den Männern entgegen, und in diesen Augen las Hasard die Todesangst, die sie fast um den Verstand brachte.

Die Entfernung war lächerlich gering. Höchstens drei oder vier Schritte.

„Verdammter Mist!“ flüsterte Matt Davies kaum hörbar. „Wenn ich jetzt könnte, würde ich dem Kerl den Hals umdrehen!“

Das Krachen der Geschütze versiegte mehr und mehr. Stille kündigte sich an.

Hasard bewegte sich vorsichtig. Langsam setzte er den rechten Fuß vor. Weder den Radschloßdrehling noch das Entermesser konnte er jetzt ziehen. Beides hätte Moanas sicheren Tod bedeutet.

„Keinen Schritt weiter!“ schrie Charangu mit sich überschlagender Stimme. Sein Gesicht war in ohnmächtiger Wut verzerrt. Das fahle Mondlicht verursachte häßliche Schatten unter seinen funkelnden Augen und in den Mundwinkeln.

Die Spitze des Krummdolches erreichte Moanas Brust unter dem dünnen Stoff, mit dem sie bekleidet war.

Das Mädchen stieß einen gurgelnden Laut aus. Unter dem harten Griff des Inders wurde ihre Atemluft knapp.

Hasard verharrte.

„Tut, was er sagt“, befahl er seinen Begleitern laut und vernehmlich. „Rührt euch nicht vom Fleck!“ Er verfluchte die Tatsache, daß er seinen Drehling nicht gezogen hatte. Mit einem gezielten Schuß hätte er es schaffen können, Charangu außer Gefecht zu setzen, bevor er das Mädchen verletzen konnte.

„So ist es gut!“ schrie der Inder höhnisch. „Und jetzt werdet ihr eure Waffen fallen lassen. Einer nach dem anderen. Und dann …“

„Charangu“, unterbrach der Seewolf ihn beinahe beschwörend, „können Sie nicht begreifen, daß es keinen Sinn mehr hat? Haben Sie nicht gehört, was sich da unten vor der Insel abgespielt hat?“

„Ich bin nicht taub!“ schrie der Inder mit sich überschlagender Stimme. „Aber ihr werdet mir freies Geleit verschaffen. Wenn nicht, muß das Mädchen sterben.“

„Freies Geleit – wohin?“ entgegnete Hasard ruhig.

Charangu lachte unnatürlich und schrill.

„Das möchtest du gern wissen, Engländer, stimmt’s? Aber ich werde es dir nicht verraten, weil ich genug habe von deinen widerwärtigen Tricks. Und nun Schluß mit dem Gerede! Die Waffen weg!“

Der Seewolf nickte, und es sah fast gelassen aus. Daß er innerlich bis zum Zerreißen angespannt war, konnte man ihm nicht ansehen.

„Batuti“, sagte er, „du machst den Anfang. Tritt vor, damit es unser Freund Charangu deutlich sehen kann.“

„Aye, aye, Sir.“ Batuti war im Begriff, der Anordnung zu folgen.

„Halt!“ schrie der Inder. „So nicht! Ich habe nicht gesagt, daß …“

Was er noch sagen wollte, blieb ihm im Hals stecken.

Hasard nutzte die momentane Verwirrung.

Mit einem pantherhaften Satz schnellte er auf den Inder los.

Und Charangu überwand seine Schrecksekunde nicht schnell genug.

Der Seewolf brauchte nur einen Sekundenbruchteil, um Charangu zu erreichen. Zielsicher packte er das Handgelenk mit dem Krummdolch und riß es mit eisenhartem Ruck zur Seite.

Moana schrie gellend auf.

Charangu brüllte vor Schreck und Schmerz zugleich. Unter dem Anprall des Seewolfs geriet er ins Taumeln und lockerte ungewollt den Griff um Moanas Hals.

Mit versiegendem Schrei sank das Mädchen zu Boden.

Hinter ihr schlugen Charangu und der Seewolf der Länge nach hin.

Blitzartig war Dan O’Flynn zur Stelle, packte Moana, zog sie auf die Beine und hastete mit ihr aus der Gefahrenzone.

Für einen Moment hatte Hasard den Inder unter sich begraben. Hasards Rechte hielt noch immer den Messerarm. Charangu versuchte, sich aus dem Griff zu entwinden. Der Klingenstahl des Krummdolchs schabte über den felsigen Untergrund.

Mit jähem Ruck richtete sich Hasard halb auf, riß Charangus Arm hoch und drehte ihn nach hinten.

Der Inder stieß einen markerschütternden Schmerzensschrei aus.

Klirrend fiel der Krummdolch zu Boden.

Hasard stieß sich von dem Turbanmann ab und richtete sich auf. Nur zwei Schritte wich er zurück.

Charangus Schrei ging in ein Stöhnen über. Mit der unversehrten Rechten hielt er sich den schmerzenden linken Arm. Er dachte nicht mehr an den Krummdolch und versuchte nicht, ihn aufzuheben. Mühevoll beugte er sich vor, stützte sich ab und gelangte torkelnd auf die Beine.

Minutenlang stand er schwankend da. Aus blutunterlaufenen Augen starrte er den Seewolf an. Nach und nach wurde die Körperhaltung des Inders ruhiger.

Hasard wartete ab. Auch die Männer hinter ihm gaben keinen Ton von sich.

Der Geschützdonner war endgültig verstummt. Die Stille, die über der Insel lastete, hatte etwas Unnatürliches.

„Geben Sie auf, Charangu“, sagte der Seewolf ruhig, „es hat keinen Sinn mehr.“

Jäh verzerrte sich das Gesicht des Inders wieder zu einer haßverzerrten Fratze. Sein linker Arm hing kraftlos nach unten.

Er stieß einen wilden Wutschrei aus, riß die Rechte mit dem Eisenreif hoch und stürmte ohne erkennbaren Ansatz auf den Seewolf los.

Für Hasard war der Angriff überraschend. Doch reaktionsschnell duckte er sich unter dem sausenden Hieb. Charangus Handgelenk mit dem Eisenreif zischte haarscharf an seinem Kopf vorbei.

Aus der Bewegung heraus schnellte Hasard hoch und schmetterte die Fäuste vor den Brustkorb des Inders.

Charangu schrie wieder auf und wurde zurückgeschleudert. Mit den Armen rudernd, versuchte er, sein Gleichgewicht zu halten. Er geriet ins Stolpern und wurde durch seinen eigenen Körperdrall zu immer kleineren Rückwärtsschritten gezwungen.

Hasard erstarrte. Einen Atemzug lang glaubte er, sein Herzschlag setze aus.

Dann schnellte er vorwärts und versuchte, den Inder zu packen.

Zu spät.

Die Fäuste des Seewolfs griffen ins Leere.

Charangu kippte hintenüber. Aber es war kein Boden mehr unter ihm, der seinen Fall aufhielt.

Weit hallend und schrill ertönte sein Todesschrei, als er über den Rand des Kraters stürzte.

Der Schrei schien nicht enden zu wollen.

Starr vor Entsetzen standen Hasard und seine Männer am Rand des Vulkantrichters. In der Tiefe verschmolz der Schatten des Inders mit der Dunkelheit. Weit unten loderte eine hellrote Glut, unerreichbar tief.

Der Schrei versiegte.

Erst jetzt sahen die Männer, wie groß der Krater war – mehr als zweihundert Yards im Durchmesser.

Schweigend wandten sie sich ab. Dan O’Flynn hielt das zitternde Mädchen in seinen Armen.

Keiner von ihnen sprach ein Wort, als sie sich schon auf dem Abstieg zur Ostseite der Insel befanden. Ihnen, den hartgesottenen Männern der „Isabella“, schnürte das Grauen noch immer die Kehle zu. Schon von weitem sahen sie, was vor der östlichen Lagune geschehen sein mußte.

Seewölfe Paket 10

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